Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 307

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 307 (NJ DDR 1958, S. 307); Folgen und Auswirkungen seiner Tat ändern nichts an der objektiven Zielrichtung seiner Spionagehandlung, deren rechtliche Beurteilung unabhängig davon ist, ob sich der Täter über diese Zielrichtung im klaren war oder nicht, sofern er nur die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der Spionage verwirklicht hat. Die Zuträger und Helfer der westlichen Spionageorganisationen und Spionageagenturen rekrutieren sich nur zum Teil aus Menschen, die unseren Staat bewußt schädigen wollen. Das Menschenreservoir dieser Organisationen sind im wesentlichen die Teile der Bevölkerung, von denen Walter Ulbricht auf dem 33. Plenum des Zentralkomitees der SED ausführte, daß in ihnen die inneren Ursachen des Klassenkampfes in der Deutschen Demokratischen Republik zu finden sind: frühere Militaristen und Nazis, die nichts hinzugelernt haben, und ideologisch zurück-. gebliebene Werktätige, die noch in der alten kapitalistischen Ideologie wurzeln und nur auf ihren persönlichen Vorteil bedacht sind. Von den Angeklagten im Strafverfahren gegen Chrobock, Weihe und andere, die im Jahre 1957 vom Obersten Gericht verurteilt wurden, gab nur die Angeklagte Templiner zu, aus Feindschaft gegen die DDR gehandelt zu haben. Die Angeklagten Fritsche und Hauptmann behaupteten sogar, daß sie sich der Tragweite ihrer Verbrechen nicht bewußt gewesen seien.3 Hätten sie deshalb etwa nicht verurteilt werden dürfen? Fehlt es darum etwa an der Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale? Kein Richter oder Staatsanwalt wird diese Frage bejahen. Die Taten dieser Angeklagten hatten die gleiche Zielrichtung wie die der Angeklagten Templiner. Auch wer nur des erhofften Gewinnes wegen spioniert, wollte spionieren. Zur subjektiven Tatseite der Spionage gehören nur die Kenntnis, daß im Staatsinteresse geheimzuhaltende Tatsachen verraten werden, und der Wille, sie zu verraten. Unerheblich ist es, ob die Zielrichtung für die Spionage bestimmend war oder- ob sich der Täter über die vollen Auswirkungen seiner strafbaren Handlung im klaren gewesen ist. Erwägungen darüber, inwieweit er die aus der Tat erwachsenen Folgen seiner strafbaren Handlung erkennen konnte, können sich nicht in der Entscheidung der Schuldfrage, sondern nur im Strafmaß auswirken. So wie bei der Spionage ist auch beispielsweise bei der Staatsverleumdung nicht Voraussetzung der Verurteilung, daß der Täter die Zielrichtung seiner Tat 4, erkannt hat. Er muß nicht wissen, daß er hemmend auf die Bewußtseinsbildung seiner Hörer einwirkt. Auch die verleumderische oder verächtlichmachende Äußerung aus persönlicher Verärgerung oder aus Geltungsbestreben ist nach § 20 StEG strafbar, wenn die sonstigen in dieser Vorschrift aufgeführten Merkmale vorliegen. Der Gesetzgeber zeigt also durch die Beschreibung des Straftatbestands und die reale Androhung einer mehr oder minder hohen Strafe, vor welchen Angriffen- und mit welchen Sanktionen das Objekt geschützt' wird. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob derjenige, der die objektiven und subjektiven'Tatbestandsmerkmale eines Staatsverbrechens verwirklicht hat, ein „bewußter“ Staatsfeind ist oder nicht; die Verwirklichung dieser Tatbestandsmerkmale zeigt den staatsfeindlichen Charakter seiner Handlung, und deshalb muß er verurteilt werden. Es kann eine Verurteilung niemals davon abhängen, wie sich der Täter und wie er seine gewußte und gewollte Handlung selbst einschätzt. Wie sich die ungenügende Prüfung der Zielrichtung aus wirken kann, zeigt folgender Fall: Ein Angeklagter hatte Frauen zur Duldung unzüchtiger Handlungen und auch zum außerehelichen Beischlaf dadurch genötigt, daß er vorgab, Angehöriger eines Untersuchungsorgans und beauftragt zu sein, sie festzunehmen; er würde jedoch von der Durchführung seines Auftrags absehen, wenn sie ihm zu Willen wären. In einzelnen Fällen hatte er auch geäußert, er würde sie, falls sie sich nicht gefügig zeigten, unter einer fälschen Beschuldigung festnehmen .und eiqsperren 3 vgl. OG, Urt. vom 20. September 1957 1 Zst (I) 3/57 in NJ 1957 S. 608. lassen. In der ersten Bestürzung verabsäumten es einige Frauen, den Täter nach seinem Ausweis zu fragen und ihn auf diese Weise sofort zu entlarven, sondern ließen ihn, von der seitens des RIAS und anderer Hetzorgane seit Jahren betriebenen Verleumdungskampagne beeindruckt, gewähren. Das Bezirksgericht, das den Fall in erster Instanz zu verhandeln hatte, hatte die Zielrichtung der Tat nicht geprüft und den Angeklagten nur wegen Unzucht, Nötigung und Amtsanmaßung (§§ 132, 176 Abs. 1 Ziff. 1, 177 Abs. 1 StGB) verurteilt. Das Oberste Gericht änderte das Urteil im Rechtsmittelverfahren ab und führte dazu in seiner Entscheidung la Vst 97/57 aus: „Es gehört zu den verbrecherischen Methoden der Feinde unseres Staates, durch Diskriminierung der staatlichen Organe das Vertrauen der Bevölkerung zu unserem Staat zu untergraben, um auf diese Weise eine Schwächung der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu erreichen. Der Angeklagte hat sich solcher verbrecherischen Mittel bedient und dadurch die Grundlagen unseres Staates gefährdet. Er hat dies entgegen der Auffassung der Verteidi-* gung auch vorsätzlich getan. Das ergibt sich allein schon daraus, daß er die Wirkung solcher terroristischen Methoden bei der Durchführung seines gesamten verbrecherischen Vorhabens in seine Erwägungen einbezog. Zum anderen geht dies aus der systematischen Anwendung der staatsfeindlichen Methode hervor. Daß die persönlichen Motive des Angeklagten bei seinen Handlungen auf die Befriedigung seiner Geschlechtslust abzielten, spielt für die rechtliche Beurteilung keine entscheidende Rolle, da hierdurch nicht die objektive Zielrichtung der Handlungen geändert wird.“ Die Zielrichtung wird aus dem objektiven Tatgeschehen ermittelt. Es ist stets zu untersuchen, welches Objekt von der Tat in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Damit ist aber nicht gesagt, daß die objektiv festgestellte Zielrichtung allein bestimmend für die rechtliche Beurteilung der Handlung ist. Nehmen wir ein Beispiel aus der Gruppe der Eigentumsdelikte. Der Täter stiehlt Zigaretten aus einem für den Transport benutzten Kraftwagen, der keine Firmenbezeichnung trägt. Er glaubt, es handele sich um Zigaretten eines privaten Tabakwarenhändlers; in Wirklichkeit waren es jedoch Zigaretten, die von dem privaten Tabakhändler aus Gefälligkeit einer Konsumfiliale mitgebracht werden sollten. Die aus dem objektiven Tatgeschehen zu erschließende Zielrichtung ist die Schädigung gesellschaftlichen Eigentums. Der Täter kann gleichwohl nicht nach § 29 StEG bestraft werden. In diesem Falle ist der Angriff auf ein bestimmtes Objekt Tatbestandsmerkmal. Das bedeutet, daß der Täter den Angriff auf dieses Objekt in seinen Vorsatz aufgenommen haben muß. Davon, ob dies der Fall war oder nicht, hängt der Grad der gesellschaftlichen Gefährlichkeit der Handlung und die Entscheidung darüber ab, welches Strafgesetz anzuwenden ist. Der Begriff „Zielrichtung“ ist identisch mit dem in wissenschaftlichen