Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 789

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 789 (NJ DDR 1957, S. 789); Wenn wir mit dem. Gesetzentwurf vorschlagen, die Tatbestände der Staatsverbrechen zu konkretisieren und sie im einzelnen nach Schwere und Begehungsformen zu unterscheiden, dann und das möchte ich ausdrücklich betonen ändern sich gegenüber dem bisherigen Zustand weder die Art der unter Strafe gestellten Verbrechen noch, insgesamt gesehen, die angedrohten Strafen. Die Regelung dieses Gesetzes bedeutet vielmehr die konsequente Fortsetzung der bisherigen Linie. Die im Gesetz enthaltenen Tatbestände einschließlich ihrer differenzierten Strafdrohungen entsprechen den in der bisherigen Praxis bei der Bekämpfung der Staatsverbrechen gewonnenen Erfahrungen. Die differenzierten Formulierungen der Tatbestände führen aber jedem Bürger eindringlich vor Augen, welcher Methoden sich heute der Gegner bedient, um der Deutschen Demokratischen Republik zu schaden, und erleichtern es den Straforganen, die Verbrechen gegen unseren Staat richtig zu erkennen und jeden Täter seiner Tat entsprechend zu bestrafen. Bei aller Konkretheit werden diese Tatbestände es aber auch ermöglichen, allen Formen von Verbrechen, die die NATO-Agenturen für die Zukunft etwa planen sollten, wirksam zu begegnen. Als das schwerste Verbrechen gegen die Deutsche Demokratische Republik ist das Verbrechen des Staatsverrats an die Spitze dieser Bestimmungen gestellt, des Verrats an der Arbeiter-und-Bauern-Macht. Er umfaßt das Unternehmen des gewaltsamen Umsturzes oder der planmäßigen Untergrabung der verfassungsmäßigen Staats- und Gesellschaftsordnung, der gewaltsamen Behinderung des Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik und der leitenden Organe unseres Staates in ihrer verfassungsmäßigen Tätigkeit sowie das Unternehmen, das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik einem anderen Staat einzuverleiben oder einen Teil desselben von ihr loszulösen. Die weiteren Tatbestände gliedern sich in die verschiedenen Formen des Verrats, wie Spionage, Sammlung und Übermittlung von Nachrichten und die Verbindungsaufnahme zu Spionage- und Agentenorganisationen bzw. -gruppen. Ich lenke die Aufmerksamkeit besonders auf diese letztgenannte Form der Anknüpfung von Beziehungen zu solchen Organisationen. Sie geht gewöhnlich als erster Schritt den schweren Formen des Verrats und häufig auch anderen Staatsverbrechen, wie Sabotage, Diversion, voraus, und es ist wichtig, daß wir bei der Erläuterung dieses Gesetzes volle Klarheit darüber schaffen, wie derartige Beziehungen zu westdeutschen und westberliner Organisationen und Gruppen zu weiteren schwerwiegenden Verbrechen führen können. Ein eindrucksvolles Beispiel für die Gefährlichkeit derartiger Verbindungen offenbarte der Ende September vor dem Bezirksgericht Potsdam verhandelte Prozeß gegen Agenten des „Untersuchungsausschusses freiheitlicher Juristen“.* Bei diesen Agenten, die jetzt zu schweren Strafen verurteilt wurden, hat es vor Jahren damit angefangen, daß sie in anderen, persönlichen Angelegenheiten die Verbindung zu dem sogenannten „Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen“ suchten. Aus ihnen wurden später Spione auf allen Gebieten. In der Bundesrepublik und in Westberlin gibt es sieben amerikanische Spionage-und Agentenorganisationen, von denen der CIC in Westdeutschland allein 60 und in Westberlin 19 Dienststellen unterhält, und zahlreiche deutsche Agentenzentralen, die unter Leitung amerikanischer Dienststellen arbeiten. Es kommt dazu, daß besonders in den letzten Jahren zahllose andere Personenkreise dazu übergegangen sind, durch Verbindungen mit Bürgern unserer Republik diese zur Übermittlung von Nachrichten bis zum Verrat von Staats- und Betriebsgeheimnissen auszunutzen. Dazu gehören auch die westdeutschen Konzernbetriebe, Kreise der bei uns enteig-neten Klassen und republikflüchtige Personen. Dieses Gesetz muß vor allem in den volkseigenen Betrieben die Atmosphäre der Wachsamkeit gegenüber solchen Verbindungen festigen, die nicht nur die Vorstufe der Spionage, sondern in vielen Fällen auch der Abwerbung von Fachkräften aus unseren Betrieben darstellt. Mit dem organisierten Abzug von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik versucht der Gegner, den qualifiziertesten