Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 160

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 160 (NJ DDR 1958, S. 160); diese nicht weiterreichen als die eben dargelegte allgemeine Gleichberechtigung der Bürger. Im Gegenteil: Aus dem Klassencharakter der kapitalistischen Gesellschaftsordnung folgt, daß in ihr verschiedene Faktoren die Frau selbst von dieser allgemeinen Gleichberechtigung ausschließen. Diese bedürfen hier keiner weiteren Erörterung; sie sind sämtlich eine Folge der Ausbeutung im Kapitalismus. In der sozialistischen Gesellschaftsordnung fallen die ökonomischen Ursachen der Entrechtung der Frau weg. Deshalb kann die Gleichberechtigung in dieser Gesellschaftsordnung auch durch das Gesetz erfolgreich bestimmt werden. Das erfolgte auch bereits zu Beginn der Errichtung der Sowjetmacht. Lenin schrieb: „Die sowjetische Republik beseitigte auf einmal alle Spuren der Ungleichheit der Frau in der Gesetzgebung und sicherte ihr auf einmal die volle Gleichberechtigung nach dem Gesetz“6. Aber diese Gleichberechtigung muß noch mit allen Mängeln behaftet sein, wie sie Lenin in „Staat und Revolution“ kennzeichnet. Um aber die Frau in diesen Stand der Gleichberechtigung zu setzen, statuiert die Verfassung der Sowjetunion (Art. 122) nicht nur die Gleichberechtigung, sondern bestimmt zugleich die Mittel, mit deren Hilfe sie zu realisieren ist. Hierzu gehören insbesondere folgende Maßnahmen des Staates: Gleichstellung im Recht auf Arbeit, auf Entlohnung der Arbeit, auf Erholung, auf Sozialversicherung und Bildung, staatlicher Schutz der Interessen von Mutter und Kind, staatliche Hilfe für kinderreiche und alleinstehende Mütter, Gewährung eines vollbezahlten Schwangerschaftsurlaubs, ein umfassendes Netz von Entbindungsheimen, Kinderkrippen und Kindergärten. Dieses „gleiche Recht“ der Frau, das sich jedoch gleichzeitig darstellt als „eine Verletzung der Gleichheit und eine Ungerechtigkeit“, findet seinen bestimmten Ausdruck bei der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts. Die Verteilung nach dem Leistungsprinzip wird mittels der Zirkulation realisiert. Auf diesem Wege erwirbt der Bürger die notwendigen Gegenstände für den persönlichen Bedarf. Gegenüber der Gesellschaft sind die Bürger zum Empfang eines bestimmten Teils des gesellschaftlichen Gesamtprodukts berechtigt, nicht aber eines gleichen Teils. Der einzelne erwirbt an diesem bestimmten Teil persönliches Eigentum. Das persönliche Eigentumsrecht festigt und schützt somit die dem Bürger gewährte Möglichkeit, den ihm zukommenden Teil des gesellschaftlichen Gesamtprodukts für die Befriedigung seiner materiellen und kulturellen Bedürfnisse entsprechend den Neigungen, dem Geschmack und den Gewohnheiten zu nutzen. Damit begründet und schützt das sozialistische Recht die maximale Freiheit des Bürgers bei der Nutzung seines persönlichen Eigentums. Dieser Zweck der Befriedigung seiner materiellen und kulturellen Bedürfnisse, der Nutzung des persönlichen' -Eigentums ist mithin auch Schutz der bestehenden Verteilungsordnung. Und ebenso wichtig ist es, darauf hinzuweisen, daß das Wesen dieses Eigentumsrechts auch durch die Ziele 'bestimmt wird, denen das Recht dient: Nutzung im eigenen Interesse7, Sicherung der Befriedigung der durch das Gesetz geschützten Interessen des Rechtsbefugten8. Auf der Grundlage einer solchen Gleichberechtigung, die auch im Sozialismus zugleich Ungleichheit bedeutet, schließen Mann und Frau die Ehe. Ist diese Gleichberechtigung vor dem Gesetz auch bereits eine ausreichende Grundlage für die Gleichberechtigung in der Ehe? Dieses Problem existiert nicht nur für die Übergangsperiode zum Sozialismus, sondern auch für die sozialistische Gesellschaftsordnung selbst. Für die Übergangsperiode zum Sozialismus erweitert sich das Problem, wie noch dargelegt werden wird. Im Sozialismus sind die Eheleute, soweit sie nicht gleiches Arbeitseinkommen haben und das Erfordernis der Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse dasselbe ist, ungleich bei der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts, ungleich bei dem Erwerb persönlichen Eigentums zur Befriedigung ihrer materiellen und kulturel- 6 Lenin, Werke, Bd. 30, S. 382 (russ.). 7 Wenediktow, Das staatliche sozialistische Eigentum, Moskau 1948, S. 34 (russ.). 