Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 106

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 106 (NJ DDR 1958, S. 106); Richtig ißt, daß sich der Angeklagte in einer Notwehrsituation befand; denn der Geschädigte hat durch seine unsittlichen Annäherungen einen rechtswidrigen Angriff auf ihn unternommen. Die dafür erforderliche Abwehr wären aber keine Schläge, sondern ein Wegstoßen des Geschädigten gewesen. Schon der erste Schlag in den Magen stellte daher eine Überschreitung der Grenze der erforderlichen Verteidigung dar, die jedoch, da der Angeklagte in Bestürzung gehandelt hat, straffrei ist. Für die weiteren, gegen den Kopf des Geschädigten geführten Schläge kann der Angeklagte jedoch nicht Straffreiheit für sich in Anspruch nehmen. Als bestimmender Beweggrund dieser Schläge muß vielmehr die wenn auch teilweise verständliche Wut des Angeklagten gelten, der in dem Geschädigten einen Sittlichkeitsverbrecher sah, dem er mit seinen Faustschlägen einen Denkzettel verpassen wollte. Ein solcher Beweggrund kann zwar die Strafbarkeit des Verhaltens des Angeklagten in einem gewissen Grade einschränken, sie aber nicht mehr ausschließen. § 263 StGB. Kann ein Jugendlicher, der zwar zur Arbeit erscheint, in Wirklichkeit aber gar keine Arbeit leistet, wegen Betrugs strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden? KrG Sangerhausen, Urt. vom 25. Juni 1957 Ds 139 57 jug. Der Angeklagte ist der Sohn eines Bergmanns. Er besuchte acht Jahre 'die Volksschule und begann nach der s. Schulentlassung die Lehre als Häuer im M.-Kombinat. Die Abschlußprüfung nach dreijähriger Lehrzeit hat er jedoch nicht bestanden. Seit September 1956 ist der Angeklagte im Th.-Schacht beschäftigt, wo er zunächst zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten arbeitete. Dies änderte sich aber im Monat Februar 1957. Im Lauf der Monate Februar, März und April bummelte der Angeklagte mehrmals den ganzen Tag hindurch unter Tage umher, nachdem er zur Markenkontrolle des Schachtes gegangen war und sich als anwesend hatte eintragen lassen. Er holte auch seine Lampe, wurde auch hier als anwesend gemeldet und fuhr in den Schacht ein. Er begab sich jedoch nicht zur Arbeitsstelle und verstand es, Aufsichtspersonen geschickt auszuwedchen, so daß seine Bummelei zunächst nicht bemerkt wurde. Nach Schichtende fuhr er dann wieder aus, ohne eine wesentliche Arbeitsleistung vollbracht zu haben. Auf Grund der Anwesenheitslisten wurde dem Angeklagten Lohn ausgezahlt, wodurch dem Schacht ein Schaden von 339,68 DM entstand. Aus den Gründen: Der Angeklagte hat sich des Betrugs gern. § 263 StGB schuldig gemacht. Er hat durch Vorspiegelung falscher Tatsachen eine Irrtumserregung hervorgerufen, die beim Schacht zu einer Vermögensdisposition und damit auch zu einem Schaden geführt hat. Der Angeklagte ist noch jugendlich. Aus seiner bisherigen Entwicklung, der Art der Ausführung seiner Tat und dem Ergebnis der Hauptverhandlung kann aber geschlußfolgert werden, daß er zur Zeit seiner Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug war, die gesellschaftliche Gefährlichkeit seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Der Angeklagte gab seine Tat unumwunden zu. Von seinem Steiger, dem Zeugen G., wurde er mit Ausnahme der fraglichen Zeit als fleißiger und williger Arbeiter geschildert. Aufträge hat er stets ohne Widerrede durchgeführt. Auch nach seiner Tat wird er wieder als fleißiger Arbeiter geschildert. Der Vater führte aus, daß er wesentliche Erziehungsschwierigkeiten mit dem Angeklagten nicht gehabt habe. In Übereinstimmung mit allen Beteiligten kam die Jugendstrafkammer zu dem Ergebnis, daß in diesem Fall eine richterliche Verwarnung gern. § 10 JGG ausreichend ist, um als Erziehungsmaßnahme dem Angeklagten das Falsche seiner Handlung vor Augen zu führen. Anmerkung: Bei diesem Urteil geht es um folgende prinzipielle Frage: Ist es richtig, jemand, der zur Arbeit erscheint, in Wirklichkeit aber gar nicht oder nicht genügend arbeitet, wegen Betrugs zur Rechenschaft zu ziehen? Natürlich läßt sich der Tatbestand des Betrugs rechtlich begründen. Täuschung, Irrtumserregung, Vermögensverfügung und Vermögensschädigung liegen vor. Trotz gar nicht oder wenig geleisteter Arbeit erhielt der Angeklagte seinen vollen Lohn. Ist es aber zu vertreten, einen jungen Menschen, dem es an der erforderlichen Arbeitsmoral und an der nötigen Arbeitsdisziplin mangelt, in solchen Fällen wegen Betrugs anzuklagen? In unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat haben die meisten Werktätigen eine neue Einstellung zur Arbeit gewonnen. Den von Ausbeutung befreiten Menschen ist sie zu einer Sache der Ehre geworden und wird mit Freuden geleistet. Natürlich gibt es noch Menschen, die noch nicht oder nicht immer diese neue Einstellung zur Arbeit haben und herumbummeln. Bei jungen Menschen