Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 157

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 157 (NJ DDR 1958, S. 157); solcher Fall wäre beispielsweise gegeben, wenn ein beschuldigter Kraftfahrer behauptet, er habe während der Fahrt nur eine Flasche Bier getrunken, ein Zeuge, der sich zur gleichen Zeit in der Gaststätte aufhielt, jedoch äussagt, daß er wesentlich größere Mengen alkoholischer Getränke zu sich genommen hat, und diese Aussage durch ein Gutachten über den Blutalkoholgehalt bestätigt wird. Es sollte nicht durch Strafbefehl entschieden werden, wenn die Angaben des Beschuldigten der Aussage eines Zeugen widersprechen, wenn also Aussage gegen Aussage steht, und andere Beweismittel nicht vorliegen. Bei einer derartigen Sachlage ist eine Beweiswürdigung ohne Hauptverhandlung unmöglich. Nur in der mündlichen Verhandlung können die Aussagen gegeneinander abgewogen und auf ihre Glaubwürdigkeit hin untersucht werden. Auch in der Hauptverhandlung kann in solchen Fällen sehr oft der Schuldbeweis nicht erbracht werden, so daß ein Freispruch mangels Beweises gern. § 221 Zif£. 3 StPO erfolgen muß. Erhebliche Zweifel an der Strafbarkeit des Beschuldigten können auch dann bestehen, wenn sein Leugnen zwar mehreren übereinstimmenden Zeugenaussagen gegenübersteht, wenn aber die Möglichkeit besteht, daß die Zeugen aus einer gleichen Interessenlage heraus den Sachverhalt bewußt oder unbewußt unrichtig darstellen. Das dürfte immer dann der Fall sein, wenn sie sich selbst bei dem Tatgeschehen nicht rühmlich verhalten haben und nun versuchen, die ganze Schuld auf den Angeklagten abzuwälzen. Auch wenn die Zeugen in einem Angehörigkeits- oder Freundschaftsverhältnis zueinander stehen, muß das Übereinstimmen ihrer Aussagen nicht unbedingt geeignet sein, die erheblichen Zweifel an der Tat und Schuld des Täters zu zerstreuen. Ein Strafbefehl sollte selbstverständlich auch dann nicht ergehen, wenn widersprechende Aussagen des Beschuldigten und der Zeugen untereinander über bestimmte wesentliche Tatumstände (z. B. die von einem Motorradfahrer vor Antritt oder während der Fahrt genossene Menge alkoholischer Getränke) vorliegen und sich der Beweis nicht durch andere Mittel (z. B. ein einwandfreies Blutalkoholgutachten) sicher erbringen läßt. Es bestehen also immer dann erhebliche Zweifel an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten, wenn dieser leugnet und die Zeugen mehrere „Parteien“ bilden, vorausgesetzt, daß andere eindeutige Beweismittel, vor allem sachliche, nicht zur Verfügung stehen. 2. Nach der Prüfung, ob der Strafbefehl im gegebenen Fall überhaupt ergehen darf, müssen Staatsanwalt und Gericht auch darüber Überlegungen anstellen, ob er zweckmäßig ist. Hierbei ist davon auszugehen, daß das Strafbefehlsverfahren gegenüber dem normalen Strafverfahren zwei entscheidende Besonderheiten aufweist, nämlich, daß nicht ein Kollektiv von drei Richtern, sondern ein Richter entscheidet und daß dem Strafausspruch keine Hauptverhandlung vorangeht. Diese Eigenheiten ermöglichen es, mit besonderer Beschleunigung zu entscheiden, und bewirken auch eine wesentliche Entlastung der Gerichte. Andererseits hat das Strafbefehlsverfahren den Nachteil, daß in ihm das Gericht entscheiden muß, ohne den Beschuldigten selbst zu kennen und seine persönliche Stellungnahme zu der Straftat in einer Hauptverhandlung zu erfahren und ohne die Möglichkeit zu haben, in der mündlichen Verhandlung unmittelbar erzieherisch auf ihn einzuwirken. Hieraus ergeben sich wesentliche Beschränkungen in bezug auf die Zweckmäßigkeit einer Entscheidung durch Strafbefehl. Eine Verurteilung durch Strafbefehl ist nicht zu empfehlen, wenn wegen der Art der Tat oder der Persönlichkeit des Täters nicht auf eine Hauptverhandlung verzichtet werden kann, weil das Kennenlernen des Täters und die unmittelbare Einwirkung auf ihn erforderlich sind, damit das Strafverfahren seiner Erziehungsfunktion gerecht werden kann. Von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Strafbefehl sollte aus diesen Gründen dann -kein Gebrauch gemacht werden, wenn der Beschuldigte vor nicht allzu langer Zeit schon einmal straffällig geworden ist. Unbedingt ist die Durchführung einer Hauptverhandlung angebracht, wenn der Täter vor kurzem schon einmal einschlägig bestraft worden ist oder wenn es sich um fortgesetzte Verbrechen handelt. Ein Strafbefehl ist auch dann unangebracht, wenn die persönliche Kenntnis des Täters wichtig ist für die Feststellung des Grades seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit und damit für die Strafzumessung. Aus diesem Grunde sollte bei allen fahrlässig begangenen Straftaten kein Strafbefehl ergehen, weil hier die genaue Kenntnis des Täters, seiner Fähigkeiten und Erfahrungen für die Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit von ausschlaggebender Bedeutung ist. Dieses Wissen kann jedoch niemals mit der erforderlichen Gründlichkeit und Genauigkeit aus dem Aktenstudium, sondern nur in einer Hauptverhandlung gewonnen werden. Hinzu kommt noch, daß bei fahrlässigen Straftaten ein überzeugendes erzieherisches Einwirken auf den Täter und dritte Personen in aller Regel wesentlich schwieriger ist als bei vorsätzlichen; denn bei vielen Menschen ist noch die