Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 725

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 725 (NJ DDR 1957, S. 725); Besonders kraß zeigt sich der Mangel an Verant-wortungsbewußtsein beim Führen eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluß. Obwohl ständig auf die verhängnisvollen Auswirkungen des Alkoholgenusses, insbesondere bei Kraftfahrzeugführern, hingewiesen wird, ist doch ein rapides Ansteigen der Trunkenheits-deli'kte zu verzeichnen. Bei den monatlichen Statistiken über alle registrierten Verkehrsunfälle erscheint der Alkoholgenuß als Unfallursache meist an dritter oder vierter Stelle. Betrachtet man dagegen nur die schweren und schwersten Unfälle, dann muß der Alkoholeinfluß als erste Unfallursache genannt werden. Bei weit mehr als der Hälfte aller vor den Verkehrskammern zur Verhandlung kommenden Verkehrsunfälle spielt der Alkoholgenuß in irgendeiner Form eine Rolle. Dies trifft in gleichem Maße für einen ausgesprochen ländlichen Bezirk wie Neubrandenburg, mit verhältnismäßig geringer Verkehrsdichte, wie für Berlin zu, wo einzelne Kreuzungen von 1000 und mehr Fahrzeugen pro Stunde befahren werden. Wegen der Vielzahl von Alkoholsündern und der von ihnen verursachten, oftmals sehr schweren Personen- und Sachschäden bilden gerade die Trunken-heitsdelikte einen Schwerpunkt, dem besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Mehr als bisher ist es notwendig, neben der aufklärenden Tätigkeit mit dem Mittel des Rechts auf die Verkehrsteilnehmer erzieherisch einzuwirken. Die Straßenverkehrsordnung vom 4. Oktober 1956 (GBl. I S. 1239) bietet dazu die rechtliche Grundlage. Während § 5 StVO das Führen eines Fahrzeuges unter der Einwirkung von Alkohol überhaupt verbietet und bei Verstößen gegen diese Bestimmung gern. § 48 StVO Geldstrafe bis 150 DM oder Haft angedroht ist, kann nach § 49 StVO auf Gefängnis bis zu zwei Jahren und Geldstrafe oder auf eine dieser Strafen erkannt werden, wenn die Fahrtüchtigkedt des Fahrzeugführers infolge der genossenen Menge geistiger Getränke erheblich beeinträchtigt war. Aus der Höhe dieser Strafdrohung ist schon zu erkennen, welche Bedeutung der Gesetzgeber den Trunkenheitsdelikten beimißt. Im Interesse eines verstärkten Schutzes unserer Bürger ist es erforderlich, die genannten Gesetzesbestimmungen richtig anzuwenden. In der Praxis scheint aber die Frage, wann eine „erhebliche Beeinträchtigung“ der Fahrtüchtigkeit i. S. des § 49 StVO vorliegt, immer noch Schwierigkeiten zu bereiten. Bei der Beantwortung dieser Frage kommt es nicht nur darauf an, wieviel der Fahrzeugführer getrunken hat und wie sich die alkoholische Beeinflussung nach außen hin zeigt, sondern vor allem darauf, wie die Hirn- und Nerventätigkeit und damit das Reaktionsvermögen, Augenmaß, Raumsinn, Geschwinddgkeits-beurteilung usw. beeinträchtigt sind. W i d m a r k hat in Hunderten von experimentellen Untersuchungen nachgewiesen, daß in dieser Beziehung unter normalen Umständen der gleiche Blutalkoholgehalt auch den gleichen Einfluß ausübt1. In diesem Sinne gibt es auch keinen merklichen Unterschied zwischen Alkoholgewöhnten und -ungewöhnten. In erster Dinie ist daher der pro-mille-Alkoholgehalt des Blutes zur Zeit der Straftat ausschlaggebend. In den weitaus meisten Fällen wird ein Blutalkoholgutachten vorliegen. Wenn nicht gerade besondere Umstände gegeben sind, z. B. zwischen dem Unfall und der Blutentnahme ein sehr großer Zeitraum liegt oder während dieser Zeit neuerlich Alkohol genossen wurde, so ist das Blutalkoholgutachten objektives Beweis-material. Die Praxis hat gelehrt und Hansen1 2 weist ebem falls darauf hin, daß bei einem Blutalkoholgehalt von 1,5 pro mille an eine solche verkehrsgefährdende Beeinflussung vorliegt, daß die Fahrtüchtigkeit für Kraftfahrer auf jeden Fall zu verneinen ist. Bei Motorradfahrern und Radfahrern beginnt die Fahrunfähigkeit auf Grund ihres labilen Gleichgewichts bereits bei 1,3 pro mille. Wenn ein derartiger Blutalkoholgehalt vorliegt, kann die Anwendung oder Nichtanwendung des § 49 StVO nicht mehr allein von einem klinischen Gutachten abhängig gemacht werden. Das bedeutet 1 vgl. Hansen, Gerichtliche Medizin, Leipzig 1954, S. 155 ff. 2 Hansen, a.a.O. S. 160. andererseits nicht etwa, daß auf klinische Gutachten und evtl, auch Zeugenaussagen verzichtet werden kann. In der Regel wird das klinische Gutachten einen weiteren Beweis für die erhebliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkedt bei über 1,5 pro mille Blutalkohol-gehalt darstellen. Liegt der Alkoholwert unter 1,5 pro mille, so kann ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegen. Es ist z. B. durchaus verständlich, daß der Alkohol bei einem Menschen stärkere negative Auswirkungen hat, wenn dieser zuvor bereits in intensiver Arbeit einen Teil seiner Kräfte verausgabte, als wenn er völlig ausgeruht geistige Getränke zu sich nimmt. Auch ein weniger gutes körperliches Allgemeinbefinden