Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 731

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 731 (NJ DDR 1957, S. 731); gendlichen und zu seinem Schutz erlassen worden. Die Erfahrung lehrt aber, daß gerade darum, weil das Verfahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattflndet und die Strafen oder Erziehungsmaßnahmen wenig bekannt werden, keine große Wirkung auf andere Jugendliche erzielt wird. Es ist oft geradezu erstaunlich, wie leicht es negativen Elementen und vorbestraften Jugendlichen gelingt, andere Jugendliche in Straftaten mit einzubeziehen. Im Interesse der überwiegenden Mehrheit der Jugendlichen wäre es, wenn hier eine Änderung erfolgte, Strafen oder Erziehungsmaßnahmen bekannt würden und den betreffenden Jugendlichen der Mythos des „Helden“ genommen würde. Noch ein Gesichtspunkt spielt hier eine Rolle. Makarenko beschreibt in seiner bereits zitierten Schrift, wie ein Lehrer einen Schüler seiner Klasse beim Diebstahl ertappt. Es erfolgt daraufhin lediglich eine Aussprache „unter vier Augen“. Niemand in der Klasse, auch der Bestohlene nicht, erfährt von dem Diebstahl. Nach der Unterhaltung des Lehrers mit dem Dieb begann dieser, fleißiger zu lernen und die Disziplin sehr gut einzuhalten. Die Pädagogen waren von der „Feinfühligkeit“ des Lehrers entzückt, während Makarenko herausstellt, „wie weit er von kommunistischer Erziehung entfernt ist Der Junge blieb bei der Ansicht, daß er von der öffentlichen Meinung des Kollektivs unabhängig ist. Entscheidend war für ihn das christliche Alles-verzeihen des Lehrers. Er durchlebte nicht das Gefühl der Verantwortlichkeit vor dem Kollektiv; seine Moral beginnt sich in den Formen individueller Berechnungen, auf den Lehrer ausgerichtet, zu bilden. Das ist nidit unsere Moral Hätte der Lehrer die Untersuchung des Diebstahls dem Kollektiv übertragen ich schlage sogar mehr vor , ihm die Entscheidung darüber überlassen, dann wäre jeder Schüler vor die Notwendigkeit gestellt worden, an dem gesellschaftlichen Kampf aktiv teilzunehmen“5 l. Der Akzent liegt hier nicht auf individueller Einwirkung auf den Jugendlichen, auf die Herausbildung nur seiner individuellen moralischen Qualitäten, sondern auf der Anerziehung eines gesellschaftlich verantwortungsbewußten Verhaltens bei dem Dieb wie gleichzeitig beim Kollektiv. Was hier auf die Klasse zutrifft, läßt sich natürlich nicht schematisch auf die Öffentlichkeit übertragen. Das Wesen der Sache sollte aber in der angeregten Weise überprüft und diskutiert werden. Der vorliegende Artikel erhebt nicht den Anspruch darauf, alle Fragen richtig gesehen und behandelt zu haben. Er soll nur die Grundlage für eine Diskussion bilden und überhaupt zur Diskussion über die' Ver-besserung der Arbeitsweise auch im Justizapparat anregen. Besonders den Parteiorganisationen in den Justizorganen ist zu empfehlen, sich mit der Arbeitsweise der eigenen Dienststelle zu befassen und auch darüber zu beraten, wie die Qualifikation der Richter und Staatsanwälte zu heben ist. Es genügt nicht, sich auf das Fernstudium zu beschränken und dabei die politische Qualifizierung außer acht zu lassen. Angebracht wäre es, sich darüber zu äußern, welche Hilfe die Gerichte und Staatsanwaltschaften in den Bezirken und Kreisen in dieser wie auch in anderer Beziehung von den zentralen Justizorganen erwarten. 5 Makarenko, a. a. O. S. 166/167. Recht und Justiz in der Bundesrepublik Das Verfahren gegen Dr, Viktor Agartz ein Ausdruck der Verschärfung der politischen Strafjustiz Von Dr. GERHARD KÜHLIG, Berlin I In der 3. Plenarsitzung des Bundestages am 29. Oktober 1957 gab Bundeskanzler Adenauer in seiner Regierungserklärung die Linie der künftigen Politik bekannt. Seine Erklärungen zur Außenpolitik brachten im wesentlichen nichts Neues. Adenauer- bekräftigte allenfalls den bereits in der Vergangenheit eingeschlagenen Kurs der „Politik der Stärke“, verbunden mit erneuten antisowjetischen Ausfällen, um