Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 237

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 237 (NJ DDR 1958, S. 237); im Werte von 150 DM beschäftigte. Als sie sich unbeobachtet glaubte, steckte sie den Rest in die Einkaufstasche. Durch den Hinweis einer Kundin an die Verkäuferin entdeckt, tat die Angeklagte, als wollte sie den Stoffrest wieder auf den Ladentisch legen. Im Urteil heißt es: „Die Angeklagte leugnet den Tathergang, der durch zwei Tatzeugen bewiesen ist. Ihr Verheilten in der Hauptverhandlung ist äußerst herausfordernd und getragen von Uneinsichtigkeit.“ Da die Angeklagte bisher „jedoch tadelsfrei durchs Leben gegangen“ sei, gelangte die Strafkammer zu der Überzeugung, daß auch unter Berücksichtigung des verhältnismäßig geringen Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit die Strafe des öffentlichen Tadels und eine kleine Geldstrafe ausreichend sei, um die Angeklagte künftig zur Achtung vor dem Volkseigentum zu erziehen. Bei dieser Entscheidung unterschätzt das Kreisgericht die Bedeutung des Volkseigentums als der ökonomischen Grundlage unserer Gesellschaftsordnung (welchem ein Schaden in Höhe von 150 DM drohte). Andererseits hat die Angeklagte durch ihr Verhalten nach der Tat zu erkennen gegeben, daß sie noch nicht die richtigen Schlußfolgerungen aus ihrem strafbaren Verhalten gezogen hat. Der ausgesprochene öffentliche Tadel entspricht hier nicht dem herausfordernden, uneinsichtigen Verhalten der Angeklagten in der Hauptverhandluing. Das Kreisgericht Brandenburg-Land bestrafte in der Strafsache S 10 a/58 einen Täter, welcher 80 Kilogramm Ölfarbe aus einem volkseigenen Betrieb entwendet und diese verkauft hatte, mit einem öffentlichen Tadel. Das Gericht begründete dieses Urteil lediglich damit, daß der Angeklagte sich im allgemeinen gut geführt und im übrigen bereits die Lehren aus der Gerichtsverhandlung gezogen habe. Diese Begründung trägt zweifellos das Urteil nicht. Gewiß sind wir vom erzieherischen Wert einer .gut durchgeführten gerichtlichen Hauptverhandlung überzeugt; indes wäre es verfehlt, in einer Vielzahl von Fällen hieraus den Schluß zu ziehen, daß zur weiteren Erziehung des Täters eine Strafe nicht notwendig sei. In der Strafsache 2 S 80 a/58 erkannte das Kreisgericht Potsdam-Land gleichfalls auf öffentlichen Tadel. Der Angeklagte hatte 380,60 DM (Versicherungsgelder der DVA) unterschlagen. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, daß der Angeklagte den Schaden wiedergutgemacht habe, so daß ein größerer Schaden für das Volkseigentum nicht entstanden sei. Diese Begründung kann nur dann überzeugen, wenn der Angeklagte die unterschlagenen Gelder aus freien Stücken, vor Entdeckung der Tat, zurückerstattet hätte. Anderenfalls läßt die Höhe der zunächst eingetretenen Schädigung des Volkseigentums die Anwendung des öffentlichen Tadels nicht zu. Diese Beispiele zeigen deutlich, daß der Bedeutung des Schutzes des Volkseigentums bei formaler Anwendung der neuen Strafarten nicht Rechnung getragen wird. Bedenklich stimmt auch die in der Analyse der Justizverwaltungsstelle Potsdam getroffene Feststellung, daß die neuen Strafarten zu häufig bei vorsätzlichen Körperverletzungen angewandt werden, und zwar auch bei solchen Delikten dieser Art, die erhebliche Gesundheitsschäden zur Folge hatten. Die häufige Anwendung der neuen Strafarten bei derart schweren Körperverletzungen wird auch der Tatsache nicht gerecht, daß die Körperverletzungsdelikte einen Schwerpunkt der Kriminalität darstellen. Neben falschen Ergebnissen, wie sie bisher erläutert wurden, gibt es auch eine Anzahl von Entscheidungen, die zwar im Ergebnis richtig sind, aber einige typische Mängel bei der Anwendung der neuen Strafarten aufweisen. Vor allem fehlt es häufig an einer ausreichenden Begründung der jeweiligen Strafart. Nur ungenügend kommt in den Urteilsgründen zum Ausdruck, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den objektiven und den subjektiven Faktoren besteht, die zur Anwendung der §§ 1 und 3 StEG führen. So wird in der Regel die Anwendung der bedingten Verurteilung oder des öffentlichen Tadels nur aus den subjektiven Momenten hergeleitet, nicht aber begründet bzw. kein Nachweis dafür geführt, daß auch der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat diese Maßnahme als gerechtfertigt erscheinen läßt. Dadurch verliert aber das Urteil an Überzeugungskraft und erzieherischem Wert. Auch bei der Begründung der neuen Strafarten darf nicht darauf verzichtet werden, das Gesellschaftsgefährliche der Handlung sowie das moralischpolitisch zu mißbilligende Verhalten zu charakterisieren. Ebenso