Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 589

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 589 (NJ DDR 1957, S. 589); Rechtsprechung Strafrecht §§ 246, 74 StGB. 1. Wer eine auf Grund eines Teilzahlungsvertrages unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Nähmaschine verpfändet, begeht eine Unterschlagung. 2. Zum Strafmaß bei der Festsetzung von Einzelstrafen und der Bildung einer Gesamtstrafe gern. § 74 StGB. OG, Urt. vom 25. Juni 1957 - 3 Zst III 42/57. Die Angeklagte ist vom Kreisgericht G. am 15. Februar 1957 wegen einer Unterschlagung von gesellschaftlichem Eigentum und wegen einer Urkundenfälschung zu einer Gesamtstrafe von drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Dem Urteil liegen im wesentlichen die folgenden Feststellungen zugrunde: Am 27. Oktober 1956 kaufte die 41 Jahre alte, wegen Betruges und Urkundenfälschung vorbestrafte Angeklagte in der Konsumgenossenschaft G. auf Teilzahlung eine Nähmaschine zum Preise von 555 DM, auf die sie 25 DM anzahlte und sich durch Unterzeichnung des Teilzahlungsvertrages u. a. verpflichtete, die ihr unter Eigentumsvorbehalt verkaufte Nähmaschine nicht zu verpfänden. Entgegen dieser Verpflichtung ließ sie die Maschine durch ihren ältesten Sohn am 4. Januar 1957 beim Leihhaus der Stadt G. für ein Darlehn von 150 DM verpfänden, als ihr das nötige Geld zur Bezahlung der 54 DM betragenden fälligen Gasrechnung vom 2. Januar 1957 fehlte. Von dem erhaltenen Darlehn bezahlte sie die Gasrechnung und verbrauchte den verbleibenden Betrag für ihren Haushalt. Am 27. Dezember 1956 war die Angeklagte wegen einer Erkältung krankgeschrieben und ihr Bettruhe verordnet worden. Entgegen dieser ärztlichen Anordnung besuchte sie am Silvesterabend ein Tanzvergnügen. Da sie davon Kenntnis erlangte, daß ihre Arbeitsstelle sich aus diesem Grunde nach ihrem Krankheitsbefund beim Arzt erkundigt hatte, ließ sie sich gesundschreiben. Ihr Arzt vermerkte daraufhin auf dem Krankenschein, daß sie „auf eigenen Wunsch“ ab 7. Januar 1957 wieder arbeitsfähig sei. Diesen Vermerk „auf eigenen Wunsch“ radierte sie aus, weil sie befürchtete, sie könnte deswegen Nachteile haben, insbesondere, ihr könnte das Krankengeld gesperrt werden. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation des Urteils zugunsten der Angeklagten beantragt, und zwar, soweit die Angeklagte wegen Unterschlagung verurteilt worden ist, hinsichtlich des Schuld-und Strafausspruchs und, soweit sie wegen Urkundenfälschung verurteilt worden ist, hinsichtlich des Strafausspruchs. Er hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Das Kreisgericht habe die Verpfändung der Nähmaschine rechtsirrig als eine rechtswidrige Zueignung angesehen. Es sei jedoch nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht erwiesen, daß die Angeklagte sich die Nähmaschine durch die Verpfändung habe zueignen wollen. Da die Angeklagte sich bei der Aufnahme des Darlehns dessen jederzeitige Rückzahlung vertraglich Vorbehalten habe, die Rückzahlung auch am 12. Februar 1957 erfolgt sei und das Leihhaus durch die Verpfändung der Maschine an dieser auch kein Eigentum, sondern nur ein zeitlich begrenztes Besitzrecht erlangt habe, seien schon die objektiven Voraussetzungen für eine Unterschlagung nicht gegeben. Die Handlung der Angeklagten sei aber auch in subjektiver Hinsicht nicht auf eine Unterschlagung gerichtet gewesen, da die Angeklagte das Darlehn nur für kurze Zeit zur Bezahlung der Gasrechnung und zur Bestreitung des Lebensunterhalts aufgenommen habe. Ihr Verhalten sei zwar vertragswidrig, jedoch nicht strafbar gewesen. Sie hätte deshalb von der Anklage der Unterschlagung freigesprochen werden müssen. Soweit die Angeklagte wegen Urkundenfälschung verurteilt worden sei, sei der Schuldausspruch zutreffend ergangen. Das Kreisgericht habe aber versäumt, eine Einzelstrafe auszusprechen. Bei der Festsetzung der Strafe für die Urkundenfälschung müsse beachtet werden, daß die Sicherheit des Rechtsverkehrs durch die Urkundenfälschung nicht erheblich gefährdet worden sei. Die vom Kreisstaatsanwalt beantragte Strafe von zwei Monaten Gefängnis müsse deshalb als überhöht angesehen werden. Eine Gefängnisstrafe von zwei Wochen erscheine