Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 304

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 304 (NJ DDR 1958, S. 304); An der Spitze der Einstellungen nach § 153 StPO (alt) durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte stehen auch hier die Eigentumsdelikte, .vor allem Diebstähle, aber auch Unterschlagungeni und Betriugshandlungen. Ihnen folgen die Körperverletzungen und Beleidigungen. Andere Verbrechensarten sind bei meiner Untersuchung der Einstellungen nach § 153 StPO (alt) nicht aufgetreten. Bei den nach § 153 StPO (alt) eingestellten Eigentumsdelikten konnten folgende Feststellungen getroffen werden: Zum Verbrechensobjekt, seiner tatsächlichen Verletzung oder Gefährdung finden sich selten Hinweise. Die Ausführungen konzentrieren sich in der Regel auf den angegriffenen Gegenstand, seine tatsächliche Gefährdung bzw. Verletzung. Auch hier .wird also das Hauptaugenmerk auf den Wert oder die faktische Schädigung des angegriffenen Gegenstandes gerichtet. - Die objektive Seite des Verbrechens findet häufig ebenfalls keine genügende Beachtung. Es werden lediglich die abstrakten gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung zitiert. Eine nähere Beschreibung der konkreten Tatumstände erfolgt in. der Regel nicht. Es gibt auch 'Einstellungen, bei denen weder etwas zum Subjekt noch zur subjektiven Seite gesagt wird. Allerdings sind sie selten und haben meistens solche strafbaren Handlungen zum Gegenstand, die eine sehr geringe Gefahr oder Schaden herbeiführen. Das ein-steilende Organ hält hier offenbar den Hinweis auf die Geringfügigkeit für ausreichend, um die geringe Gesellschaftsgefährlichkeit im Sinne des § 153 StPO (alt) zu begründen. Bei den meisten Einstellungen werden jedoch Ausführungen, Charakterisierungen und auch Einschätzungen zum Subjekt des Verbrechens und den Tatmotiven gemacht. Zur Schuld fehlen unmittelbar beweisende Ausführungen und Feststellungen. Sie ist in der Regel aus der Darstellung des Falles zu entnehmen. Das ist allerdings nicht imriier ausreichend, insbesondere dann nicht, wenn die Einstellungen dem Wortlaut nach wegen der geringen Schuld des Täters erfolgen. Zum Subjekt gibt es Charakterisierungen, die sich mehr oder weniger ausführlich auf die berufliche Tätigkeit oder die soziale Stellung des Beschuldigten beziehen, die in der Regel mit der strafbaren Handlung in Beziehung Stehen, So wird in einem Fall von Unter--schlagung erwähnt, /daß die Täterin Leiterin einer Dienststelle war, in Fällen von Diebstahl mitgeteilt, daß die Täter ein Landarbeiter, eine Verkäuferin, ein Rentner, ein Schwememeister bzw. eine alleinstehende Frau waren. Mitunter enthalten die Einstellungsbeschlüsse weitgehende Charakterisierungen, die den Leumund des Beschuldigten betreffen, sein Verhalten ‘ im Betrieb, seine Mitarbeit in den Parteien und Massenorganisationen, sein Auftreten im. öffentlichen und privaten Leben. Der Beschuldigte wird z. B. als ein angesehener Bürger bezeichnet, oder es wird festgestellt, daß er in der LPG gute Arbeit aufzuweisen, daß er bisher ein einwandfreies Leben geführt habe, daß er sich am gesellschaftlichen Löben unserer Republik aktiv beteilige u. a. m. Für die Einstellung nach § 153 StPO (alt) werden auch oft gewisse subjektive Ursachen und Motive angeführt, die der Tat einen schwächeren Grad von Gesellschaftsgefährlichkeit verleihen. So entwendeten zwei Kraftfahrer auf einem Milchhof je einen Liter Vollmilch, um sie ihren Kindern mitzunehmen. In anderen Fällen ergeben sich die Tatmotive, die eine Einstellung des Verfahrens begünstigen, aus der Darstellung der näheren Lebensumstände des Täters. So heißt es von einer Beschuldigten, die 800 g Rindfleisch aus einem Produktionsbetrieb gestohlen hatte und dabei ertappt wurde: „Sie ist eine alleinstehende Frau und hat drei Kinder, von denen zwei im Lehrverhältnis stehen. Sie erhalten kein Werkküehenessen. Lebensmittelkarten und Geld reichen nicht aus.“ Stets muß bei Einstellungen nach § 153 StPO (alt) der Sachverhalt, der die geringe Gesellschaftsgefährlichkeit ® der Handlung czum Ausdruck bringt, klar sein. Daran fehlte es z. B. in folgendem Fall: Die Leiterin einer Postnebenstelle stellte einen Fehlbetrag von 4500 DM fest. Zur Aufbewahrung des Geldes besaß sie eine Zigarrenkiste, zu der auch andere Personen, u. a. ihr Bruder, Zugang hatten. Sie versuchte den Fehlbetrag zu decken, indem sie ihren gesamten Verdienst in die Kasse legte, davon allerdings von Zeit zü Zeit 10 bis 15 DM entnahm. Die Einstellung nach § 153 StPO (alt) war hier völlig verfehlt, weil aus dem Sachverhalt nicht hervorgeht, daß der Fehlbetrag überhaupt schuldhaft verursacht wurde. Wenn das aber der Fall war, so kann man bei einem solch hohen Schaden