ist Arbeitsbummelei in den weitaus meisten Fällen nicht auf Böswilligkeit gegenüber unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat zurückzuführen, sondern es geschieht aus Gedankenlosigkeit, aus Bequemlichkeit und mitunter, weil andere es auch so machen. Hier hat die Hilfe und Erziehung durch die Werktätigen des Betriebs, durch die Arbeitskollegen, durch die Lehrausbilder und letzten Endes durch die Betriebsleitung selbst einzusetzen. Die Arbeitsordnungen der Betriebe geben dazu die notwendige gesetzliche Grundlage. Wenn innerbetriebliche Erziehungsmaßnahmen nicht ausreichen, kann schließlich im Einzelfall auch eine Entlassung erfolgen. Aber die Werktätigen haben große Möglichkeiten vor allem durch gesellschaftliche Organisationen , moralisch erzieherisch tätig zu werden, auf den jungen Menschen moralisch einzuwirken und ihm zu helfen. Diese Möglichkeiten gilt es in erster Linie auszunutzen. Walter Ulbricht sagte in seiner Rede auf dem 33. Plenum: „Sozialisten sind keine Fetischisten der Strafe und hängen ihr nicht sklavisch an.“ Wir haben keine Veranlassung, Verstöße gegen die Arbeitsdisziplin vor die Gerichte zu bringen. Das Hauptproblem des in dem vorstehenden Urteil behandelten Falles liegt m. E. darin, daß Staatsanwaltschaft und Gericht den Unterschied zwischen Verbrechen und Disziplinarverstoß verkannt haben. Die Ansicht, daß derjenige, der trotz Anwesenheit an der Arbeitsstätte wenig oder gar nicht arbeitet, wegen Betrugs zu bestrafen ist, ist abwegig und könnte auch große Ungerechtigkeiten zur Folge haben. In Einzelfällen kann jemand aus körperlichen Gründen nicht besonders leistungsfähig sein, aber keinen Arzt aufsuchen wollen, weil er glaubt, daß die Unpäßlichkeit in einigen Tagen behoben sein wird. Auch ist es bei einigen Berufen gar nicht leicht festzustellen, ob der Betreffende arbeitet oder nur den Anschein erweckt, als ob er nachdenkt oder sich mit einem Problem beschäftigt. In Wirklichkeit hat er vielleicht vollkommen abgeschaltet und tut gar nichts. Benachteiligt wären diejenigen, die Produktionsarbeit leisten, deren Ergebnis ohne weiteres kontrollierbar ist. Bei einem Jugendlichen ist eine Bestrafung wegen Arbeitsbummelei unter dem Gesichtspunkt des Betrugs noch besonders problematisch, da ein so junger Mensch manchmal noch nicht die genügende Ernsthaftigkeit besitzt und in vielen Fällen erst durch längere Erziehung die richtige Einstellung zur Arbeit erhält. Margarete V o elzke, Oberinstrukteur der Justizverwaltungsstelle Halle Zivil- und Familienrecht § 13 EheVO; § 11 EheVerfO; § 139 ZPO. Die von Amts wegen notwendige gründliche Untersuchung aller Umstände, die für die Zubilligung und Bemessung von Unterhalt an die geschiedene Ehefrau wesentlich sind, hat nicht nur die medizinischen, sondern auch die ökonomischen Tatsachen zu erfassen, die eine Unterhaltsbedürftigkeit begründen können, wobei jede schematische Behandlung zu vermeiden ist. OG, Urt. vom 13. September 1957 1 Zz 159/57. Der Kläger hat beim Kreisgericht Klage auf Scheidung seiner, mit der Verklagten am 17. Juni 1934 geschlossenen, kinderlos gebliebenen Ehe erhoben. Das Kreißgericht hat diese Klage mit Urteil vom 23. November 1956 abgewiesen. Auf die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung hat 106;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 106 (NJ DDR 1958, S. 106) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 106 (NJ DDR 1958, S. 106)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewählten Verteidigers in der Haupt-ve rhandlung in: Neue Oustiz rtzberg Vorbeugung - Haupt riehtung des Kampfes gegen die Kriminalität in den sozialistischen Ländern in: Neue Oustiz Heus ipge. Der Beitrag der Rechtsanwaltschaft zur Festigung der Rechtssicherheit in: Neue Oustiz Hirschfelder Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewählten Verteidigers in der Haupt-ve rhandlung in: Neue Oustiz rtzberg Vorbeugung - Haupt riehtung des Kampfes gegen die Kriminalität in den sozialistischen Ländern in: Neue Oustiz Heus ipge. Der Beitrag der Rechtsanwaltschaft zur Festigung der Rechtssicherheit in: Neue Oustiz Hirschfelder Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. die Feststellung der Wahrheit als ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens. Sie ist notwendige Voraussetzung gerechter und gesetzlicher Entscheidungen. Die grundlegenden Aufgaben des Strafverfahrens sind in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Rechte und die Beschränkung der unumgänglichen Maßnahme auf die aus den Erfordernissen der Gefahren-äbwehr im Interesse der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Annahmen, Vermutungen und Hoffnungen zahlen auch hier nicht. Deswegen werden die im Operativvorgang erarbeiteten Beweismittel verantwortungsbewußt und unvoreingenommen geprüft.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X