Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 724

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 724 (NJ DDR 1957, S. 724); um uns zu „beweisen“, wie einsichtig er geworden ist, in jedem Fall antworten: „Nein, das war nicht richtig.“ Damit haben wir nichts gewonnen. Wenn wir ihn dagegen fragen: „W arum war das nun nicht richtig, was Du gemacht hast?“, dann zwingen wir ihn, aus sich herauszugehen und uns zumindest zu sagen, ob er denn überhaupt verstanden hat, was wir bisher verhandelt haben. Ein Jugendlicher wurde gefragt: ;,Was glaubst Du, was das Mädchen empfunden hat, als es nachher erfuhr, daß Deine Freunde von weitem zusahen, als Du sie gebrauchen wolltest?“ Er gab zur Antwort: „ Ich sagte mir, daß sie sich nirgends mehr sehen lassen kann.“ Aus dieser Antwort ließ sich in Verbindung mit allen übrigen uns bekannten Daten über den Jugendlichen auf seine sittliche Reife schließen. Wenn, aber, um mit Müller zu reden, es sich um Täter handelt, die „in ungeordneten, asozialen Verhältnissen aufgewachsen sowie durch Erziehungs- und Ausbildungsmängel, schlechte Beispiele, laxe Eigentumsund Sexualauffassungen Erwachseher und ähnliche Gründe .moralisch“ verdorben sind“ und dann auch in der Verhandlung auf sittliche oder moralische Forderungen nicht ansprechen, dann wird man das Vorliegen der sittlichen Reife verneinen können. Was nun die Frage der Prüfung der Willensreife anbetrifft, so ist, wie Müller bereits ausgeführt hat, hierzu eine genaue Untersuchung der Tatmotive, Tatziele und Tatumstände notwendig und eine einigermaßen zuverlässige Entscheidung vielfach nur im Rahmen einer umfassenden Persönlichkeitsbeurteilung möglich. Das Urteil des BG Erfurt11 unterstreicht den nach Müller von maßgeblichen Psychiatern vertretenen Standpunkt, daß es eine "unmittelbare exakte Nachprüfungsmöglichkeit der Willensbestimmungsfähigkeit nicht gebe, denn es kommt auch nur zu dem Schluß: „Alle Umstände sprechen dafür, daß er fähig war, entsprechend der Einsicht zu handeln“. Bei genauerer Betrachtung der Urteilsgründe des BG Erfurt kommt man aber noch zu einigen anderen Fragen, die nicht beantwortet wurden und es deshalb zweifelhaft erscheinen lassen, ob diesem Urteil im Ergebnis zuzustimmen ist. So läßt die von einigen Zeugen geäußerte Meinung, daß der Jugendliche „mehr hätte leisten können und den Anforderungen gerecht geworden wäre, wenn er sich mehr bemüht und ,dahintergesetzt“ hätte“, die Frage 11 NJ 1957 S. 632. offen, warum er sich denn nicht mehr bemüht hatte, warum er denn den „Willen“ dazu nicht hatte? War er dazu rein veranlagungsimäßig nicht fähig, war er zu „triebhaft“ eingestellt, oder wirkten sich hier Erziehungsfehler aus, weil „ihm sowohl während der Schulzeit als auch später die führende und lenkende Hand“ fehlte? Es geht aus dem Urteil nicht hervor, inwieweit der Sachverständige diesen Fragen nachgegangen ist. Auch den Ausführungen des BG Erfurt darüber, daß der Jugendliche bei Begehung der Straftat „eigenen Willen entfaltete“, „eigenen Willenseinsatz deutlich“ werden ließ und eben deshalb auch die erforderliche Willensreife hatte, kann ich nicht ganz folgen. Denn es ist doch gerade ein Merkmal des „triebhaften“ Menschen, daß er „eigenen Willen“ entfaltet, ohne in der Lage zu sein, diesen Willen durch verstandesgemäße oder sittliche Hemmungen zu „steuern“. Die nach dem Urteil des BG Erfurt bei dem Jugendlichen schon seit frühester Kindheit zu verzeichnende Neigung, seipen Gefühlen und Trieben nachzugeben „lieber baden oder spielen zu gehen“, als Schularbeiten zu machen, „lieber Lausbubenstreiche und Dummheiten zu machen“, als sich „dahinterzusetzen“, lieber zu „stehlen“, als sich zu bezwingen und mit seinem Taschengeld einzurichten , läßt doch erkennen, daß sein triebhafter Wille offensichtlich stärker war als die ihm durch die Prügel seines Vaters, durch Vorhaltungen und Ermahnungen nahegebrachten „Einsichten“. Auch der Aufenthalt im Jugendhaus vermochte nicht, in ihm entsprechende'Hemmungen gegen den Mordversuch zu setzen. Dabei ist, wenn wir den Hinweis von Müller beachten, auch das Motiv zur Tat von Bedeutung. „Er wollte“ wie es im Tatbestand heißt „auch einmal einen Menschen umbringen“, „eine Kasse ausrauben“, um in der Kneipe von seinen Freunden bewundert zu werden! Es sind also Motive, die eher auf eine anomale seelische und geistige Verfassung als auf sittliche Reife und auf Willensreife schließen lassen. Jedoch ist ein abschließendes Urteil nur auf Grund der Kenntnis der Akten und der Person des Jugendlichen möglich. Im übrigen wäre es für uns Praktiker ungemein interessant, wenn entsprechend der Aufforderung der Redaktion in ihrer Anmerkung zu dem Urteil des BG Erfurt auch Psychologen und Pädagogen zu diesem Urteil und zu den in diesem Beitrag aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen würden. Zur strafrechtlichen Beurteilung von Verkehrsunfällen Von KURT OSMENDA, Verkehrsstaatsanwalt heim Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin Seit geraumer Zeit ist auch im Gebiet der DDR und des demokratischen Sektors von Groß-Berlin ein starkes Ansteigen der Verkehrsunfälle festzustellen. Besonders auffallend ist die Zunahme der Unfälle seit Mitte vorigen Jahres. Wurden im ersten Halbjahr 1956 rund 16 500 Unfälle registriert, so waren es im ersten Halbjahr 1957 bereits 24 800. Leider sehen noch viele Bürger darunter auch nicht wenige Juristen die Ursachen für das Ansteigen der Verkehrsunfallziffern in der erhöhten Verkehrsdichte. Wie ist es aber wirklich? Mit der steigenden Verkehrsdichte mehren sich wohl die Gefahrenpunkte für den einzelnen Verkehrsteilnehmer; diesen kann und muß aber durch erhöhte Vorsicht und Aufmerksamkeit und durch eine dem Verantwortungsbewußtsein entspringende verstärkte Rücksichtnahme begegnet werden. An jeden Verkehrsteilnehmer werden also erhöhte Anforderungen gestellt, denen aber viele nicht gerecht werden sei es, weil mancher Verkehrsteilnehmer seine Pflichten sich selbst und anderen gegenüber nicht ernst genug nimmt, sei es, weil „alte Hasen“, die mit ihrem Kraftfahrzeug schon viele gefährliche Situationen gemeistert haben, ihre Fähigkeiten überschätzen. Dies sind letztlich die Hauptursachen, die zu überhöhter Fahrgeschwindigkeit, zur Nichtbeachtung der Vorfahrt und zu all den anderen Fehlern führen. In Westberlin beispielsweise sind die 30 bis 40 in jedem Monat durch Verkehrsunfälle getöteten Personen auch nicht Opfer der Verkehrsdichte, sondern meist einer undisziplinierten und verantwortungslosen Raserei. Deshalb wurde auch in Westberlin seit dem 1. September 1957 wieder eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit ebenfalls wie bei uns auf 50 km/h festgelegt. Diese Dinge richtig zu erkennen, ist für die Arbeit des Richters und des Staatsanwalts sehr wichtig. Mit den menschlichen Fehlern, die sich zum Teil nicht nur in mangelndem Verantwortungsbewußtsein, sondern manchmal auch in einem Vermissenlassen jeglicher Achtung vor dem Leben und der Gesundheit der Mitmenschen zeigen, gilt es, sich im Strafprozeß auseinanderzusetzen. Es ist zur Genüge bekannt, daß manche Straßen für den heutigen modernen Verkehr zu „eng“ geworden sind oder andere Unzulänglichkeiten aufweisen. Alle staatlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Straßenverhältnisse können aber in erster Linie nur dem Zweck dienen, die Voraussetzungen für einen schnelleren und flüssigeren Verkehrsablauf zu schaffen. Von dem einzelnen Verkehrsteilnehmer muß deshalb nach wie vor verlangt werden, daß er sich den jeweiligen Gegebenheiten und der jeweiligen. Verkehrssituation anpaßt und sein Verhalten so einrichtet, daß die größtmögliche Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer gewährleistet ist. 724;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 724 (NJ DDR 1957, S. 724) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 724 (NJ DDR 1957, S. 724)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Leiters der Diensteinheit sowie den dienstlichen Bestimmungen in Ungang den Inhaftierten, stellen jeden Mitarbeiter im operativen Vollzug vor die Aufgabe, einerseits die volle Gewährleistung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten unter den Zweck der Untersuchungshaft die gesetzliche Pflicht, keinen Mißbrauch der Rechte bezüglich einer Umgehung des Zwecks der- Untersuchungshaft oder bezüglich der Störung von Sicherheit und Ordnung an in der Untersuehungshaf tanstalt der Abteilung Unter Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftvollzugseinrichtungen -ist ein gesetzlich und weisungsgemäß geforderter, gefahrloser Zustand zu verstehen, der auf der Grundlage der dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen von ihrem momentanen Aufenthaltsort zu einer staatlichen Dienststelle gebracht wird. In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfolgt bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die. Des t-nahme auf der Grundlage eines Haftbefehls durchführen zu können. Die Durchfülirung von Befragungen Verdächtiger nach im Zusammenhang mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes erfordern. Zum anderen kann der gleiche Zustand unter sich verändernden politisch-operativen Lagebedingungen keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit mehr darstellen. Die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, schnell bei bestimmten Personenkreisen Anschluß zu finden. Günstig ist, wenn der einzusetzende Geheime Mitarbeiter am Auftragsort über bestimmte Verbindungen verfügt.

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