kaum von unbedeutenden Folgen der Handlung oder von einer geringen Schuld sprechen. Bei den nach § 153 (alt) eingestellten Verfahren, die Körperverletzungen zum Gegenstand hatten, fehlten meist alle Ausführungen zum Verbrechensobjekt, zur konkreten Verletzung am Gegenstand (Körper des Menschen) und zur Art und Weise der Durchführung der Handlung. Wenn in einzelnen Fällen etwas zur Schwere der Verletzung gesagt wird, entbehren die Darlegungen oft der Konkretheit. Es genügt z. B. nicht, von Verletzungen, Druckstellen, Hautabschürfungen zu sprechen, sondern man muß sagen, welchem Körperteil die Verletzung zugefügt wurde. Das ist doch von ausschlaggebender Bedeutung für den Grad der Gesell-schaftsgefährlichkeit der Handlung. Man muß weiter versuchen, die Art def Verletzung zu beschreiben, ihre Größe, ihren Umfang und nach Möglichkeit die Symptome oder die Wirkungen anzugeben, die anläßlich der Verletzung auftraten und den Organismus des Geschädigten beeinflußten. Mit welcher Begründung wurden Verfahren wegen Körperverletzung nach § 153 StPO (alt) eingestellt? In einem Fall, in dem der Pflegeväter seine 17jährige Pflegetochter geschlagen hatte, weil sie sich herumtrieb unid oft spät nach Hause kam, z. B. mit dem Hinweis darauf, daß schon in der Hauptverhandlung der erzieherische Zweck erreicht worden sei. Hinzu kam noch die persönliche Beurteilung des Pflegevaters: er sei ein guter Arbeiter und zu 70% schwerbeschädigt. Die Beteiligung des Täters am gesellschaftlichen Leben mag manchmal der Anlaß oder mit der Grund dafür gewesen sein, das Verfahren nach § 153 StPO (alt) ein-zustelien. In den Einstellungsbegründungen kommt das aber kaum zum Ausdruck. * Auseinandersetzungen über das Vorliegen oder Fehden der Gesellschaftsgefäbrlichkeit finden wir nicht selten auch in Verurteilungen, die wegen geringfügiger Handlungen erfolgten. Es sinld dies solche Fälle, die rein äußerlich evtl, auch nach § 153 StPO (alt) wegen geringer Gesellschaftsgefäihrlichkeit hätten eingestellt werden können oder bei denen die Einstellung nach § 164 Abs. 1 Ziff. 1 StPO bzw. der Freispruch nach § 221 Ziff. 1 StPO hätte erfolgen können, weil ein Verbrechen nicht vorliegt. Auch bei diesen Verurteilungen enthalten die Urteile oft keine sorgfältige Untersuchung aller Tatumstände. Wirklich exakt beschrieben' wird nur der Angriffsgegenstand bzw. der an ihm verursachte Schaden. Gerade aus diesem Grund kann man oft keinen Unterschied feststellen zwischen denFällen der Einstellung bzw. des Freispruchs und jenen, die zu einer Verurteilung führten. Hauptsächlich handelt es sich auch hier wiederum um Eigentumsdelikte. So erfolgten z. B. im Jahre 1956 bei einem Leipziger Kreisgericht in folgenden Fällen Verurteilungen: wegen Unterschlagung von 89 DM zu sechs Wochen Gefängnis; wegen Diebstahls von 6 DM und 650 g Fleisch zu 50 DM Geldstrafe; wegen Diebstahl von drei Branntweinflaschen im Werte von je 2,10 DM zu zwei Monaten Gefängnis; wegen Diebstahls von 350 g Fleisch zu 8 Tagen Gefängnis usw. Die Verurteilungen enthalten meist, außer bei einigen Fleischdiebstählen, 'keine überzeugenden Ausführungen zur Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlungen. Bei einigen Fleiischdiefostählen, die auf Schlachthöfen durchgeführt wunden, kam das Gericht aus zutreffenden rechtspolitischen Erwägungen zur Verurteilung. So heißt es in einem Urteil: „Da diese Handlungen einen Schwerpunkt darstellen, ist es notwendig, dagegen entsprechend einzuschreiten, auch wenn es sich im einzel- 304;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die lcrimineilen Menscherihändlerbanöen, einschließlich. Einschätzungen zu politischen, rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten, Kräften und Vorgängen in der anderen nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die im Kampf gegen den Peind gewonnen wurden und daß die Standpunkte und Schlußfolgerungen zu den behandelten Prägen übereinstimmten. Vorgangsbezogen wurde mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane erneut bei der Bekämpfung des Feindes. Die Funktionen und die Spezifik der verschiedenen Arten der inoffiziellen Mitarbeiter Geheime Verschlußsache Staatssicherheit. Die Rolle moralischer Faktoren im Verhalten der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben nicht gefährdet wird, eine andere Möglichkeit nicht gegeben ist, die Zusammenarbeit darunter nicht leidet und für die die notwendige Sicherheit gewährleistet ist. Die ist gründlich vorzubereiten, hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit voraus, oder es erfolgte eine Übernahme der Bearbeitung des Verdächtigen von einem der anderen Untersuchungsorgane der aus dem sozialistischen Ausland.

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