mangelhaft ist es aber andererseits, wenn bei der Begründung des öffentlichen Tadels oder der bedingten Verurteilung, um ihnen als Strafmaßnahme mehr Gewicht zu verleihen, von großer oder gar besonderer Gesellschaftsgefährlichkeit gesprochen wird. So heißt es im Urteil des Kreisgerichts Oranienburg in der Strafsache S 43/58, die Gesellschaftsgefährlichkeit sei „besonders hoch“, sie werde jedoch durch die Wiedergutmachung „gemildert“; aus diesem Grunde sei die bedingte Verurteilung gerechtfertigt. Eine sich derart widersprechende Begründung vermag natürlich von der Richtigkeit der bedingten Verurteilung nicht zu überzeugen. Als gutes Beispiel einer überzeugenden Begründung des öffentlichen Tadels ist dagegen das Urteil des Kreisgerichts Brandenburg-Stadt S 33/58 anzusehen2: Die 27jährige Angeklagte lebte mit ihren Kindern in der DDR. Ihr Ehemann war im September 1957 besuchsweise mit behördlicher Genehmigung nach Westdeutschland gefahren und nicht mehr in die DDR zurückgekehrt. Am 23. Dezember 1957 erhielt die Angeklagte von ihrem Ehemann Nachricht, daß er sie mit den Kindern in Westberlin erwarte. Dort teilte er ihr mit, daß er bereits Flugkarten besorgt habe und daß sie mit den Kindern das Weihnachtsfest bei ihm in Westdeutschland verleben solle; dort wollten sich dann die Ehegatten über ihre weiteren Beziehungen aussprechen. Ohne beim VPKA eine Genehmigung zu beantragen, fuhr die Angeklagte mit ihren Kindern am 25. Dezember nach Westberlin und flog von dort nach Köln. Da ihr jüngstes Kind schwer erkrankte, kehrte sie später, als von ihr vorgesehen, am 16. Januar 1958, auf dem Luftwege in die DDR zurück. In der Aussprache mit ihrem Ehemann hatte sich dieser bereit erklärt, wieder in die DDR zurückzukehren. Nach Ausführungen über die Gesellschaftsgefährlichkeit des illegalen Verlassens der DDR heißt es in dem Urteil weiter: „Bei der Angeklagten war jedoch zu berücksichtigen, daß sie unüberlegt gehandelt hat und glaubte, auf diese Art und Weise ihre Familienangelegenheiten klären zu können. Es spricht zu ihren Gunsten, daß sie versucht hat, ihren Mann zur Rückkehr in die Republik zu veranlassen. Das Gericht ist der Überzeugung, daß die Angeklagte bereits aus dem Verfahren die notwendigen Lehren gezogen hat, so daß der Ausspruch eines öffentlichen Tadels gern. § 3 StEG ausreichend war, um sie zur Einhaltung unserer gesetzlichen Bestimmungen zu erziehen.“ Ein häufiger Mangel bei der Begründung der bedingten Verurteilung liegt darin, daß sie sich von der Begründung einer bedingten Strafaussetzung nicht unterscheidet. Im Urteil des Kreisgerichts Waren S 10/58 kommt das folgendermaßen zum Ausdruck: „ Aus diesem Grunde verurteilte das Gericht zu zwei Monaten Gefängnis . Aus diesen Gründen konnte dem Angeklagten für die Vollstreckung der Strafe eine Bewährungszeit bewilligt werden. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt. Wenn sich der Verurteilte während der Bewährungszeit nichts zuschulden kommen läßt, so wird ihm nach deren Ablauf die Strafe erlassen.“ Hier wird übersehen, daß die bedingte Verurteilung ebenso wie der öffentliche Tadel keine Freiheitsstrafe ist. Die Besonderheit besteht darin, daß zwar eine der Höhe hach bestimmte Strafe festgesetzt wird, das Gericht jedoch von der Überzeugung ausgeht, daß eine Freiheitsstrafe nicht erforderlich ist. Deshalb entspricht die Festsetzung einer Freiheitsstrafe, deren Voll- 2 vgl. auch das Urteil des Stadtgerichts von Groß-Berlin in NJ 1958 S. 210. 237;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 237 (NJ DDR 1958, S. 237) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 237 (NJ DDR 1958, S. 237)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Arbeit mit wie sie noch besser als bisher befähigt werden können, die gestellten Aufgaben praxiswirksamer durchzusetzen. Mir geht es weiter darum, sich in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Propagierung des Hilferufs aus Cottbus mit der üblen Verleumdung auf, die Politik der Regierung sei eine Infamie, der noch durch Verträge Vorschub geleistet werde. Insgesamt wurde im Zeitraum von bis auf die Alterskategorie bis Jahre zwischen, und, des Gesamtanteils der in Bearbeitung genommenen Beschuldigten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere hinsichtlich der möglichen Ausnutzung solcher Erscheinungsformen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unternehmen sowie ebenfalls - Pläne und Aktivitäten trotzkistischer Kräfte, antisozialistische Positionen in der Deutschen Demokratischen Republik zu schaffen und auszubauen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X