Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 11

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 11 (NJ DDR 1958, S. 11); nerische Hetze von der „Verletzung des Rechts auf Freizügigkeit“ in der DDR entlarvt25. Der Tatbestand des § 21 StEG unterscheidet zwischen der organisierten oder auf besonders gefährliche Ziele gerichtete Verleitung als der schwersten Form dieses Verbrechens (Abs. 1) und der mehr „individuellen“ Form, deren Strafbarkeit auf die Verleitung eines bestimmten Personenkreises mittels bestimmter, „die Freiheit der Willensentscheidung beeinflussender Methoden“, beschränkt wird (Abs. 2)26. Sind die erschwerenden Voraussetzungen des Abs. 1 gegeben, so entfällt die Anwendung des Abs. 2, der insofern subsidiär ist. Mit der Festlegung von Kriterien, die sowohl den Auftraggeber und das verbrecherische Ziel als auch den betroffenen Personenkreis und die angewandten Methoden bestimmen, ist zugleich eindeutig gesagt, daß in anderen Fällen der Verleitung zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik wie z. B. aus familiären oder sexuellen Gründen keine strafrechtliche Verantwortlichkeit i. S. des § 21 StEG begründet ist. 5. Eine nicht minder große Rolle im Arsenal der gegen unsere Republik betriebenen Verbrechen spielen schließlich die Diversion sowie die Schädlingstätigkeit und Sabotage, die in §§ 22 und 23 StEG differenziert geregelt werden27. Die Diversion stellt einen unmittelbaren Anschlag auf die materielle Substanz der Volkswirtschaft und Verteidigungskraft der Deutschen Demokratischen Republik dar und soll diese untergraben. Sie wird einmalig oder fortgesetzt28 in der Regel von außen und gewaltsam, oftmals mit Hilfe gemeingefährlicher Mittel und Methoden begangen, wie mittels Sprengung, Brandstiftung oder Anwendung von Säuren und Giften. Die Anwendung des Tatbestands der Diversion wirft vor allem Fragen ihres Verhältnisses zu den Wirtschaftsverbrechen auf, insbesondere denen nach § 1 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 WStVO. Hierfür gibt es zunächst eine Reihe objektiver Kriterien: so z. B. die volkswirtschaftliche bzw. militärische Bedeutung und der Wert der angegriffenen Gegenstände (es muß sich stets um „für die Wirtschaft oder für die Verteidigung wichtige Gegenstände“ handeln, von denen § 22 nur einige illustrativ auf zählt); die Art und Weise der Ausführung des Verbrechens, seine Organisiertheit und insbesondere die angewandten Mittel und Methoden (z. B. wird die Anwendung gemeingefährlicher Methoden wie Sprengung, Brandstiftung, Vergiftung, Herbeiführung von Katastrophen u. ä. oft ein Indiz für Diversion sein; ein weiteres objektives Kriterium sind auch der tatsächliche oder mögliche Schaden und dessen Auswirkungen auf unseren Wirtschaftsablauf oder die Verteidigungskraft)29. Auf der subjektiven Seite erfordert die Diversion, daß der Täter die Untergrabung der Volkswirtschaft oder Verteidigungskraft unserer Republik in das bewußte und gewollte Ziel seines Han- 25 In diesem Zusammenhang ist auch zu begrüßen, daß das Gesetz die für dieses Verbrechen weit verbreitete, aber irreführende Bezeichnung „Abwerbung“, die dem Jargon des kapitalistischen Konkurrenzkampfes entlehnt ist, nicht übernommen hat. Vgl. auch Kühlig, NJ 1956 S. 431. 26 vgl. zum näheren Verständnis des Problems, insbesondere zur objektiven Seite dieses Verbrechens, auch Kühlig, NJ 1956 S. 430ff., mit dessen Auffassungen der Wortlaut des Gesetzes aUerdings nicht immer übereinstimmt. 27 Dem Vorschlag Römers, Staat und Recht 1956 S. 527 ff. (531), alle drei Begehungsformen in einem einheitlichen, generell gefaßten Tatbestand zu regeln, kann mit Rücksicht auf die charakteristischen Besonderheiten und Unterschiede der beiden Verbrechensformen, die sich im Gesetz z. B. auch in unterschiedlichen Strafdrohungen äußern, nicht gefolgt werden. 28 Die seinerzeit vom OG gegebene Begriffsbestimmung in OGSt n S. 69 war m. E. zu eng und auch zu abstrakt gefaßt; vgl. hierzu auch Jahn in Staat und Recht 1956 S. 82. 29 Das von Jahn in Staat und Recht 1956 S. 91 zur Abgrenzung vorgeschlagene Kriterium, daß durch die Tat „eine ernste Gefahr für die Sicherheit und den Bestand der ökonomischen Macht der Arbeiter und Bauern entsteht “ oder die Tat zü deren Herbeiführung zumindest objektiv geeignet sein müsse, engt den Tatbestand unvertretbar ein und läuft faktisch auf den Staatsverrat hinaus! Im übrigen ist seinen Ausführungen zur Abgrenzung zu den Wirtschaftsverbrechen aber zuzustimmen. delns aufgenommen hat30. Andernfalls, z. B. bei einer Brandstiftung oder Brunnenvergiftung aus blinder persönlicher Rachsucht, bewendet es bei der Anwendung der sonstigen Bestimmungen des StGB oder der WStVO. Das Wesensmerkmal der Schädlingstätigkeit und Sabotage besteht gegenüber dem zerstörerischen Charakter der Diversion vor allem in der Desorganisation. Diese wird sich in erster Linie gegen die wirtschaftlich-organisatorische Tätigkeit unseres Staates, die Tätigkeit der Wirtschaftsorgane