Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 615

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 615 (NJ DDR 1957, S. 615); Mängel in der Arbeit müssen bis auf ihre ideologische Wurzel geklärt werden Von JOSEF STREIT, Berlin Die Sicherung des Friedens im Innern und nach außen fordert von allen fortschrittlichen Bürgern, ihre Wachsamkeit auf allen Gebieten zu erhöhen, um das große Aufbauwerk in unserer Republik zu sichern und jeden Versuch feindlicher Aktionen im Keim zu ersticken. Wir lassen uns dabei von den Hinweisen Lenins leiten, daß die Reaktion stets den Siegeszug des Marxismus mit einer maßlosen Hetze beantworten und stets von neuem versuchen wird, ihre verlorenen Machtpositionen auf diesem oder jenem Weg zurückzuerobern. Die Beschlüsse der Dezembertagung der NATO über die Verstärkung der Unterminierungs- und Spionagetätigkeit in den volksdemokratischen Ländern beweisen erneut diese historisch vielfach bewiesene Feststellung. Zu den besonderen Mitteln im feindlichen Arsenal gehört die ideologische Diversionstätigkeit. Es ist ein besonderes Verdienst der Partei der Arbeiterklasse, daß diese Tätigkeit des Gegners ihr Ziel bisher nicht erreicht hat und auch in Zukunft nicht erreichen wird. Das 30. Plenum des Zentralkomitees der SED hat auch den Blick der Richter und Staatsanwälte auf einige ernste Mängel in ihrer Arbeit gelenkt und sie befähigt, diese Mängel zu überwinden. Im folgenden soll an einem Beispiel dargestellt werden, wie ernst und verantwortungsbewußt darum gerungen wird, bestehende Mängel zu überwinden. Seit seinem Bestehen hat das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik einen besonderen Anteil an der Entwicklung einer fortschrittlichen Rechtsprechung und damit im Zusammenhang große Verdienste bei der Klärung grundsätzlicher Fragen errungen. Viele Entscheidungen des Obersten Gerichts sind als eine Bereicherung der Rechtswissenschaft anzusehen und als solche anerkannt worden. Deshalb trägt das Oberste Gericht eine große Verantwortung, und jede seiner Entscheidungen muß richtungweisenden Charakter tragen. Dies aber trifft auf das Urteil des Obersten Gerichts vom 2. November 1956 (1 b Ust 172/56), das in NJ 1956 S. 766 ff. ohne Bemerkung abgedruckt wurde, nicht zu; es ist daher notwendig, zu diesem Urteil Stellung zu nehmen. Im September 1956 verurteilte ein Bezirksgericht den Angestellten S. auf Grund von Art. 6 der Verfassung, weil es den Nachweis als erbracht ansah, daß er in mehreren Fällen versucht hatte, Bürger zum illegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik zu verleiten. Gegen dieses Urteil legte S. Berufung ein und wurde im Dezember 1956 vom Obersten Gericht freigesprochen, wobei folgende Erwägungen maßgeblich waren: 1. Es kann nicht mit Sicherheit auf die Zielrichtung des Angeklagten geschlossen werden, „die wirtschaftlichen und politischen Einrichtungen unseres Staates im Interesse der westlichen Kriegstreiber zu schädigen“1. 2. Es kann der Auffassung des Bezirksgerichts, „der Angeklagte habe planmäßig gehandelt, nicht gefolgt werden“. 3. Es ist nicht erwiesen, „daß der Angeklagte aus staatsfeindlichen Motiven handelte“. 4. Es ist nicht erwiesen, daß der Angeklagte unseren Betrieben „Arbeitskräfte entziehen wollte“, denn er habe nicht „im Auftrag eines Angehörigen der westdeutschen Verkehrsbetriebe gehandelt“. Diese Erwägungen des I. Strafsenats des Obersten Gerichts sind weder logisch noch überzeugend1 2. Wie bereits dargelegt wurde, gehört zu den besonderen Mitteln feindlicher Tätigkeit die ideologische Diversion, der Angriff auf das Bewußtsein der Menschen. Es vergeht kein Tag, ohne daß der Propagandaapparat Westdeutschlands und Westberlins nicht davon schwätzt, wie „herrlich“ es in Westdeutschland und 1 Die Zitate aus dem Urteil sind NJ 1956 S. 766 ff. entnommen. 2 vgl. auch die kritische Stellungnahme zu diesem Urteil von Krutzsch in NJ 1957 S. 294. Westberlin und wie „unerträglich“ es in der Deutschen Demokratischen Republik sei. Nun gibt es leider nicht nur Narren, die darauf hereinfallen und die Republik verlassen in vielen Fällen bedeutet ein solcher Schritt für die Betreffenden bzw. ihre Angehörigen ein großes Unglück , sondern es gibt auch in unserer Republik Elemente, die den Feinden des deutschen Volkes in die Hände arbeiten und ungefestigte Menschen zum Verlassen der Republik verleiten. Hierzu muß noch einmal gesagt werden, daß derjenige, der den Staat der Arbeiter und Bauern illegal verläßt und sich in den Herrschaftsbereich der Monopole be'gibt, die Sache des Friedens und des Fortschritts verrät, ob er sich dessen bewußt ist oder nicht. Diejenigen Elemente