Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 712

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 712 (NJ DDR 1957, S. 712); des §174 Ziff. 1 StGB feste Grenzen zu geben und seine Ausdehnung ins Uferlose zu vermeiden. Es hat dabei jedoch einen falschen Weg gewählt und eine ganze Gruppe gesellschaftsgefährlicher und strafwürdiger geschlechtlicher Verhaltensweisen ohne zwingenden Grund von der Bestrafung ausgeschlossen. Es ist unbestreitbar, daß wegen der weiten Fassung des §174 Ziff. 1 StGB, insbesondere des hohen Schutzalters von 21 Jahren, die Gefahr besteht, daß unter ihn auch Handlungen subsumiert werden, die nicht gesellschaftsgefährlich und strafwürdig, ja vielleicht nicht einmal moralisch verwerflich sind. Wenn z. B. ein 25jähriger Meister mit einem 20l/2jährigen Mädchen seines Bereichs ein Liebesverhältnis eingeht und mit ihm geschlechtlich verkehrt, so wäre es absurd und formal, ihn deswegen nach § 174 Ziff. 1 StGB strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Solche untragbaren Ergebnisse lassen sich durch eine vernünftige und dem Zweck der Strafbestimmung gerecht werdende Auslegung des Tatbestandmerkmals „zur Unzucht mißbraucht“ vermeiden. Diese Formulierung drückt aus, daß zur Strafbarkeit ein Verhalten des Täters erforderlich ist, das im Widerspruch zu den Regeln der sozialistischen Geschlechtsmoral steht. Für die Feststellung, wann diese Voraussetzung vorliegt, ist zunächst das Alter des Jugendlichen, mit dem der Beschuldigte geschlechtlich verkehrt hat, von Bedeutung. 1st der Jugendliche noch minderjährig, also unter 18 Jahren, so dürften der unmoralische („unzüchtige“) Charakter der sexuellen Handlungen des Täters und damit seine strafrechtliche Verantwortlichkeit außer Zweifel stehen. Handelt es sich um einen Geschlechtsverkehr mit volljährigen Jugendlichen, so kann durchaus ein echtes, moralisch billigenswertes Liebesverhältnis vorliegen, das selbstverständlich den Tatbestand des § 174 Ziff. 1 StGB nicht erfüllt. In solchen Fällen kommt es hauptsächlich darauf an, welcher Methoden sich der Täter bedient hat, um die Jugendliche oder den Jugendlichen zum Geschlechtsverkehr geneigt zu machen. Ein „Mißbrauch zur Unzucht“ und damit die Strafbarkeit nach § 174 Ziff. 1 StGB ist insbesondere immer dann anzunehmen, wenn der Beschuldigte die mit seiner Stellung verbundene Autorität und Gelegenheit dazu ausgenutzt hat, um auf den Jugendlichen einen gewissen Druck auszuüben oder ihn auf andere unlautere Weise (z. B. durch Geschenke oder andere Vergünstigungen oder Versprechungen) zur sexuellen Hingabe zu veranlassen. Eine solche Interpretation des § 174 Ziff. 1 StGB ermöglicht es, alle gesellschaftsgefährlichen und strafwürdigen Geschlechtshandlungen, die durch Autoritätspersonen an oder mit den ihnen anvertrauten Jugendlichen begangen werden, zu bestrafen. Auf der anderen Seite verhindert sie, daß nicht gesellschaftsgefährliche und strafwürdige sexuelle Verhaltensweisen (die u. U. sogar moralisch billigenswert sein können) mit Strafe belegt werden. Dr. Hans Weber, Richter am Kreisgericht Potsdam-Land §§ 4, 10 der YO zum Schutze der Jugend vom 15. September 1955 (GBl. I S. 641 in Berlin: VO vom 4. Oktober 1955, VOB1. S. 411). Über die moralische Verwerflichkeit der Verleitung Jugendlicher zu übermäßigem Alkoholgenuß. Stadtbezirksgericht Berlin-Pankow, Urt. vom 13. September 1957 - 612. 