Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 6

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 6 (NJ DDR 1957, S. 6); Wissenschaft geht, die selbstverständlich zwischen Ankläger und Gericht scheidet und ebenso den Angeklagten als Subjekt des Prozesses mit ganz bestimmten Rechten auffaßt, nicht mehr erforderlich zu sein, um die Rechte der am Strafprozeß Beteiligten ihrer Stellung entsprechend zu begründen und auszubauen. Demzufolge kam ich in diesem Teil des Referats zu den abschließenden Thesen: Das Gericht nimmt die Beweisaufnahme vor, indem es Beweise erhebt. Was vorher geschieht, ist von systemwidrigen Ausnahmen abgesehen keine Beweisaufnahme, sondern höchstens deren Vorbereitung. Der Beschuldigte oder Angeklagte hat insoweit keinerlei Pflichten, sondern nur Rechte, insbesondere das Recht zur Stellung von Beweisanträgen und den Anspruch auf Verwirklichung der Garantien der Wahrung der Gesetzlichkeit und der Präsumtion der Unschuld. In einem letzten Teil meines Referats machte ich einige Bemerkungen zu Einzelfragen des Beweisrechts, die vom Gegenstand her in engem Zusammenhang mit dem von mir behandelten Thema standen. Ich erhob als erstes die Forderung, § 230 Absatz 1 StPO aufzuheben, weil er mit seiner praktisch unwiderlegbaren Beweiskraft dec Protokolls eine mit unserem Beweissystem unvereinbare gesetzliche Beweisregel ist, die den Richter daran hindern kann, die objektive Wahrheit festzustellen. Zum Geständnis erhob ich zunächst sehr absolut die Forderung, daß ein Geständnis allein niemals die Grundlage für eine Verurteilung sein könne. Hierbei kam es mir darauf an, davor zu warnen, daß man sich mit einem Geständnis begnügt und in der Wahrheitserforschung nachläßt, wenn ein Geständnis vorliegt. Wird dieser Hinweis beachtet, so werden meiner Ansicht nach nur sehr wenig Fälle übrigbleiben, in denen es außer dem Geständnis keinerlei andere Beweismittel gibt. Sollte ein solcher Ausnahmefall verkommen, so wird es Sache des Gerichts sein, in ernsthafter Prüfung festzustellen, ob es eine Verurteilung auf das Geständnis gründen kann. Ich schloß mit dem Hinweis darauf, daß selbstverständlich unsere Strafgesetze nach wie vor am Strafprozeß mit Nachdruck gegen diejenigen zur Anwendung gebracht werden müssen, die die Gesetze verletzen, daß dieser Kampf gegen die für unsere Ordnung gefährlichen Verbrechen aber im Ergebnis um so erfolgreicher sein wird, je ernster wir die Forderung nach Wahrung der Gesetzlichkeit nehmen. Der Beweis im Strafprozeß der DDR Zusammenfassung des Referats von RICHARD SCHINDLER, Dozent am Institut für Prozeßrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Die Beweisfrage ist das zentrale Problem fast jedes Strafprozesses. Ihre Lösung bestimmt den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung. Von ihrer richtigen Lösung hängt in hohem Maße sowohl die Autorität der Tätigkeit der Organe der Strafrechtspflege wie auch deren erzieherische Wirkung ab. Fogarasi faßt den Beweis als einen Prozeß auf, der sich aus mehreren Elementen zusammensetzt, nämlich aus 1. den zu beweisenden Tatsachen, dem Gegenstand der Beweisführung, 2. den beweisenden Tatsachen und den Mitteilungsquellen, aus denen diese stammen, den Beweisen, und 3. der Tätigkeit des Beweisens, der Beweisführung (hierzu gehört auch die Beweiswürdigung)1). Gegenstand der Beweisführung sind all die Tatsachen, die bewiesen werden müssen, damit die konkrete Strafsache entschieden werden kann mit anderen Worten: zum Gegenstand der Beweisführung gehören die tatsächlichen Voraussetzungen der Verurteilung bzw. des Freispruchs. Der Kreis der Tatsachen, die der Beweisführung unterliegen, muß von den gesetzlichen Merkmalen der im konkreten Fall verletzten Strafrechtsnorm aus bestimmt werden. Zu ihnen gehören zunächst die Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung liegen (§§ 223 StPO). Da sind weiter solche Tatsachen, wie die Persönlichkeit des Täters und seine Beweggründe sowie die über die Tatbestandsmäßigkeit hinausgehenden Folgen der Handlung und deren gesellschaftliche Auswirkungen zu untersuchen und festzustellen (§§ 108, 200 StPO). Eine dritte Gruppe bilden die Tatsachen, die im konkreten Fall die Begehung des Verbrechens begünstigten. Damit sind solche Tatsachen gemeint, die unabhängig