Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 335

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 335 (NJ DDR 1958, S. 335); Gütertrennung und Ausgleichsanspruch nach dem bulgarischen Eherecht Von Prof. A. KOZUCHAROFF, Juristische Fakultät der Universität Sofia I 1. Die vollständige Gütertrennung dies ist der Rechtsgrundsatz, der, im Bewußtsein unseres Volkes tief verwurzelt, einzig und allein die Vermögensrecht- . liehen Beziehungen zwischen den Ehegatten ordnete und auch heutzutage noch ordnet. Seit Jahrhunderten gewohnheitsrechtlich anerkannt, bildet dieses Prinzip seit 1945 einten Teil unseres geschriebenen Eherechts. Das System der ehelichen Gütergemeinschaft hat weder unser Gewohnheits- noch unser geschriebenes Recht jemals gekannt. Tatsächlich könnten gewisse Bestimmungen .unseres geschriebenen Rechts aus den Jahren vor 1945 diese Feststellung in Zweifel ziehen. In dem schon seit über zehn Jahren abgeschafften Handelsgesetz, das wir vom deutschen ADHGB vom Jahre 1861 entlehnt hatten, wurde an mehr als einer Stelle von einem „Vertrag“ gesprochen, den die Ehegatten ,bei der Eheschließung eingehen können, um ihre Vermögensbeziehungen zu regeln, gegebenenfalls also abweichend von dem geltenden Gewohnheitsrecht. Dieses Gesetz stellte auch zugunsten der Gläubiger eines in Konkurs geratenen Kaufmanns eine praesumptio Muciana auf, d. h. also die widerlegbare Vermutung, daß alle von der Ehefrau während der Ehe erworbenen Sachen von ihrem zahlungsunfähigen Gatten und mit seinen Mitteln erworben worden seien!. Diese Vorschriften hatten sich eigentlich unbemerkt in unsere Gesetzgebung eingeschlichen; unbemerkt infolge der kritiklosen Rezeption fremder Rechtssysteme des französischen Zivil- und des deutschen Handelsrechts in beinahe wörtlicher {und nicht immer richtiger) Übersetzung, ohne überhaupt untereinander oder sonst mit dem herrschenden Rechtsbewußtsein des Volkes in Einklang gebracht zu werden. Und gerade dieser Umstand besiegelte das Schicksal dieser Vorschriften: sie gerieten mit ihrer Entstehung in völlige Vergessenheit. „Eheverträge“, die das gewohnheitsrechtliche System der Gütertrennung aufhoben, um die güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten in die Form der .Gütergemeinschaft zu kleiden, gab es überhaupt nicht. Selbst in den seltenen Fällen, einer Mitgiftgewährung, die notwendigerweise einen „Ehevertrag“ voraussetzten, bediente man sich nur ausnahmsweise der Schriftform. 'Doch auch in diesen Fällen handelte es sich lediglich um die Beurkundung der getroffenen Vereinbarung und nicht um Änderungen, des herkömmlichen ' gewohnheitsrechtlichen Dotalrechits. Die Mitgift blieb nach wie vor Frauengut, Alleineigentum der Ehefrau, von ihr selbst verwaltet, aus dessen Einkünften sie jedoch zu dem ehelichen Aufwand beisteuern mußte. Was aber die praesumptio Muciana anbetrifft ganz abgesehen von ihrem begrenzten Anwendungsgebiet und ihrer geringen praktischen Auswirkung , so setzte sie selbst den Gedanken, der Gütertrennung voraus und widerrief ihn im Interesse des kapitalistischen Gläubigers1 2. 1 vgl. Angelofl und Andreeff, Geschichte des bulgarischen Staates und Hechtes, Sofia 1955, S. 176 (bulg.). L. Barbar, Gewohnheitsrechtliches aus Bulgarien, Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Bd. 29 (1913) S. 144; Meworach, Familienrecht, Sofia 1956, S. 114 (bulg.). 2 Aus dem im Text Dargelegten ist selbstredend nicht zu folgern, daß schon vor dem 9. September 1944 die Gleichberechtigung der Geschlechter eine vollendete Tatsache war. Selbst auf dem Gebiet der Vermögensverhältnisse war dieses Prinzip nicht verwirklicht. So waren zum Beispiel die Abkömmlinge weiblichen Geschlechts neben den Abkömmlingen männlichen Geschlechts nur zur Hälfte der Erbschaft am Boden als gesetzliche Erben berufen, unter dem Vorwand, daß sie den Boden nicht bearbeiten und dies Beschäftigung der Männer sei. Tatsächlich aber nimmt die Frau an der Bodenbearbeitung in eben dem Maß teil wie der Mann. Nach dem Vorbild des Art. 7 des deutschen ADHGB durfte die Frau ohne Einwilligung ihres Mannes kein Handelsgewerbe treiben. Sie konnte keinen Arbeitsvertrag ohne Zustimmung ihres Mannes eingehen usw. Die Abschaffung aller dieser Diskriminierungen noch vor dem Inkrafttreten unserer Verfassung verdanken wir erst einem besonderen Gesetz über den Ausgleich der Rechte der Personen beider Geschlechter vom 16. Oktober 1944. Seine Bestimmungen sind jetzt im Artikel 74 unserer Verfassung niedergelegt. 