oder psychische Belastungen sind evtl. Voraussetzungen, unter denen schon geringere Mengen Alkohol zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen können. In all diesen Fällen bedarf es neben dem Blutalkoholgutachten noch anderer konkreter Anhaltspunkte, um den Grad der Beeinträchtigung exakt feststellen zu können. Meist wird das klinische Gutachten hierbei die entsprechenden Dienste leisten. Es muß aber beachtet werden, daß das klinische Gutachten immer erst mehr oder weniger lange Zeit nach der Straftat angefertigt wird. Weiterhin können manche Menschen durch energisches und geschicktes Auftreten ihren wirklichen Zustand verbergen. Der Wille, bei der ärztlichen Untersuchung so gut wie möglich abzuschneiden, trägt mit dazu bei. Häufig tritt auch besonders nach Unfällen eine gewisse Ernüchterung ein. Aus all dem geht hervor, daß die Bedeutung des klinischen Gutachtens wiederum nicht überschätzt werden darf. Es wäre z. B. wohl kaum vertretbar, wenn die Tatbestandsmerkmale des § 49 StVO deshalb als nicht erfüllt angesehen werden, weil das klinische Gutachten keine Anzeichen einer erheblichen Trunkenheit feststellt, obwohl Zeugen übereinstimmende Angäben über einen stark trunkenen Zustand des Täters machen und dessen Fahrweise (Zickzack-Fahren, übermäßig stark ruckartiges Anfahren, unmotiviert plötzliches Bremsen und dgl.) ebenfalls darauf hinweist. Vor allem ist man dann1 auf Zeugenaussagen über Zustand und Fahrweise des Täters angewiesen wenn aus irgendeinem Grunde z. B. Fahrerflucht Blutprobe und klinische Untersuchung erst 10, 12 oder noch mehr Stunden nach der Tat erfolgen und eine auch nur annähernd genaue Berechnung des pro-mille-Gehalts nicht mehr vorgenommen werden kann. Der öfter geäußerten Meinung, daß nur durch die Blutalkohol- und die klinische Untersuchung bewiesen werden kann, wann eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, kann deshalb in dieser absoluten Form nicht zugestimmt werden3. Die erhebliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit im Sinne des § 49 StVO ist auch nach oben hin begrenzt. Ergeben die Ermittlungen, daß der Täter in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand ein Fahrzeug führte, so ist er nach § 330a StGB zur Verantwortung zu ziehen, unabhängig davon, ob ein Unfall erfolgte oder nicht. Die „mit Strafe bedrohte Handlung“ i. S. des § 330a StGB ist dabei das Führen eines Fahrzeuges trotz Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit gern. § 49 StVO. Sind jedoch in den Fällen des Führens eines Fahrzeuges unter erheblicher alkoholischer Beeinflussung (i. S. des § 49 StVO) Folgen eingetreten meist wird es eine fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung oder fahrlässige Transportgefährdung sein , so besteht hinsichtlich dieser Delikte Tateinheit mit § 49 StVO. Die Klärung der Schuldfrage bei Verkehrsunfällen bedarf auch beim Vorliegen von Trunkenheit einer äußerst genauen Untersuchung des Unfallvorgangs. Es sind stets alle Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen und zu prüfen. Die Erfahrungstatsache, daß Betrunkene oftmals völlig sinnlos und unberechenbar handeln, sowie die ganz natürliche Empörung gegen verantwortungslose Verkehrsteilnehmer lassen bei festgestellter Trunkenheit eines Unfallbeteiligten schnell den Gedanken aufkommen: „Der Betrunkene hat den Unfall verursacht.“ Auf keinen Fall darf aber eine Meinung über das Verschulden des einen oder anderen 3 vgl. auch OGSt Bd. 1 S. 264. 725;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 725 (NJ DDR 1957, S. 725) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 725 (NJ DDR 1957, S. 725)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß sie eine nachhaltige und länger wirkende erzieherische Wirkung beim Täter selbst oder auch anderen VgI. Andropow, Rede auf dem Plenum des der Partei , Genossen Erich Honecker, wiederholt zum Ausdruck gebracht wurde. Darüber hinaus beschränkt sich unser Traditionsbild nicht nur einseitig auf die durch den Kampf der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei entsprechen, Hur so kann der Tschekist seinen Klassenauftrag erfüllen. Besondere Bedeutung hat das Prinzip der Parteilichkeit als Orientierungsgrundlage für den zu vollziehenden Erkenntnisprozeß in der Bearbeitung von die Grundsätze der strikten Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der komplexen Anwendung und Umsetzung der Untersuchungsprin-zipisn in ihrer Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten Untergrund-tät igkeit Potsdam, Duristische Hochschule, Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Humitzsch Fiedler Fister Roth Beck ert Paulse Winkle eichmann Organisierung der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Maßnahmen der Auswertungs- und Informationstätigkeit - solchen Leitungsaufgaben wie insbesondere der Koordinierung und der Anleitung und Kontrolle.

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