Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 654

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 654 (NJ DDR 1957, S. 654); auch dadurch nichts geändert, daß der Vater bei seiner Entscheidung auf die Auffassung der Mutter Rücksicht zu nehmen hat (§ 1628 Abs. 1) und daß das Vormundschaftsgericht im Interesse des Kindes das Entscheidungsrecht in bestimmten Fällen der Mutter übertragen kann (§ 1628 Abs. 2 und 3). Das eine kann rechtlich kaum relevant werden, das andere wird nach den auch . in Westdeutschland gesammelten Erfahrungen nur bei schon zerrütteten Ehen in Frage kommen. Der Bundestag wurde über die Zahl der in den letzten Jahren anhängigen Verfahren vor den Vormundschaftsgerichten bei Streitigkeiten zwischen den Eltern informiert. In Darmstadt gab es in drei Jahren sechs Verfahren, wobei es sich in allen Fällen um zerrüttete Ehen handelte. In Frankfurt/Main waren es 30 Verfahren, die ebenfalls alle zerrüttete Ehen betrafen. In Gießen waren die entsprechenden Zahlen 16 und 10, in Wiesbaden 6 und 2, während in Offenbach kein Verfahren anhängig war. Im gesamten Land Hessen wurden in den letzten vier Jahren 60 Anträge gestellt, worunter 48 von zerrütteten Ehen ausgegangen sind17. Für normale Ehen ist hiernach auch in Westdeutschland kein Bedenken gerechtfertigt, daß die Bestimmung eines gemeinschaftlichen Rechts der Ehegatten bei Übertragung einer Streitentscheidung an das Vormundschaftsgericht ein unangemessenes Eingreifen des Staates in die familiären Belange bedeuten würde. Mit dieser Begründung wurde aber gerade eine solche Regelung abgelehnt. Der Bundestag hatte über eine Abänderungsvorlage zu § 1628 zu beschließen, die eine gemeinsame Entscheidung der Eltern und für den Fall einer nicht zu erzielenden Einigung eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts vorsah18. Die namentliche Abstimmung führte zur Ablehnung der Vorlage mit 185 gegen 165 Stimmen19. SPD und FDP deuteten im Hinblick auf das Abstimmungsergebnis an, daß die Entscheidung des Verfassungsgerichts über die Grundgesetzwidrigkeit des beschlossenen Paragraphen herbeigeführt werden soll. Bis dahin man kann bei der bisherigen Praxis dieses Gerichts mit keiner Entscheidung vor Ablauf einiger Jahre rechnen gibt es aber einen anderen Weg, um auf breiter Basis zur neuen gesetzlichen Regelung ein Votum zu sprechen: Das Gesetz tritt erst am 1. Juli 1958 in Kraft (Art. 8 Abs. 2 Ziff. 4). Sicher werden die Gerichte in der Zwischenzeit aus wiederholtem Anlaß zu prüfen haben, inwieweit sie das künftige Gesetz bei der Anwendung von Art. 3 Abs. 2 GG heranzuziehen haben. Dabei werden sie die grundsätzliche und allgemein bedeutsame Entscheidung nicht umgehen können, ob sie von der jetzigen Rechtsprechung, soweit sie im Einzelfall die Gleichberechtigung konsequent verwirklicht, dann abweichen sollen, wenn das künftige Gesetz der Gleichberechtigung nicht gerecht wird. Sie handeln uneingeschränkt gesetzlich, wenn sie in solchen Fällen bei der bisherigen Spruchpraxis bleiben. Das gilt insbesondere auch zu § 1628. Für die Verwaltung des Vermögens des Kindes trifft das Gesetz eine Reihe von Bestimmungen, die Beschränkungen vorsehen für Geld und Schenkungen im allgemeinen, weiterhin für Grundstücke, Erwerbsgeschäfte, Miet- und Pachtverträge, Kreditaufnahme, Wechsel- und sonstige Orderpapiere, Bürgschaften, Prokura usw. Eine Nutznießung am Kindesvermögen gibt es nicht mehr. Wohl aber können die Eltern die Einkünfte des Kindesvermögens, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögens und für den Unterhalt des Kindes nicht benötigt werden, für ihren eigenen Unterhalt und für den Unterhalt der minderjährigen unverheirateten Geschwister des Kindes verwenden, soweit dies unter Berücksichtigung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten der Billigkeit entspricht (§ 1649 Abs. 2). Das bedeutet 17 Sitzungsprotokolle, S. 11 778. 18 Umdruck 1032 und 1031 (neu), Sitzungsprotokolle, S. 11 864 und ll 867. 19 Das veränderte Stimmenergebnis gegenüber der Abstimmung zu § 1354 ist darin begründet, daß Fraktionsangehörige der FDP und des BHE wohl gegen den § 1354 stimmten, nicht aber für die Abänderung des § 1628. im Ergebnis eine doppelte Ausweitung der Unterhaltspflicht des ehelichen Kindes. Denn nach § 1610 Abs. 1 BGB, der in Westdeutschland unverändert weitergilt, bestimmt sich der Unterhaltsanspruch der Eltern nach ihrer Lebensstellung, nicht nach Billigkeit. Und gegenüber Geschwistern besteht überhaupt keine Unterhaltspflicht. Hier wird wieder die Tendenz bemerkbar, innerhalb der Familie die Unterhaltspflicht auszuweiten, um ggf. den Staatshaushalt zu entlasten. Im Fall der Scheidung überträgt das Vormundschaftsgericht die elterliche Gewalt einem Elternteil. Die Eltern haben das Recht eines gemeinsamen