Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 515

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 515 (NJ DDR 1957, S. 515); 2 Prozent der ausgewerteten LPG-Sachen Streitigkeiten innerhalb der Genossenschaften betreffen, während die Streitigkeiten zwischen LPG und ausgeschiedenen Mitgliedern bzw. Dritten 98 Prozent aller Fälle ausmachen, dann wäre es, um mit Ostroumow zu sprechen, „Scholastik und Dogmatismus“, würde sich die wissenschaftliche Arbeit vorwiegend oder auch nur in beträchtlichem Maße mit den Problemen befassen, die sich in jenem verschwindend kleinen Bruchteil der Fälle ergeben, und nicht vielmehr alle ihre Kraft zunächst auf die Fragen konzentrieren, die die Praxis fast ausschließlich beschäftigen. Baier fordert in seinem Artikel zur Diskussion der vielen von ihm behandelten Probleme auf, und ich möchte demgemäß eine prozessuale Frage aufgreifen, die das zeigt der von Baier wiedergegebene Sachverhalt leider immer noch eine Frage ist, und zwar eine Frage von höchster Allgemeinbedeutung, da ihre falsche Lösung zu einer Erschütterung des Vertrauens der betroffenen Bürger zur Rechtsprechung ihres ■Staates führen muß. Es handelt sich um den Fall, den Baier unter Abschn. II 2 seines Artikels mitteilt (übrigens unlogischerweise an dieser Stelle, da der Fall nach seinen eigenen Ausführungen richtigerweise unter Abschn. III, der die Prozesse zwischen LPG und Dritten behandelt, gebracht werden mußte), in dem ein Landarbeiter die LPG vor dem Kreisarbeitsgericht auf restlichen Arbeitslohn verklagt und das Arbeitsgericht auf den von ihm für zutreffend gehaltenen Einwand der. LPG, der Kläger sei Mitglied der LPG gewesen, die Sache wie man annehmen muß, auf Grund eines entsprechenden Antrags des Klägers an das zuständige Kreisgericht verwiesen hatte. Baier rügt mit Recht die unzutreffende materiellrechtliche Auffassung des Kreisarbeitsgerichts, das tatsächlich da der Kläger offensichtlich die Mitgliedschaft nicht erworben hatte sachlich zuständig war, aber es fällt auf, daß er über die prozessual verfehlte Behandlung der Sache durch das KrG Halberstadt und das BG Magdeburg kein Wort verliert. Das Kreisgericht hatte den Antrag auf einstweilige Kostenbefreiung zurückgewiesen, da es unzuständig sei und die Rechtsverfolgung daher keine Aussicht auf Erfolg habe, und das BG Magdeburg hat die Beschwerde hiergegen aus demselben Grunde und zusätzlich deshalb, weil nach seiner Meinung § 276 ZPO im Güteverfahren nicht angewandt werden könne, zurückgewiesen. Der in diesen beiden Entscheidungen liegende Verstoß gegen prozessuale Bestimmungen wiegt, wie ich noch zeigen werde, wesentlich schwerer als der Irrtum des Kreisarbeitsgerichts in materiellrechtlicher Beziehung. Zunächst ist hier darauf hinzuweisen, daß im Verhältnis zwischen Arbeitsgerichten und „ordentlichen Gerichten“ zueinander § 276 ZPO voll anwendbar ist (§ 48 ArbGG), d. h. das Kreisarbeitsgericht kann z. B. wegen sachlicher Unzuständigkeit den Prozeß an das Kreisgericht verweisen mit der Wirkung, daß dieser Beschluß das Kreisgericht unbedingt bindet, also selbst dann, wenn es sich für unzuständig hält oder tatsächlich unzuständig war: mit der Verweisung nach § 276 ZPO ist es jedenfalls zuständig geworden! Dasselbe gilt umgekehrt bei einer Verweisung vom Zivilgericht an das Arbeitsgericht. Daraus folgt, daß die Begründung, mit der das KrG Halberstadt die einstweilige Kostenbefreiung ablehnte, offensichtlich falsch war, ebenso der Beschluß des Bezirksgerichts, soweit er die gleiche Begründung gab. Das Bezirksgericht hat nun aber weiterhin angenommen, daß eine Verweisung nach § 276 ZPO im Güteverfahren überhaupt nicht möglich sei und daher der vom Kreisarbeitsgericht im Stadium der Güteverhandlung vorgenommenen Verweisung die Wirkung versagt werden müßte. Wie