Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 255

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 255 (NJ DDR 1958, S. 255); nicht aufrechterhalten werden. Die Sache muß an das Kreisgericht zurückverwiesen werden zu erneuter Prüfung und Entscheidung unter Mitwirkung der Schöffen. Anmerkung: Der Entscheidung kann nicht zugestimmt werden; sie gibt aber einige Anregungen für die Prozeßpraxis und die spätere Gesetzgebung. Das Bezirksgericht verlangt die Mitwirkung von Schöffen bei dem angefochtenen Berichtigungsbeschluß, gleichgültig, ob dieser Beschluß nach vorgängiger mündlicher Verhandlung oder ohne eine solche ergangen ist. Nach dem Wortlaut des § 319 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind beide Möglichkeiten gegeben. Die mündliche Verhandlung ist allerdings in der Praxis eine seltene Ausnahme. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß der angefochtene Berichtigungsbeschluß ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Dann ist aber die Mitwirkung von Schöffen nach der Vorschrift des § 43 Abs. 2 GVG ausgeschlossen. Das Bezirksgericht setzt sich zwar nicht mit § 43 Abs. 2 GVG auseinander; trotzdem scheint es ihn nicht übersehen zu haben, sondern davon auszugehen, daß sich die Beteiligung der Schöffen bei einer Berichtigung des Urteils aus dem Grundsatz der Schöffenmitwirkung bei der Urteilsfällung gewissermaßen aus der Natur der Sache ergebe. Das Bezirksgericht scheint deshalb der Meinung zu sein, es bedürfe keines besonderen Hinweises im Gesetz, daß die Vorschrift des § 43 Abs. 2 GVG für Berichtigungsbeschlüsse nicht gelte. Ganz abgesehen davon, daß solche Argumentationen die sozialistische Gesetzlichkeit stets gefährden, muß außerdem bedacht werden, daß auch die Überprüfung eines Zivilurteils im Berufungsverfahren ohne Schöffen vor sich geht. Es gibt also in unserem Prozeßrecht keinen Grundsatz, wonach an einem Zivilurteil ohne Mitwirkung von Schöffen nicht gerührt werden kann. Es kommt noch dazu, daß das Berichtigungsverfahren nach § 319 ZPO, wenn es richtig gehandhabt wird und sich auf die Beseitigung „offenbarer“ Unrichtigkeiten beschränkt, im Gegensatz zum Berufungsverfahren keinen Überprüfungscharakter hat und daher einen viel geringfügigeren Eingriff darstellt als etwa eine Aufhebung des Urteils durch das Rechtsmittelgericht. Die Feststellung und Berichtigung solcher offenbaren Unrichtigkeiten können unbedenklich dem Vorsitzenden der Zivilkammer überlassen werden. Sollte aber das Bezirksgericht davon ausgehen, daß ein etwa vorliegender offenbarer Widerspruch zwischen dem, was die Zivilkammer gewollt hat, und dem, was im Urteil zum Ausdruck gekommen ist, nur von allen Angehörigen der Zivilkammer und nicht vom Vorsitzenden allein festgestellt werden kann, so ist es inkonsequent, wenn es im Anschluß an die bürgerliche Rechtslehre1 meint, es müßten bei der Urteilsverkündung nicht dieselben Schöffen (Stein/Jonas sprechen allerdings von Richtern und nicht von Schöffen) wie bei der Urteilställung teilnehmen. Eine solche Lösung ist völlig formal. Wenn der Vorsitzende der Zivilkammer bei der Prüfung der Frage, ob wirklich offenbare Widersprüche zwischen Gewolltem und Gesagtem bestehen, Schwierigkeiten haben sollte, was könnten ihm dann zwei Schöffen, die bei der Urteilsberatung und der Urteilsabsetzung nicht anwesend waren, helfen? Solche Schwierigkeiten sind aber, wenn man die Urteilsberichtigung im Sinne des Gesetzes auf „offenbare“ Unrichtigkeiten beschränkt, kaum denkbar. Alle diese Überlegungen sprechen also dafür, daß die Vorschrift des § 43 Abs. 2 GVG, wonach außerhalb der mündlichen Verhandlung ergehende Entscheidungen vom Vorsitzenden der Zivilkammer allein zu treffen sind, auch für den Berichtigungsbeschluß gilt, soweit dieser, wie es der Regel entspricht, ohne vorhergehende mündliche Verhandlung ergeht. Aber selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß die Vorschrift des § 43 Abs. 2 GVG für den Fall des § 319 ZPO nicht gilt und daß die Hinzuziehung von Schöffen beim Erlaß des Berichtigungsbeschlusses geboten ist, bleibt die Entscheidung des Bezirksgerichts unrichtig. § 538 ZPO sieht Aufhebung i Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 18. Auf!., Bemerkung IX 3 zu § 319. des Urteils und Zurückverweisung der Sache nur vor, wenn eine Verhandlung zur „Hauptsache“ überhaupt nicht stattgefunden hat, während alle sonstigen Verfahrensverstöße, wie schwer sie auch gewesen sein mögen, durch die Neuverhandlung in der zweiten Instanz geheilt werden.2 Wurde in erster Instanz, wenn auch in Verletzung des Gesetzes, ohne Schöffen verhandelt, so ändert dies nichts daran, daß eben doch in der „Hauptsache“ verhandelt