Vorschlags. Ist ein Elternteil allein für schuldig erklärt worden und sprechen keine schwerwiegenden Gründe dafür, ihm die elterliche Gewalt zu übertragen, so ist sie dem schuldlosen Teil zu übertragen (§ 1671 Abs. 3). Die unglückliche Verbindung zwischen Schuldausspruch und elterlicher Gewalt ist damit beibehalten worden und wird nach wie vor Anlaß zu erbitterten Scheidungsprozessen sein. Auch im Fall einer nicht nur vorübergehenden Trennung ist die elterliche Gewalt einem Elternteil zu übertragen. Dabei gilt auch die Bestimmung über den Schuldausspruch entsprechend (§ 1672). Das Vormundschaftsgericht wird damit gezwungen, umgehende Untersuchungen zur Frage zu führen, wer das Getrenntleben verschuldet hat eine Art antizipierter Scheidungsprozeß und ein weiteres Mittel, bestehende Ehezerrüttungen zu vertiefen; eine Bestimmung, die sich im Ergebnis gegen die Entscheidungsfreiheit der Ehefrau wendet. Stirbt ein Elternteil, steht die elterliche Gewalt dem anderen Teil allein zu (§ 1681), also auch der Mutter. Die bisherige vorrangige Unterhaltspflicht des Vaters vor der Mutter gegenüber ehelichen Kindern wird beseitigt, die Eltern haften zu gleichen Teilen20 *. Die Haftung bestimmt sich nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Die Führung des Haushalts ist dabei als Leistung von Unterhalt zu werten. Diese Haftung gilt auch im Fall der Trennung und nach Beendigung der Ehe. Unklar bleibt allerdings das Verhältnis der Haftung zu gleichen Teilen einerseits (§ 1609 Abs. 2) und der Bestimmung des Unterhalts nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (§ 1606 Abs. 3) andererseits. Es scheint, als ob im Unterhaltsrecht des ehelichen Kindes der Gleichberechtigung der Eltern Genüge geschehen sei, und doch wird das Bild getrübt durch die Bestimmung des § 1612 Abs. 2 in Verbindung mit § 1628 Abs. 1. Die Eltern bestimmen die Art des Unterhalts, aber der Vater hat das Recht der letzten Entscheidung. Das gilt also auch für die Unterhaltsverpflichtung der Mutter. Zweifellos eine Beeinträchtigung der gleichen Stellung der Eltern in der Unterhaltsfrage. Das Gesetz sieht die unveränderte Weitergeltung von § 1617 vor, wonach das Kind verpflichtet ist, „in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten“. Diese Vorschrift bedeutet, daß ein kapitalistisches Ausbeutungsverhältnis mit zum Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern gemacht wird. Diese Vorschrift war schon bisher für Millionen Kindschaftsverhältnisse viel wichtiger als alle Bestimmungen über die Vermögensverwaltung und ist es in Westdeutschland heute noch. Es handelt sich um die Kinder in der Familie des Kleinbauern, des Handwerkers, des Kleingewerbetreibenden, des Händlers und des Heimarbeiters. In diesen Familien muß der arbeitende Vater mehr Arbeitszeit aufwenden, als im gesellschaftlichen Durchschnitt für den betreffenden Arbeitserfolg erforderlich ist, da er ohne die Maschine des Großbetriebs und dessen Arbeitsorganisation arbeitet. In diesen Familien wird die deshalb erforderliche Mehrarbeit auf die Familienmitglieder verlagert, auf die Ehefrau, wovon schon die Rede war, und auf die Kinder. Das Gesetz begründet damit auch wenn die Arbeit im Gewerbe des Vaters geleistet wird ein 20 Das ist aus § 1606 Abs. 2 herauszulesen: „Unter de* Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren, mehrere gleich nahe zu gleichen Teilen.“ 654;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 654 (NJ DDR 1957, S. 654) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 654 (NJ DDR 1957, S. 654)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der unterschiedlichen Qualität des Kriteriums der Unumgänglichkeit einerseits und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes seinen Ausdruck. Die Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft ist in der gesetzliche Voraussetzung für die Anordnung der Sicherungsmaßnahme festzustellen und auszuwerten. Sind die Ursachen nach ärztlicher Konsultation in einer Gesundheitsstörung des Verhafteten zu suchen, sind unverzüglich die dafür erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben ode Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder Widerstan gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft nicht entgegenstehen. Die Gewährung von Kommunikations- und Bewegungsmöglichkeiten für Verhaftete, vor allem aber ihr Umfang und die Modalitäten, sind wesentlich von der disziplinierten Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Hauptabteilung unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu verhindern, daß der Gegner Angeklagte oder Zeugen beseitigt, gewaltsam befreit öder anderweitig die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung ernsthaft stört.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X