und Betriebe richten, sie kann aber auch alle anderen Gebiete des gesellschaftlichen Lebens, z. B. unseren kulturellen Aufbau, erfassen31. Die Schädlingstätigkeit (in Form der aktiven Behinderung staatlicher oder genossenschaftlicher Einrichtungen) und die Sabotage (bei der die Behinderung durch Nicht- oder Schlechterfüllung von Pflichten erfolgt) stellen in aller Regel zwei verschiedene Seiten ein und desselben verbrecherischen Handelns dar. Wegen dieses unlösbaren Zusammenhangs wurden sie auch in einer einheitlichen Norm zusammengefaßt. Da der Gefährlichkeitsgrad dieses Verbrechens sehr unterschiedlich sein kann, wurde auf die Festlegung einer Mindeststrafe verzichtet. Das aktive Element der Schädlingstätigkeit äußert sich z. B. in der Erteilung von desorganisierenden und schadenbringenden Anweisungen, in der Versendung gefälschter amtlicher Schreiben, dem In-Verkehr-Bringen großer Mengen Falschgeldes, dem falschen Einsatz von Arbeitskräften usw. Das passive Element der Sabotage hingegen äußert sich zumeist in der Unterlassung oder mangelhaften Wahrnehmung dienstlicher Obliegenheiten und ist oft die Kehrseite aktiver Schädlingstätigkeit. Nach der Fassung des Tatbestands kann das Verbrechen sowohl von „innen“, d. h. unter Mißbrauch einer Stellung innerhalb der in § 23 StEG genannten Institutionen, als auch von „außen“ durch desorganisierende Eingriffe in die geordnete Tätigkeit dieser Einrichtungen begangen werden (z. B. durch Versendung gefälschter Ablieferungsbescheide an landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften u. ä.). Auch hier können Probleme bzgl. des Verhältnisses zu anderen Strafbestimmungen auftreten, insbesondere zur WStVO, zur ArbeitsschutzVO, zu Seuchenschutzbestimmungen und anderen Gesetzen. Bei der Abgrenzung werden außer den bereits zur Diversion aufgeführten Momenten insbesondere auch der sachliche und zeitliche Umfang und der Grad der Organisiertheit und Planmäßigkeit wichtige objektive Kriterien darstellen. Hinsichtlich der subjektiven Seite gilt das zur Diversion Gesagte sinngemäß, so daß sich Schädlingstätigkeit und Sabotage auch subjektiv von in ihrer äußeren Erscheinungsform ähnlichen, aber andersartigen Delikten (z. B. Verbrechen nach § 1 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO) unterscheiden. Sind Schädlings- und Sabotagehandlungen auf die Zerstörung, Unbrauchbarmachung oder Beschädigung der in § 22 StEG genannten wirtschaftlichen oder militärisch wichtigen Gegenstände gerichtet, so ist die Tat auch nach § 22 zu qualifizieren und die dort vorgesehene Mindeststrafe zu berücksichtigen; so z. B. bei der vorsätzlichen Vernichtung von Schlachtvieh durch absichtliche Fehldispositionen der Transporte, Gestellung ungeeigneter Waggons u. ä. Abschließend hierzu sei noch darauf hingewiesen, daß das Verbrechen der Verleitung zum Verlassen der Republik bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 StEG, z. B. wenn es in einem Betrieb systematisch und massenweise oder im Hinblick auf unersetzbare Fachkräfte erfolgt, auch als Schädlingstätigkeit strafrechtlich beurteilt werden und 30 Inwieweit die Diversion wie auch alle anderen durch eine staatsfeindliche Zielsetzung Charakterisierten Verbrechen im Einzelfall auch mit bedingtem Vorsatz begangen werden können, bedürfte m. E. noch einer gründlichen wissenschaftlichen Klärung, da die Konsequenzen einer solchen Auffassung noch nicht genügend durchdacht und nach dem gegenwärtigen Stand unserer Erkenntnisse auch nicht voU zu übersehen sind. 31 Auf diesen Umstand weisen sehr richtig Jahii, Staat und Recht 1956 S. 88, und Römer, Staat und Recht 1956 S. 532, hin. 11;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 11 (NJ DDR 1958, S. 11) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 11 (NJ DDR 1958, S. 11)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß sie eine nachhaltige und länger wirkende erzieherische Wirkung beim Täter selbst oder auch anderen VgI. Andropow, Rede auf dem Plenum des der Partei , Andropow, Rede zum Geburtstag von Dzierzynski, Ausgewählte Reden und Schriften, Staatssicherheit Potsdam, Honecker, Bericht des der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin. Zu aktuellen Fragen der Innen- und Außenpolitik der Aus der Rede auf der Aktivtagung zur Eröffnung des Parteilehrjah res in ra, Neues Deutschland. Bericht des der an den Parteitag der Partei , Berichterstattert Genosse Erich Honecker, Bietz-Verlag Berlin, - Hede des Genossen Erich Hielke zur Eröffnung des Partei lehrJahres und des vom Bericht des Politbüros an das der Tagung des der Partei , Dietz Verlag Berlin Über die Aufgaben der Partei bei der Vorbereitung des Parteitages, Referat auf der Beratung das der mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der operativen Grundfragen kann aber der jetzt erreichte Stand der politisch-operativen Arbeit und ihrer Leitung in den Kreisdienststellen insgesamt nicht befriedigen.

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