angemessen. Aus den Gründen: Der Kassationsantrag ist insoweit begründet, als mit ihm die Unterlassung der Festsetzung von Einzelstrafen gerügt wird, da gern. § 74 StGB in den Fällen, in denen ein Angeklagter durch mehrere selbständige Hand- lungen mehrere Verbrechen oder Vergehen begangen und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen verwirkt hat, zunächst Einzelstrafen festzusetzen sind und aus ihnen eine Gesamtstrafe nach den Vorschriften der Absätze 2 und 3 des § 74 StGB zu bilden ist. Soweit mit dem Kassationsantrag der Schuldausspruch des angefochtenen Urteils hinsichtlich der der Angeklagten zur Last gelegten Unterschlagung gerügt wird, ist er unbegründet. Zwar trifft es zu, daß die Konsumgenossenschaft das Eigentumsrecht an der Nähmaschine durch die Verpfändung nicht verloren hat; jedoch kommt es hierauf für die Beurteilung der Frage, ob sich die Angeklagte die Nähmaschine durch die Verpfändung i. S. des § 246 StGB zugeeignet hat, nicht an. Sie hängt nicht von der Feststellung eines juristischen Eigentumsübergangs ab. So läge z. B. auch dann eine rechtswidrige „Zueignung“ vor, wenn die Angeklagte die Nähmaschine an einen Dritten verkauft und übergeben hätte, der wegen Kenntnis des Eigentumsvorbehalts gern. § 932 BGB auch kein Eigentum erworben hätte, das Eigentumsrecht der Konsumgenossenschaft also ebenfalls unberührt geblieben wäre. Die „Zueignung“ i. S. des § 246 StGB besteht vielmehr in einer Handlung, mit der der Täter rechtlich wie ein Eigentümer über die fremde Sache dergestalt verfügt, daß darin die Zuführung der Sache selbst oder des in ihr verkörperten Wertes in das Vermögen des Täters zum Ausdruck kommt. Die Angeklagte hat eine solche Handlung begangen, indem sie die Nähmaschine zur Sicherung der Darlehnsforderung an das Leihhaus der Stadt G. übergab. Diese Befugnis hat grundsätzlich nur der Eigentümer (vgl. § 1205 Abs. 1 BGB). Daher hat sich die Angeklagte durch die Hingabe der Nähmaschine als Pfand für ein ihr gewährtes Darlehn wesentliche Eigentümerbefugnisse angemaßt und damit den Wert der Sache in ihr Vermögen einbezogen. Die darin zum Ausdruck kommende Zueignung war auch rechtswidrig, denn ihr war eine Verpfändung nach dem Teilzahlungsvertrag mit der Konsumgenossenschaft über die Nähmaschine ausdrücklich untersagt. Die Angeklagte hat ferner auch vorsätzlich gehandelt. Sie wußte, daß ihr die Nähmaschine noch nicht übereignet war und daß sie diese nicht verpfänden durfte. Das Motiv ihres strafbaren Verhaltens der Wunsch, ein Darlehn zu erhalten, wenn auch nur für eine kurze Zeit ändert nichts an dar Tatsache, daß sie vorsätzlich gehandelt hat. Entgegen der mit dem Kassationsantrag vorgetragenen Ansicht werden weder die objektive Zueignung noch der darauf gerichtete Vorsatz durch die mit dem Leihhaus getroffene Vereinbarung beseitigt, wonach das Darlehn bis zum 4. Mai 1957 zurückzuzahlen und dann die Nähmaschine zurückzugeben sei. Derartige Schlüsse können hieraus nicht gezogen werden, weil das Wesen der Bestellung des. Pfandrechts an einer beweglichen Sache eben gerade darin besteht, dem Gläubiger einer Forderung eine Sicherheit dergestalt zu geben, daß er sich an dem Gegenstand befriedigen kann, sofern die Forderung nicht vertragsgemäß erfüllt wird. Im übrigen hätte die Laufzeit des Darlehns nach den Vertragsbedingungen des Leihhauses jederzeit um weitere vier Monate verlängert werden können. Durch das Verhalten der Angeklagten wurde auch das durch § 246 StGB strafrechtlich geschützte Objekt alle in der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden Formen des Eigentums angegriffen. Während der Zeit der Verpfändung konnte die Konsumgenossenschaft nicht von ihrem Eigentumsrecht unbeschränkt Gebrauch machen. Der Eigentumsvorbehalt sollte der Sicherung der Kaufpreisforderung dienen. Diesen Zweck hat die Angeklagte wenn auch vorübergehend vereitelt. Es trifft nicht zu, daß die Konsumgenossenschaft jederzeit die Nähmaschine hätte vom Leihhaus zurückholen können, denn das Pfandrecht war gern. §§ 1205, 1207, 932 BGB wirksam bestellt. Die Konsumgenossenschaft hätte daher die Näh- 589;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

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