Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 741

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 741 (NJ DDR 1957, S. 741); gangen sind. Eine Verletzung des § 222 StGB ist nicht gegeben. Beide Entscheidungen werden von der richtigen Erkenntnis getragen, daß der Arzt bei der Ausübung seines Heilberufs eine eigene große und besondere Verantwortung zu tragen hat. Dem Arzt ist in unserem sozialistischen Staat die hohe Aufgabe übertragen, unter Einsatz seiner Persönlichkeit, seiner gesamten Kenntnisse und Fähigkeiten das Leben und die Gesundheit der Bürger zu schützen und zu pflegen und in ständiger Übereinstimmung mit den neuesten Erkenntnissen der medizinischen Forschung und Wissenschaft allfe ihm anvertrauteri kranken Menschen zu heilen. Bei der Erfüllung dieser humanistischen Zielsetzung, die den Arztberuf kennzeichnet, genießt der Arzt die Achtung, Anerkennung und unmittelbare materielle und wissenschaftliche Unterstützung durch unseren sozialistischen Staat. Dieser Tatsache entspricht die ethische Verantwortung, die der Arzt gegenüber der Gesellschaft übernommen und zu tragen hat. Seine gesellschaftliche Aufgabe kann der in einem Krankenhaus tätige Arzt nach dem heutigen Stand der Medizin nur erfüllen, wenn ihm bei der Ausübung seines Heilberufs die erforderlichen medizinisch-technischen Einrichtungen zur Verfügung stehen. Insbesondere aber ist der Arzt bei der Erfüllung seiner Aufgaben auf die Mitwirkung eines gut ausgebildeten Heil- und Pflegepersonals angewiesen, das seine Aufgaben ebenfalls pflicht- und verantwortungsbewußt zu erfüllen hat und insoweit eine eigene Verantwortung trägt. Beide Gerichte gehen in ihrer Entscheidung zu Recht davon aus, daß der Angeklagte durch die Transfusion einer falschen Blutkonserve objektiv den Tod der Patientin B. herbeigeführt hat. Bei der Untersuchung der Frage, ob ein Verschulden des Angeklagten vorliegt, haben beide Gerichte auf der Grundlage der objektiven Feststellungen die entscheidende Rechtsfrage geprüft, ob es zu den Pflichten des Angeklagten oder zu den Pflichten der medizinischen Hilfskräfte zur Zeit der Vornahme der fehlerhaften Transfusion im Z.-Krankenhaus gehörte, die Identität des Namens der Patientin mit dem auf den ihm zugereichten Begleitzetteln zu prüfen. Im Gegensatz zur Auffassung des Generalstaatsanwalts haben beide Gerichte eine solche Pflicht des Angeklagten verneint. Der Generalstaatsanwalt verkennt, daß da eine eindeutige gesetzliche Regelung der Pflichten des Arztes bei der Vornahme von Bluttransfusionen fehlt es zur. Erkenntnis des Umfangs der Pflichten des Angeklagten notwendig war, sich eingehend mit den Gepflogenheiten vertraut zu machen, die im Lauf der Zeit zu festen bewährten Regeln im Zusammenwirken von Arzt und Pflegepersonal bei Blutübertragungen im Z.-Krankenhaus geführt hatten. Die Überprüfung beider Entscheidungen zeigt, daß dieser richtige Weg beschriften wurde. Das Stadtgericht hat auf der Grundlage dieser Regeln fehlerfrei den Umfang der Pflicht des Angeklagten festgestellt. Diese Feststellungen beruhen auf der zutreffenden Würdigung der in der Hauptverhandlung vor dem Stadtgericht gemachten Bekundungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. und des sachverständigen Zeugen Chefarzt Dr. W. Wenn der Generalstaatsanwalt in der Begründung seines Antrags auf ein nach Rechtskraft beider Entscheidungen eingeholtes Gutachten verweist, in dem eine gegenteilige Auffassung über den Umfang der Pflichten des Arztes bei Bluttransfusionen vertreten wird, so verkennt er, daß diese Ansicht nicht geeignet ist, die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten zu widerlegen. Das Kassationsvorbringen resultiert aus einer unrichtigen Beurteilung der prozessualen Rolle des Sachverständigen. Der Sachverständige hat die Aufgabe, die für die Entscheidung erforderliche Tatsachenkenntnis zu vermitteln, wenn dem Gericht selbst diese Sachkunde fehlt. Der Gutachter ist Helfer des Gerichts bei der Erforschung von Tatsachen, auf Grund derer das Gericht in die Lage versetzt wird, die ihm obliegende Entscheidung zu treffen. Das Gericht ist bei der Bildung seiner inneren richterlichen Überzeugung an das Gutachten nicht ge- bunden. Es hat vielmehr eine kritische Würdigung des Gutachtens vorzunehmen, beispielsweise auch dahingehend, ob, wie Ranke hierzu in NJ 1955 S. 239 ff. ausführt, „der Sachverständige seiner Subsumtion alte, überholte, unrichtige oder rückständige Lehren und Grundsätze zugrunde gelegt hat.“ Dabei ist schließlich besonders zu betonen, „daß die rechtliche Beurteilung ausschließlich Sache des Gerichts ist.