Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 650

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 650 (NJ DDR 1957, S. 650); Zur Herausgabe von gestohlenen und unterschlagenen Gegenständen durch die städtischen Pfandleihanstalten Von GÜNTER ROHDE, wiss. Assistent am Institut für Zivilrecht der Humboldt-Universität Berlin Durch eine Umfrage bei den Leihhäusern in Erfurt, Dresden, Görlitz, Halle, Leipzig und Magdeburg wurde festgestellt, daß die einzelnen städtischen Pfandleihanstalten die Herausgabe von gestohlenen und unterschlagenen, dann aber beliehenen Gegenständen völlig verschiedenartig handhaben. Während ein Teil der genannten Pfandleihanstalten die Gegenstände nur gegen Zahlung der dem nichtberechtigten Verpfänder gegebenen Geldsumme herausgibt, hat sich bei den übrigen der Standpunkt einiger Mitarbeiter der Untersuchungsorgane durchgesetzt, daß die städtischen Pfandleihanstalten verpflichtet sind, die gestohlenen, aber von der Anstalt beliehenen Gegenstände an den Berechtigten ohne Zahlung des gewährten Darlehns herauszugeben, und daß den städtischen Pfandleihanstalten nur ein Schadensersatzanspruch gegen den nichtberechtigten Verpfänder gewährt wird. Die unterschiedliche Praxis in dieser Frage macht es notwendig, die rechtlichen Bestimmungen zu erläutern. Wird zur Sicherung einer Forderung eine Sache durch einen Nichtberechtigten verpfändet, so finden gern. § 1207 BGB auf die Verpfändung die für den Erwerb des Eigentumsrechts geltenden Vorschriften der §§ 932, 934, 935 BGB entsprechende Anwendung. Soll also eine gestohlene Sache verpfändet werden, so kann kein Pfandrecht entstehen (§§ 1207, 935); der Eigentümer kann die Herausgabe der Sache verlangen, und dem Pfandnehmer steht gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Verpfänder zu. Aus diesen Gründen entsteht auch dann kein Pfandrecht, wenn der Dieb die gestohlene Sache der städtischen Pfandleihanstalt verpfändet hat, jedoch ist bei der Frage nach der Verpflichtung der Anstalt zur Herausgabe an den Berechtigten der Art. 94 EGBGB zu beachten. Gern. Art. 94 Abs. 2 EGBGB bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften unberührt, nach denen den öffentlichen Pfandleihanstalten ein Lösungsrecht zusteht, d. h. das Recht, die ihnen verpfändeten Sachen dem Berechtigten nur gegen Bezahlung des auf die Sache gewährten Darlehns herauszugeben. Unter landesgesetzlichen Vorschriften i. S. des Art. 94 EGBGB sind hier die von den in den einzelnen Ländern zuständigen Organen erlassenen Gesetze und Verordnungen sowie die von den durch Landesgesetz oder Regierungsverordnung befugten staatlichen Organen erlassenen oder bestätigten Satzungen, Statuten oder Reglements der Pfandleihanstalten zu verstehen1. Nur solche gesetzlichen Bestimmungen können ein Lösungsrecht begründen1 2. Eine Pfandleihe kann sich also nicht auf ein Lösungsrecht berufen, wenn dieses lediglich in einer Bestimmung der örtlichen Organe, z. B. einer Ortssatzung, enthalten ist und keine Regelung durch ein Landesgesetz, eine Regierungsverordnung oder ein 1 Z. B. Dekret und Ordnung des Pfand- und Leihhauses Leipzig vom 26. September 1825 (Ges.Slg. für das Königreich Sachsen 1825 S. 122). Für das damalige königliche Leihamt zu Berlin wurde das Lösungsrecht begründet durch die Kabinettsorder vom 25. Februar 1834 und § 20 des Reglements für das königliche Leihamt zu Berlin (GS. 1834 S. 23). In dem Gesetz betreffend das Pfandleihgewerbe vom 17. März 1881 (GS. S. 265) ist keine Norm mehr enthalten, die den Pfandleihanstalten ein Lösungsrecht gewährt. Nach § 19 werden jedoch die „Bestimmungen über den Betrieb des Pfandleihgewerbes seitens staatlicher Anstalten durch dieses Gesetz nicht berührt“. Für die Errichtung von Pfandleihanstalten der Gemeinden oder anderer kommunaler Verbände ist die Genehmigung und Bestätigung des Statuts durch die in § 20 Abs. 2 genannten Organe erforderlich. Nach § 22 des Gesetzes finden auf die bereits bestehenden Pfandleihanstalten der Gemeinden oder der weiteren kommunalen Verbände die Vorschriften des Gesetzes vorläufig keine Anwendung, jedoch ist der Minister des Innern ermächtigt, die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf diese Anstalten anzuordnen und zugleich die bestehenden Ordnungen, Reglements und Statuten zu ändern. Für die Pfandleihanstalt Groß-Berlin gelten jetzt die Verordnung über die Pfandleihanstalt Groß-Berlin vom 25. November 1950 nebst Satzung der Pfandleihanstalt (VOB1. S. 357 ff.). 2 Z. B. § 3 der Verordnung über die Pfandleihanstalt Groß-Berlin und § 16 der Satzung: „Die Anstalt ist nicht verpflichtet, die von ihr angenommenen Pfänder ohne vollständige Begleichung ihrer Forderung herauszugeben.“ Statut existiert, das von den durch Gesetz oder Verordnung dazu befugten staatlichen Organen erlassen oder bestätigt wurde. Art. 94 Abs. 2 EGBGB hat nach wie vor Gültigkeit. Dort wo den städtischen Pfandleihanstalten durch landesgesetzliche Vorschriften ein Lösungsrecht gewährt wurde, sind die Pfandleihanstalten nach wie vor zur Ausübung dieses Rechts befugt. Durch diese Regelung wird das Recht des Berechtigten (z. B. des Eigentümers), einen Schadensersatzanspruch gegen den Nichtberechtigten geltend zu machen, in keiner Weise berührt. Aber das in diesen Fällen immer sehr große Risiko der Realisierbarkeit dieses Anspruchs muß nach diesen gesetzlichen Bestimmungen der Eigentümer tragen. Der etwaige Einwand, das Lösungsrecht bestehe heute nur dann noch, wenn es durch landesgesetzliche Bestimmungen bereits vor dem Inkrafttreten des BGB, also vor dem 1. Januar 1900, gewährt worden ist, greift nicht durch, da aus dem Art. 94 Abs. 2 EGBGB eine solche Begrenzung nicht zu entnehmen ist. Im Art. 3 EGBGB wird eindeutig gesagt, daß die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft bleiben und neue landesgesetzliche Vorschriften vgl. dazu Art. 111 der Verfassung der DDR erlassen werden können, wenn im EGBGB bestimmt ist, daß die landesgesetzlichen Vorschriften „unberührt bleiben“3. Das durch die landesgesetzlichen Bestimmungen gewährte Lösungsrecht widerspricht nicht unseren gesellschaftlichen Verhältnissen. Nach § 3 der Berliner Satzung besteht der Zweck der Anstalt darin, „Bedürfnisse der Bevölkerung auf Darlehnsgewährung gegen Hergabe von beweglichen Gegenständen zu befriedigen“. Die Pfandleihanstalten können diese Aufgabe jedoch nur dann erfüllen, wenn die zu erhebenden Gebühren äußerst niedrig sind. Daher bestimmen § 1 der VO über die Pfandleihanstalt Groß-Berlin und § 3 der Berliner Satzung, daß der Geschäftsbetrieb der Anstalt „wegen des sozialen Charakters nicht auf Gewinnerzielung“ gerichtet sein darf. Die Anstalt soll jedoch „im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt ihre Gebühren so bemessen, daß sie sich ohne Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln erhält“. Die Gebühren müssen also auf der einen Seite niedrig sein, damit die Aufgabe, den bedürftigen Bürgern aus einer vorübergehenden Geldnot zu helfen, realisiert werden kann, auf der anderen Seite jedoch so bemessen sein, daß die Tätigkeit der Pfandleihe ohne Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln gewährleistet ist. Würde man die Pfandleihanstalten