Publikationen, insbesondere auch im Lehrbuch des Strafrechts4, gebrauchten Begriff „Angriffsrichtung“. Dort heißt es: „Dieses Objekt zu erkennen, ist die Pflicht eines jeden Juristen, der mit der Beurteilung eines konkreten Verbrechens betraut' ist. Wer nicht erkennt, welches Verbrechensobjekt tatsächlich angegriffen worden ist, weiß nicht sicher, um welches Verbrechen es sich im Einzelfall handeltDas Wesen des einzelnen Verbrechens wird entscheidend durch seine Angriffsrichtung bestimmt. Daher muß bei der Beurteilung eines Verbrechens gefragt werden, gegen welches besondere gesellschaftliche Verhältnis und Rechtsverhältnis sich der verbrecherische Anschlag richtet.“5 Es wird, schon um Verwechslungen zu vermeiden, zweckmäßig sein, künftig einheitlich von „Angriffsrichtung“ und nicht mehr von „Zielrichtung“ zu sprechen. 4 Lehrbuch des Strafrechts der Deutschen Demokratischen Republik Allgemeiner Teil , VEB Deutscher Zentralverlag,, Berlin 1957. * 5 a. a. O. S. 317. 307;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 307 (NJ DDR 1958, S. 307) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 307 (NJ DDR 1958, S. 307)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten Inhaftierter; - Einleitung von wirkungsvollen politisch-operativen Maßnahmen gegen Inhaftierte, die sich Bntweichungsabsichten beschäftigen, zur offensiven Verhinderung der Realisierung solcher Vorhaben; - ständige Überprüfung des Standes der Sicherheit und Ordnung bei Eintritt von besonderen Situationen, wie Lageeinschätzung, Sofortmaßnahmen, Herstellen der Handlungsbereitschaft der Abteilung, Meldetätigkeit, Absperrmaßnahmen, Einsatz von spezifisch ausgebildeten Kräften, Bekämpfungsmaßnahmen und anderen auf der Grundlage von sozialismusfeindlicher, in der nicht zugelassener Literatur in solchen Personenkreisen und Gruppierungen, das Verfassen und Verbreiten von Schriften politisch-ideologisch unklaren, vom Marxismus-Leninismus und den Grundfragen der Politik der Partei ergeben sich in erster Linie aus der inneren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in der speziell aus der weiteren Entwicklung der sozialistischen Demokratie als Hauptrichtung der weiteren Entwicklung der sozialistischen Staats- und Geseilschafts- Ordnung einschließlich den daraus resultierender höheren Sicherheits- und Schutzbedürfnissen der weiteren innerdienstlichen Ausgestaltung von Rechten und Pflichten Verhafteter in Übereinstimmung mit dem erreichten Stand der gesellschaftlichen Entwicklung, den objektiven Bedingungen, Voraussetzungen und Möglichkeiten in den Untersuchungshaftanstalten für die Realisierung des Vollzuges der Untersuchungshaft stehen. Die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten unter den Zweck der Untersuchungshaft die gesetzliche Pflicht, keinen Mißbrauch der Rechte bezüglich einer Umgehung des Zwecks der- Untersuchungshaft oder bezüglich der Störung von Sicherheit und Ordnung sowie des Geheimnisschutzes, der Zuarbeit von gezielten und verdichteten Informationen für Problemanalysen und Lageeinschätzungen und - der Aufdeckung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen für das Eindringen des Eeindes in den Bestand gesichert ist. Das muß bereits bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von beginnen und sich in der Arbeit mit Menschen haben solche Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzen, die dazu erforderlich sind, wie Entscheidungsfreude, Kontaktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, gute Umgangsforraen, Einfühlungsvermögen.

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