Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 279

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 279 (NJ DDR 1958, S. 279); Eine erhöhte Umsicht und Vorsicht erwartet das Gesetz, wenn es sich um den Schutz des gesellschaftlichen Eigentums handelt. Die Normen über den Schadensersatz stützen sich daher auf das Verschuldensprinzip. Die Befreiung hängt im Grunde genommen nicht von den subjektiven Fähigkeiten des Schädigers ab, sondern von den durchschnittlichen Anforderungen, die die Gesellschaft an eine zurechnungsfähige Person in seiner Lage stellt. Das bedeutet keine objektive Verantwortung, da das Verhalten des Schädigers und nicht die mechanische Verursachung des Schadens den Ausschlag gibt; erforderlich ist sozusagen das Vorhandensein einer „objektiven Schuld“, da das Verhalten nach durchschnittlichen gesellschaftlichen Anforderungen eingeschätzt wird, die an ein Unternehmen, einen Staatsbürger, einen Fachmann, einen Arzt, einen Gläubiger, einen Schuldner usw. gestellt werden können. Das allein dehnt die Verantwortung etwas aus und öffnet den Weg, um die Anforderungen, parallel zur Entwicklung der Gesellschaft, zu erhöhen. Die Verschärfung der Verantwortlichkeit kommt jedoch auch auf anderen Gebieten zur Geltung. Der Entwurf bricht mit dem Grundsatz, daß bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften keine Haftung für leichte Fahrlässigkeit besteht; er verlangt hier die gleiche Sorgfalt wie bei entgeltlichen Rechtsgeschäften, da der Grad der Sorgfalt nicht von der Gegenleistung ab-hängen kann. Das bedeutet natürlich nicht, daß zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Rechtsgeschäften auf anderen Gebieten, z. B. dem der Haftpflicht, kein Unterschied bestünde. Der Entwurf legt allgemein fest, daß der Vertragspartner für den Vertragsbruch seines Erfüllungsgehilfen in einem ziemlich weiten Sinne des Wortes ebenso haftet wie für sein eigenes Verschulden und daß er, wenn er nicht berechtigt war, sich einer anderen Person zur Erfüllung zu bedienen, überdies für jeden Schaden haftet, der im Falle seines persönlichen Handelns nicht eingetreten wäre. Wird ein Dritter durch einen Arbeiter bzw. Angestellten geschädigt, so haftet diesem Dritten gegenüber nur der Unternehmer, und zwar so, als hätte er selbst den Schaden verursacht. Er kann sich nach den Bestimmungen des Arbeitsrechts dann an den Arbeiter bzw. Angestellten halten. Der Beauftragte haftet Dritten gegenüber im allgemeinen gemeinsam mit dem Auftraggeber, wobei sich die Verantwortung des Auftraggebers auf die gehörige Sorgfalt bei der Auswahl und Beaufsichtigung des Beauftragten beschränkt (§§ 316 318). Eine Verschärfung der Sanktion besteht darin, daß das Gericht im Falle der Ungültigkeit eines Vertrages jene Leistung dem Staat zusprechen kann, die sonst dem Partner des verbotenen, gegen die Interessen des werktätigen Volkes oder gegen die Erfordernisse des sozialistischen Zusammenlebens verstoßenden Vertrages bzw. der täuschenden, widerrechtlich drohenden oder arglistigen Partei zustünde (§ 216 Abs. 1). Diese Bestimmung, die ähnlich auch im sowjetischen Recht zu finden ist, galt bisher in Ungarn nur im Bereich der Wirtschaftsverträge. Schließlich ist im Rahmen der Verbesserung des Rechtsschutzes die Stärkung des Besitzschutzes zu erwähnen, die auf den Erfahrungen mit dem Tschechoslowakischen Zivilgesetzbuch fußt. § 172 gibt dem Besitzer das Recht, sich mit dem Verlangen, den ursprünglichen Besitzstand wiederherzustellen oder die Besitzstörung zu beseitigen, an den Vollzugsausschuß des örtlichen Rates zu wenden. Die Entscheidung des Vollzugsausschusses ist vollstreckbar, jedoch steht der unzufriedenen Partei gegen den Beschluß des Vollzugsausschusses der Rechtsweg offen. Abgesehen davon besteht auch die Möglichkeit, wegen der genannten Ansprüche unmittelbar das Gericht anzurufen. Der Entwurf ist sehr auf den Schutz des gesellschaftlichen Eigentums bedacht. Das kommt nicht nur in den prinzipiellen „Einführungsbestimmungen“, sondern auch in konkreten Normen zum Ausdruck. Hier ist z. B. hinzuweisen auf die Rechtsvermutung zugunsten des staatlichen Eigentums, wenn das Eigentumsrecht zwischen Staat und Privatpersonen strittig ist (§ 175), ferner auf die Beschränkung des Eigentumsrechtserwerbs durch Ersitzung, Fund usw. auf den Kreis der üblichen Gegenstände des persönlichen Eigentums. Im Rahmen der neuen Institutionen ist die Kodifi-zierung der Grundprinzipien der sozialistischen Bodennutzung von Interesse (§§ 128 132). Die Regelung bezieht sich auf jene Fälle, in denen der Staat den sozialistischen Organisationen und Staatsbürgern (sowie die sozialistischen Organisationen ihrerseits ihren Angestellten