die eigenen ökonomischen und müitärischen Expansionspläne nach Möglichkeit zu verschleiern. Vor diesem Teil seiner Rede erläuterte er die beabsichtigten innenpolitischen Maßnahmen. Trotz aller Vorsicht bei der Wahl der Formulierungen ist aus diesen Äußerungen abzulesen, daß das dritte Adenauerkabinett auf eine offen reaktionäre Innenpolitik hinarbeitet, um das Hinterland, d. h. die westdeutsche Ausgangsbasis der geplanten Aggression gegen das sozialistische Lager nicht nur mit den Mitteln des „demokratischen“ Betrugs und der Massensuggestion, sondern auch unter Anwendung offener Gewalt zu sichern. Nicht von ungefähr erklärte Adenauer u. a., dem Innenministerium werde „in den kommenden vier Jahren eine so große Aufgabe gestellt , daß es schwer sein wird, sie zu bewältigen“ K Diese Äußerung läßt erkennen, daß die herrschenden Kreise der Bundesrepublik eine neue Etappe einzuleiten gedenken, die durch das verstärkte Einschalten des Staatsapparats bei der Sicherung des Profitstrebens vor allem der Rüstungskonzerne und der daraus resultierenden außen- und innenpolitischen Konsequenzen charakterisiert wird. Das Haupthindernis für die abenteuerlichen Pläne des Monopolkapitals wäre ein einheitliches und konsequentes Handeln der Arbeiterklasse und aller fortschrittlichen Kräfte der Bundes- l vgl. „Das Parlament“ Nr. 43 vom 6. November 1957, S. 1. republik. Die Monopolisten und ihre Regierungsvertreter wissen genau, daß es sich hierbei um den entscheidenden Faktor des Kampfes um die Erhaltung des Friedens und damit der nationalen Existenz unseres Volkes handelt. Daher verlassen sie sich nicht nur auf einige führende SPD- und DGB-Funktionäre, die gegen eine selbständige sozialistische Arbeiterpolitik auf-treten. Vielmehr bereiten sie gegenwärtig Maßnahmen zur Unterdrückung aller jener Kräfte in der Arbeiterbewegung vor, die für ein klares sozialistisches Programm und ein dementsprechendes konsequentes Handeln eintreten. / Auch hierbei soll der Justizapparat seine besondere Rolle spielen. Im zweiten Adenauerkabinett wurde er vor allem gegen die KPD und ihre Mitglieder eingesetzt. Unter dem dritten Adenauerkabinett wird er der allgemeinen Tendenz folgend : gegen alle fortschrittlichen Strömungen überhaupt Vorgehen. Schon mehren sich die Anzeichen für die verstärkte Verfolgung aller linksorientierten Kräfte. Sie zeigen bereits, wie berechtigt die Warnungen der Kommunisten waren, die diese Entwicklung schon vor längerer Zeit voraussagten. Ein bezeichnendes Beispiel dafür ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 16. Oktober 1957, das die Gewerkschaften für alle „Schäden“ haftbar macht, die den Unternehmern durch den Streik in Schleswig-Holstein entstanden seien2. Kurz nach diesem alarmierenden Angriff auf das Streikrecht erfolgte in Kassel die Inhaftierung von Gewerkschaftsfunktionären. Alle Verhafteten sind in der Kasseler Bevölkerung wegen ihres kompromißlosen Auftretens gegen die Atomrüstung und für die Lebensinteressen der Arbeiter bekannt3. Sie auszu- 2 vgl. „Neues Deutschland“ vom 18. und 19. Oktober 1957. 3 vgl. „Neues Deutschland“ vom 31. Oktober und 3. November 1957. 731;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 731 (NJ DDR 1957, S. 731) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 731 (NJ DDR 1957, S. 731)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Unt,arBuchungshaft gerecht, in der es heißt: Mit detfifVollzug der Untersuchungs- der Verhaftete sicher ver-afverfahren entziehen und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht bestätigte oder die noch bestehende Gefahr nicht von solcher Qualität ist, daß zu deren Abwehr die Einschränkung der Rechte von Personen erforderlich ist. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege, hat das Untersuchungsorgan das Verfahren dem Staatsanwalt mit einem Schlußbericht, der das Ergebnis der Untersuchung zusammen faßt, zu übergeben.

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