Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 766

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 766 (NJ DDR 1957, S. 766); den5. Am folgenden Beispiel soll das deutlich gemacht werden. Die Bevölkerungsstatistik kann verhältnismäßig genau feststellen, in welchem Umfang die Zahl der Geburten oder Sterbefälle sich im Vergleich zum Vorjahr verändert hat. Die Fälle, die nicht zur Kenntnis der zuständigen Organe gelangen, fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht, da nur selten ein Fall zu finden sein wird, wo nicht irgend jemand ein Interesse an der staatlichen Beurkundung dieses Vorgangs hat. Dagegen ist keine Statistik in der Lage, an Hand der absoluten Zahl exakt nachzuweisen, um wieviel die Kriminalität im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen oder angewaohsen ist. Abgesehen von der aus den verschiedensten Gründen unbekannt gebliebenen Kriminalität wird die Zahl eines Jahres auch noch von einer Reihe anderer unbestimmter Faktoren beeinflußt. So muß z. B. berücksichtigt werden, daß zwischen der Tat, ihrer Entdeckung und schließlich der Einleitung des Verfahrens, zu welcher Zeit in der Regel der Fall erstmalig in der Statistik erscheint, nicht selten eine beträchtliche Zeitspanne liegt. Überdies ist ja die Kriminalität an sich schon eine überaus komplizierte Erscheinung. So hängt es z. B. von einer ganzen Reihe von Zufälligkeiten ab, ob der kriminell Anfällige die Straftat hier oder dort, ob er sie heute oder morgen begeht oder in diesem oder im nächsten Jahr. Die Herausbildung der neuen sozialistischen Moral ist ja kein gradliniger Prozeß. Der Marxismus-Leninismus vertritt nicht einen so naiven Standpunkt, daß das Bewußtsein des Bürgers X. im zweiten Quartal unbedingt besser sein muß als im ersten, ebenso wie ja umgekehrt der gesetzmäßige moralische Verfall der bürgerlichen Gesellschaft sich nicht derart zeigt, daß die moralische Verkommenheit am Dienstag größer ist als am Montag. Die Umschichtung des gesellschaftlichen Bewußtseins ist ein langwieriger und außerordentlich komplizierter Prozeß. Wenn man diese Erkenntnis als richtig anerkennt, und sie ist zweifellos richtig, dann darf sie auch bei der statistischen Untersuchung nicht ignoriert werden. Hieraus ergibt sich, daß die isolierte Gegenübersteilung zweier Jahre oder gar noch kleinerer Zeiteinheiten (Quartal, Monat) in den Justizstatistiken nicht geeignet sein kann, die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung zum Ausdruck zu bringen. Sie verdeckt vielmehr die in der Tiefe vor sich gehenden Prozesse, weil sie sich sklavisch an die Erscheinungen der Oberfläche klammert. Daraus entsteht nicht selten eine sinnlose Raterei angesichts solcher durchaus natürlichen Erscheinungen, daß im Laufe einer gewissen Zeitspanne die Kurven bestimmter Verbrechensgruppen einmal 5 In diesem Zusammenhang sei auf einen Beitrag in dem Lehrmaterial für die Staatspolitische Schulung 1957, Zirkel E, das vom Ministerium der Justiz und der Obersten Staatsanwaltschaft herausgegeben worden ist, hingewiesen, der eine Reihe auch für die Justizstatistiken geeigneter statistischer Verfahren näher erläutert (insbesondere auf S. 65 ff.). steigen und da® andere Mal sinken. Der Grundsatz, der für alle Zweige der Statistik des sozialistischen Staates gilt, hat also für die Justizstatistiken eine besondere spezifische Bedeutung: „Will man wissenschaftliche Schlußfolgerungen aus statistischem Material ziehen, ist es von großer Bedeutung, die statistischen Unterlagen einer Reihe von Jahren so zu systematisieren und zu gruppieren, daß die Vorkommnisse in ihrer Entwicklung studiert und analysiert werden können Nur wenn sich die Beobachtung der Entwicklung über einen längeren Zeitraum erstreckt, kann man ein Urteil über ihre Gesetzmäßigkeit fällen ,“6 1 2. Wie berechtigt es ist, diese alte Weisheit von Zeit zu Zelt wieder in Erinnerung zu bringen, beweist ja unsere tägliche statistische Praxis. Welchen Schwankungen war beispielsweise der Anfall der Körperverletzungen mitunter unterworfen. Hier verlief und verläuft die Entwicklung längst nicht so gleichmäßig, wie sie doch im großen und ganzen bisher bei den insgesamt angefallenen Straftaten zu beobachten war. Und dennoch beweisen die Zahlen eines längeren Zeitraums, daß sich auch hier im Lauf der Zeit ein beachtlicher Rückgang .abzeichnete. Aus dem Gesagten ist keineswegs zu schlußfolgern, daß es bedeutungslos wäre, wenn die Statistik im Vergleich zum Vorjahr (Vorquartal, Vormonat) ein Ansteigen und Absinken sichtbar werden läßt. Wenn sich erweist, daß z. B. bei einer bestimmten Verbrechensgruppe in einem Jahr auf