2. Das System der vollkommenen Gütertrennung ein meiner Ansicht nadh fortschrittlicher Grundsatz erleichterte (bei uns die Durchführung der vollen Gleichberechtigung der Geschlechter. Dank dieses Systems stieß das G le ichberedntigungsp rinzip auf keinerlei Hindernisse vermögensrechtlidhen Charakters, weshalb es ohne alle Schwierigkeiten durchgeführt und von der Mehrzähl der Bevölkerung als etwas Selbstverständliches hingenommen wurde. Als im Jahre 1945 die Kodifikation unseres Eherechts vorgenommen wurde, fand auch dieser so sehr verdienstvolle Grundsatz die Gütertrennung als eine bereits vorliegende Errungenschaft ihre gesetzmäßige Anerkennung. In diesem Zusammenhang wird interessieren, daß gerade unser Eherecht der Rechtszweig war, der einer unverzüglichen und erschöpfenden Kodifizierung am dringlichsten bedurfte aus dem einfachen Grund, weil wir überhaupt (kein einheitliches, gegenüber allen bulgarischen Staatsbürgern anwendbares Eherecht besaßen. Der Staat der bulgarischen Bourgeoisie hatte die Ehe ganz einfach als eine religiöse Angelegenheit betrachtet und den von ihm anerkannten religiösen Gemeinden das Recht überlassen, diese religiösen und kirchlichen Fragen entsprechend ihrem Kirchenrecht autonom zu entscheiden, also z. B. selbst festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine Ehe zwischen ihren Glaübensangehörigen zustande kam, wann deren Ehe für nichtig erklärt oder geschieden werden konnte usw. Der Staat begnügte sich damit, eine Eheschließung als rechtmäßig anzuerkennen, wenn sie in Übereinstimmung mit einem der geltenden Kirchenrechte erfolgt war, und eine Ehe dann als nichtig oder geschieden zu betrachten, wenn, die Gerichte der anerkannten Kirchengemeinden sie für nichtig erklärt oder geschieden hatten. Es läßt sich leicht vorstellen, daß ein solches System eine völlige Zersplitterung des Eherechts mit sich bringen, mußte. In der Tat gab es so viele „Eherechte“ wie anerkannte religiöse Gemeinschaften. Die Häupter einiger derselben zum Beispiel der armenischen und katholischen Kirche hatten sogar weder ihren Sitz im Land, noch besaßen sie die bulgarische Staatsangehörigkeit; gleichwohl übten sie Gerichtsbarkeit über bulgarische Bürger aus. Damit entäußerte sich unser Staat geradezu seiner Souveränität. Auch bedarf es keiner großen Anstrengung, sich die verwickelten und nahezu unlösbaren interkonfessionellen Konflikte vorzustellen, die sich, aus diesem Zustand ergäben. Ihr unmittelbarer Quell war diese unerträgliche Buntheit von „Eherechten", deren nachteilige Auswirkungen der bulgarische Staatsbürger sich gefallen lassen mußte. So konnte beispielsweise eine Ehe zwischen einer Christin und einem Juden nicht geschlossen werden, es sei denn, daß einer von ihnen zum Glaubensbekenntnis des anderen übertrat. Die Ehevoraussetzungen der .griechisch-orthodoxen Kirche stimmten mit denjenigen der katholischen Kirche nicht überein. Die der islamitischen oder der israelitischen Kirche unterschieden sich weit von jenen. Die Scheidung wurde unter gewissen Bedingungen von der orthodoxen Kirche, unter ganz verschiedenen Voraussetzungen von der lutheranischen Kirche gestattet. Die katholische Kirche hingegen gewährte nur eine Trennung von Tisch und Bett und ließ die Scheidung überhaupt nicht zu. Diese ganze Verwirrung wirkte sich weiter auf das Gebiet des internationalen Privatrechts aus. Da die Ehe eine Sache der Kirche war, war die Zivilehe nicht wirksam und. wurde nicht anerkannt. Die zwischen einem Bulgaren und einer Deutschen in Deutschland geschlossene Zivilehe wurde eine geraume Zeit als ungültig betrachtet Eine Folge davon war die Begünstigung von Doppelehen. Diese Abweichung vom eigentlichen Thema habe ich mir erlaubt tun klarzumachen, wie dringend und unumgänglich erforderlich ein Eingreifen der staatlichen Gesetzgebung auf dem Gebiet unseres Eherechts war. Die gesetzliche Regelung mußte naturgemäß auch 335;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Aufnahmeprozeß zu realisierenden Maßnahmen stellen. Voraussetzungen für das verantwortungsbewußte und selbständige Handeln sind dabei - ausreichende Kenntnisse über konkrete Handlungsziele für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität durch die zuständige Diensteinheit Staatssicherheit erforderlichenfalls übernommen werden. Das erfordert auf der Grundlage dienstlicher Bestimmungen ein entsprechendes Zusammenwirken mit den Diensteinheiten der Linie und sim Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deut sehen Volkspolizei und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlichs zur Grundlage der im Ergebnis der vollständigen Klärung des Sachverhaltes zu treffenden Entscheidungen zu machen.

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