“ Diese Rolle des Sachverständigen wird im Kassationsantrag verkannt. Es handelt sich bei dem vom Generalstaatsanwalt herbeigezogenen Gutachten um die persönliche Meinung eines erfahrenen Mediziners, der sich bei der Begründung seiner Auffassung im wesentlichen auf die allgemeine ethische Verantwortung des Arztes beruft, deren Bedeutung aber, wie bereits ausgeführt wurde, weder durch die angefochtenen Entscheidungen noch vom Plenum verkannt wird. In der vorliegenden Strafsache kommt es aber nicht abstrakt auf die allgemeine ethische Verantwortung des Arztes, sondern konkret auf die eindeutige Feststellung des Umfangs der dem Angeklagten zur Zeit der Bluttransfusion obliegenden Pflichten an. In der Anordnung über das Blutspendewesen vom 5. Juli 1952 (VOB1. von Groß-Berlin I S. 342) wird im § 8 bestimmt, daß Bluttransfusionen nur von Ärzten durchgeführt werden sollen, die über ausreichende wissenschaftliche Kenntnisse der Blutgruppenforschung verfügen und die die Technik der Blutübertragung sicher beherrschen. Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmung haben beide Gerichte eingehend und erschöpfend die im Lauf der Zeit im Z.-Krankenhaus herausgebildeten und von keiner Seite beanstandeten Verhaltensregeln von Arzt und Pflegepersonal bei der Durchführung von Bluttransfusionen festgestellt. Diesen richtigen Prozeß der Wahrheitsfindung und die als sein Ergebnis sich darauf gründende innere richterliche Überzeugung des Stadtgerichts verdeutlicht das Urteil des Strafsenats des Kammergerichts. Der Strafsenat weist auf den objektiven Ablauf des Geschehens hin, angefangen von der technischen Vorbereitung, nämlich der Anforderung der Blutkonserve, bis zur Blutübertragung, und zieht daraus die zwingende Schlußfolgerung, daß es zu den Pflichten der geschulten Hilfskräfte, von der Stationsschwester bis zu den im Ooerationssaal hilfeleistenden Schwestern, gehört, ahe Voraussetzungen zu schaffen, die einen einwandfreien Ablauf der Operation gewährleisten, um damit die Möglichkeit für die unmittelbare medizinisch-wissenschaftliche Tätigkeit der Ärzte zu sichern. Zu diesen Voraussetzungen gehört es, wie der Strafsenat weiterhin zu Recht feststellt, daß dem Arzt im richtigen Augenblick durch die ihm zur Seite stehenden Schwestern auch die richtige Blutkonserve gereicht wird. Von dieser Tatsache ausgehend, konnte der Angeklagte voraussetzen, daß die ihm zugereichte Blutkonserve für die Patientin B. bestimmt war; er war aber verpflichtet festzustellen, ob die von der Blutspenderzentrale vorzunehmenden Untersuchungen durchgeführt und die Geeignetheit der B’ut-konserve feügestellt worden waren. Diese Auffassung wird der Tatsache gerecht, daß eine dem heutigen Stand der Medizin entsprechende Operation notwendigerweise das reibungslose Zusammenwirken mehrerer für ihren Arbeitsbereich voll verantwortlicher Personen erfordert. Die Feststellung des Stadtgerichts, daß es zu dem Pflichtenkreis der Operationsschwestern im Z.-Krankenhaus gehörte, die Namensidentität der dem Angeklagten überreichten Blutkonserve zu prüfen, wird auch durch den Umstand erhärtet, daß die Stationsschwester die Blutkonserve für die Patientin B. der verantwortlichen Operationsschwester zuleiten ließ. Die von ihr gegebenen eindeutigen und eindringlichen Hinweise, die den Zweck verfolgten, jede Verwechslung zu vermeiden, sollten der Operationsschwester, nicht aber dem Narkosearzt übermittelt werden. Durch die in beiden Entscheidungen vertretene Ansicht über den Umfang der Pflichten des Arztes wird weder seine hohe Verantwortung noch das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten angetastet, vielmehr wird der großen Verantwortung des Arztes dadurch Rechnung getragen, weil er zur Erfüllung seiner medizinisch-wissenschaftlichen Arbeit freigemacht wird. 741;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 741 (NJ DDR 1957, S. 741) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 741 (NJ DDR 1957, S. 741)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen sowie der Normen der sozialistischen Gesetzlichkeit entgegenzuwirken. Großzügige und schöpferische Anwendung -de sozialistischen Rechts bedeutet aber auchfn der politisch-ideologischen Erziehungsarbeit deitftarhtern die Erkenntnis ständig zu vermitteln,t daß die in den Rechtspflegebeschlüssen ver- ankerte vorbeugende Einflußnahme nach wie vor die Komponente des Zwangs enthält, welche in der Anwendung der Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen ihren konkreten Ausdruck findet. Sicherheitsgrundsätze zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit weiteren Schutz- und Sicherheitsorganen bei der Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter. Die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken mit Diensteinheiten Staatssicherheit und anderen Schutz- und Sicherheits- Rechtspflegeorganen bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei Bürgern der einzudringen und Grundlagen für die Ausarbeitung wirksamer Geganstrategien zum Kampf gegen die Aktivitäten des Gegners zu schaffen.

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