351/57. Der 16jährige Jugendliche K. war als Kutscher im Fuhrunternehmen des Angeklagten Sch. beschäftigt. Der Angeklagte Sch. suchte mit ihm fast täglich während der Arbeitszeit Gaststätten auf, in denen er gemeinsam mit dem Jugendlichen alkoholische Getränke zu sich nahm; mitunter geschah dies sogar mehrmals an einem Tage. Jedesmal trank jeder von ihnen etwa drei bis vier Glas Bier und zwei Schnäpse, die alle vom Angeklagten Sch. bezahlt wurden. Es handelte sich vorwiegend um die Lokale der Angeklagten K., B., D. und S., die auf den Fahrstrecken des Angeklagten Sch. und des Jugendlichen K. lagen. Die Inhaber der genannten Gaststätten orientierten sich dabei niemals über das Alter des Jugendlichen, sie stellten lediglich fest, daß er im Besitz eines Personalausweises war. Der Jugendliche K. hatte sich mit der Zeit derartig an den Genuß von Alkohol gewöhnt, daß er ohne alkoholische Getränke nicht mehr auskommen konnte und häufig angetrunken war. So wurde dem Angeklagten Sch. mehrfach durch die Volks- polizei oder Bekannte telefonisch davon Mitteilung gemacht, daß K. völlig betrunken mit dem Fuhrwerk unterwegs wäre. Der Angeklagte Sch. hat dann einige Male das von K. abgestellte Fuhrwerk holen müssen. Trotzdem stellte der Angeklagte Sch. die Gaststättenbesuche mit dem Jugendlichen nicht ein. Nach Arbeitsschluß suchte der Jugendliche K. häufig nochmals die vorgenannten Gaststätten auf, und zwar in der Mehrzahl der Fälle die Gaststätte des Angeklagten D. D. fragte den Jugendlichen K. einmal, ob er schon 18 Jahre alt sei, aber obwohl K. diese Frage verneinte, schenkte er ihm ständig weiter Alkohol aus, so daß K. diese Gaststätte fast täglich angetrunken verließ. Im elterlichen Haushalt kam es dann zu Ausschreitungen K’s. gegenüber seinen Eltern. K’s. Mutter, die einige Male beobachtet hatte, daß ihr Sohn in der Gaststätte D. Alkohol in übermäßigen Mengen ausgeschenkt erhielt, hatte ebenfalls den Angeklagten D. darauf aufmerksam gemacht, daß ihr Sohn noch minderjährig ist und er ihm keinen Alkohol mehr ausschenken möchte. Da sich der Jugendliche K. derartig dem Trünke ergeben hatte, mußte er zur Durchführung einer Alkoholentziehungskur in ein Krankenhaus eingewiesen werden, wo er sich zur Zeit noch befindet. Aus den Gründen: Sämtliche Angeklagten haben mit ihren Handlungen gegen die Verordnung zum Schutze der Jugend verstoßen, die allen Bürgern die Verpflichtung auferlegt, dafür Sorge zu tragen, daß unsere Jugend vor jeder Gefährdung ihrer körperlichen, moralischen und politischen Entwicklung geschützt wird. Eine besondere Verpflichtung trifft daibei solche Menschen, die mit der Ausbildung Jugendlicher betraut sind, die mit ihnen zusammen arbeiten oder die infolge ihrer Berufstätigkeit, so z. B. als Inhaber und Leiter von Gaststätten, Einfluß auf das Verhalten eines Jugendlichen nehmen können. Nicht selten haben Feinde unseres Staates gerade Kinder oder Jugendliche unter Alkohol gesetzt oder den1 Alkoholgenuß dieser jungen Menschen ausgenutzt, um sie dann zu Verbrechen zu mißbrauchen. Deshalb entspricht es sowohl der Gesundheit als auch dem Schutze der Jugend vor verbrecherischen Einflüssen, dem Alkoholgenuß Jugendlicher Einhalt Zu gebieten. § 4 der VO zum Schutze der Jugend fordert, daß an Kinder und Jugendliche bis zu 16 Jahren überhaupt kein Alkohol und an Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren solcher nur in mäßigen Mengen verabfolgt wird. Erziehungspflichtige und Leiter oder Inhalber von Gaststätten haben darauf zu achten, daß Jugendliche nicht zu übermäßigem Alkoholgenuß verleitet werden oder sich betrinken. Es ist eine bekannte Tatsache, daß Jugendliche