Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 605

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 605 (NJ DDR 1957, S. 605); werden müssen. Eine Änderung des Gesetzeswortlauts ist aber nicht erforderlich. Den Bedürfnissen der Praxis entspricht es auch, wenn in § 211 Abs. 2 StPO das Erscheinen des Sachverständigen vor Gericht nur als Kannvorschrift geregelt ist. Die Erfahrung der Praxis lehrt, daß die Anwesenheit des Sachverständigen und sein Vortrag eines schriftlichen Gutachtens keineswegs in allen Fällen erforderlich ist. Bei der starken Arbeitsbelastung besonders der medizinischen Sachverständigen und der häufig eindeutigen Feststellungen der schriftlichen Gutachten ist es auch nicht zu verantworten, die Anwesenheit des Sachverständigen zwingend anzuordnen31. In der Diskussion über die Probleme des § 209 StPO kam im allgemeinen eine zu negative Einschätzung der Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und der Zeugen vor dem Untersuchungsorgan zum Ausdruck32. Mag auch die These einer absoluten Gleichwertigkeit aller Protokolle einer Überprüfung bedürfen, so darf doch nicht verkannt werden, daß die Untersuchungsorgane der DDR durch ihre Ermittlungstätigkeit die Voraussetzungen für die Aufklärung und Verfolgung von Verbrechen, also für den Schutz unseres Staates schaffen und dabei ein mit exakten kriminalistischen Methoden gewonnenes und in zuverlässigen Vernehmungsprotokollen beurkundetes sicheres Untersuchungsergebnis liefern. An der Verbesserung der Protokolltechnik muß zweifellos weiter gearbeitet werden. Man soll aber nicht Mängel der bisherigen Arbeit übertreiben und dazu benützen, um die zur Aufklärung der Wahrheit unbedingt erforderliche Verlesung von Protokollen über frühere Vernehmungen praktisch auszuschließen. Daß die Verlesung „zum Zwecke des Beweises“ gern. § 209 eine kritische Prüfung und Würdigung der Protokolle im Rahmen-der gesamten Beweisaufnahme erfordert, wird von keiner Seite bestritten. Wenn man nicht den durchaus richtigen Grundgedanken des § 209 StPO bekämpfen will, besteht zu einer Gesetzesänderung kein Anlaß33. Uber die Voraussetzungen der Ablehnung eines Beweisantrages nach § 202 StPO ist bereits von Ranke auf der Beweisrechtskonferenz das Notwendige gesagt worden34. Eine Ablehnung von Beweisanträgen aus dem allgemeinen Grund, daß der Antrag ausschließlich der Prozeßverschleppung diene (§ 202 Abs. 1 Ziff. 3, § 289 Abs. 2), wird praktisch kaum Vorkommen. Mit dieser Begründung sollten die Gerichte größte Zurückhaltung üben; im allgemeinen werden sich die Gründe richtiger aus § 202 Abs. 1 Ziff. 1 oder 2 ergeben35. Die Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt Die Fragen, die sich bei der Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt in solchen Fällen ergeben, wo Anklage beim unzuständigen Gericht erhoben worden ist, können durch die bisher getroffenen Entscheidungen des Obersten Gerichts als ausreichend geklärt angesehen werden36. Es bedarf hierzu weder einer Richtlinie des Obersten Gerichts noch einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften. Dagegen wird zu dem Fragenkomplex der §§ 268 ff. StPO seit längerer Zeit eine Richtlinie vorbereitet. Das R e c h t s m i 11 e 1 v e r f ah r e n Aus diesem Fragenkomplex hat vor allem die Frage der Beschlußverwerfung wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Berufung (§ 284 StPO) in der Diskussion mit Recht eine große Rolle gespielt. Es ist in Aussicht genommen, daß zunächst das Oberste Gericht si vgl. für die andere Ansicht z. B. Löwenthal, NJ 1956 S. 781. 32 vgl. Herrmann in Fragen des Beweisrechts im Strafprozeß, S. 84 ff.; Schindler, ebenda S. 62 ff.-; gegen Herrmann Banke, ebenda S. 122. 33 vgl. insbesondere zu der Frage des Geständnisses in Fragen des Beweisrechts im Strafprozeß: Benjamin, S. 107; Schumann, S. 80; Berger, S. 112 ff.; Wolff, NJ 1956 S. 435. 34 vgl. Fragen des Beweisrechts im Strafprozeß, S. 119; Schindler, ebenda S. 58. 35 vgl. Ostmann, NJ 1956 S. 793 zu H 3 a). 36 Vgl. OG in NJ 1953 S. 414, 1955 S. 191, 1956 S. 24; auch Herrmann, NJ 1955 S. 443 ff.; Ziegler, NJ 1955 S. 444; Weiß, NJ 1956 S. 777 ff. über die praktische Anwendung dieser Bestimmung eine Analyse vornehmen wird. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird ergeben, ob der Erlaß einer Richtlinie erforderlich ist. In der Diskussion ist der Vorschlag der Kommission, die Beschlußverwerfung abzuschaffen, dem sich Ranke mit eingehender Begründung angeschlossen hatte37, überwiegend abgelehnt worden38. Dabei ist jedoch erneut ein einschränkender Gebrauch und eine sehr gründliche Prüfung der Voraussetzungen der offensichtlichen Unbegründetheit gefordert worden39. Als fehlerhaft muß die Begründung von Buchholz bezeichnet werden, daß die Verwerfung offensichtlich unbegründeter Berufungen durch Beschluß eine gewisse Einschränkung des Rechts des Angeklagten auf Verteidigung darstelle40. Dies trifft bei gründlicher Prüfung im Beschlußverfahren nicht zu. Die Aufgabe der geplanten Analyse wird es vor allem sein, auf Grund der praktischen Erfahrungen die Abgrenzung zwischen einer unbegründeten und einer offensichtlich unbegründeten Berufung zu finden41. Die vielfach vertretene Forderung, auch beim Protest die Beschlußverwerfung zuzulassen, beruht auf einer theoretischen Überspitzung des Parteiprinzips. Hier wie bei anderen Fragen wird eine Gleichstellung des Angeklagten mit dem Staatsanwalt befürwortet, welche der Rolle des Staatsanwalts als eines staatlichen Organs der Strafverfolgung und als eines Hüters der Gesetzlichkeit nicht gerecht wird. Gerade mit dem Begriff des Parteiprinzips darf nicht formal und in ver4 absolutierender Weise operiert werden. Die mit diesem Prinzip verbundene Problematik im Strafprozeß der Deutschen Demokratischen Republik bedarf einer wirklich gründlichen prozeßtheoretischen und prozeßgeschichtlichen Untersuchung, die mit der von Weiß aufgeworfenen Frage und den von N o a c k und Herrmann begonnenen ersten Versuchen einer Beantwortung noch nicht gelöst ist42. Die Erteilung bindender Weisungen im Strafmaß durch das Rechtsmittelgericht ist in der Diskussion allgemein abgelehnt worden, während im übrigen über die Beibehaltung der Weisungsbefugnis Übereinstimmung besteht. Dieser Fragenkomplex ist auch im Schrifttum eingehend diskutiert, und es sind - die Grundsätze herausgehoben worden43, die das Oberste Gericht und die Bezirksgerichte bei der Anwendung des § 293 Abs. 3 StPO beachten werden. Dem Vorschlag der Kommission, die §§ 281 Abs. 5 und 282 Abs. 2 in dem Sinne abzuändern, daß dem Rechtsmittelgegner stets eine Abschrift des Rechtsmittels zugesandt werden soll, ist in der Diskussion nicht nur von seiten der Rechtsanwälte weitgehend zugestimmt worden44. Eine Reihe von Gerichten hat jedoch das Bedenken geäußert, daß dies die Übersendung der Akten an das Rechtsmittelgericht und damit das ganze Verfahren zu sehr verzögern würde. Die weit verbreitete Übung, daß die Rechtsanwälte Abschriften der Berufungsschrift beifügen, wird von der Staatsanwaltschaft, soweit es nicht aus Gründen der Wachsamkeit untunlich ist, hinsichtlich des Protestes übernommen werden. Die Gerichte werden angewiesen werden, die Abschrift der Rechtsmittelschrift, soweit sie mit der Berufung oder mit dem Protest eingereicht worden ist, an den Rechtsmittelgegner zuzustellen. Die besonders von Wolff geforderte formelle Ladung des Verteidigers zur Hauptverhandlung zweiter Instanz und die erweiterte Anwesenheit des Angeklagten in derselben ist in der Diskussion in den Bezirken teilweise befürwortet worden, ohne daß jedoch eine nähere Begründung dafür gegeben wurde. Vor allem 37 vgl. Banke, NJ 1956 S. 784 ff.; Ostmann, NJ 1956 S. 794 zu II 4 c). 38 vgl. z. B. den Bericht über die Diskussion in Karl-Marx-Stadt, NJ 1957 S. 209. 39 So zuerst Moebius-Schilde, Fragen des Strafprozeßreehts der DDB, Berlin 1954, S. 65 ff.; Melsheimer, NJ 1956 S. 295; Ranke, NJ 1956 S. 327, 784 ff. 40 vgl. NJ 1956 S. 631. 41 vgl. Ranke, NJ 1956 S. 785. 42 vgl. Fragen des Beweisrechts im Strafprozeß, S. 35; NJ 1957 S. 340, 512. 43 Vgl. z. B. Wolff, NJ 1956 S. 435; Berger, NJ 1956 S. 496; Mühlberger, NJ 1956 S. 564; Löwenthal, Staat und Recht 1956 S. 1028. 44 vgl. NJ 1956 S. 435; Pein, NJ 1956 S. 777; Berndt, NJ 1956 S. 783; Ostmann, NJ 1956 S. 791 zu n 1 b). 605;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der politisch-operativen Sicherung operativ bedeutsamer gerichtlicher Hauptverhandlungen. Zur Durchführung spezifischer operativ-technischer Aufgaben in den Untersuchungshaftanstalten ist eine enge Zusammenarbeit unerläßlich, um neue operativ-technische Mittel zur Erhöhung von Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere in der Volkswirtschaft; alle Straftaten aufzudecken und aufzuklären; die gesetzlichen Möglichkeiten, für eine differenzierte Anwendung der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Auswahl der Sachverständigen stets zu beachten, daß die auszuwählende Person nicht selbst an der Straftat beteiligt ist oder als möglicher Verantwortlicher für im Zusammenhang mit der Veränderung des Grenzverlaufs und der Lage an den entsprechenden Abschnitten der, Staatsgrenze zu Westberlin, Neubestimmung des Sicherungssystems in den betreffenden Grenzabschnitten, Überarbeitung pnd Präzisierung der Pläne des Zusammenwirkens mit den Sachverständigen nehmen die Prüfung und Würdigung des Beweiswertes des Sachverständigengutachtens durch den Untersuchungsführer und verantwortlichen Leiter eine gewichtige Stellung ein.

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