Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 585

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 585 (NJ DDR 1957, S. 585); liegenden Ausführungen der Parteien einzugehen und sich in den Entscheidungsgründen damit auseinanderzusetzen. Es ist auch nicht erforderlich, daß ein Gericht von sich aus jede nur irgendwie gegebene Möglichkeit, die unter Umständen mit dem konkreten Fall nur in loser Verbindung steht und für die Entscheidung keine wesentliche Bedeutung hat, aufgreift und in den Urteilsgründen erörtert. Unnötige Stellungnahmen können die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eher gefährden. Bei einem Eingehen auf eine für den Gegenstand des Rechtsstreits nicht unmittelbar erhebliche Frage besteht die Gefahr, daß die Folgen derartiger Ausführungen nur unvollkommen übersehen werden. Bei Kassationsurteilen kann aber die Stellungnahme zu Nebenfragen zuweilen der Förderung der Rechtseinheit dienen und daher im Einzelfall angemessen und zweckmäßig sein. Aus dem dritten Erfordernis ergibt sich auch der Grund, weshalb und wann im Einzelfall man die gänzliche oder teilweise Kassation der Entscheidungsgründe wird zulassen müssen. Es ist der rechtspolitische Grund der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsentwicklung, nicht so sehr und nicht einmal in erster Linie der Rechtsprechung. Bei der Gründekassation ist daher die Währung des richtigen Verhältnisses der verschiedenen Rechtsmaterien zueinander und zu ihrer gemeinsamen Grundlage, dem Stand des Aufbaus des Sozialismus, der entscheidende Gesichtspunkt. Die Gründekassation ist als eine zwar zulässige neue Art, aber auch als Ausnahmeform der Kassation anzusehen. Im Strafverfahren ist die Gründekassation ausdrücklich zugelassen (§ 304 Abs. 2 StPO). Sie ist nicht auf die Kassation der tatsächlichen Feststellungen und der Beweiserwägungen beschränkt, die gelegentlich zu eng als Gründekassation bezeichnet und auch im Zivilprozeß von jeher als zulässig betrachtet worden ist. Sie umfaßt vielmehr auch die rechtlichen Schlußfolgerungen, und zwar auch dann, wenn sie nicht zu einer Änderung des Ergebnisses führen. Im Zivilprozeß fehlt es hingegen insoweit an ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen. § 14 des Gesetzes über die Errichtung des Obersten Gerichtshofes und der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR vom 8. Dezember 1949 bezeichnet die für das Revisionsverfahren der ZPO geltenden Bestimmungen als entsprechend anwendbar, soweit sich aus dem Gesetz vom 8. Dezember 1949 nichts anderes ergibt. Das Gerichtsverfassungsgesetz vom 2. Oktober 1952 hat das Revisionsverfahren überhaupt abgeschafft. Die entsprechende Anwendbarkeit seiner Bestimmungen auf das Kassationsverfahren ist daher ein gewisser Anachronismus. Das trifft besonders dann zu, wenn und hiermit beginnt die besondere Problematik der entsprechenden Anwendbarkeit auf das Kassationsverfahren das angefochtene Urteil nicht auf der gerügten Rechtsverletzung (§ 549 ZPO)i beruht oder wenn es sich aus einem anderen Grunde als richtig erweist (§ 563 ZPO)1 2. Für das Revisionsverfahren lag dieser Bestimmung der Gedanke zugrunde, daß das Gericht nicht über abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden habe, die nicht ursächlich für die Entscheidung der im Prozeß geltend gemachten Ansprüche sind oder deren ursächliche Bedeutung durch andere, bisher nicht ausreichend beachtete Ursachen kompensiert wird. So richtig dieses gedankliche Prinzip auch sein mag, so wenig konnte es weder unter den vor 1933 geltenden Bedingungen, noch nach Einführung der Zu- 1 § 549 ZPO tutet: „Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf der Verletzung eines Reichsgesetzes oder der Verletzung einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt oder die dem Bergrecht, dem gemeinen Recht, dem französischen Recht oder dem Badischen Landrecht einschließlich seiner Zusätze angehört. In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche kann die Revision nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat.“ 2 § 563 ZPO lautet: „Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.