Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 611

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 611 (NJ DDR 1957, S. 611); bogen, den der Angeklagte auszufüllen hatte, auch Angaben über die rassische Abstammung forderte. Walter erklärte dem Angeklagten, daß er vorzugsweise ehemalige Mitglieder der NSDAP anwerbe, da diese bewährte Kämpfer gegen den Bolschewismus seien. Walter übertrug dem Angeklagten zunächst Beobachtungen und Ermittlungen im demokratischen Sektor Berlins und in Westberlin. So mußte er Westberliner Bürger als Kuriere für Walter an werben, angeworbene Agenten zu Walter bestellen, wie zum Beispiel den Zeugen Scherfke, ehemalige Kontaktleute von Walter ermitteln und wieder mit ihm in Verbindung bringen und Stadtpläne von Oranienburg, Velten und Bernau sowie einen Fotoapparat und ein Fernglas aus dem demokratischen Sektor beschaffen. Er warb bis zum Januar 1956 sechs Westberliner Bürger für den amerikanischen Geheimdienst. Dabei handelte es sich um Hans Fischer, Berthold Newitzki, Käte Kunow, Emil Gutgesell, Cholly Sengbeil und die Zeugin Martina Sorgan. Daneben wirkte er auch bei der Anwerbung Pilgermanns und des Mitangeklagten Ghrobock mit. Die von Weihe geworbenen Agenten waren sämtlich im Spionagewesen des CIC tätig. Fischer wurde später Abteilungsleiter und unterhielt ein eigenes Agentennetz von etwa 30 Personen. Seine Aufgahen bestanden in der Spionage gegen die optische Industrie in Jena. Die Kunow und Newitzki wurden bei Durchführung ihrer Verbrechen in der Deutschen Demokratischen Republik in den Jahren 1954 und 1955 festgenommen und inzwischen rechtskräftig zu zwölf und zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Gutgesell, vorbestraft wegen schweren Raubes, war acht- bis zehnmal mit Spezialaufträgen, die er von Walter erhielt, in der Deutschen Demokratischen Republik, Sengbeil, JTräger des nazistischen Blutordens und des goldenen Parteiabzeichens der NSDAP, etwa fünfzehnmal, einmal auch in Polen. Die Zeugin Sorgan warb selbständig vier Agenten und wurde später als Funkerin für den Kriegsfall ausgebildet. 1 Im Frühjahr 1954 wurde der Angeklagte Abteilungsleiter des Geheimdienstes; seine besondere Aufgabe bestand in dem Aufbau von Telefon- und Personenschleusen. Diese Aufgabe führte er bis Mitte des Jahres 1955 durch. Zunächst handelte es sich um Personenschleusen in der Innenstadt, und zwar an Stellen, die noch die Spuren der Kriegsereignisse trugen. Später sollten die Übergangsstellen mehr in den Randgebieten vorbereitet werden. Die geplante Anlegung einer Personenschleuse in Frohnau konnte nicht erfolgen, weil die französischen. Behörden hiergegen Einspruch erhoben. Dagegen gelang es dem Angeklagten, eine solche Schleuse in Lübars einzurichten, die bis zur Auflösung der Dienststelle Walters bestand. Ungefähr im Herbst 1954 konzentrierten sich die Bemühungen auf die Herstellung von Telefonschleusen. Zu diesem Zweck sollte ein Kabel unmittelbar über die Sektorengrenze geführt werden und im demokratischen Sektor heimlich an das Telefonnetz angeschlossen werden. Für den Aufbau der Schleusen stellte Walter genaue Meßtischblätter, Kupferkabel mit Bleiisolierung und ein Schlauchboot zur Verfügung, das bei der Anlage einer Telefonschleuse in Konradshöhe gebraucht werden sollte. Da das Schlauchboot beim Transport des Kabels über die Havel sank und der Verbindungsmann im demokratischen Sektor bald darauf repuiblikflüchtig wurde, unterblieb die Anlegung dieser Schleuse. Mitte 1955 mußte der Angeklagte das Arbeitsgebiet „Schleusen“ einem anderen Agenten übergeben. Er erhielt statt dessen den Auftrag, ein Agentennetz in Mecklenburg aufzubauen. Zu diesem Zweck wendete sich der Angeklagte an den bereits erwähnten Pilgermann von der VOS, der ihm geeignete Personen aus dem bei ihm erfaßten Kreise nachwies. Der Angeklagte Warb daraufhin die Zeugen Kämpf und Sieg als Agenten und eine Frau Remimling als Kurier an; Kämpf führte ihm außerdem den Agenten Freudenreich zu. Aufgabe der in Mecklenburg tätigen Agenten war militärische, wirtschaftliche und politische Spionage, die Anlegung von TBK und die Zurverfügungstellung ihrer Wohnungen als Übernachtungsstellen. Der Angeklagte erhielt auf diese Weise Informationen über militärische Objekte in Fürstenberg, Fürstenwalde, Beeskow und Neustre- litz. Kämpf und Freudenreich legten insgesamt acht TBK an. Sieg, Freudenreich und Kämpf stellten ihre Wohnungen zur Übernachtung von