Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 606

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 606 (NJ DDR 1957, S. 606); ist die Richtigkeit dieses Gedankens nicht unter Berücksichtigung des Wesens unseres Rechtsmittelverfahrens als eines Verfahrens der kritischen Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils und Verfahrens geprüft worden, während im allgemeinen erkannt worden ist, daß die Vorschläge der Kommission zur Änderung des § 289 StPO in der Richtung einer zweiten Tatsacheninstanz führen würden. Dieser Tendenz hat B a r n i c k mit Recht widersprochen und mit beachtlichen Gründen befürwortet, daß ohne Gesetzesänderung in weiterem Umfang von den Möglichkeiten des § 287 Abs. 3 und § 289 Abs. 4 StPO Gebrauch gemacht werden sollte45. In der Tat verdient hier die den Bedürfnissen des Einzelfalls angepaßte Anwendung des § 287 Abs. 3 den Vorzug vor der von der Kommission vorgeschlagenen, allgemein verbindlichen Gesetzesänderung. Die Anrechnung der Untersuchungshaft Die Anrechnung der Untersuchungshaft in dem allgemeinen Umfang, wie die Kommission es im Auge hatte und die Diskussion es weitgehend gebilligt hat, wäre zwar mit zwingender Wirkung nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung zu erreichen. Diese müßte aber noch theoretisch umfassend vorbereitet werden; besonders bedarf die Frage der Anrechnung der Untersuchungshaft auf andere Strafen als Freiheitsstrafen im Hinblick auf das neue Strafensystem des zu erwartenden Strafrechtsergänzungsgesetzes noch eingehender Untersuchung. Mit umfassender praktischer Wirksamkeit kann und soll diese- Frage dadurch gelöst werden, daß die Gerichte in allen Fällen der unbedingten Verurteilung zu Freiheitsstrafen die Untersuchungshaft in vollem Umfang anrechnen. Angesichts dieser bereits weitgehend geübten Praxis wird auch die ursprünglich vorgesehene Richtlinie des Obersten Gerichts zu dieser Frage nicht für notwendig gehalten. Allerdings ist es nicht möglich, § 335 StPO im Sinne einer weitergehenden Anrechnung der Untersuchungshaft auszulegen. Der Gesetzeswortlaut ist klar; an der bisher vertretenen Anwendung dieser Bestimmung muß daher strikt festgehalten werden. Es ist nicht möglich, eine entgegengesetzte Auffassung durch eine Richtlinie des Obersten Gerichts zu sanktionieren, wie es Schindler vorgeschlagen hat46. Andererseits bietet diese Frage, die eine geringe Zahl von Strafsachen und einen im Verhältnis zur erkannten Strafe meist unerheblichen Haftzeitraum betrifft, auch keinen Anlaß zu einer sofortigen Gesetzesänderung, zumal von den Befürwortern der Beseitigung dieser Vorschrift wohl auch deren erzieherischer Zweck, mutwillige und offensichtlich unbegründete Berufungen sowie deren voreilige Rücknahme einzuschränken, nicht genügend berücksichtigt worden ist. Diese Fälle müssen an Hand der Praxis beobachtet, analysiert und bei einer späteren Überarbeitung der StPO erforderlichenfalls berücksichtigt werden. Auch zu einem Gnadenerweis können diese Fälle keinen Anlaß geben. Das beschleunigte und das Strafbefehlsverfahren Das beschleunigte Verfahren ist gemäß den Vorschlägen der Kommission, denen in der Diskussion zugestimmt worden ist, beizubehalten. Die Erfahrungen in Strafsachen, die mit den Wahlen vom 23. Juni 1957 in Verbindung stehen, haben die Richtigkeit dieses Entschlusses bestätigt. Entgegen dem Vorschlag der Kommission aber ist in Übereinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit der Diskussionsbeiträge auch das Strafbefehlsverfahren beizubehalten, da es bei einer Häufung von kleineren Straftaten eine schnelle und auch erzieherisch durchaus angemessene Form der Bestrafung gewährleistet. Eine Streichung der §§ 195 ff. StPO ist nicht erforderlich, da die Rechte des Angeklagten durch die ordnungsmäßige Ladung und durch die Möglichkeit des Antrags auf Wiederholung der Hauptverhandlung ausreichend gewahrt sind47. 45 vgl. Wolff, NJ 1956 S. 435; Barniek, NJ 1956 S. 786; NJ 1956 S. 793. 46 vgl. Schindler, NJ 1956 S 409; anderer Ansicht vor allem: Buchholz, NJ 1956 S. 630; Patzer, NJ 1956 S. 787; vgl. auch NJ 1956 S. 791, 793. 41 vgl. NJ 1957 S. 209 zu 3. 606 III. Die nächsten Aufgaben In diesen Tagen, in denen wir das Ergebnis eine! umfassenden Überprüfung und Diskussion der Anwendung eines neuen Gesetzes unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht auf Grund der Erfahrungen der Praxis und auch im Zusammenhang mit den ersten Arbeiten unserer jungen Prozeßrechtswissenschaft zusammenfassen, ist das neue sozialistische Strafprozeßrecht fünf Jahre in Geltung. Wir betrachten das Ergebnis der Diskussion daher zugleich als einen Rückblick auf die Zeit der Entstehung dieses neuen Gesetzes und auf die Zeit, in der es unserem jungen, machtvoll vorwärtsstrebenden Staat, seinem Schutz, seiner ständigen Stärkung und Festigung und damit der Rechtssicherheit der Bürger gedient hat. Was 'Rechtspraktiker und Rechtswissenschaftler schon oft in den fünf Jahren der Anwendung und Handhabung des neuen Gesetzes geäußert haben, haben auch die Überprüfung der Kommission und die Diskussion bestätigt: Das neue Gesetz hat sich in der Praxis voll bewährt, seine Grundzüge und Prinzipien haben dem Aufbau und der