Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 364

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 364 (NJ DDR 1958, S. 364); heitsgesetzes sofortige Beschwerde eingelegt und ihr Vorbringen erster Instanz wiederholt. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, daß in der Deutschen Bundesrepublik auch das Gesetz für ihre kirchliche Trauung die Todeserklärung erfordere. ( Aus den Gründen: Die sofortige Beschwerde ist begründet. Nach § 16 Abs. 2 Buchst, c des Verschollenheitsgesetzes ist der -Ehegatte berechtigt, die Todeserklärung zu beantragen. Ehegatte ist derjenige, der mit dem Verschollenen in bestehender Ehe lebt. Diese Voraussetzung ist bei dem geschiedenen Ehegatten nicht mehr gegeben. Weiterhin ist antragsberechtigt jeder andere, der ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung hat. Diese Voraussetzung für die Antragsberechtigung ist nur gegeben, wenn das Interesse auf einem Rechtsverhältnis und nicht nur auf wirtschaftlichen oder auf religiösen Gründen beruht. Ein solches Interesse kann berechtigte, nicht nur willkürliche Motive haben, wird dadurch aber noch nicht zu einem rechtlichen. Die Antragstellerin hat, nachdem sie geschieden worden ist, jederzeit die Möglichkeit, eine neue rechtsgültige Ehe zu schließen. Auch nach den Gesetzen der Deutschen Bundesrepublik genügt die standesamtliche Trauung für die Rechtsgültigkeit der Ehe. Damit entfällt für sie ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung; denn auch die Versagung der kirchlichen Trauung hindert sie nicht an der Eingehung einer gültigen Ehe. Ihr Interesse an einer kirchlichen Trauung hat für sie als Mitglied einer Kirche eine gewisse Berechtigung, dieses macht das Interesse jedoch nicht zu einem rechtlichen. Ebensowenig könnte dem künftigen zweiten Ehemann der AntragsteHerin ein eigenes Antragsrecht zugebilligt werden, obwohl auch, er ein Interesse an einer kirchlichen Trauung mit der Antragstellerin haben kann. Die Todeserklärung ist daher aufgehoben worden. Anmerkung : Der Beschluß des BG Cottbus, welchem durchaus zuzustimmen ist, bringt ein seit Erlaß der EheVO latentes Problem zum Bewußtsein, das den Gedanken einer Angleichung des Verschollenheitsrechts an das neue Familienrecht nahelegt. Die diese Problematik hervorrufende Bestimmung ist § 4 EheVO, wonach die Todeserklärung eine etwaige Ehe des für tot Erklärten auflöst im Gegensatz zum vorherigen Rechtszustand, nach dem die Todeserklärung den Bestand der Ehe an sich unberührt ließ, die Auflösung der Ehe vielmehr erst mit dem Tode oder einer Wiederverheiratung des anderen Ehegatten eintrat. Die Neuregelung, welche klare Verhältnisse schuf und die künstliche, dem Verständnis der Bürger fremde und durch kirchliche Anschauungen beeinflußte Konstruktion des früheren Rechts beseitigte, war durchaus zu begrüßen; jedoch zeigt sich an Hand des vom BG Cottbus entschiedenen Falles nunmehr, daß diese Neuregelung zu untragbaren Ergebnissen führen kann, wenn nicht als ihre Konsequenz auch eine Änderung der das Antragsrecht betreffenden Vorschriften des VerschG vorgenommen wird. Der Kreis derjenigen, die zur Einleitung eines Todeserklärungsverfahrens befugt sind, ist durch § 16 VerschG außerordentlich weit gezogen: er umfaßt neben dem Ehegatten, den Abkömmlingen und Eltern sowie dem Staatsanwalt jeden Dritten, der ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung hat. Damit wird klar, daß das Gesetz, getreu seinem kapitalistischen Ursprung, die Todeserklärung weitgehend als Instrument zur Wahrung von Vermögensinteressen auffaßt. Wenn man von dem Ehegatten des Verschollenen, den in der Regel das Interesse an einer Wiederverheiratung zur Antragstellung veranlaßt, und von dem Staatsanwalt als Vertreter des staatlichen Interesses absieht, so wird bei allen übrigen Antragsbefugten, einschließlich der Eltern und Kinder, für den Antrag fast stets ein geldliches Interesse maßgeblich sein es sei denn, man denkt an so ausgefallene Motive, wie sie die Antragstellerin in der htkr entschiedenen Sache leiteten. Eine solche Regelung mochte noch hingehen, solange die Todeserklärung die Ehe des Verschollenen unberührt ließ; sie ist im Hinblick auf § 4 EheVO heute nicht mehr zu vertreten: Wenn auch in der übergroßen Mehrzahl der Ver-schollenheitsfälle der Verschollene tatsächlich tot ist, so gibt es doch dafür keine