Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 313

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 313 (NJ DDR 1958, S. 313); die Straftaten Jugendlicher. Sie lassen in gewissen Punkten die auch Buchholz schon behandelt hat einen eindeutig sozialistischen Standpunkt vermissen. Dies hängt, wie Buchholz bereits andeutete, mit einer Unterschätzung der Straftaten Jugendlicher und einer Überbetonung der Persönlichkeit des Jugendlichen zusammen. In der -Literatur zum Jugendstrafrecht werden Erziehungsmaßnahmen und Strafen einander meist gegenübergestellt wobei es den Anschein hat, als betrachte man die vom Gericht ausgesprochenen Erziehungsmaßnahmen als rein pädagogische Maßnahmen des Staates, die Streifen aber als reine Repressionsmittel. Hierzu sei zunächst festgestellt, daß auch die Jugendstrafen, selbst die nach § ‘24 JGG verhängten Strafen, dem Jugendlichen gegenüber immer ein Erziehungsziel verfolgen. Selbst die Verurteilung zu lebenslanger Zuchthausstrafe, die in ganz seltenen Ausnahmen erfolgt, soll auf den Jugendlichen erzieherisch wirken. Da unser Staat selbst im Moment der Verurteilung nicht beabsichtigt, diesem Jugendlichen für die Zeit seines Lebens die Freiheit zu entziehen, geht es gar nicht um die bloße Isolierung von der Gesellschaft, sondern um eine sehr langfristige Erziehung während des Freiheitsentzuges, wobei der Zeitpunkt der Entlassung noch nicht bestimmt ist, aber mit Sicherheit eines Tages eintreten wird. Wenn man von dem juristischen Charakter der lebenslangen Zuchthausstrafe für Jugendliche einmal absieht, ist diese Strafe zur Zeit praktisch nur eine Freiheitsentziehung auf unbestimmte Zeit. Diesen Wandel hat die lebenslange Freiheitsstrafe in unserem volksdemokratischen Staat durchmachen müssen, weil die Strafe im Sozialismus nur so lange andauern kann und darf, wie sie gegenüber der Gesellschaft einen Zweck zu erfüllen hat. Ist dieser Zweck erreicht, würde ein weiteres Andauern der Haft nur negative Wirkung erzielen. Deshalb ist die Praxis der Begnadigung von Personen, die zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilt wurden und nach jahrelanger Erziehung im Strafvollzug die Gewähr bieten, daß sie sich im gesellschaftlichen Leben bewähren werden, durchaus richtig. Sie ist es schon deswegen, weil der sozialistische Staat ein unerschütterliches Vertrauen in die Erziehungsfähigkeit eines jeden Menschen, insbesondere aber eines Jugendlichen, setzt. De lege ferenda sollte der Gesetzgeber daraus seine Schlußfolgerungen ziehen und die lebenslange Zuchthausstrafe für Jugendliche abschaffen, weil sie den Prinzipien eines sozialistischen Staates widerspricht. Die zeitliche Höchststrafe für Jugendliche sollte 15 Jahre Freiheitsentzug nicht überschreiten. In dieser Zeit muß sich ein Jugendlicher infolge der erzieherischen Einwirkung des Strafvollzuges derart gewandelt haben, daß von ihm. ein die Gesetzlichkeit achtendes Verhalten erwartet werden kann. Da die Strafe bei Jugendlichen in jedem Falle ein Erziehungsziel verfolgt und notwendig verfolgen muß, bedeutet die Gegenüberstellung von Erziehungsmaßnahmen und Strafen mithin eine fehlerhafte Akzentverlagerung. Die Erziehungsmaßnahme wird allgemein als ein besonderes Spezifikum des Jugendstrafrechts, als eine besondere Reaktiönsweise des Staates bezeichnet.17 Obwohl Unterschiede zwischen Erziehungsmaßnahmen und Jugendstrafen bestehen, muß man das Gemeinsame beider staatlicher Reaktionsweisen dodi heraussteilen und von daher die Frage beantworten, ob eine derart scharfe Trennung, wie sie bisher vollzogen wurde,, gerechtfertigt ist. Rechtsgrund für die Anwendung beider Maßnahmen durch das Gericht ist die „Verfehlung“, d. h. eine Handlung, die zu unseren gesellschaftlichen Verhältnissen in Widerspruch steht und generell bei Strafe verboten ist; eine Handlung, die der Staat bei keinem zurechnungsfähigen Menschen dulden darf; deren Begehung er nicht nur durch die abstrakte Norm, sondern auch durch bestimmte Maßnahmen unterbinden muß. Deshalb liegt in jedem Gerichtsurteil, das gegen einen Menschen wegen der Begehung solcher Handlungen gefällt wird, eine staatliche Verurteilung, die ihren rechtlichen und moralischen Aspekt hat. Diese Verurteilung findet immer statt, gleichgültig, ob das 17 vgl.' Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil , Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957, S. 678. Gericht auf eine Erziehungsmaßnahme oder auf eine Strafe erkennt. Sie wird je, nach der angeordneten Maßnahme mehr oder minder schwer sein. Die Begehung der Tat ist in beiden Fällen wie Buchholz richtig klarstellt nicht nur „Anlaß“, sondern Ursache und Rechtsgrund der Verurteilung überhaupt. Strafen und Erziehungsmaßnahmen sind ferner staatliche Reaktionsweisen, hier gerichtlicher Natur. Die vom Gericht angeordneten Erziehungsmaßnahmen sind mit anderen pädagogischen Maßnahmen auch wenn sie die gleiche Form haben sollten und von staatlichen Stellen angeordnet wurden nicht identisch, weil sie in ihrem Rechtsgrund und ihren konkreten Zielsetzungen mit diesen nicht übereinstimmen. Erziehungsmaßnahmen und Strafen müssen auch notwendig staatlichen Zwaagscharakter besitzen, wenn sie ihr Ziel, die Verhincferung von Verbrechen, erfüllen sollen. Es kann dem Jugendlichen, dem z. B. eine Verwarnung erteilt wurde, nicht freigestellt sein, ob er, diese Maßnahme anerkennt oder nicht. Ähnlich liegen die Dinge beim „öffentlichen Tadel“ im Erwachsenenstrafrecht. Es wurde in der bisherigen Diskussion zu den Erziehungsmaßnahmen daher auch mit Recht betont, daß nur realisierbare und kontrollierbare Erziehungsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Geht man von der Wirkung der Erziehungsmaßnahmen auf den Jugendlichen aus, so nehmen sie für ihn gleichfalls den Charakter einer Strafe an auch wenn sie gesetzlich einen anderen Namen tragen. Sie stellen für ihn zumindest eine Art Tadel dar,' selbst wenn dieser nicht ausdrücklich, sondern wenn eine andere Erziehungsmaßnahme, wie z. B. Familienerziehung, ausgesprochen wird. Wegen dieser Wirkungen nennt Buchholz die Erziehungsmaßnahmen „pädagogische Strafen“, um den Strafcharakter dieser , Maßnahme herauszuarbeiten. Da es sich hier aber um gerichtlich ausgesprochene „pädagogische Strafen“ han- \ delt, denen der Sache nach alle Merkmale einer echten Strafe zukommen wie z. B. „Verfehlung“ als Rechtsgrund und Maßstab, ein Minimum an Zwang als notwendiges Mittel, staatlicher Charakter sowie bestimmte Ziele gegenüber der Tat und dem jugendlichen Täter , sollte man sie de lege ferenda auch als spezifische Strafen gegen Jugendliche ausgestalten und damit die Zweigleisigkeit in den Rechtsfolgen bei Verurteilungen Jugendlicher durch- ein Gericht beseitigen. Damit würden dem „reinen“ Pädagogismus, der , sich in der Literatur zu den Erziehungsmaßnahmen breitgemacht hat und von dem aus einige bedeutsame Strafrechtsgrundsätze in ihrer Geltung für das Jugendstrafrecht angezweifelt wurden, ein Riegel vorgeschoben werden. Buchholz hat richtig herausgearbeitet, daß ein solches Aufgeben der Strafrechtsgrundsätze auch der , sozialistischen Pädagogik widerspricht. Aber bei der Pädagogik geht es nicht allein um die Ahndung von strafbaren Handlungen, bei ihr müssen Maßnahmen ' , ergriffen werden, die der allgemeinen Erziehung eines Jugendlichen dienlich sind. Die Maßnahmen des Pädagogen müssen über den Rahmen der Bestrafung des Jugendlichen wegen der Tat notwendig hinausgehen und tragen daher auch anderen Charakter als die gerichtlichen Erziehungsmaßnahmen. Das Gericht aber wird überfordert, wenn man ihm eine solche allgemein-pädagogische Aufgabe übertragen will. Es ist an die Beurteilung der Tat und die dazugehörenden Umstände gebunden und kann nie die Rolle einer allgemeinen Erziehungsstätte für Jugendliche übernehmen. Man wird dies auch nicht ändern dürfen, wenn man nicht beabsichtigt, dem Jugendgericht den Charakter eines Gerichts zu nehmen. Weil das Gericht trotz der vielfältigen Untersuchungen, die es auf Grund des § 5 JGG anstellt, letztlich doch nur über die begangene Verfehlung urteilt und urteilen muß, kann diese nicht nur Anlaß, sondern muß sie immer alleiniger Rechtsgrund für die Verhängung bestimmter Maßnahmen sein. Eben darum irren Müller und Pchalek, wenn sie, ähnlich wie die bürgerliche Ideologie, Erziehungsbedürftigkeit und Erziehungsfähigkeit des Jugendlichen bei Erziehungsmaßnahmen des Gerichts in den Vordergrund rücken und damit das Jugendgericht in eine allgemeine pädagogische Institution verwandeln wollen. Dieser Irrtum beruht auch darauf, daß beide die 313;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 313 (NJ DDR 1958, S. 313) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 313 (NJ DDR 1958, S. 313)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter zu bestätigen. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren ist dem Leiter der Haupt- selb-ständigen Abteilung Bezirksverwaltung Verwaltung durch die Untersuchungsabteilungen vorzuschlagen und zu begründen. Angeordnet wird die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland Straftaten begingen. Davon unterhielten Verbindungen zu feindlichen Organisationen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten erneut im Jahre die Delikte des staatsfeindlichen Menschenhandels und des ungesetzlichen Verlassens über sozialistische Länder. Der Mißbrauch der Möglichkeiten der Ausreise von Bürgern der in sozialistische Länder zur Vorbereitung und Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise des schrittweisen Vorgehens, über die notwendigen Realisierungsetappen und deren terminliche Festlegung sowie über die konkreten Verantwortlichkeiten, soweit mehrere Mitarbeiter an der Lösung dieses Auftrages beteiligt sind.

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