vom Beschuldigten das begangene Verbrechen ermöglichten oder seine Durchführung erleichterten; so z. B. in Straftaten, die sich gegen das Volkseigentum richten, die schlechte Registrierung der Sachen in dem geschädigten Betrieb, Unklarheiten in der Buchführung und ähnliche Umstände. Diese Tatsachen unterliegen der Beweisführung, damit über die Aufklärung der konkreten Sache hinaus von den zuständigen Organen Maßnahmen getroffen werden können, um difese Mängel zu beseitigen und somit ähnliche Verbrechen in Zukunft unmöglich zu machen. Das Gesetz verpflichtet die Organe der Strafrechtspflege aber nicht nur zur Feststellung solcher Tat- l) Fogarasi, Logik, Berlin 1955, S. 322. Sachen, die der Überführung des Beschuldigten dienen, sondern in konsequenter Durchsetzung des Rechts auf Verteidigung auch zur Erforschung und Feststellung aller entlastenden Umstände (§§ 108, 109, 186, 200 StPO), Beweise sind sowohl die Tatsachen, auf die sich die Organe der Strafrechtspflege bei der Erforschung der festzustellenden Handlung (Gegenstand der Beweisführung) stützen, die Beweistatsachen, wie auch die Mitteilungsquellen, aus denen diese Beweistatsachen stammen, die Beweismittel. Beweistatsachen sind die objektiven Gründe, auf denen der Nachweis der Tatsachen beruht, die im konkreten Fall Gegenstand der Beweisführung sind. Die Beweistatsachen stellen die strafprozessualen Beweise im eigentlichen Sinne dar. Diese Beweistatsachen sind nicht mit der zu untersuchenden Handlung identisch. Sie sind vielmehr durch bestimmte Quellen (Beweismittel) vermittelte Widerspiegelungen, Abbilder der Tatsachen, welche die zu untersuchende Handlung darstellen, oder Widerspiegelungen, Abbilder von den Neben- oder Begleitumständen dieser Handlung. Die Tatsache z. B., die der Zeuge A. in einem Verfahren wegen Brandstiftung aussagt: „Ich habe gesehen, daß der Beschuldigte mit brennender Zigarette die Scheune betrat“, ist ebenso wenig mit der Handlung des Beschuldigten selbst identisch wie die Kratzspuren an dem erbrochenen Schloß mit dem Erbrechen durch den Täter oder die gefälschte Zahl im Postsparbuch mit der Fälschung, die der Täter vornahm. Aus dieser Besonderheit der Beweistatsachen als Widerspiegelungen, Abbilder der zu untersuchenden Handlung bzw. Widerspiegelungen, Abbilder der Neben- oder Begleitumstände dieser Handlung folgt eine wichtige Anforderung, die im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit als strafprozessuale Beweise an sie gestellt werden muß. Die Beweistatsachen müssen, ehe sie als Grundlage für die Feststellung der Tatsachen verwandt werden können, die Gegenstand der Beweisführung sind, auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Im wesentlichen lassen sich drei Methoden der Überprüfung der Beweistatsachen unterscheiden. Die erste, die bei den Beweistatsachen verwandt wird, deren Quellen Personen, also Zeugen, Sachverständige oder der Beschuldigte bzw. der Angeklagte, sind, besteht darin, daß geprüft wird, ob die Beweistatsachen mit den anderen zur Sache vorliegenden, bereits bestätigten Beweistatsachen übere.in-stimmen. Sind Quellen der Beweistatsachen dagegen Sachen (Gegenstände), so erfolgt die Überprüfung ent- 6;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind belegen, daß vor allem die antikommunistische Politik des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins gegenüber der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie schwer erkenn- und vorbeugend abwendbar. Die Möglichkeiten einer wirksamen, insbesondere rechtzeitigen Unterbindung eines solchen feindlichen Handelns Verhafteter sind vor allem durch die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung einschließlich der Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Rechts verfügen. Deshalb ist im Rahmen der Vorbereitung der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer als im Forschungsprozeß erkannte zentrale Komponente für deren Auswahl, Erziehung und Befähigung sowie als Ausgangspunkte für weitere wissenschaftliche Untersuchungen, idciVaus ergebender ,onsedie Ableitung und Begründung quenzen für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechte für die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher.

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