Teil unseres Kaderbestandes zu verringern, der zu den wichtigsten Voraussetzungen zur Erfüllung unserer volkswirtschaftlichen Aufgaben gehört. Die Verleitung von Bürgern zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik ist ein schweres Verbrechen gegen unseren Staat; es ist aber auch besonders verabscheuungswürdig wegen der gemeinen Methoden, mit denen diese Verbrechen oft durchgeführt werden, und wegen des menschlichen Unglücks, das sie in vielen Familien anrichlen. Wenn überall das Bewußtsein sich festigt, daß derjenige, der von uns wegläuft, Verrat am Sozialismus begeht, weil er ins Lager der Feinde geht und die NATO- und Atomkriegspolitiker stärkt, dann wird all jenen Versuchen der Erfolg versagt bleiben, Bürger der Deutschen Demokratischen Republik zum Verlassen unseres Staates zu bewegen. Die Gefährlichkeit derartiger Versuche verpflichtet uns jedoch, in unserem Gesetzentwurf dem Verbrechen der Verleitung von Bürgern zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik ernstes Gewicht beizulegen. Die Voraussetzungen für die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens sind besonders eingehend beschrieben und in der Strafdrohung differenziert, so z. B. danach, ob die Verleitung zur Republikflucht im Aufträge von Agenten- und ähnlichen Organisationen bzw. zum Zwecke des Dienstes in Söldnerformationen erfolgt oder ob sie sich besonders auf Jugendliche bzw. Fachkräfte konzentriert. Gestatten Sie, daß ich gleich in diesem Zusammenhang die Begründung für die vorgeschlagenen Änderungen des Paßgesetzes gebe. Mit dieser Änderung werden im wesentlichen die Worte „nach bzw. aus dem Ausland“ aus dem § 8 des Paßgesetzes in der bisherigen Fassung gestrichen. Damit wird ganz allgemein die Niehteinholung der Genehmigungen, die gemäß den geltenden Bestimmungen zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik oder zur Einreise in die Deutsche Demokratische Republik erforderlich sind, also auch derjenigen Genehmigungen, die Reisen von und nach der Bundesrepublik betreffen, in die Strafbestimmungen des Paßgesetzes einbezogen. Es wird damit die Ordnung hergestellt, die jeder Staat für die Regelung des Verlassens und Betretens seines Gebietes kennt und die der Tatsache der Existenz zweier deutscher Staaten entspricht. Diese Bestimmung bedeutet aber zugleich und hier liegt ihr unmittelbarer Zusammenhang mit den Strafbestimmungen des Strafrechtsergänzungsgesetzes gegen die Verleitung zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik Warnung und Schutz unserer Bürger vor der Gefahr, von den Rattenfängern der NATO eingefangen zu werden. Die zweite Gruppe von Tatbeständen umfaßt die verschiedensten Formen staatsgefährdender Tätigkeit. Dazu gehören Formen des Terrors, vom individuellen bis zum Massenterror, Angriffe gegen die örtlichen Organe der Staatsmacht sowie Propaganda und Hetze gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht. Schließlich sind Diversion und Sabotage als Verbrechen gekennzeichnet, die die Untergrabung oder Schwächung der Volkswirtschaft zum Ziele haben. Die zu den einzelnen Tatbeständen angedrohten Strafen entsprechen nach ihrer Art und Höhe der Schwere und Gefährlichkeit dieser Verbrechen. Im allgemeinen wird Zuchthaus, bei einigen Tatbeständen Gefängnis angedroht. Für eine Reihe von Tatbeständen ist vorgesehen, daß minderschwere Fälle geringer bestraft werden können. Damit ist den Gerichten die Möglichkeit gegeben, besonderen Umständen in Ausnahmefällen Rechnung zu tragen. Wir sehen jedoch auch schwere Fälle vor, die die Strafe bis zur Todesstrafe erhöhen können. In diesem Zusammenhang muß ich ein Wort über unsere Stellung zur Todesstrafe sagen. Das Oberste Gericht hat bereits in seinem Urteil gegen Burianek im Jahre 1951 zum Ausdruck gebracht, daß wir froh wären, wenn wir auf die Todesstrafe als schwerstes Mittel zum Schutze unseres Staates verzichten könnten. Auch heute noch zwingt uns die NATO-Politik dazu, die Androhung der Todesstrafe beizubehalten. Die 789 * Urteil des BG Potsdam vgl. S. 810 dieses Heltes. D. Red.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 789 (NJ DDR 1957, S. 789) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 789 (NJ DDR 1957, S. 789)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei VerdächtigenbefTagungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X