Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 208

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 208 (NJ DDR 1958, S. 208); des Bundesgerichtshofs steht, wonach die Bundesrepublik innerhalb der politischen Strafjustiz angeblich nur klares kriminelles Unrecht strafen, sich aber nicht unter dem trügerischen Schein des Rechts politischer Gegner entledigen wolle. Diese offene Kritik an der richterlichen Tätigkeit Dr. Friedrich Geiers und seines Senats sah die Bundesanwaltschaft, die der Bundesregierung gegenüber weisungsgebunden ist, als strafbar an und erhob Anklage gegen Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Juristen, darunter auch gegen Dr. Johannes Mertens. In der Anklage wurde u. a. behauptet, die Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Juristen sei eine Vereinigung, deren Tätigkeit darauf gerichtet sei, strafbare Handlungen zu begehen. Diese strafbaren Handlungen sah sie vornehmlich in der Kritik der Tätigkeit Dr. Geiers und der Richter seines Senats. Demnach war Dr. Friedrich Geier gemäß § 22 StPO von jeder Mitwirkung in den Verfahren ausgeschlossen, da es zu den elementarsten demokratischen Rechtsprinzipien gehört und dem primitivsten Rechtsempfinden entspricht, daß niemand in eigener Sache richten darf. Aus diesem Grunde dürfte Dr. Friedrich Geier in dem genannten Verfahren auch keinerlei richterliche Amtshandlungen vornehmen. Trotz dieses sonnenklaren Sachverhalts hat Dr. Friedrich Geier bedenkenlos an der Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Juristen mitgewirkt und in diesem Zusammenhang außerdem noch einen Beschluß erlassen, durch den Dr. Johannes Mertens vier Tage nach der Bundestagswahl in Haft genommen und bis zum 20. Fe- bruar 1958, also fünf Monate lang, seiner Freiheit beraubt wurde. Erst als die Verteidiger auf diesen unerhörten Vorgang eindringlichst hinwiesen, mußten auf ihren Antrag hin schließlich andere Richter des politischen Senats durch Beschluß feststellen, daß Dr. Friedrich Geier nach den klaren gesetzlichen Bestimmungen von jeglicher Mitwirkung in diesem Verfahren ausgeschlossen war. Es wurde also von seinem eigenen Senat festgestellt, daß Dr. Friedrich Geier durch seine Mitwirkung an den Beschlüssen über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die erneute Inhaftierung von Dr. Mertens imrechtmäßig gehandelt und damit das Recht gebeugt hat. Außerdem wurde Dr. Mertens hierdurch über vier Monate seiner Freiheit beraubt. Demzufolge hat sich Dr. Friedrich Geier der Rechtsbeugung (§ 336 StGB) und der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht. Zwischen den strafbaren Handlungen Dr. Friedrich Geiers und dem Versuch der Bundesregierung, der wachsenden Volksbewegung gegen die Atomrüstung der Bundesrepublik und für eine atomwaffenfreie Zone in Europa mit neuen Unterdrückungsmaßnahmen ihres Staatsapparates zu begegnen, besteht offensichtlich ein enger Zusammenhang. Die Adenauer-Regierung weiß sehr wohl, auf welch schwachen Füßen ihre bankrotte Politik der Stärke steht. In diesem Rahmen muß man auch die Rechtsbrüche des Dr. Friedrich Geier sehen, wobei dieser Angriff auf das Recht genauso zum Scheitern verurteilt ist wie alle Versuche, der wachsenden Volksbewegung Herr zu werden. gez.: GERTRUD STROHBACH, Abgeordnete der KPD im 1. Bundestag Aus der Praxis für die Praxis Ein Beispiel falscher Anwendung des § 9 StEG In der Strafsache 3 Ds 31/55 wegen versuchten Diebstahls eines Fahrrads hat die Strafkammer des Kreisgerichts Guben durch Beschluß vom 4. Februar 1958 „gern. § 9 StEG von einer Bestrafung abgesehen und das Verfahren eingestellt“. Diese Entscheidung ist zunächst in prozessualer Hinsich zu beanstanden. Durch § 42 StEG wurde § 1 Abs. 2 Satz 2 EGStPO, der die weitere Anwendung des § 153 der alten StPO von 1877 zuließ, aufgehoben. § 153 StPO (alt) ist jetzt nicht mehr geltendes Recht, und damit ist diese Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens in der Hauptverhandlung durch Beschluß weggefallen. Nach § 219 Abs. 1 StPO entscheidet das Gericht durch Urteil, wenn auf Freispruch oder Verurteilung erkannt wird. Da nach § 9 StEG von Strafe abgesehen wird, muß eine Schuldigsprechung vorausgehen, die durch Urteil zu erfolgen hat. Das Kreisgericht Guben hätte also im vorliegenden Fall durch Urteil entscheiden und folgendermaßen tenorieren müssen: „Die Angeklagte ist des versuchten Diebstahls von persönlichem Eigentum schuldig. Von Strafe wird abgesehen“. Darüber hinaus hätte, da § 9 StEG zwei Alternativen enthält, in den Gründen des Urteils genau angegeben werden müssen, welche Alternative das Kreisgericht im vorliegenden Fall als gegeben erachtet. Die Entscheidung des Kreisgerichts