besonders anfällig für derartige Reize sind und damit das Problem des Alkoholismus einen erheblichen Gefahrenpunkt im Leben der Jugend darstellt. Die Wirkung des Alkohols auf den menschlichen Organismus ist unterschiedlich. Ein junger Mensch ist schon auf Grund seiner körperlichen und geistigen Entwicklung dem Alkoholismus gegenüber sehr anfällig. Jeder Leiter einer Gaststätte trägt die Verantwortung dafür, daß an Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nur solche Alkoholmengen ausgeschenkt werden, daß bei ihnen keine Störungen der Körperfunktionen eintreten können. Diese Verantwortung muß stets geschäftlichen Interessen vorangehen. Der Jugendliche K. machte durchaus einen seinem Alter entsprechenden Eindruck; es kann daher keines-wengs den Angeklagten gefolgt werden, daß sie der Meinung waren, es handele sich um einen 20- bis 24jährigen jungen Menschen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß gerade Gastwirte auf Grund ihrer Berufserfahrung viel Menschenkenntnis und einen Blick für das Alter eines Menschen haben. Wie der Sachverständige ausführte, können bei einem Jugendlichen oft schon geringe Mengen genossenen Alkohols pathologische Rauschzustände oder schwere körperliche Schädigungen hervorrufen. Man muß erkennen, daß die Menge von jeweils drei bis vier Glas Bier und zwei Schnäpsen für den Jugendlichen K. übermäßig war und insbesondere durch den fast täglichen Genuß, zu dem der Jugendliche durch den Angeklagten Sch. angehalten wurde, schädlich auf ihn einwirken mußte. (Es folgen Ausführungen über die strafrechtliche Veramtwortlichkeit der einzelnen Angeklagten.) 712;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 712 (NJ DDR 1957, S. 712) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 712 (NJ DDR 1957, S. 712)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Im Einsatzplan sind auszuweisen: die Maßnahmen der Alarmierung und Benachrichtigung die Termine und Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft die Maßnahmen zur Sicherung der Strafverfahren und der Gewährleistung von Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten mit den Leitern der Abteilungen XIV; Unterstützung der Leiter der Abteilungen bei der Durchführung der ersten körperlichen Durchsuchung und der Dokumentierung der dabei aufgefundenen Gegenstände und Sachen als Möglichkeit der Sicherung des Eigentums hinzuweiseu. Hierbei wird entsprechend des Befehls des Genossen Minister in die Praxis umzusetzen. Die Wirksamkeit der Koordinierung im Kampf gegen die kriminellen Menschenhändlerbanden und zur Vorbeugung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der auf unbekannte Art und Weise zielstrebiger und kurzfristiger aufzuklären, die Rückverbindungen operativ bedeut-damen Kontakte wirksamer unter operativer-Kontrolle zu nehmen. Größere Bedeutung sind der Erarbeitung von Informationen zur ständigen Einschätzung und Beherrschung der Lage, besonders in den Schwerpunkten des Sicherungsbereiches. Die Lösung von Aufgaben der operativen Personenaufklärung und operativen Personenkontrolle zur Klärung der Frage Wer ist wer? führten objektiv dazu, daß sich die Zahl der operativ notwendigen Ermittlungen in den letzten Jahren bedeutend erhöhte und gleichzeitig die Anforderungen an die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung sowie ein konkretes, termingebundenes und kontrollfähiges Programm der weiteren notwendigen Erziehungsarbeit mit den herauszuarbeiten.

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