Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 270

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 270 (NJ DDR 1958, S. 270); Die Anleitung der Kreisstaatsanwälte durch die Abteilung I hatte im Überprüfungszeitraum unterschiedliche Qualität. Gut war die Anleitung im zweiten Quartal 1957 im Hinblick auf die Sicherung der Wahlen zu den örtlichen Organen der Staatsmacht. Hier haben es die Genossen verstanden, in Dienstbesprechungen die bei den antidemokratischen Delikten auftauchenden politischen Probleme zu klären und durch viele Instrukteureinsätze den Kreisstaatsanwälten zu helfen, Fälle der Staatsverleumdung politisch und rechtlich richtig einzuschätzen. Diese gute Anleitung wurde im dritten Quartal nicht fortgesetzt. Ein mehrtägiger Einsatz im vierten Quartal in Halberstadt zeigte, daß bei dem Kreisstaatsanwalt wesentliche Mängel in der politischen Einschätzung der antidemokratischen Delikte bestehen. Er 'hatte eine Reihe Verfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung durchgeführt, die auf einer völligen Verkennung des angegriffenen Objekts beruhten und in denen Anklage wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt hätte erhoben werden müssen. Wegen dieser falschen Subsumtion sind auch meist die Strafen zu gering. Weitere Folge dieser fehlerhaften Strafpolitik war die zögernde Beantragung von Haftbefehlen, wodurch einige Täter flüchten konnten, und die viel zu häufige Anwendung des § 346 StPO im Anschluß an die Hauptverhandlung. Auf der Grundlage der in Halberstadt gesammelten Erfahrungen und auf Grund von Hinweisen der Bezirksleitung der SED wurde die Staatsanwaltschaft Magdeburg (Stadt) überprüft und das gleiche unpolitische Herangehen an antidemokratiscne Delikte festgestellt. In der Mehrzahl der Verfahren (4. Quartal), die Angriffe gegen Angehörige der Volkspolizei zum Gegenstand hatten, wurde wegen Beleidigung statt wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt oder Staatsverleumdung angeklagt. Neben dieser politischrechtlich falschen Würdigung zeigte sich auch eine liberale Haltung bei den beantragten Strafen, denn es wurden überwiegend Geldstrafen beantragt und auch im Urteil auf sie erkannt. So beantragte der Staatsanwalt von Magdeburg (Stadt) im Verfahren IIS 603/57 mit Strafbefehl eine Geldstrafe von 250 DM. Der Beschuldigte hatte einen Volkspolizisten in übler Weise beschimpft und ihm gedroht, „er werde ihn zu Mus schlagen, wenn er ihn in Zivil antreffe“. Der Beschuldigte wurde schließlich tätlich und bedrängte den Volkspolizisten, der sich nur noch unter Anwendung von Gewalt von ihm befreien konnte. Die Strafe entspricht hier keineswegs der Forderung nach einem konsequenten Schutz unseres Staates und seiner Organe. Auch im Verfahren IIS 653/57 entsprechen Strafantrag und Strafe dieser Forderung nicht. Der Beschuldigte hatte im angetrunkenen Zustand an einer Bahnsteigsperre auf dem Bahnhof in Magdeburg den Verkehr des Publikums blockiert. Da der Reichsbahn-angestellte mit ihm nicht fertig wurde, forderte ihn ein hinzugekommener Volkspolizeiangehöriger zum Verlassen der Sperre auf. Der Beschuldigte beschimpfte den Volkspolizisten und schlug sofort auf ihn ein. Einer Schwester des Deutschen Roten Kreuzes, die für den Volkspolizisten Partei ergriff, schlug er ebenfalls ins Gesicht. Die Strafe von drei Monaten Gefängnis mit sofortiger bedingter Strafaussetzung ist nicht geeignet, derartige Rowdys in die Schranken zu weisen. Audi Einzelanweisungen der Abteilung I an die Kreisstaatsanwälte zeigen eine Verkennung der Klassenkampfsituation durch die Mitarbeiter dieser Abteilung. Das beweist folgender Fall: Während der Volkswahlen hetzte ein 45jähriger Bauer in der Öffentlichkeit gegen die Entwicklung der LPG, beschimpfte eine Gemeindevertreterin in übler Weise und bedrohte sie. Weiter hetzte er gegen die Regierung der DDR und verherrlichte das Wüten der Konterrevolution in Ungarn im Herbst 1956. Der Kreisstaatsanwalt gab dieses Verfahren an die Abteilung I des Bezirksstaatsanwalts ab zur Anklageerhebung vor dem Bezirksgericht. Daraufhin erhielt er ein langes Schreiben, in dem ihm die bittersten Vorwürfe gemacht wurden, weil er den Beschuldigten in Haft genommen hatte und ihn nach Art. 6 der Verfassung bestraft wissen wollte. Die Abteilung I schlug vor, in dem Verfahren sechs Monate Gefängnis und sofortige bedingte Strafaussetzung zu beantragen. Nur der Beharrlichkeit des Kreisstaatsanwalts ist es zu verdanken, jaß der Beschuldigte schließlich doch vor dem Bezirksgericht angeklagt und zu Recht zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt wurde. Auch die wenigen Rechtsmittelverfahren zeigen, daß die Kreisstaatsanwälte keine Hilfe erhalten, um zu parteilichen Entscheidungen zu gelangen und sich gegenüber solchen Richtern durchzusetzen, die prinzipiell unter den schon milden Strafanträgen der Staatsanwälte bleiben, wie das z. B. in Kalbe/Milde der Fall ist. Liberalistische Erscheinungen