ist aber auch sachlich zu bemängeln. Die Angeklagte hatte im April 1955 versucht, ein Fahrrad zu stehlen. Als daraufhin gegen sie ein Strafverfahren eingeleitet wurde, verließ sie vor der Hauptverhandlung illegal die DDR. Nach längerem Aufenthalt in Westdeutschland kehrte sie in ihren Heimatort zurück. Dem seinerzeit vorläufig eingestellten Verfahren wurde kein Fortgang gegeben. Das Kreisgericht ist nun der Auffassung, daß der versuchte Diebstahl eines Fahrrades nach nahezu drei Jahren nicht mehr als gesellschaftsgefährlich angesehen werden kann. Das ist nicht richtig. Das persönliche Eigentum als Objekt des Verbrechens hat in dieser Zeit in keiner Weise an Bedeutung eingebüßt, und das Fahrrad als Angriffsgegenstand ist absolut kein geringwertiger Gegenstand. Soweit nicht objektive Tatsachen zur Begründung herangezogen werden, kann man nicht schlechthin davon sprechen, daß ein Verbrechen infolge Zeitablaufs nicht mehr gesellschaftsgefährlich ist. Nach § 9 Ziff. 2 StEG kann von einer Bestrafung abgesehen werden, „wenn im gesamten Verhalten des Täters eine grundlegende Wandlung eingetreten ist, die erwarten läßt, daß er die sozialistische Gesetzlichkeit achten wird.“ Hatte das Kreisgericht Guben angesichts der seit der Tat verstrichenen drei Jahre und der Rückkehr der Angeklagten in die DDR diese Alternative im Auge, so hätte es, um von Strafe ab-sehen zu können, schon Tatsachen dafür anführen müssen, daß eine solche „grundlegende Wandlung“ eingetreten ist. RUDOLF HILLER, Oberreferent im Ministerium der Justiz Einige Bemerkungen zur Rechtsmittelverzichtserklärung Ein Kreisgericht hatte einen Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt. Die hiergegen rechtzeitig eingelegte Berufung war vom Bezirksgericht durch Beschluß als imzulässig verworfen worden, weil das - Protokoll über die Hauptverhandlung ergab, daß der Angeklagte nach erfolgter Belehrung Rechtsmittelverzicht erklärt hatte. Der Angeklagte nahm die Entscheidung nicht hin. Auf seine Vorstellung beim Kreisgericht, daß er auf die Einlegung des Rechtsmittels nicht verzichtet habe und die Eintragung im Protokoll unrichtig sei, fertigte der Vorsitzende der Strafkammer des Kreisgerichts einen Aktenvermerk, der Angeklagte habe im Anschluß an die Hauptverhandlung nicht erklärt, er nehme das Urteil an, sondern gerade das Gegenteil, daß er es nicht annehme. Dieser Sachverhalt gibt Anlaß zu einigen über die Entscheidung des Einzelfalles hinausgehenden Bemerkungen: 1. Der Aktenvermerk des Richters war ungenügend. Offenbare Unrichtigkeiten des Protokolls können jederzeit berichtigt werden. Hierfür schreibt § 230 Abs. 4 208;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Auf der Grundlage der Durchführungsbestimmung zur DienS-anwelsung des Gen. Minister, die die Aufgaben für die Einschätzung der operativen Relevanz der Androhung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten als Bestandteil der operativen Lageeinschätzung im Verantwortungsbereich, zur Herausarbeitung und Bestimmung von Erfordernissen der vorbeugenden Terrorabwehr und des Niveaus der dazu ersetzbaren operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der hierzu bestehenden gesetzlichen Bestimmung erfolgen sollte, damit die politisch-operative Ziestellung erreicht wird. Bei Entscheidungen über die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit , insbesondere erfolgen, um bei den mit der anfänglichen Zielstellung der ausschließlichen Gefahrenabwehr auf der Grundlage der Befugnisse des Gesetzes eingeleiteten Maßnahmen gleichzeitig Informationen zu erarbeiten, die eine Bestimmung des vernehmungstaktischen Vorgehens ermöglichen. In diesem Zusammenhang kommt der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem den führenden operativen Mitarbeiter große Bedeutung. Der Pührungs-offizier, der in der Phase der Vorbereitung die entsprechender. Maßnahmen einzuleiten sind. Insbesondere im Zusammenhang mit der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Bugendlicher kommt es darauf an, die im Vortrag dargelegten Erkenntnisse und Probleme als Anregung zu werten, die konkrete Situation in der Untersuchungshaftanstalt kritisch zu analysieren und entsprechende Schlußfolgerungen für die politisch-operative Arbeit vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung and Bekämpfung der Versuche des Feindes aum Mißbrauch der Kirchen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Grandfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in der Reoel mit der für die politisch-operative Bearbeitung der Sache zuständigen Diensteinheit im Staatssicherheit koordiniert und kombiniert werden muß.

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