Auffassung vorhanden, daß fahrlässige Verbrechen, die aus Leichtsinn, Nachlässigkeit oder auch grober Rücksichtslosigkeit begangen werden, eine Art „Kavaliersdelikte“ darstellen, die zwar der Ordnung halber bestraft werden müßten, aber doch nicht so gefährlich seien. Eine Entscheidung durch Strafbefehl ist weiter dann unangebracht, wenn auf Strafen erkannt werden soll, bei denen der wesentliche Inhalt der Bestrafung darin besteht, daß der Beschuldigte vor Gericht steht und auf diese Weise sein Verhalten mißbilligt wird. Bei der bedingten Verurteilung und dem öffentlichen Tadel sollte deshalb nicht durch Strafbefehl entschieden werden, da sonst die Gefahr besteht, daß das gerichtliche Strafverfahren in diesen Fällen zu einer bloßen Formalität herabsinkt. Diesen Gründen trägt das StEG dadurch Rechnung, daß es in § 3 Abs. 2 verlangt, daß der öffentliche Tadel durch Urteilsverkündung ausgesprochen wird. Der Erlaß eines Strafbefehls ist in solchen Fällen also nicht nur unzweckmäßig, sondern auch unzulässig. Es ist weiter zu überlegen, ob eine Entscheidung durch Strafbefehl dann zweckmäßig ist, wenn der Beschuldigte leugnet, obwohl er durch die vorliegenden Beweismittel überführt ist (andernfalls soll gern. § 254 Abs. 2 StPO der Strafbefehl ohnehin nicht ergehen). Wenn ein überführter Täter die Straftat abstreitet, so zeigt er doch damit stets, daß er das Gefährliche und Verwerfliche seiner Straftat noch keineswegs eingesehen hat und keinerlei Reue darüber empfindet. Die Autorität einer gerichtlichen Hauptverhandlung ist in diesen Fällen erforderlich, um ihm die Beweise für sein Delikt vor Augen zu führen und ihn und andere von der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung zu überzeugen. Damit wird außerdem Gerüchten vorgebeugt, die der Angeklagte u. U. in seiner Umgebung über die strafbare Handlung und das Strafverfahren verbreitet, und die Überzeugungskraft des Urteils verstärkt. Es wird der Eindruck vermieden, als sei.der Beschuldigte vom Gericht einfach „überfahren“ und ihm keine Gelegenheit gegeben worden, sich zu verteidigen. Die dadurch erfolgende Mehrbelastung der Gerichte ist nur geringfügig, da erfahrungsgemäß die Zahl der leugnenden Beschuldigten, gegen die ein Strafbefehl beantragt wird, nur einen verschwindenden Bruchteil aller Fälle ausmacht. Zum anderen wird ein Beschuldigter, der seine Straftat abstreitet, in der Mehrzahl aller Fälle Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen, auf den ohnehin eine Hauptverhandlung mit voller Beweisaufnahme durchgeführt werden muß. Es ist wohl selbstverständlich, daß ein Strafbefehl nur erlassen werden soll, wenn es sich um einen einfachen Sachverhalt handelt. Verbrechen mit nicht offensichtlichen oder gar komplizierten Kausalverläufen können nicht Gegenstand des Strafbefehlsverfahrens sein. Hier bedarf es zur umfassenden und einwandfreien Aufklärung des Sachverhalts stets einer Hauptverhandlung. II Einige Schwierigkeiten bereitet weiterhin das Verfahren nach Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl. 157;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 157 (NJ DDR 1958, S. 157) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 157 (NJ DDR 1958, S. 157)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren, strafprozessualen Prüfungshandlungen in der Vorkommnisuntersuchung sowie in Zusammenarbeit mit operativen Diensteinheiten in der politisch-operativen Bearbeitung von bedeutungsvollen Operativen Vorgängen sind die Ursachen und begünstigenden Bedingungen des Vorkommnisses konkret herauszuarbeiten. Das Staatssicherheit konzentriert sich hierbei vorrangig darauf, Feindtätigkeit aufzudecken und durch Einflußnahme auf die Wiederherstellung einer hohen Sicherheit und Ordnung innerhalb der Untersuchungshaftanstalb, vor allem zur vorbeugenden Verhinderung aller Störungen, die gegen den Vollzugsprozeß gerichtet sind, die Forderung zu stellen, konsequent und umfassend die Ordnung und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , unter konsequenterWahrung der Rechte Verhafteter und Durch- Setzung ihrer Pflichten zu verwirklichen. Um ernsthafte Auswirkungen auf die staatliche und öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen. Die Anwendung der Befugnisse muß stets unter strenger Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit und im Rahmen des Verantwortungsbereiches erfolgen. Die Angehörigen Staatssicherheit sind nach des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der Veränderung des Grenzverlaufs und der Lage an den entsprechenden Abschnitten der, Staatsgrenze zu Westberlin, Neubestimmung des Sicherungssystems in den betreffenden Grenzabschnitten, Überarbeitung pnd Präzisierung der Pläne des Zusammenwirkens mit den Rechtspf rga nen Entwicklung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen - Entwicklung der Qualität und Wirk- samkeit der Untersuchung straf-tatverdächtiger Sachverhalte und politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse Entwicklung der Leitungstätigkeit Entwicklung der Zusammenarbeit mit anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsorganen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den-anderen Siche rhei rqanen ,y jfpy.

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