gibt es bei der Anwendung der bedingten Verurteilung und gab es vorher 'bei der Anwendung des § 346 StPO. Sie zeigen sich vor allem in der Anwendung dieser Strafart bei Waffendelikten und bei den falsch subsumierten antidemokratischen Delikten. So wurde bei derartigen Fällen § 346 StPO im Anschluß an die Hauptverhandlung dm vierten Quartal im Stadtkreis Magdeburg in rund 45%, in den Kreisen Klötze und Kalbe/Milde in rund 50% angewandt. Politisch-ideologische Unklarheiten zeigen sich in bestimmten Anklageformulierungen und Plädoyers. So wird in vielen Anklageschriften, selbst bei Spionage-verfahren, zuviel von der Forderung gesprochen, die Angeklagten umzuerziehen, statt dem Täter und den Zuhörern klarzumachen, daß unser Staat vor den Anschlägen seiner Feinde geschützt werden muß. Es ist kein Wunder, daß solche subjektivistischen Erwägungen dann in den Urteilen wiederkehren. Auch in der Strafpolitik der Abteilung II ist keine einheitliche Linie vorhanden. Positiv ist zunächst hervorzuheben, daß Verbrechen gegen das gesellschaftliche Eigentum richtig beurteilt werden. Strafanträge und Strafen entsprechen im wesentlichen der Notwendigkeit eines starken Schutzes des gesellschaftlichen Eigentums, wobei richtig differenziert wird. Das ist mit auf die ständigen Hinweise der Abteilung II zurückzuführen. Unklarheiten bestehen jedoch bei der Abgrenzung der Körperverletzungs- und Beleidigungsdelikte zu den Staatsverbrechen. Hier fehlt es an der Zusammenarbeit mit der Abteilung I. An diesem Ressortgeist liegt es, daß die ideologischen Unklarheiten den Instrukteuren der Abteilung II nicht auffielen. Nicht richtig hat die Abteilung II die Klassenkampfsituation auf dem Lande eingeschätzt. In den ausgesprochen landwirtschaftlichen Kreisen Klötze und Kalbe/Milde wurden zwar Angriffe gegen die Innere Ordnung der LPG konsequent angeklagt, die Fälle böswilliger Nichtablieferung durch Großbauern jedoch nicht beachtet. Trotz ständiger Hinweise der Bezirksleitung der SED ging die Abteilung II nur sehr zögernd an diese Aufgabe heran. Es nimmt deshalb nicht wunder, daß das gleiche Zögern in den Kreisen zu beobachten ist. Im Kreis Klötze war dem Staatsanwalt seit Monaten bekannt, daß ein Großbauer, der über 50 ha bewirtschaftet, sein Soll nicht erfüllt, aber 41 Schweine verschoben hatte. Der Kreisstaatsanwalt leitete aber das Ermittlungsverfahren erst auf Anweisung des Bezirksstaatsanwalts am 25. Februar 1958 ein. Auch im Kreis Kalbe ist, obwohl der Kreisstaatsanwalt etwas mehr Initiative zeigte, erst jetzt in einem Fall Anklage gegen einen nichtabliefernden Großbauern erhoben worden. Zwei Verfahren befinden sich dort noch in der Ermittlung. Sprang er hat oben bereits dargelegt, daß sich das Bezirksgericht in seiner zweitinstanzlichen Rechtsprechung zu einem „Rabattgericht“ entwickelt hat. Es bleibt hier festzustellen, daß die Abteilung II des Bezirksstaatsanwalts dieser Tendenz nicht nur nicht entgegenwirkte, sondern sie teilweise sogar unterstützte. Diese Praxis hatte negative Auswirkungen auf die Rechtsprechung im gesamten Bezirk. So wich z. B. ein Richter des Kreisgerichts Halberstadt in einer ganzen Reihe von Urteilen geringfügig ohne Be- 270;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 270 (NJ DDR 1958, S. 270) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 270 (NJ DDR 1958, S. 270)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Einsatzrichtung, der opera tiven Aufgabenstellung und den Einsatzbedingungen in unterschiedlichem Maße zu fordern und in der prak tischen operativen Arbeit herauszubilden. Die Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit für einen bestimmten Beziehungspartner erwartet werden kann. Die Werbekandidaten sind durch die Werber zu Handlungen zu veranlassen, die eine bewußte operative Zusammenarbeit schrittweise vorbereiten. Es ist zu sichern, daß die Wirksamkeit der koordinierten operativen Diensteinheiten auf allen Leitungsebenen Möglichkeiten und Voraussetzungen der nach dem Effektivität bei Gewährleistung einer hohen Wachsamjfj in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen mitgeführten Gegenstände ist, daß sie dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durcfi deren Benutzung die öffentliche Ordnung gefährdet oder rrd Buchstabe Gesetz oder die der Einziehung unterliegen. Die Durchsuchung gemäß Buchstabe dient dem Zweck, durch das Auffinden von Sachen und deren nachfolgender Verwahrung oder Einziehung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht bestätigte oder die noch bestehende Gefahr nicht von solcher Qualität ist, daß zu deren Abwehr die Einschränkung der Rechte von Personen erforderlich ist. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik gegen die Anschläge desFeindes. Die Aufklärung der Dienststellen der Geheimdienste und Agentenzentralen der kapitalistischen Staaten zur Gewährleistung einer offensiven Abwehrarbeit.

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