Entwicklung eines wahrhaft demokratischen Strafprozesses gedient, und alle seine Bestimmungen haben einen wesentlichen Anteil an der ständigen Entwicklung und Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit im Strafverfahren. In dieser Zusammenfassung des Ergebnisses der Diskussion konnten und sollten nur Fragen von prinzipieller und besonderer praktischer Bedeutung erörtert werden. Daneben sind noch eine Fülle von anderen wichtigen Fragen der Anwendung der StPO und der Auslegung ihrer Vorschriften z. T. erstmalig in dieser Breite und Gründlichkeit diskutiert worden. Schon die Tatsache daß alle Richter und Staatsanwälte, viele Vertreter der Untersuchungsorgane und zahlreiche Rechtsanwälte zu einer solchen eingehenden Beschäftigung mit den gesetzlichen Vorschriften und zu einer Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Praxis veranlaßt worden sind, ist ein bedeutender Erfolg, und es liegt darin eines der wichtigsten Ergebnisse der gesamten Arbeit der am 10. Mai 1956 veranlaßten Überprüfung der StPO. Der Wert der Diskussion wird dadurch noch erhöht, daß auch die Vertreter der Rechtswissenschaft in sie einbezogen waren. Die breite Beteiligung aller Juristen an der Diskussion dieses Gesetzes ist nicht zuletzt eine lebendige Bereicherung des Lebens und der Arbeit in der Vereinigung Demokratischer Juristen Deutschlands gewesen, die in allen Bezirken eigene Konferenzen für diese Diskussion durchgeführt hat. Rechtswissenschaft und Rechtspraxis werden angeregt durch die in der Diskussion sich ergebende Beschäftigung mit zahlreichen Fragen des Strafprozesses nunmehr gründliche, das Studium und die Erkenntnisse vertiefende Untersuchungen anstellen, die der Weiterentwicklung des sozialistischen Strafprozesses dienen. Bei Erlaß des Gesetzes im Oktober 1952 sagten wir mit Recht, daß wir bei der Ausarbeitung des Gesetzes Neuland betreten und daß es bei uns auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts kaum Ansätze zu einer wissenschaftlichen, d. h. marxistischen Durchdringung des Stoffes gab43. Das ist in den fünf Jahren schon wesentlich anders geworden, und es gibt nicht wenige, wenn auch noch erst Anfänge und Ansätze darstellende theoretische Arbeiten auf diesem Gebiet. Sie genügen jedoch weder den Aufgaben der wissenschaftlichen Forschung, insbesondere der prozessualen Grundfragenerforschung, noch den Bedürfnissen der Praxis nach konkreter Darstellung und Erläuterung der einzelnen Rechtsvorschriften. Die Ausarbeitung solcher Materialien ist jetzt, angeregt durch die Diskussion, die Aufgabe der nächsten Zeit für die Wissenschaft. Die Richter, Staatsanwälte und die Untersuchungsorgane aber werden noch tiefer in die Prinzipien unseres Strafprozesses eindringen und jede einzelne Vorschrift so anwenden, daß die Aufgabe des Strafprozesses, wie sie in §§ 1 und 2 unserer StPO bestimmt ist, in vollem Maße erfüllt wird. In diesem Sinne ist der Abschluß der Diskussion zugleich ein neuer Anfang für weitere Arbeit mit und an dem Gesetz. 48 vgl. Benjamin, NJ 1952 S. 467.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 606 (NJ DDR 1957, S. 606) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 606 (NJ DDR 1957, S. 606)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Kreisdienststellen gewährleisten eine ständige Verbindung zum Leiter der Bezirks KreisInspektion der ABI. In gemeinsamen Absprachen ist der Kräfteeinsatz zu koordinieren, um damit beizutragen, die vOn der Partei und Regierung zu sichern. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben, die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Leitungstätigkeit gestellt werden. Das erfordert : klare Zielstellungen. exakte Planung. planmäßige Durchführung der Arbeit durch jeden Leitungskader entsprechend seiner Verantwortung. Auch die Arbeit ist in die Lösung der Aufgaben zur Einschätzung der Wiei den einzubeziehen. Den Auswertungsorganen, aufgabenstellung insbesondere Aufgaben zu über der Gewährleistung einer ständigen Übersi Aufwand über die Ergebnisse der zu gewährleisten und sind verantwortlich, daß beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen zum Anlegen Operativer Vorgänge getroffen werden. Die Zusammenarbeit der operativen Diensteinheiten zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge genutzt angewandt und in diesen Prozeß eingeordnet wird. Ausgehend von der Analyse der operativ bedeutsamen Anhaltspunkte zu Personen und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung der sind vorbeugende und schadensverhütende Maßnahmen zu realisieren. Die Leiter und Mitarbeiter haben zur konsequenten Nutzung der Möglichkeiten der für die Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge Nutzung der Möglchkeiten anderer Staats- und wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte. Die politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung abzuschließender Operativer Vorgänge. Die Realisierung des Abschlusses Operativer Vorgänge und die Durchführung politisch-operativer Maßnahmen nach dem Vorgangsabschluß Politisch-operative und strafrechtliche Gründe für das Einstellen der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt.

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