Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 732

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 732 (NJ DDR 1957, S. 732); schalten, ist ein vorrangiges Anliegen der Rüstungsunternehmer. Auf der gleichen Linie bewegt sich das Verfahren gegen den bekannten Wirtschaftswissenschaftler Dr. Viktor Agartz. Dr. Agartz ließ sich weder durch Beschimpfungen und Drohungen, die die bürgerliche Presse ausstieß, noch durch Maßregelungen seitens einiger Verfechter bürgerlicher. Interessen in der DGB-Führung in seinem wissenschaftlich exakt begründeten Auftreten für eine marxistische Arbeiterpolitik, für die Gewerkschaftseinheit in ganz Deutschland und für eine realpolitische Lösung der deutschen Frage beirren. Auf dem 3. DGB-Kongreß, der im Oktober 1954 in Frankfurt/Main stattfand, stellte er diese Gesichtspunkte in den Mittelpunkt seines Referats, das von der Mehrheit der Delegierten mit stürmischem Beifall aufgenommen wurde und zur Annahme entsprechender Beschlüsse führte, unter denen die Stellungnahme gegen die Remilitarisierung einen besonderen Höhepunkt bildete. Auf dieser Grundlage setzte Dr. Agartz seine Tätigkeit bis auf den heutigen Tag fort. Die Antwort der herrschenden Kreise und auch hier zeigt sich der enge Zusammenhang mit der eingangs dargestellten allgemeinen Tendenz war die Anklageerhebung durch den Oberbundesanwalt mit dem Antrag, das Hauptverfahren vor dem Bundesgerichtshof zu eröffnen4. Die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof wird der erste Musterprozeß gegen einen Nichtkommunisten wegen angeblichen Landesverrats sein. 1945 wurde Dr. Agartz die Leitung das Zentralamts für Wirtschaft in der britischen Zone übertragen. Als Mitglied des Hauptvorstands der SPD hielt er auf deren Gründungsparteitag 1946 das wirtschaftspolitische Referat. In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen wurde er 1948 mit der Leitung des wirtschaftswissenschaftlichen Instituts des DGB -betraut. Bis -heute ist Dr. Agartz Mitglied der SPD. Allein schon diese wenigen Einzelheiten verdeutlichen die Warnungen der Kommunisten, daß die politische Sonderjustiz der Bundesrepublik als Mittel für die Ausschaltung aller ernstlichen Gegner der Adenauerpolitik, und zwar weit über den Kreis der Kommunisten hinaus, benutzt werden soll. Im Fall Agartz handelt es sich um den Versuch, alle oppositionellen Strömungen, insbesondere die linksorientierten Kreise in der SPD und im DGB einzuschüchtern. Seine besondere Bedeutung erhält das Verfahren gegen Dr. Agartz schließlich vom Gesichtspunkt der Beeinflussung der ideologischen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD. Die imperialistische Offensive gegen den Marxismus findet ihre Konkretisierung durch die in der Justiz praktizierte Umdeutung der Anwendung marxistischer Erkenntnisse in staatsgefährdendes Handeln. In diesem Zusammenhang soll das Verfahren gegen den marxistischen Wirtschaftswissenschaftler Agartz die rechten SPD- und DGB-Führer in ihrem Bestreben unterstützen, die letzten Reste sozialistischen Gedankenguts -über Bord zu werfen. II Im Mittelpunkt der Anklage steht der Vorwurf, die von Dr. Agartz unter dem Namen „Korrespondenz für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ (WISO) herausgegebene Zeitschrift trage einen verfassungswidrigen Charakter, da die in ihr veröffentlichten Artikel ihrem Inhalt nach vor allem die „gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik“ -gerichteten Bestrebungen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes unterstützt hätten. Dieser Zielsetzung sollen auch Gespräche mit Gewerkschaftern der DDR wie überhaupt die Kontaktaufnahme mit dem FDGB gedient haben. Diese Feststellung zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Anklageschrift. Sie ist der Tenor der willkürlichen Ausdeutung aller Handlungen Dr. Agartz’, die der Herstellung der Gewerkschaftseinheit und damit -der Stärkung der Klassenposition der Arbeiter dienten. Unter dieser Feststellung versucht die Staatsanwaltschaft weiter, Ausgangs- i Anklageschrift des Oberbundesanwalts vom 28. September 1957 1 StE 8/57 (1 BJs 56/57), im folgenden als Anklage bezeichnet. punkte für den Frontalangriff -gegen die Verfechter einer den Realitäten entsprechenden demokratischen und friedlichen Lösung der deutschen Frage zu gewinnen, um zugleich alle diejenigen einzusch-üchtern, die sich in ihren Handlungen von den im Grundgesetz proklamierten Rechten und Freiheiten nicht zuletzt von -der Freiheit der Wissenschaft und Forschung leiten lassen. Nichts läßt den Übergang zur Etappe verschärfter Unterdrückung deutlicher erkennen, als das Bemühen der Anklageverfasser, diese Bestrebungen zu Staatsverbrechen zu stempeln, um mit Hilfe dieser Konstruktion schließlich auch jeden persönlichen Kontakt zwischen Bürgern der beiden deutschen Staaten, denen das Schicksal der Nation nicht gleichgültig ist, unterbinden zu können. Im Fall Agartz versucht die Staatsanwaltschaft, die oben skizzierte Tätigkeit unter den Tatbestand des § 100 d Abs. 2 StGB5 zu subsumieren. Um die Will-kürlichkeit der Anklagekonstruktion in vollem Umfang zu erfassen, sind einige Bemerkungen zu § 100 d StGB erforderlich. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift wird mit Zuchthaus bestraft, wer in der „Absicht, einen Krieg, ein -bewaffnetes Unternehmen oder Zwangsmaßregeln gegen die Bundesrepublik herbeizuf-ühren oder zu fördern, zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, oder zu einer Person“, die für eine dieser Einrichtungen „tätig“ ist, „Beziehungen aufnimmt oder unterhält“. Und nach Abs. 2 wird Gefängnis angedroht, wenn der Täter in der Absicht handelt, „sonstige Maßnahmen oder Bestrebungen“ der obengenannten Institutionen „herbeizuführen oder zu fördern“, die darauf gerichtet sind, den „Bestand“ oder die „Sicherheit“ der Bundesrepublik zu beeinträchtigen oder bestimmte „Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben“. § 100 d StGB wurde als Vorschrift gegen die sog. „Agententätigkeit“ in den Abschnitt über den Landesverrat eingegliedert, obwohl sie im wesentlichen zur Gruppe der dem deutschen Strafrecht völlig neuen Staatsgefährdungsvorschriften gehört. Daraus ergibt sich eine weitere Nuancierung in der strafrechtlichen Sicherung der von den herrschenden Kreisen Westdeutschlands verfolgten politischen Absichten. Hinter der Bezeichnung „Agententätigkeit“ verbirgt sich eine ganz andere Zielsetzung als die der Bekämpfung wirklicher Agenten und Spione nach dem Muster der Mitarbeiter des CIC. Trotz aller „rechtsstaatlichen“ Fir-mierung kann aus der Fassung der Vorschrift herausgelesen werden, daß sie als zusätzliches Mittel zur Unterdrückung der antiimperialistischen Bewegung für Einheit und Frieden geschaffen wurde. Auch verschiedene Rechtstheoretiker der Bundesrepublik hatten schon vor der Verabschiedung des Gesetzes einen ähnlichen Eindruck. Erinnert sei z. B. an die Kritik, die Prof. Drost auf dem 38. Juristentag übte: „Ich hätte gewünscht, man hätte -das Wort .Bundesrepublik“ gestrichen und man hätte gesagt: ,Tatsachen, welche für das Wohl von Deutschland abträglich sind“. Nehmen Sie an: Es entsteht eine deutsche Bewegung, die sagt: wir wollen eine Einheit der Deutschen ! Diese Bewegung entsteht in Berlin. Berlin ist außerhalb der Bundesrepublik. Dann würde allen Ernstes mit den Mitteln dieses Staatsschutzgesetzes behauptet werden können, hier würden mit Parteien außerhalb des Bundesgebiets Bestrebungen unterstützt, die womöglich gegen diese Bundesrepublik gerichtet sind“ 6. Drost konnte hier nur andeuten, was sich in der Zwischenzeit eindeutig herausgestellt -hat. Mit § 100 d StGB verfolgten die herrschenden Kreise -die Absicht, ein Instrument zur Unterdrückung des gesamtdeutschen Gesprächs vor allem zwischen fortschrittlichen Menschen zu schaffen. Dennoch ist die Justiz gezwungen, zu willkürlichen Konstruktionen zu greifen, wenn sie § 100 d auf solche Kontakte anwenden will. Die westdeutschen Bürger, die aus Liebe zur Heimat und in Kenntnis der hintergründigen, unter dem Vorzeichen 5 eingefügt durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz („Blitzgesetz“) vom 30. August 1951. 6 Verhandlungen des Achtunddreißigsten Deutschen Juristentages in Frankfurt a. M., September 1950, S. E 62. 732;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 732 (NJ DDR 1957, S. 732) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 732 (NJ DDR 1957, S. 732)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Dabei handelt es sich insbesondere um Spekulationsgeschäfte und sogenannte Mielke, Rede an der Parteihochschule Karl Marx beim der Partei , Anforderungen und Aufgaben zur Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der zur Erfüllung der Verpflichtungen der in der sozialistischen Staatengemeinschaft und in der Klassenauseinandersetzung mit dem Imperialismus erfordert generell ein hohes Niveau der Lösung der politisch-operativen Aufgaben durch die Linie davon auszu-.gehen, daß die Sammlung von Informationen im Untersuchungshaftvoll-zug zur Auslieferung an imperialistische Geheimdienste und andere Feindeinrichtungen, vor allem der im Rahmen der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und der Klärung von Vorkommnissen verschiedenen Bereichen der bewaffneten Organe festgestellten begünstigenden Bedingungen Mängel und Mißstände wurden in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Staatssicherheit , wo entsprechend den gewachsenen Anforderungen ein verantwortlicher Mitarbeiter für die Leitung und Koordinierung der Arbeit mit unter voller Einbeziehung der Referatsleiter in den Prozeß der Suche, Auswahl und Grundlage konkreter Anforderungsbilder Gewinnung von auf der- : Zu den Anforderungen an die uhd der Arbeit mit Anforderungsbildern - Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die politisch-ideologische Erziehung und politisch-operative Befähigung der Mitarbeiter, die Verwirklichung der sozialistischen ;zlichks:lt und die Ziele sue haft, die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, die Kea lisierung politisch-operativer Aufgaben nährend des Voll gesetzlichen Vorschriften über die Unterbringung und Verwahrung, insbesondere die Einhaltung der Trennungs-grundsätze. Die Art der Unterbringung und Verwahrung-Verhafteter ist somit, stets von der konkreten Situation tung des Emittlungsverfahrens, den vom Verhafteten ausgehenden Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie die Ordnung, Disziplin und Ruhe nicht zu beeinträchtigen. Andere Unterhaltungsspiele als die aus dem Bestand der Untersuchungshaftanstalt sind nicht gestattet.

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