Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 120

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 120 (NJ DDR 1958, S. 120); Gedanken zum sozialistischen Güterrecht Von Prof. Dr. HANS NATHAN, Direktor des Instituts für Zivilrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin Bei dem nachstehenden Beitrag handelt es sich um den Nachdruck der ersten beiden Teile eines Aufsatzes, der in der Festschrift „Staat und Recht im Lichte des großen Oktober“ veröffentlicht wurde. Wegen des Hauptteils dieses Aufsatzes, der eine rechtsvergleichende Darstellung der Güterrechte der Sowjetunion, der europäischen Volksdemokratien und unseres FGB-Entwurfs enthält und abschließend zu der Folgerung gelangt, daß der Entwurf im Prinzip den an ein Güterrecht der Übergangsperiode zu stellenden Anforderungen entspricht, verweisen wir auf die Festschrift, welcher ein breiter Leserkreis zu wünschen ist*. Die Diskussion über die künftige Gestaltung des ehelichen Güterrechts ist im Hinblick darauf, daß die Überarbeitung unseres FGB-Entwurfs kurz vor dem Abschluß steht, von besonderer Aktualität. Wir werden sie bereits im nächsten Heft mit einem Artikel von Prof. Dr. Artzt fortsetzen. Die Redaktion I Mit ihren historischen Dekreten fegte die Große Sozialistische Oktoberrevolution die Gesetze hinweg, welche die zur Erhaltung der Diktatur der Bourgeoisie notwendigen Produktions- und Rechtsverhältnisse stabilisiert hatten. Jene Dekrete, die die Periode des gewaltigen Schwunges der „rotgardistischen Attacke auf das Kapital“1 charakterisieren', setzten an die Stelle dieser Gesetze die der sozialistischen Theorie entsprechenden Normen. Die Anpassung dieser Normen an die Verhältnisse und Bedürfnisse einer sich zum Sozialismus entwickelnden Gesellschaft vollzog der Sowjetstaat in den folgenden Jahrzehnten. Die verschiedenen Stationen des Werdens des sowjetischen Familienrechts, speziell des ehelichen Güterrechts, sind charakteristisch für diese Entwicklung. Die „unerhört gemeinen, widerlich-schmutzigen, tierischbrutalen Gesetze“* 1 2 des Zarenstaates wurden durch die Dekrete über die Zivilehe und über die Ehescheidung vom 18. und 19. Dezember 1917 und in ihrer Ergänzung durch den ersten sowjetischen Familienrechts-kodex vom 2. Oktober 1918 beseitigt Dieses Gesetzgebungswerk trägt alle Züge jener ersten heroischen Epoche der Sowjetgesetzgebumg: der Notwendigkeit, die teils kapitalistischen, teils noch halbfeudalen Familienrechtsverhältnisse des Zarismus restlos zu zerschlagen und „von den niederträchtigen Gesetzen über die Rechtsungleichheit der Frau nicht einen Stein auf dem anderen zu lassen“3, wurde durch die radikale gesetzgeberische Verwirklichung der sozialistischen Theorie über Ehe und Familie entsprochen. Was aber besagte diese Theorie? Es gab ein grundlegendes und überragendes Postulat: die Forderung nach absoluter Gleichberechtigung der Geschlechter. Aber wenn man davon absieht, so ist festzustellen, daß die Vorstellungen der Klassiker über die Gestaltung von Ehe und Familie in der sozialistischen Gesellschaft wesentlich unbestimmter waren als ihre sehr konkrete und durch die Geschichte bestätigte Prognose der politisch-ökonomischen Entwicklung. Charakteristisch hierfür ist jene bekannte Äußerung von Engels, nach der das, was man „heutzutage vermuten“ könne „über die Ordnung der Geschlechtsverhältnisse nach der bevorstehenden Wegfegung der kapitalistischen Produktion, vorwiegend negativer Art“ sei, d. h. sich beschränke „meist auf das, was wegfällt“4 5. Der junge Marx hatte sich in einem Artikel in der „Rheinischen Zeitung“ von 1842 für eine „strenge Ehescheidung“3 aus- * Die Festschrift ist im VEB Deutscher Zentralverlag erchie-nen und zum Preise von 10,80 DM im Buchhandel erhältlich. Inhaltsübersicht in NJ 1957 Heft 24 letzte Umschlagseite. 1 So nannte Lenin die erste Periode der Revolution, zitiert bei Genkin in: Sowjetisches Zivilrecht, Berlin 1953, Band I, S. 57. 2 Lenin, Die Sowjetregierung und die Lage der Frau, in: Ausgewählte Werke, Sammelband, Wien 1925, S. 553. 3 Lenin, Die große Initiative, in: Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Band II, S. 578. 4 Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, Berlin 1946, S. 59. 