bzw. Mitgliedern) unentgeltlich und unbefristet Boden zur Nutzung übergibt, etwa als Baustelle für ein Familien- oder ein Genossenschaftshaus. Aus dem Entwurf geht 'hervor, daß das Prinzip, demzufolge das Recht am Gebäude dem Grundstückseigentümer zusteht, in dieser Beziehung durchbrochen wird: Das Gebäude, die Einrichtungen und das Inventar sowie die stehende Ernte, die eingepflanzten Obstbäume und Rebstöcke sind Eigentum des Bodennutzungsberechtigten. Dementsprechend bestimmt § 85, daß, falls Boden und Gebäude nicht im Eigentum einer Person stehen, dies in einer Anlage zum Grundbuch aufzunehmen ist. Dabei ist zu bemerken, daß § 95 nur dem Staat die Möglichkeit gibt, das Eigentumsrecht an einem Gebäude getrennt vom Eigentumsrecht am Boden zu übertragen. Damit ist praktisch die Möglichkeit, Boden und Gebäude eigentumsrechtlich zu trennen, auf die sozialistische Bodennutzung beschränkt. Im übrigen hält der Entwurf am gegenwärtig festgelegten System der Grundbucheintragungen fest. Der Entwurf regelt die hauptsächlichen Rechte und Pflichten des Nutzungsberechtigten und bestimmt, daß das Bodennutzungsrecht widerrufbar ist, wenn der Nutzungsberechtigte ein so schweres Verbrechen begeht, daß er dadurch das Recht auf Bodennutzung verwirkt, wenn er die Bodennutzung aus eigenem Verschulden längere Zeit hindurch nicht ausübt und wenn er seine mit der Nutzung zusammenhängenden Verpflichtungen trotz Ermahnung schwerwiegend verletzt. Das Bodennutzungsrecht kann schließlich auch widerrufen werden, wenn nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen die Enteignung von Privateigentum in Betracht kommt. In diesen Fällen hat der Nutzungsberechtigte Anspruch auf volle Entschädigung für die zurückgelassenen Gebäude, Inventargegenstände, Einrichtungen, Früchte usw. 2. Nach diesen Hinweisen auf neue Rechtsinstitutionen lohnt es sich, einige Worte jenen überlieferten ungarischen Rechtseinrichtungen zu widmen, die in den Entwurf mit neuem Inhalt wiederaufgenommen wurden. Dies ist besonders im Erbrecht geschehen. Im Laufe der sozialistischen Umgestaltung zeigt sich, daß oft gerade- jene häuslichen, persönlichen, familiären Vermögensverhältnisse am tiefsten in der Vergangenheit verankert sind, bei denen sich ein radikaler Eingriff von außen erübrigt. Jedenfalls ist es überflüssig, hier radikal einzugreifen, wenn es darum geht, die Umstellung für die werktätigen Menschen möglichst reibungslos zu gestalten. Bei den alten Institutionen, die für den sozialistischen Aufbau nutzbar sind, bildet die Gewohnheit einen so mächtigen Faktor, daß es schade wäre, auf sie zu verzichten. Ein Beispiel dafür ist die Einrichtung des sowjetischen Kolchoshofs, der aus der Umgestaltung des alten Bauernhofs entstanden ist. Diese Erwägungen fielen bei den Vorarbeiten am erbrechtlichen Teil ins Gewicht. Gleichzeitig mußte man darauf Rücksicht nehmen, daß es sich bei diesen alten Institutionen vorwiegend um bäuerliche Einrichtungen handelt, die nicht den Lebensbedingungen der Arbeiterklasse, sondern der landwirtschaftlichen Kleinproduktion angepaßt sind und an die sich auch hauptsächlich das Bauerntum klammert. Daher will der Entwurf bei gesetzlicher Erbfolge in Konkurrenz mit der leiblichen Nachkommenschaft dem verwitweten Ehegatten die Wahl überlassen, ob er nach der „neuen“ oder der „alten“ Lösung, nach dem „städtischen“ oder „ländlichen“ Typus erben will (§ 564). Der verwitwete Teil kann sich für die alte ungarische Lösung des Wittums oder für den Anspruch auf einen Miterbenanteil entscheiden. Ihm verbleibt im letzteren Fall auch die alte Wohnung und der Hausrat (§ 563). Nach der „alten“ Lösung wird er zwar nicht Erbe, da die Erbschaft den Abkömmlingen zufällt, jedoch behält er, grundsätzlich auf Lebenszeit, die Nutznießung am ganzen Nachlaß (§ 656). Die andere alte ‘ Institution, deren gewandelte Form im Entwurf nach großen Debatten Aufnahme fand, ist die Erbschaft am angefallenen Vermögen, die der alten 279;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung gewährleistet werden, desdo größer ist die politische Wirksamkeit des sozialistischen Strafverfahrens So müssen auch die Worte des Genossen Minister beim Schlußwort der Partei der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhaltes, der sich die entsprechende Belehrung anschließt. Eine Zuführung ist bereits dann möglich, wenn aus dem bisherigen Auftreten einer Person im Zusammenhang mit ihrer Bereitschaft, an der Wahrheitsfindung nitzuwirken, einzuschätzen. Die Allseitigkeit und damit Objektivität einer derartigen Einschätzung hat wesentlichen rinfluß auf die Wirksamkeit der vernehmungs-takbischen Einwirkung des Untersuchungsführers.

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