Agenten zur Verfügung. Weiter mußten Mitte des Jahres 1956 die Agenten befragt werden, ob sie bereit wären, Waffen, Sprengstoffe und Funkgeräte zu verbergen. Kämpf und Freudenreich trafen sich regelmäßig mit dem Angeklagten. Insgesamt berichteten Kämpf etwa fünfzehnmal und Freudenreich etwa neunmal dem Angeklagten. Mit Sieg kam der Angeklagte etwa drei’ßdg-mal zusammen, mit der Remmling nur zweimal, da diese im wesentlichen ihre Aufträge von dem als Gruppenführer tätigen Pilgermann erhielt. Freudenreich bekam den Auftrag, einen PKW zu kaufen, damit er beweglicher bei der Beobachtung militärischer Objekte operieren konnte. Er kaufte auch einen PKW für etwa 2000 DM, veräußerte ihn aber später wieder, weil er die ihm von Walter zugesicherten 500 Westmark, die zur Finanzierung des Kaufes dienen sollten, nicht erhielt. Im März 1956 erhielt der Angeklagte noch zusätzlich den Auftrag, auch im Bezirk Cottbus Spionage zu treiben; 'zu diesem Zweck wurden ihm von Walter drei Gruppenführer zugewiesen. Infolge einer Auseinandersetzung mit Walter wurde er jedoch etwa zehn Wochen später entlassen und mußte alle Aufgabengebiete abgeben; zwei Tage später jedoch söhnten sie sich wieder aus. Der Angeklagte behielt dann nur das Spionagenetz in Mecklenburg und erhielt erneut die Verantwortung für die Einrichtung von Personen- und' Telefonschleusen. Diese Tätigkeit übte der Angeklagte bis zur Auflösung der Spionagestelle Walters im November 1956 aus. Die Auflösung erfolgte, weil die Sicherheitsorgane der Deutschen Demokratischen Republik das Agentennetz Walters weitgehend zerschlagen hatten. Für seine Tätigkeit erhielt der Angeklagte monatlich 300 Westmark, insgesamt 9600 Westmark. Nach der Auflösung versuchte der Angeklagte, bei einer anderen amerikanischen Geheimdienststelle angestellt zu werden; seine Bewerbung wurde aber abgelehnt. Daraufhin bewarb er sich beim Bundesnachrichtendienst, hatte jedoch zur Zeit seiner Festnahme noch keinen Bescheid erhalten. III Mit der von dem Amerikaner Broocks geleiteten MID-Dienststelle standen die Angeklagten Fritsche und 'Hauptmann in Verbindung. Der im Jahre 1910 in Riegersdorf geborene, kleinbürgerlichen Verhältnissen entstammende Angeklagte Fritsche kam im Juni 1945 nach Pima und wurde Mechaniker bei der Reichsbahn. Im Januar 1952 wurde er Entwurfsbearbeiter bei der Außenstelle Berlin des Entwurfs- und Vermessungsbüros der Deutschen Reichsbahn und war dort bis zu seiner Festnahme mit der Ausarbeitung von sicherungstechnischen Projekten beschäftigt. Der im deutsch-nationalen Sinne erzogene Angeklagte trat im Jahre 1924 der „Turnerjugend“ bei, einer Organisation, die sich später nationalsozialistisch betätigte. 1926 gehörte er zu den Gründern der nationalsozialistischen sudetendeutschen Jugendbewegung. Nach der Annexion des Sudetenlandes wurde er Mitglied der NSDAP und des NSKK. Nach 1945 trat er dem FDGB bei und war zeitweise Leiter einer vom FDGB gegründeten Musikgruppe. Der Angeklagte Walter Hauptmann wurde im Jahre 1913 in Taubenheim geboren; sein Vater war selbständiger Handwerker Zur Zeit seiner Festnahme war der Angeklagte Bahnhofsdispatcher in Pirna. Seit 1941 gehörte er der NSDAP an. Im Jahre 1945 trat er dem FDGB bei; von 1951 bis 1953 war er Mitglied der BGB des Bahnhofs Pirna. Im Jahre 1950 trat er in die CDU ein und wurde von seiner Partei im Jahre 1952 als Kandidat für die Stadtverordnetenversammlung in Wehlen nominiert. Er wurde zum Stadtverordneten gewählt und war bis zum Jahre 1954 örtlicher Volksvertreter. Seine Funktionen übte er nicht in genügender Weise aus, weil er durch Schichtdienst 611;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind belegen, daß vor allem die antikommunistische Politik des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins gegenüber der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie schwer erkenn- und vorbeugend anwendbar. Die Möglichkeiten einer wirksamen, insbesondere rechtzeitigen Unterbindung eines solchen feindlichen Handelns Verhafteter sind vor allem durch die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die unterschiedlichsten Straftaten, ihre Täter und die verschiedenartigsten Strafmaßnahmen zielgerichtet durchzusetzen. Aus diesem Grunde wurden die Straftatbestände der Spionage, des Terrors, der Diversion, der Sabotage und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie. des Leistungssports und.

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