5 Marx, Der Ehescheidungsgesetzentwurf, in: Marx/Engels, Werke, Berlin 1956, Band I, S. 148 ff. (S. 150). gesprochen. Andererseits ist aber auch die Äußerung Lenins aus dem Jahre 1916 in Erinnerung zu rufen, „daß man nicht Demokrat und Sozialist sein kann, ohne unmittelbar die volle Freiheit der Ehescheidung zu fordern Kein anständiger Sozialdemokrat (wird) jemanden, der dieses Recht (das Recht auf Ehescheidung H. N.) bestreitet , zu den Sozialisten zählen“6. Beide Erklärungen führen uns hier nicht weiter, denn ihr Zusammenhang ergibt klar, daß sie das kapitalistische Eherecht betreffen, nicht aber die Gestaltung der Ehe im Sozialismus zum Gegenstand haben. So war es denn unausbleiblich, daß der entscheidende Einfluß auf die sozialistische Ehetheorie vor der Oktoberrevolution von dem einzigen Vertreter des wissenschaftlichen Sozialismus ausging, der sich ausführlich mit dieser Frage befaßt hatte von August Bebel. Seine Analyse lautet: „Die Frau der neuen Gesellschaft ist sozial und ökonomisch vollkommen unabhängig, sie ist keinem Schein von Herrschaft und Ausbeutung mehr unterworfen, sie steht dem Mann als Freie, Gleiche gegenüber und ist Herrin ihrer Geschicke“; und über die Ehe: „Dieser Bund ist ein Privatvertrag ohne Dazwischentreten eines Funktionärs, wie die Ehe bis ins Mittelalter ein Privatvertrag war. Der Sozialismus schafft hier nichts Neues, er stellt auf höherer Kulturstufe und unter neuen gesellschaftlichen Formen nur wieder her, was, ehe das Privateigentum die Gesellschaft beherrschte, allgemein in Geltung war“7. Unzweifelhaft haben diese Auffassungen Bebels ihren Widerhall in jenen ersten Familienrechtsgesetzen des ersten sozialistischen Staates gefunden, denn- deren tragende Prinzipien sind die unmittelbaren Konsequenzen aus seiner Theorie. Die These von der Ehe als Privatvertrag führte zwangsläufig zu einer Regelung, nach der die Eingehung und Auflösung der Ehe lediglich durch Willenseindgung der Beteiligten ohne staatliche Mitwirkung („ohne Dazwischentreten eines Funktionärs“ wobei die Registrierung als bloßer Ordnungs-tatbestand nicht als staatliche Mitwirkung aufzufassen ist) zustande kommt; die These von der völligen sozialen und ökonomischen Unabhängigkeit der Frau führte unter anderem zwangsläufig zur Gütertrennung, d. h. zu einem Rechtszustand, bei dem kein Ehegatte Anteil an dem vom anderen in die Ehe gebrachten oder während der Ehe erworbenen Vermögen besitzt. Jedoch erwies sich, daß diese Prinzipien sofern sich überhaupt sagen läßt, daß sie Kennzeichen der Ehe in einer voll entwickelten sozialistischen Gesellschaft sind jedenfalls in einer Ordnung, die im Bewußtsein und den Gewohnheiten der Menschen dem Neuen erst in langem Kampf zum Siege über das Alte verhelfen mußte, nicht geeignet waren, die Erfüllung der Grundforderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter aktiv zu fördern, weil ihre Verwirklichung einen Stand der ökonomischen und bewußtseinsmäßigen Entwicklung voraussetzt, der tatsächlich noch nicht erreicht war. Was insbesondere die güterrechtliche Regelung betrifft, auf die sich die folgenden Betrachtungen beschränken wollen, so war ihre Voraussetzung, die ökonomische Unabhängigkeit der Frau, in einer industriell unentwickelten und überdies durch Krieg, Bürgerkrieg und Intervention zerstörten Wirtschaft, in einem Lande mit überwiegender und im wesentlichen aus Einzelbauern zusammengesetzter Landbevölkerung nicht gegeben; zudem fehlte der großen Masse der Frauen die Ausbildung, die sie befähigt hätte, es dem Manne in der Produktion gleichzutun, und es fehlten andererseits ausreichende soziale Einrichtungen (Kindergärten usw.), 6 Lenin, Über eine Karikatur auf den Sozialismus und über den .imperialistischen Ökonomismus“, Sämtliche Werke, Wien-Berlin 1930, Band 19, S. 284, 286. 7 Bebel, Die Frau und der Sozialismus, Berlin 1946, S. 585. 120;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 120 (NJ DDR 1958, S. 120) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 120 (NJ DDR 1958, S. 120)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie ,. des Leistungssports und. unter der Jugend in Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten und der Militärstastsanwaltschaft vielfältige Maßnahmen zur Überwindung vcn ernsten Mängeln, Mißständen und Verstößen gegen geltende Weisungen, insbesondere hinsichtlich Ordnung und Sicherheit sowie - Besonderheiten der Täterpersönlichkeit begründen. Die Begründung einer Einzelunterbringung von Verhafteten mit ungenügender Geständnisbereitsc.hfioder hart-nackigem Leugnen ist unzulässig. Die notwendiehffinlcheiöuhgen über die Art der Unterbringung sowie den Umfang und die Bedingungen der persönlichen Verbindungen des einzelnen Verhafteten. Im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht trägt der Staatsanwalt außer dem die Verantwortung für die politisch-operative Dienstdurchführung und die allseitige Aufgabenerfüllung in seinem Dienstbereich. Auf der Grundlage der Befehle und Anweisungen des Ministers den Grundsatzdokumenten Staatssicherheit den Befehlen und Anweisungen der Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen sowie deren Stellvertreter bezeichnet. Als mittlere leitende Kader werden die Referats-, Arbeitsgruppen- und Operativgruppenleiter sowie Angehörige in gleichgestellten Dienststellungen bezeichnet. Diese sind immittelbar für die Anleitung, Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der den bestehenden Anforderungen gerecht wird. Der Maßstab der Bewertung des erreichten Bildungsniveaus sind die erzielten Ergebnisse in der Dienstdurchführung.

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