je 100 000 der strafmündigen Bevölkerung 32 Täter oder Verurteilte entfallen, während es im Vorjahr nur 26 waren, so ist das durchaus beachtlich. Man kann jedoch diese Veränderung erst dann richtig einschätzen, wenn man die bisherige Entwicklung zusammenhängend verfolgt. Die Häufigkeits-ziffem können sich über mehrere Jahre so entwickelt haben: 19 23 22 26 26 32. Es ist klar, daß diese Bewegung grundlegend anders einzuschätzen wäre als etwa die folgende: 30 24 33 31 26 32. Während sich im ersten Fall ganz offensichtlich eine steigende Tendenz widerspiegelt, offenbart der zweite Fall zwar periodische Schwankungen, im wesentlichen aber eine gleichbleibende Entwicklung. Obwohl in beiden Fällen die Zahlen der letzten beiden Jahre dieselben sind, kommt in ihnen eine gegensätzliche Bewegung zum Ausdruck, die aber eben nur erkannt werden kann, wenn man die Zahlen nicht aus dem natürlichen Zusammenhang herausreiß't und isoliert betrachtet, sondern wenn man sie als Ausdruck eines Prozesses erkennt und dementsprechend verwendet. Die dynamische Reihe erweist sich so als ein für die Statistiken der Justizorgane höchst bedeutsames Verfahren, dessen breitere Anwendung sicher zur Hebung des Niveaus der analytischen Tätigkeit beitragen wird. o Statistische Praxis 1955 Heft 11 S. 165. Zur Diskussion Nochmals: Änderung von Erziehungsmaßnahmen gemäß § 16 JGG Von HORST LUTHER, wiss. Aspirant am Institut für Strafrecht der Humboldt-Universität Berlin Der Ansicht Müllers1, daß eine nachträgliche Änderung von Erziehungsmaßnahmen im Jugendstrafverfahren wie sie § 16 JGG vorsieht unzulässig sei, § 16 JGG vielmehr „einen spezifisch jugendstrafrechtlichen Ungehorsamstatbestand“ enthalte, ist bereits Fräbef mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Aus dem Charakter des § 16 JGG ergeben sich jedoch einige Probleme, die auch Fräbel nicht oder nur kurz behandelt bat. 1. Bleibt die ursprünglich angeordnete Weisung im Fall der Anordnung der Heimerziehung gemäß § 16 JGG aufrechterhalten? 1 Jugendhilfe und Heimerziehung 1957 Heft 8 S. 337. 2 NJ 1957 S. 570. Aus der Überschrift der §§ 16 und 46 JGG, deren Bedeutung für die Auslegung dieser Vorschriften auch von Fräbel hervorgehoben wird, ergibt sich, daß die Heimeinweisung an die Stelle der ursprünglichen Weisung tritt. Besteht also noch Aussicht, daß der verurteilte Jugendliche die Weisung erfüllt, so braucht die Heimerziehung nicht angeordnet zu werden. Wird sie jedoch angeordnet, so ist es nicht zulässig, die Weisung aufrechtzuerhalten. Das Gericht ist verpflichtet, sich mit besonderer Sorgfalt für die eine o'd e r die andere Erziehungsmaßnahme zu entscheiden. Bei § 16 JGG handelt es sich um eine ausnahmsweise nachträgliche Änderung und nicht um eine nachträgliche Häufung von Erziehungsmaßnahmen. 766;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 766 (NJ DDR 1957, S. 766) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 766 (NJ DDR 1957, S. 766)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit noch vor Beginn der gerichtlichen Hauptverhandlung weitestgehend ausgeräumt werden. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen sowie der Normen der sozialistischen Gesetzlichkeit entgegenzuwirken. Großzügige und schöpferische Anwendung -de sozialistischen Rechts bedeutet aber auchfn der politisch-ideologischen Erziehungsarbeit deitftarhtern die Erkenntnis ständig zu vermitteln,t daß die in den Rechtspflegebeschlüssen ver- ankerte vorbeugende Einflußnahme nach wie vor die Komponente des Zwangs enthält, welche in der Anwendung der Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen ihren konkreten Ausdruck findet. Sicherheitsgrundsätze zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit weiteren Schutz- und Sicherheitsorganen bei der Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter. Die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken mit Diensteinheiten Staatssicherheit und anderen Schutz- und Sicherheits- Rechtspflegeorganen bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen -., . ,. lrfj . T? Wie die praktischen Erfahrungen Staatssicherheit bei der Aufdeckung und Bokänpf lieh - о vor Hand ngen, inobosondero Zusahne -hang mit der Bearbeitung von Ermitt sozialistischen Rechts ins-ahrensrechts im Zusammen-lungsverfahren hat auf der Grundlose der Besoffl üoO der Partei zu erfoloen. l; sind und bleiben die: für die Tätigkeit der Linie des Untersuchungsorganes im Strafverfahren gebunden. Es ist nunmehr möglich, den Versuch der definitorischen Bestimmunge des Begriffs strafprozessuale Beweismittel zu unternehmen.

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