absolute Gewißheit, und bekanntlich tritt immer wieder einmal wenn auch im Verhältnis zur Zahl der Todeserklärungen höchst selten der Fall ein, daß der für tot Erklärte noch lebt; besonders im Hinblick auf die Halbierung der allgemeinen Verschollenheitsfrist durch die VO über die Abkürzung der Verschollenheitsfristen vom 15. November 1951 (GBl. S. 1059) sind solche Ausnahmefälle auch in Zukunft nicht ausgeschlossen. Und es ist menschlich nur allzu verständlich, wenn sich ein Ehegatte dn die Hoffnung klammert, daß gerade in seinem Falle der oder die Verschollene wieder auftauchen wird, und wenn er daher an der Ehe festhalten will. Wenn irgend etwas, so ist die Entscheidung über die Auflösung einer Ehe höchstpersönlicher Natur, und es kann nicht befrie-. digen, daß ein Dritter, z. B. im Hinblick auf ein Erbrecht nach dem Verschollenen, berechtigt sein soll, dem Ehegatten diese Entscheidung aus der Hand zu nehmen und gegen dessen Willen mit der Betreibung der Todeserklärung die rechtliche Auflösung der Ehe herbeizuführen. Die Zulässigkeit eines solchen, die tiefsten Gefühle verletzenden Eingriffs in die ganz persönliche Rechtssphäre eines anderen Menschen kann dem Rechtsbewußtsein der Werktätigen nicht entsprechen und nicht in jedem derartigen Falle hat das Gericht die Möglichkeit, mittels Verneinung des rechtlichen Interesses zu einer Abweisung des Antrags zu gelangen, wie es im vorliegenden Falle zutreffend geschehen ist. Eine gesetzliche Neuregelung läßt sich in verschiedener Weise denken. Man könnte die Zulässigkeit der Todeserklärung auf Antrag eines anderen als des Ehegatten und des Staatsanwalts davon abhängig machen, daß der Ehegatte des Verschollenen seine Zustimmung erteilt. Man könnte auch das Antragsrecht Dritter gänzlich beseitigen und es dem Staatsanwalt überlassen, in den Fällen, in denen das Interesse eines Dritten an der Todeserklärung so dringlich und so gerechtfertigt ist, daß unter Berücksichtigung aller Umstände die Wünsche des Ehegatten dahinter zurücktreten müssen, dieses Interesse zu dem seinigen zu machen und von sich aus die Todeserklärung zu beantragen. Jedenfalls erscheint mir eine solche oder ähnliche Lösung des Problems unabweisbar. Prof. Dr. Hans Nathan Herausgeber: Ministerium der Justiz; Oberstes Gericht und Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik. Redaktionskollegium: Dr. Hilde Benjamin, Hans Einhorn, Gustav Feiler, Gerda Grube, Hans-Werner Heilborn, Gustav Jahn; Dr. Emst Melsheimer, Fritz Mühlberger, Prof. Dr. Hans Nathan, Dr. Kurt Schumann, Dr. Heinrich Toeplitz, Hilde Neumann (Chefredakteur). Redaktion: Berlin W 8, Clara-Zetkin-Straße 93. Telefon: 2207 2680, 2207 2692, 2207 2693. Verlag: (4) VEB Deutscher Zentralveflag, Berlin 017. ZLN 5350. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Nachdruck ist nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Bezugsbedingungen: Die „Neue Justiz erscheint monatlich zweimal. Bezugspreis: Vierteljährlich 7,50 DM, Einzelheft 1,25 DM. Bestellungen beim Postzeitungsvertrieb oder beim Buchhandel. Anzeigenannahme beim Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 4. Druck: (52) Nationales Druckhaus VOB National, Berlin C 2. 364;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 364 (NJ DDR 1958, S. 364) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 364 (NJ DDR 1958, S. 364)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschafts-ordnung sowie die Art und Tiefe des Widerspruchs zu ihren sozialen Grundanforderungen. Sie kennzeichnet damit die Schwere des Angriffs auf die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Androhung strafrechtlicher Folgen im Falle vorsätzlich unrichtiger oder unvollständiger Aussagen sowie über die Aussageverweigexurngsrechte und? Strafprozeßordnung . Daraus ergeben sich in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat begründet werden kann, oder wenn zumindest bestimmte äußere Verhaltensweisen des Verdächtigen die Verdachtshinweisprüfung gerechtfertigt haben. Komplizierter sind dagegen jene Fälle, bei denen sich der Verdacht einer Straftat besteht oder nicht und ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege, hat das Untersuchungsorgan das Verfahren dem Staatsanwalt mit einem Schlußbericht, der das Ergebnis der Untersuchung zusammen faßt, zu übergeben.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X