Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 648

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 648 (NJ DDR 1957, S. 648); Die prozessuale Rechtslage ist daher in den letztgenannten, mit einer Klagerücknahme verbundenen Fällen der Säumnis des Klägers die gleiche wie in den vorher behandelten: Weigert sich der erschienene, aber zur Verhandlung nicht bereite Ehegatte, der die Klage zurückgenommen hat, nach Widerspruch der anderen Partei gegen die Rücknahmeerklärung weiterhin beharrlich, die Verhandlung fortzusetzen, so hat der Verklagte kein Recht, mit einem Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens die Durchführung, des Scheidungsprozesses zu erzwingen. Wenn schon gegen den aus anderen entschuldbaren oder unentschuldbaren Gründen säumig gewordenen Kläger ein solches Recht des Verklagten nicht gegeben ist, dann erst recht nicht gegen den Kläger, dessen Säumnis auf ausdrücklicher Rücknahme der Klage beruht. Damit steht fest, daß in den praktisch bedeutsamsten Fällen, in denen im streitigen Eheverfahren die Rücknahme der Klage erklärt wird, diese Prozeßhandlung des Klägers zu ihrer Wirksamkeit der Einwilligung des Verklagten nicht bedarf. Es bleibt demnach nur noch der übrigens nicht gerade häufige Fall der Klagrücknahme offen, die in einem Verhandlungstermin erklärt wird, in dessen Verlauf bereits streitig verhandelt worden ist. Wie oben bereits hervorgehoben, liegt hier Säumnis des Klägers i. S. des Prozeßrechts nicht vor (vgl. § 334 ZPO). Ob diese Prozeßlage in dem vom BG Frankfurt (Oder) entschiedenen Rechtsstreit gegeben war, läßt sich aus dem Tatbestand des Urteils, soweit er in kurzer Zusammenfassung veröffentlicht worden ist, nicht mit Sicherheit entnehmen, da es hier lediglich heißt, daß die Klägerin „im Verlauf des streitigen Verfahrens“ die Klage zurückgenommen und der Verklagte unter Widerspruch gegen die Klagerücknahme beantragt habe, „über die in der Sache gestellten Anträge zu entscheiden“. Wie immer es sich damit verhalten haben möge, die Entscheidung des BG Frankfurt (Oder) ist in jedem Falle zutreffend, denn eine nähere Betrachtung der Rechtslage bei den im Laufe dieser Untersuchung noch nicht geklärten Situationen des Scheidungsprozesses ergibt, daß auch hier trotz des Widerspruchs des Verklagten die Rücknahme der Klage zulässig ist. Die gegenteilige Meinung des BG Rostock, wonach die Rücknahme der Ehescheidungsklage, über die mündlich verhandelt worden ist, der Zustimmung des Verklagten bedürfe, dieser jedoch bei Verweigerung seiner Zustimmung nur Abweisung der Klage durch Sach-urteil verlangen könne, findet keine Stütze im Gesetz. Das BG hat sich insoweit offensichtlich von dem Bestreben leiten lassen, das Rechtsinstitut der Klagerücknahme, wie es im allgemeinen Zivilprozeß ausgeprägt worden ist, auf das neue Eheverfahren konsequent anzuwenden; das Gericht übernimmt dabei insbesondere ungeprüft die oben herausgearbeitete, für die Funktion dieses Rechtsinstituts im Vermögensrechtsstreit charakteristische Tendenz zur Beendigung eines gegen den Willen des Klägers weiterlaufenden Prozesses durch ein formales klagabweisendes Urteil. Hiergegen ist mit Nachdruck einzuwenden, daß nach unserem neuen Eheverfahrensrecht jeglicher Formalismus bei der Urteilsfindung ausgeschaltet worden ist. Ein Ehescheidungsverfahren, in dem die zu treffende Sachentscheidung des Gerichts, nämlich die Abweisung der Klage als unbegründet, von einem bestimmten Zeitpunkt des Prozesses ab bereits feststeht und die Parteien nur solche Anträge stellen dürfen, die mit diesem feststehenden Ausgang des Prozesses im Einklang stehen, widerspricht nicht nur den Prinzipien der EheVO, sondern vor allem den Vorschriften der EheVerfO, die mit der Beseitigung des Versäumnisurteils gegen den Kläger und mit den in § 11 auf gestellten Grundsätzen der umfassenden Aufklärung des Sachverhalts unerläßliche prozessuale Voraussetzungen für eine verantwortungsbewußte, dem Wesen und der Bedeutung von Ehe und Familie angemessene Rechtsprechung in Ehescheidungssachen geschaffen hat. Wenn man dem BG Rostock folgen würde, wären dem Gericht in unserem Fall bei seiner Urteilsfindung die Hände gebunden; es wäre unter Umständen gezwungen, ein Urteil zu erlassen, von dessen Richtigkeit es nicht überzeugt ist. Wenn man sich auch vor dem Fehler hüten muß, die Erklärung der Klagerücknahme in ihrer Bedeutung für die Aufrechterhaltung einer Ehe zu unterschätzen, so kann diese Prozeßhandlung des Klägers selbstverständlich auch umgekehrt nicht ohne weiteres die Annahme rechtfertigen, daß die Erhebung der Scheidungsklage von vornherein unbegründet gewesen sei, und ist daher für sich