Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 755

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 755 (NJ DDR 1957, S. 755); welcher Kontrolle unterliegt (Ausnahme: der Altwarenhandel), daß es sich in der Regel um Gelegenheitsgeschäfte handelt, daß der Preis der Ware meist ganz willkürlich bestimmt wird und daß unzuverlässige oder gar kriminelle Elemente derartige Geschäfte mit Vorliebe betreiben (womit natürlich nicht gesagt ist, daß die Mehrzahl der Partner dieser Geschäfte solche Elemente wären). Aus dem Wesen dieser Art von Zivilrechtsverkehr ergibt sich von selbst, daß er dem Käufer keine Sicherheit für das Eigentum oder Verfügungsrecht des Verkäufers bieten kann. Im Gegenteil muß der Käufer hier stets mit einem Rechtsmangel rechnen: wer aus Privathand kauft, kauft auf eigenes Risiko; er kann nicht verlangen, daß der Staat ihm das Risiko durch Sicherung gegen die Vindikation seitens des wahren Eigentümers, d. h. durch Abwälzung des Schadens auf diesen, abnehmen möge. Der irreguläre Warenverkehr mag eine wirtschaftliche Berechtigung in Zeitläuften haben, in denen die Produktion das Warenbedürfnis der Bevölkerung nicht befriedigen kann, wie etwa in den ersten Jahren nach Kriegsende, in denen diese Art Wirtschaftsverkehr zum Teil unter der charakteristischen Bezeichnung „schwarzer Markt“ in der Verbrauohersphäre fast zum regulären, zum einzig funktionierenden wurde. In dem Maße aber, in dem die Produktion dem Bedarf nachkommt, in dem andererseits der ständig wachsende Lebensstandard, die Erhöhung des Reallohns zusammen mit einem vernünftigen Teilzahlungssystem, es den Bürgern ermöglicht, ihren Bedarf an Konsumgütern im regulären Wirtschaftsverkehr zu befriedigen, verliert der irreguläre auch seine ökonomische Berechtigung. Schon jetzt ist m. E. für eine Sonderförderung dieser Kategorie von Geschäften kein Anlaß mehr und nichts anderes als eine Sonderförderung stellt die Zulassung des gutgläubigen Erwerbs dar. Daraus ergibt sich, daß, ebenso wie in der ersten, auch in der dritten der hier unterschiedenen Sphären des Wirtschaftsverkehrs in der sich fast alle Fälle abgespielt haben, die zu der jetzigen Diskussion führten die Forderung, dessen Sicherheit zu gewährleisten, nicht nur nicht geeignet ist, die Zülassung des gutgläubigen Erwerbs von Gegenständen des sozialistischen Eigentums zu rechtfertigen, sondern de lege ferenda nicht einmal im Wege steht, dieses Institut auch für das nichtsozialistische und persönliche Eigentum zu beseitigen. In dieser Auffassung stimme ich mit Dornberger überein. Im Zusammenhang mit dem Thema Verkehrssicherheit sind noch drei Probleme wenigstens zu streifen. Erstens: Die Frage des gutgläubigen Erwerbs der in § 935 Abs. 2 BGB genannten Gegenstände, insbesondere von Geld, auf die L i e c k e so großen Wert legt, hat keinerlei praktische Bedeutung. Unterschlagenes Geld kann, solange es sich noch im Besitz des Defraudanten befindet, diesem wieder abgenommen werden; sobald es einmal in den Verkehr gelangt ist, wird es rein faktisch unmöglich, die konkreten Geldscheine, die gewöhnlich mehrmals am Tage ihren Besitzer wechseln und von dem übrigen Geld des jeweiligen Besitzers nicht zu unterscheiden sind, wieder aufzuspüren und zu vindizieren. Wenn § 935 Abs. 2 BGB hier den gutgläubigen Erwerb sogar auf gestohlenes Geld ausdehnte, trug es neben der Sicherung der Geldzirkulation vor allem der Macht der Tatsachen Rechnung, die jede andere Regelung zu einem hoffnungslosen Unterfangen gemacht hätte. Und der sozialistische Staat kann erst recht keine lebensfremden Normen brauchen, die kaum jemals das gewünschte Ergebnis herbeiführen, aber schon durch den Versuch ihrer Anwendung eine gefährliche Desorganisation des Geldverkehrs naoh sich ziehen würden. Von unserem Standpunkt aus ergeben sich hier die gleichen Erwägungen wie bei den Geschäften in der Einzelhandelssphäre: eine Störung des Geldverkehrs ist ebenso verhängnisvoll wie die des Handels und für das sozialistische Eigentum ebenso schädlich. Hier wie dort ist die Hinnahme kleinerer Verluste die sich zudem nach dem Gesagten auch durch eine andere Regelung nicht vermeiden lassen zur Vermeidung unverhältnismäßig viel größerer Schäden unerläßlich. Das gilt auch für den Fall der öffentlichen Versteigerung. Ihrem ökonomischen Inhalt nach gehören die hier abgeschlossenen Verkäufe zu den Geschäften der zweiten Sphäre: es handelt sich um die Veräußerung von Konsumgütern durch einen eigens dazu bestimmten Verkaufsapparat. Daß dieser Verkaufsapparat bei der öffentlichen Versteigerung eine staatliche Stelle ist vgl. § 383 Abs. 3 BGB! , erhöht nur noch die Notwendigkeit, das Vertrauen der Bürger in die Rechtmäßigkeit der von ihr angebotenerr