aber, die andere Menschen zu einem solchen Schritt veranlassen, handeln nicht nur unmoralisch, sondern begehen eine kriminelle Handlung. Dabei macht es keinen prinzipiellen Unterschied, ob das Verleiten zur Republikflucht im Auftrag westdeutscher Stellen erfolgt oder nicht. Denn auch der, der auf eigene Faust „arbeitet“, weil er eine „Rechnung“ mit dem Arbeiter-und-Bauern-Staat „zu begleichen hat“, unterscheidet sich-vom Ergebnis her gesehen nicht von jenem, der einen Auftrag hatte. Immer richtet sich die Verleitung zum illegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik gegen den Aufbau des Sozialismus, denn durch sie wird in erster Linie der personelle Bestand der volksdemokratischen Ordnung reduziert. Ein Unterschied wird also nur insoweit zu machen sein, als es sich in dem einen Fall um die Abwerbung bestimmter Bürger handelt, die für ganz konkrete Zwecke organisiert abgeworben werden sollen, und in dem anderen Fall um Personen schlechthin, die zur Republikflucht verleitet werden, ohne daß ein Auftrag vorliegt. Eine differenzierte Behandlung dieser beiden Formen kann aber nur in der Strafhöhe sichtbar werden. Dieser Standpunkt wird auch dadurch erhärtet, daß die Verleitung zur Republikflucht nicht nur in ökonomischer, sondern auch in politischer und persönlicher Hinsicht von Bedeutung ist. In politischer Hinsicht deshalb, weil die feindliche Propaganda aus dem illegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik schmutziges politisches Kapital- schlägt. Seit Jahren hintertreiben die Bonner Machthaber alle Anstrengungen der Deutschen Demokratischen Republik zur Wiedervereinigung beider deutscher Staaten; sie tun alles, um die Spaltung zu verewigen und um zu beweisen, daß eine Einbeziehung der Deutschen Demokratischen Republik in die Bundesrepublik notwendig sei. Aus der Tatsache, daß Bürger der Deutschen Demokratischen Republik unsere Republik verlassen, wird zu beweisen versucht, daß es ernste Gegensätze zwischen diesen Bürgern und der Staatsmacht gibt. Das ist eine Methode, wie man heute gegen den Sozialismus kämpft, wie man versucht, unsere Bevölkerung zu zersetzen, Zwiespalt unter den Menschen zu verbreiten und Unruhe hervorzurufen, in der Hoffnung, die Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik werde sich entsprechend den Wünschen der Imperialisten vollziehen. Solche Spekulationen sind aber von vornherein zum Scheitern verurteilt, denn es gibt genügend Mittel, die Spekulanten zur Vernunft zu bringen. Die Hauptschwäche des obengenannten Urteils des Obersten Gerichts besteht nun gerade darin, daß solche Überlegungen über die Gefährlichkeit des Verleitens zum illegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik in den Gründen nicht enthalten sind. Ebenso fehlen Ausführungen darüber, welcher Schaden aus dem Verleiten zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik auch für die zur Republikflucht Verleiteten selbst entsteht. Denn Bürger, die ihre Heimat verlassen, gehen in der Mehrzahl der Fälle einem ungewissen Leben entgegen. Sie lassen ein geordnetes Leben zurück und gehen in der Regel durch den Sumpf der Flüchtlingslager. Die Kinder verlassen 615;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 615 (NJ DDR 1957, S. 615) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 615 (NJ DDR 1957, S. 615)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Bezirksverwaltung. Er hat die Grundrichtung und die Schwerpunktauf-gaben festzulegen, die Planung der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung des dienen und die Bindungen an Staatssicherheit vertiefen, in seiner Erfüllung weitgehend überprüfbar und zur ständigen Überprüfung der nutzbar sein. Der muß bei Wahrung der Konspiration und der Gewährleistung der Sicherheit des unbedingt notwendig. Es gilt das von mir bereits zu Legenden Gesagte. Ich habe bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, daß es für die Einschätzung der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit hinzuweisen, nämlich auf die Erreichung einer höheren Wachsamkeit und Geheimhaltung in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung erfordert vom Inhaber und vom Nutzer des den Gebrauch vereinbarter Losungsworte. Dekonspiration Offenbarung Enttarnung politisch-operativer Arbeitsprinzipien, Ziele und Absichten, Maßnahmen, Kräfte, Mittel und Einrichtungen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu dokumentieren, ob der Auftrag durchgeführt wurde und welche weiteren politisch-operativen Maßnahmen, insbesondere zur Auftragserteilung und Instruierung der und festzulegen sind.

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