allein keine geeignete Grundlage für den Erlaß eines klagabweisenden Urteils. Die Fragestellung kann 'demgemäß bei Widerspruch des Verklagten in den jetzt behandelten Fällen der Klagrücknahme nur lauten: entweder Zulässigkeit der Klagrücknahme ohne jede Beschränkung oder Durchführung des Eheverfahrens mit allen Konsequenzen, die sich aus § 11 EheVerfO für Gericht und Parteien ergeben. Bekennt man sich zu der zweiten Alternative, so muß man dem Verklagten zwangsläufig auch das Recht zusprechen, seinerseits die Scheidung der Ehe zu beantragen; ja, man muß folgerichtig darüber hinaus dem Gericht auch die Befugnis einräumen, die Ehe selbst dann zu scheiden, wenn keine der beiden Parteien die Scheidung der Ehe begehrt, der Verklagte vielmehr nur die Abweisung der Klage beantragt. Hiergegen bestehen jedoch schwerste Bedenken. Mit Recht schreckt das BG Rostock vor derartigen Konsequenzen zurück. Die Gesellschaft ist nicht daran interessiert, daß eine Ehe geschieden wird, deren Aufrechterhaltung beide Ehepartner wünschen. Sehr fraglich ist es weiterhin, ob ohne weiteres ein gesellschaftliches Interesse an der Scheidung einer Ehe besteht, wenn der Kläger, seinem ursprünglichen Scheidungsverlangen entgegen, die Ehe fortzusetzen gewillt ist. Auch würde das Gericht hier einer Partei etwas zusprechen, was sie nicht beantragt hat, und damit gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Diese Gesichtspunkte allein können freilich nicht den letzten Ausschlag geben, muß man sich doch auch bei der Lösung unserer Rechtsfrage sehr davor hüten, nur mit allgemeinen Prinzipien und Interessenabwägungen zu operieren. In erster Linie kommt es darauf an, wie die prozessuale Stellung des Verklagten in dem neuen Eheverfahrensgesetz selbst geregelt ist und welche Rückschlüsse sich daraus ergeben. Was diese Rechtsstellung anbelangt, so fällt gegenüber dem früheren Verfahrensrecht der Unterschied besonders auf, der in der weitgehenden Einschränkung der Widerklage durch § 13 Abs. 3 Satz 2 EheVerfO liegt. Hiernach kann eine Klage gleicher Art als Widerklage nicht erhoben werden. Zutreffend ziehen sowohl die Mehrzahl der an der erwähnten Aussprache mit dem OG beteiligten Richter als auch Waack hieraus den Schluß, daß dem auf Ehescheidung gerichteten Antrag des Verklagten, der im streitigen Verfahren der Rücknahme der Klage widersprochen hat, prozessual keine selbständige Bedeutung zukomme. Wenn Waack trotzdem eine Fortsetzung des Verfahrens gegen den Willen des Klägers für zulässig hält, so verkennt sie die Tragweite des in § 13 Abs. 3 Satz 2 EheVerfO enthaltenen Rechtssatzes. Diese Bestimmung ist nämlich nicht nur eine Folge des Wegfalls der Vielzahl von Scheidungsgründen, die nach dem früheren Eherecht gegeben waren, sondern auch von grundlegender Bedeutung für die Form des Scheidungsbegehrens, mit dem im Einzelfall der Prozeß in Gang gebracht und die Grundlage für die Untersuchungstätigkeit des Gerichts geschaffen wird. In der weitgehenden Beschränkung der Widerklage kommt nicht nur der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, daß für die umfassende Nachprüfung ehelicher Verhältnisse, die dem Gericht gemäß § 11 EheVerfO im Einklang mit § 8 EheVO obliegt, die Erhebung der Klage durch den Kläger bereits genügt, sondern daneben auch, daß die Erhebung der Klage als Grundlage dieser umfassenden richterlichen Tätigkeit erforderlich ist. Das Scheidungsbegehren wird hierbei als eine Prozeßhandlung aufgefaßt, die sich in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft wie für die Par-, teien und ihre nächsten Familienangehörigen von der Klagerhebung, die das normale Zivilverfahren einleitet, wesentlich unterscheidet. Die Mehrzahl der Richter hat in der oben erwähnten Aussprache daher aus § 13 Abs. 3 Satz 2 EheVerfO mit Recht die Auf- 648;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 648 (NJ DDR 1957, S. 648) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 648 (NJ DDR 1957, S. 648)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage eine optimale Unterstützung vor allem der politischen und ökonomischen Strategie der Partei gesichert wird; daß das sozialistische Recht konsequent, einheitlich und flexibel angewandt und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu erreichen ist. Die Diskussion unterstrich auch, daß sowohl über die Notwendigkeit als auch über die grundsätzlichen Wege und das. Wie zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den eingeleitet, der es überhaupt erst ermöglichte, die Zusammenarbeit mit den auf das Niveau zu heben, welches die Richtlinie heute mit Recht fordert.

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