Geschäfte zu schützen. Übrigens handelt es sich gerade bei der Versteigerung niemals um den Schutz des guten Glaubens an das Eigentumsrecht des Verkäufers der Käufer weiß vielmehr, daß der Gerichtsvollzieher nicht der Eigentümer ist, so daß der Fall gar nicht in den Zusammenhang der §§ 932 ff. BGB gehört , sondern darum, daß die Vertretungsmacht des Versteigerers für den Eigentümer unwiderlegbar vermutet wird. Das gilt auch, wenn wirklich einmal ein volkseigener Gegenstand in eine öffentliche Versteigerung geraten sollte ein solcher Verkauf gilt als nicht planwidrig. Anders mag der Fall bei den wenigen Inhaberpapieren liegen, die bei uns noch gehandelt werden. Hier bedürfte es zur Beantwortung der Frage nach der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs einer näheren Untersuchung der tatsächlichen Umstände, unter denen sich dieser Handel vollzieht. Zweitens: Li ecke ist dahin zuzustimmen, daß ein zeitlich unabsehbares Auseinanderklaffen zwischen Eigentums- und Besitzstand dem Rechtsverkehr in der Tat abträglich Ist. Kauft ein Bürger seinem Nachbarn eine Sache ab, von der er weiß, daß dieser sie seit langer Zeit, sagen wir: seit mehr als zehn Jahren, unangefochten in Besitz hat, so könnte die unbeschränkte Zulassung der Vindikation wirklich zu unerwünschten Ergebnissen 'führen. Es wird Sache des Gesetzgebers sein, bei der künftigen Regelung der gesamten Materie zu entscheiden, was schwerer wiegt: der Schutz des Eigentümers, insbesondere des Rechtsträgers sozialistischen Eigentums, oder der Schutz des Vertrauens auf die Rechtmäßigkeit eines langjährigen Besitzes. Im letzten Fall kann die Neueinführung eines Ersitzungserwerbs oder eine angemessene Verjährungsfrist für den Herausgabeanspruch in Frage kommen. Solange das nicht geschieht, müssen alle Folgen der derzeitigen Rechtslage in Kauf genommen werden. Drittens: Diese Arbeit befaßt sich mit der Frage des gutgläubigen Erwerbs des Eigentumsrechts an beweglichen Sachen; nur diese ist bisher als praktisch bedeutsam hervorgetreten. Die Problematik des etwaigen Verlusts in sozialistischem Eigentum befindlicher Grundstücksrechte durch gutgläubigen Erwerb, d. h. der entsprechenden Anwendung der §§ 892, 893 BGB, wäre gesondert zu untersuchen, da hier die Funktion des Grundbuchs als Instrument des öffentlichen Glaubens in Betracht zu ziehen ist. Streitfälle dieser Art sind mir bisher nicht bekannt geworden, dürften auch nur sehr selten auftreten; immerhin wären sie in Fällen der Unrichtigkeit des Grundbuchs denkbar. Der Grundriß „Sachenrecht“22 verneint die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung auch der hierauf bezüglichen Normen des BGB. V Es wurde schon darauf hingewiesen (oben zu III), daß eine richtige Fragestellung die Möglichkeit einer gleichartigen Behandlung beider Formen des sozialistischen Eigentums hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs eröffnet. Auch auf das genossenschaftliche sozialistische Eigentum kann das Eigentumsrecht des BGB nur entsprechend und nur insoweit angewandt werden, als dessen Normen dem Wesen dieser Form des sozialistischen Eigentums nicht widersorechen. In der für unsere Untersuchung in Betracht kommende Wesensseite aber, der strengen Zweckgebundenheit und dem daraus folgenden Verbot jeder Zweckentfremdung, besteht volle Übereinstimmung dieser beiden; Eigentumskategorien; auch dem genossenschaftlichen sozialistischen Eigentum ist, nur eine planmäßige Verwendung gestattet, die den Aufbau des Sozialismus fördert23 24. Damit verbietet sich 23 Das Zivilrecht der DDR (Sachenrecht), S. 201. 24 Zur Notwendigkeit der Gleichbehandlung beider Eigentumsformen gerade in bezug auf die Frage des gutgäubigen Erwerbs vgl. Wenediktow, Der zivilrechtliche Schutz des sozialistischen Eigentums, RID 1953 Sp. 162-164; Kleine, NJ 1957 S. 328. 755;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit noch vor Beginn der gerichtlichen Hauptverhandlung weitestgehend ausgeräumt werden. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der zu den Aufgaben des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren. Vertrauliche Verschlußsache Beschluß des Präsidiums igies Obersten Gerichts der zu raahder Untersuchungshaft vom Vertrauliche Verschlußsache -yl Richtlvirt iie des Plenums des Obersten Gerichts vom zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat im engen Sinne hinausgehend im Zusammenwirken zwischen den Untersuchungsorganen und dem Staatsanwalt die gesellschaftliche Wirksamkeit der Untersuchungstätigkeit zu erhöhen. Neben den genannten Fällen der zielgerichteten Zusammenarbeit ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu lösen.

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