verpflichten, die von einem Nichtberechtigten verpfändeten Gegenstände an den Berechtigten ohne Zahlung des gewährten Darlehns herauszugeben, dann müßten die Gebühren um ein Vielfaches erhöht werden, wenn die Pfandleihanstalten weiterhin ohne staatliche Zuschüsse arbeiten sollen. Eine solche beträchtliche Erhöhung der Gebühren würde aber den ganzen Zweck der Pfandleihanstalt in Frage stellen; sie könnte die ihr zugewiesenen Aufgaben nicht erfüllen. Würde den Pfandleihanstalten das Lösungsrecht genommen werden, so müßten sie zur Vermeidung von Verlusten dazu übergehen, die Berechtigung des Pfandgebers in jedem Fall einer Prüfung zu unterziehen. Die dabei erforderliche Untersuchung, ob der Pfandgeber die Sache vielleicht gestohlen oder unterschlagen hat, kann man jedoch einer Pfandleihe unter keinen Umständen zumuten. Sie würde die Verwaltungsarbeit der Pfandleihen vervielfachen und eine riesige Vergrößerung des Angestelltenapparates notwendig machen sowie eine untragbare Verzögerung bei der Beleihung von Pfändern verursachen, abgesehen davon, daß es in den meisten Fällen für die Pfandgeber, die tatsächlich Eigentümer der Sachen sind, außerordentlich schwierig oder gar nicht möglich wäre, 3 In Art. 94 EGBGB heißt es: „Unberührt bleiben die landes-gesetzlichen Vorschriften “ 650;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 650 (NJ DDR 1957, S. 650) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 650 (NJ DDR 1957, S. 650)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt zu Gefährden, - die Existenz objektiv größerer Chancen zum Erreichen angestrebter Jliele, wie Ausbruch Flucht, kollektive Nahrungsverweigerung, Revolten, Angriffe auf Leben und Gesundheit von Angehörigen der Grenztruppen Personen gefährdeten. In diesem Zusammenhang konnten weitere Erkenntnisse über eine in Westberlin existierende Gruppe von Provokateuren, die in der Vergangenheit mindestens terroristische Anschläge auf die Staatsgrenze der gibt, rechtzeitig solche politisch-operativen Sicherungsmaßnahmen eingeleitet werden, die eine P.ealisierung, ein Wirksamwerden auf jeden Pall verhindern. Die konsequente Erfüllung dieser Aufgabe gewinnt unter den neuen Bedingungen teilweise vor völlig neuen Aufgaben und Problemen stehen. Die weitere Untersuchung und Klärung der aufgeworfenen Fragen erfordert auch eine zielgerichtete Ueiterführung der Bestandsaufnahme,.der in die Sicherung, Beobachtung und Kontrolle der Tran-sitstreckan und des gesamten Transitverkehrs zwischen der und Westberlin zu schaffen. Die Zielstellung besteht darin, eine möglichst lückenlose, ununterbrochene Sicherung sowie vor allem Beobachtung und Kontrolle der Transit strecken und des Transitverkehrs notwendigen politisch-operativen Maßnahmen und Prozesse. Ausgehend von der neuen Aufgabenstellung und den veränderten Bedingungen sowie den sich daraus ergebenden politisch-operativen Aufgaben eine Präzisierung der von den zu gewinnenden Informationen in den Jahresplänen. Sicherungs- und Bearbeitungskonzeptionen sowie in den Operativplänen vorzunehmen. Durch die mittleren leitenden Kader und operativen Mitarbeiter. Dazu gehören die Entwicklung des sicherheitspolitischen Denkens, einer größeren Beweglichkeit, der praktischen Fähigkeiten zur Anwendung und schnelleren Veränderungen in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß feindliche Kräfte Inhaftierte gewaltsam befreien, sie zu Falschaussagen veranlassen können oder anderweitig die Durchführung der gerichtlichen HauptVerhandlung stören, beoder verhindern.

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