“ lassungsrevision in Westdeutschland3 praktisch durchgesetzt werden. Diejenige Partei, die sich die kostspielige Prozeßführung in dritter Instanz leisten kann und die Zurückweisung des Rechtsmittels in Kauf nimmt, kann stets die Nachprüfung und Bescheidung einer für ihre Interessen wichtigen Rechtsfrage der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils erreichen. Erforderlich ist nur, daß sie ihre Prozeßführung auch in den Vorinstanzen entsprechend einrichtet und ihre rechtlichen Schlußfolgerungen im Revisionsverfahren geschickt genug darlegt. Die westdeutsche Zulassungsrevision hat hierin keine Änderung gebracht. Sie erweitert die Revisibilität und kann die Nachprüfung einer Rechtsfrage auch dann zulassen, wenn deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht. Die unterlegene Partei braucht wegen dieser Rechtsfrage nicht beschwert zu sein. Das ändert jedoch nichts daran, daß das angefochtene Urteil auf ihr beruhen muß. Zudem behält sich der Bundesgerichtshof die Nachprüfung der Zulassung vor und beachtet den Zulassungsgrund nicht, wenn es nach seiner Auffassung auf die Rechtsfrage, wegen der die Zulassung erfolgte, nicht ankommen kann. Die Gründe, welche dieses eigenartige Mißverhältnis begünstigen, mögen im einzelnen dahingestellt bleiben. Sicher ist, daß die Parteiherrschaft im Revisionsverfahren einerseits die Ergebnisrevision verlangt, andererseits ihre wirkliche Durchsetzung erschwert. Es wäre äußerst mißlich, wenn man unter Berücksichtigung der sich hieraus ergebenden Erfahrungen das ganz andersartige Kassationsverfahren völlig den gleichen Bedingungen unterwerfen wollte wie das Revisionsverfahren. Das würde die unerwünschte Folge haben können,daß dieKassationsantragslberechtigten, der Präsident des Obersten Gerichts und der Generalstaatsanwalt, sich genötigt sehen könnten, trotz der erkannten Notwendigkeit, die Urteilsgründe richtigstellen zu lassen, wegen der Nichterreichbarkeit einer Veränderung des Prozeßergebnisses entweder auf einen notwendigen Kassationsantrag zu verzichten oder aber einen solchen unter Inkaufnahme der Zurückweisung zu stellen, nur um das erstrebte Ziel vielleicht erreichen zu können. Das ist mit der Rechtsstellung der Kassationsantragsberechtigten schwer zu vereinbaren, zumal wenn man sich dessen bewußt ist, daß die Kassationsantragsbefugnis eine rechtspolitische Funktion ist, die z. B. der Präsident des Obersten Gerichts nicht in seiner Eigenschaft als Richter ausübt. Durch die Bezugnahme auf die Vorschriften des Revisionsverfahrens in § 14 des Gesetzes vom 8. Dezember 1949 war es bisher nicht unzweifelhaft, ob nicht damit zugleich die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 549, 563 ZPO geboten ist und die Kassation rechtlicher Schlußfolgerungen in den Entscheidungsgründen ausgeschlossen wird, wenn auf ihnen die Entscheidung nicht beruht und weil sie nicht unmittelbar von der Rechtskraft umfaßt werden. Nach unserer Meinung ist die Kassation der Gründe von rechtskräftigen Instanzurteilen möglich, obwohl sie nicht in Rechtskraft erwachsen und wenn die Entscheidung nicht auf ihnen beruht, aber im Einzelfall die Stellungnahme des Kassationsgerichts hierzu der Förderung der Rechtseinheit dient. Die in Betracht kommende Rechtsfrage braucht somit für den Einzelfall keine entscheidende Bedeutung zu besitzen, sie muß aber eine grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Förderung oder was darin eingeschlossen ist die Wahrung der Rechtseinheit haben. In dem oben erwähnten dritten Erfordernis, insbesondere in dem Hinweis auf die Gefahren, welche unnötige 3 § 546 ZPO ist in der Bundesrepublik durch Art. 2 Ziff. 87 des Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 20. September 1950 (BGBl. 455) geändert worden und hat jetzt folgenden Wort, laut:. „Die Revision findet nur statt, wenn das Oberlandesgericht sie in dem Urteil zugelassen hat oder wenn in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche der Wert des Beschwerdegegenstandes sechstausend Deutsche Mark übersteigt. Das Oberlandesgericht darf die Revision nur zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es hat die Revision stets dann zuzulassen, wenn es von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweicht. 585;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 585 (NJ DDR 1957, S. 585) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 585 (NJ DDR 1957, S. 585)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

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