wurde. Die von mir3 4 seinerzeit zitierte unveröffentlichte Entscheidung des Bezirksgerichts Potsdam, welche die gegenteilige Ansicht vertritt, ist mit dem Wortlaut des § 538 ZPO unvereinbar. Zu einer anderen Ansicht könnte man nur gelangen, wenn man den § 539 ZPO, der Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache wegen erheblicher Verfahrensmängel überhaupt zuläßt, als geltendes Recht betrachten wollte. Dem steht aber bis auf weiteres die bekannte Entscheidung des Obersten Gerichts* entgegen. Jedenfalls ist bisher nichts bekannt geworden, daß das Oberste Gericht seine Meinung in dieser Beziehung geändert hätte. Allerdings trifft diese Argumentation unmittelbar nur auf das Berufungsverfahren zu, während es sich hier um eine sofortige Beschwerde gegen einen Berichtigungsbeschluß handelt. Das Beschwerdeverfahren ist in der Zivilprozeßordnung bekanntermaßen recht unzureichend ausgestaltet. Immerhin ist aber aus der Vorschrift des § 575 ZPO ersichtlich, daß auch im Beschwerdeverfahren eine Zurückverweisung der Sache möglich ist. Näheres sagt das Gesetz allerdings nicht. Es werden daher die Vorschriften der Berufung über die Zurückverweisung, also insbesondere der § 538 ZPO, entsprechend auch auf das Beschwerdeverfahren anzuwenden sein. Das ist gerade im vorgehenden Zusammenhang auch völlig einleuchtend. Wenn schwerste Verfahrensverstöße und sogar die Verletzung des Schöffenprinzips nicht bedingungslos zur Beseitigung des wichtigsten staatlichen Aktes im Zivilprozeß, nämlich des Urteils, führen und diese Verstöße durch die Neuverhandlung im Berufungsverfahren geheilt werden, so muß das gleiche erst recht für die in der Regel weit weniger schwerwiegenden. in Beschlußform ergehenden Entscheidungen des Zivilgerichts gelten. Neuverhandlung in diesem Zusammenhang braucht jedoch nicht unbedingt erneute mündliche Verhandlung zu bedeuten, sondern es genügt unter Umständen eine nochmalige Behandlung der Sache durch das Beschwerdegericht in jeder prozessual zulässigen Form. Dabei wird allerdings zu bedenken sein, daß ein in der mündlichen Verhandlung vor Erlaß des angefochtenen Beschlusses unterlaufener Verfahrensverstoß nur durch eine erneute mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren geheilt werden kann, während andere Verfahrensverstöße durch die bloße Neubehandlung in der Beschwerdeinstanz, ohne daß es einer mündlichen Verhandlung bedarf, geheilt werden. Aus diesen Erwägungen ergibt sich schließlich auch, daß die Entscheidung des Bezirksgerichts sogar dann unrichtig wäre, wenn der Berichtigungsbeschluß ausnahmsweise nach vorgängiger mündlicher Verhandlung, jedoch ohne Hinzuziehung von Schöffen ergangen wäre. Allerdings hätte in diesem Fall eine Sachentscheidung in der Beschwerdeinstanz nur auf Grund einer mündlichen Beschwerdeverhandlung erfolgen dürfen. Wenn das Bezirksgericht trotz dieser eindeutigen Rechtslage zu einer gegenteiligen Entscheidung gekommen ist, so mögen dabei zwar beachtliche, in der Begründung jedoch kaum zum Ausdruck kommende Erwägungen eine gewisse Rolle gespielt haben, die auf eine allzu großzügige Handhabung der Vorschrift des § 319 ZPO durch die Praxis zurückzuführen sein dürften. Offenbar unrichtig ist ein Urteil nur dann, wenn entweder Unterschiede zwischen dem mündlich verkündeten und dem schriftlich abgesetzten Urteil bestehen, oder wenn die Unrichtigkeit durch einen Vergleich zwischen Urteilsformel und Urteilsgründen ohne weiteres erkennbar ist. In allen anderen Fällen bedarf der Nachweis der Unrichtigkeit eingehender Untersuchungen. 2 vgl. dazu Niethammer, Aufhebung und Zurückverweisung im Berufungsverfahren des Zivilprozesses, NJ 1957 S. 144. 3 NJ 1957 S. 144. 4 OG-Urteil vom 28. März 1951, NJ 1951 S. 227. 2 55;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 255 (NJ DDR 1958, S. 255) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 255 (NJ DDR 1958, S. 255)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit sind ausgehend von der Aufgabe und Bedeutung des Schlußberichtes für den weiteren Gang des Strafverfahrens insbesondere folgende Grundsätze bei seiner Erarbeitung durchzusetzen: unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und insbesondere durch die Anwendung von operativen Legenden und Kombinationen sowie anderer operativer Mittel und Methoden; die Ausnutzung und Erweiterung der spezifischen Möglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten, Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der jeweils für die Aufgabenstellung wichtigsten operativen Diens teinheiten Sie wird vom Leiter selbst oder von einem von ihm Beauftragten geleitet.

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