8 J. K. Tolstoi, Inhalt und zivilrechtlicher Schutz des Eigen- tumsrechts in der UdSSR, Moskau 1955, S. 58 (russ.). len Bedürfnisse. Diese wirtschaftliche Ungleichheit muß wenn sie kein Korrelat erfährt zu einer ökonomisch bestimmenden Rolle desjenigen Ehepartners führen, der im größeren Umfang an der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts beteiligt ist. Der Fall, daß einer der Ehepartner überhaupt nicht arbeitet und deshalb kein eigenes Einkommen hat, also an der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts gar nicht beteiligt ist, erscheint hier nur als ein Grenzfall des allgemeinen Problems. Dabei gibt es auch im Sozialismus verschiedene typische Fälle dieser Kategorie, z. B. die Erziehung mehrerer Kinder in der Familie, das Studium eines Ehepartners, Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Alters usw. In der Gestalt von Beihilfen, Stipendien, Unterstützungen, Versicherungsleistungen usw. wird zwar auch ein solcher Ehepartner an der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts beteiligt sein, aber meistens in geringerem Umfang als der andere Teil. In der Ehe muß deshalb die Zweckbestimmung des persönlichen Eigentums eine Wandlung erfahren. Wenn wie oben ausgeführt diese Zweckbestimmung ihren Ausdruck in der Nutzung des Anteils am gesellschaftlichen Gesamtprodukt im eigenen Interesse findet, so muß jetzt an die Stelle dieses eigenen Interesses in bestimmtem Umfang das Interesse der ehelichen Gemeinschaft treten. Dieser Wechsel in der Zweckbestimmung muß auch einen entsprechenden juristischen Ausdruck erhalten. Eine juristische Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse hat zwei Widersprüche zu überwinden: erstens den Widerspruch zwischen der Ungleichheit in der Aneignung des Anteils am gesellschaftlichen Gesamtprodukt und dem Erfordernis der realen Gleichberechtigung innerhalb der Ehe; zweitens den Widerspruch zwischen der Zweckbestimmung der persönlichen Nutzung des persönlichen Eigentums und der Zweckbestimmung einer Nutzung im Interesse von Ehe und Familie. Entgegen der Auffassung von Nathan9 ist nicht nur der eheliche Aufwand eine Frage der harmonischen Lebensgemeinschaft, sondern auch das Güterrecht. Und deshalb kann ich auch seiner Auffassung nicht beitreten, daß das Eigentumsrecht in der Ehe keine Rolle spiele10. Es handelt sich aber bei dieser Korrektur der „Ungerechtigkeit“ des Verteilungsprinzips im Hinblick auf die eheliche Gemeinschaft nicht nur um die Frage der Nutzung des persönlichen Eigentums für eheliche Zwecke. „Die Statuierung von Gesamteigentum der Eheleute an dem während der Ehe erworbenen Vermögen ist bedingt durch den Charakter der Familie in der sozialistischen Gesellschaft: durch die wirkliche Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe, den werktätigen Charakter der Familie, dadurch, daß die Hauptexistenzquelle der Familie die Arbeit ihrer Mitglieder in der sozialistischen Gesellschaft ist und die mit der Führung des Haushalts und der Erziehung der Kinder verbundene Arbeit von großer gesellschaftlicher Bedeutung ist und hoch eingeschätzt wird. In der sozialistischen Gesellschaft sind Grundlage der Ehe die persönlichen Beziehungen von Mann und Frau, ihr gemeinschaftliches Leben, die Erziehung der Kinder als der künftigen Erbauer des Kommunismus. Die Vermögensverhältnisse tragen in der Familie einen untergeordneten Charakter. Sie entstehen im Zusammenhang mit der Konsumtion des Teils des gesellschaftlichen Gesamtprodukts, der zur Befriedi- Nathan, a.a.O. S. 291, bzw. NJ 1958 S. 122. io Nathan, a.a.O. S. 299 ff., bzw. NJ 1958 S. 124/125. Allerdings führt Nathan diesen Gedanken selbst nicht konsequent durch. „Diese gemeinsam genützten Dinge sind, wenn auch nicht allein, eine Art materielles Substrat der Ehe“ (S. 301). „Es wurde schon oben ausgeführt, daß die Sachen, welche die Eheleute tägUch gemeinsam benützen, in näherer Beziehung zur gemeinschaftlichen Lebensführung stehen als sämtliche anderen Vermögensgegenstände und das insoweit die Trennung der Eigentumsrechte die Harmonie der Ehe durchaus zu beeinträchtigen geeignet ist. In diesem Umfange scheint mir eine gut ausgestaltete Vermögensgemeinschaft dem heutigen Bewußtsein der Werktätigen besser zu entsprechen, und es wäre m. E. zu prüfen, ob es in dieser Periode das Wesen der Ehe nicht sogar erfordert, in gewissem Umfange auch den in die Ehe eingebrachten Hausrat in die Gemeinschaft einzubeziehen“ (S. 333/334). Dabei darf man überdies nicht übersehen, daß auch in der sozialistischen Gesellschaft der Hausrat einschließlich Wohnhaus, Kraftwagen usw. und die kulturellen Gegenstände den Hauptteil des persönlichen Eigentums ausmachen. 160;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 160 (NJ DDR 1958, S. 160) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 160 (NJ DDR 1958, S. 160)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Konspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung, der gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten politischen Untergrundtütigkeitf Vertrauliche Verschlußsache Die weitere Qualifizierung der Sicherheits- überprüfungen dos Staatssicherheit im Prozeß der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet ist die Aufklärung und Bearbeilrung solcher eine Hauptaufgabe, in denen geheime Informationen über Pläne und Absichten, über Mittel und Methoden des IfS zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß die Bereitschaft zur konspirativen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird.

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