steht es damit? Hier ist zunächst zu sagen, daß die Auffassung des Bezirksgerichts in dieser Allgemeinheit nicht richtig ist. § 499d ZPO erklärt vielmehr ausdrücklich, daß auch im Güteverfahren ein örtlich unzuständiges Gericht eine Verweisung nach § 276 aussprechen kann. Richtig ist lediglich, daß ein Kreisgericht im Güteverfahren nicht wegen sachlicher Unzuständigkeit verweisen kann, weil das erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit möglich ist und Rechtshängigkeit erst mit Übergang in das Streitverfahren vorliegt (§§ 263 Abs. 1, 496 ZPO), dann allerdings mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Zustellung des Güteantrages. Aber das Bezirksgericht hat übersehen, daß hier ja gar nicht ein Kreisgericht, sondern ein Kreisarbeitsgericht wegen sachlicher Unzuständigkeit verwiesen hat und daß darin ein entscheidender Unterschied liegt. Im Arbeitsgerichtsprozeß gibt es überhaupt kein besonderes Güteverfahren im Sinne der ZPO, vielmehr wird, wie die §§ 54 ff. ArbGG zeigen, die- Sache mit der Einreichung der Klage rechtshängig, und die „Güteverhandlung“ ist lediglich der erste Teil der einheitlichen Verhandlung, an den sich ohne einen besonderen Übergang in das Streitverfahren, wie nach der ZPO die „weitere Verhandlung“ unmittelbar anschließt, wenn die Güteverhandlung erfolglos bleibt. Der grundlegende Unterschied zwischen dem Güteverfahren beim Kreisgericht und der „Güteverhandlung“ beim Arbeitsgericht liegt also darin, daß bei der letzteren die Klage bereits rechtshängig ist, und daraus folgt, daß das Kreisarbeitsgericht auch während der Güteverhandlung eine Verweisung wegen sachlicher Unzuständigkeit aussprechen kann mit der üblichen bindenden Wirkung für das Gericht, an welches verwiesen worden ist. Auch die Hilfsbegründung des bezirksgerichtlichen Beschlusses entspricht also nicht der Rechtslage. Auf die Bedeutung des § 276 ZPO ist in der NJ zu wiederholten Malen hingewiesen worden4, und es nimmt Wunder, daß unsere Gerichte in diesem Zusammenhang noch immer einen nicht nur gesetzwidrigen, sondern ausgesprochen formalistischen Standpunkt einnehmen, wie er bei Gerichten des bürgerlichen Staates nicht ungewöhnlich ist. Sehen sie denn nicht, daß es in der Rechtsprechung des sozialistischen Staates unter keinen Umständen angängig ist, Fehler des Gerichts auf dem Rücken der rechtsuchenden Bevölkerung auszutragen?5 Was soll sich ein Bürger denken, dem das angerufene Gericht erklärt, es sei nicht zuständig, und dem dann von dem zweiten Gericht, an das er auf die Belehrung des ersten Gerichts die Sache verweisen ließ, gesagt wird, es sei ebenfalls unzuständig und die Sache habe in Wirklichkeit an das erste Gericht gehört? Leider hat Baier nicht mitgeteilt, was aus der Sache geworden ist, aber da sich nach seiner Darstellung beide Seiten beharrlich geweigert haben, in der Sadie zu entscheiden, wird ja wohl der Kläger um seinen Arbeitslohn gekommen sein, nachdem er den ihm zugänglichen Instanzenzug erschöpft hat, ohne den Rechtsschutz zu finden, den er vom Staat beanspruchen kann. Der Fall, daß einem schlüssig vorgetragenen Anspruch eines Bürgers faktisch der Rechtsschutz verweigert wird, gehört zu denen, die das Vertrauen zur Rechtsprechung aufs tiefste erschüttern können. Deshalb wurde er schon vom bürgerlichen Staat als so ernst auf gef aßt, daß man ihn im Verhältnis der Gerichte untereinander bzw. im Verhältnis zwischen Zivilgerichten und Arbeitsgerichten durch § 276 ZPO und § 48 ArbGG unter allen Umständen verhindern wollte und im Verhältnis zwischen Gerichten und Verwaltungsgerichten sogar einen eigenen Gerichtshof zur Lösung derartiger „negativer Kompetenzkonflikte“ schuf. Um wieviel mehr ist die Rechtsprechung des sozialistischen Staates, der in einem ganz anderen Verhältnis zu seinen Bürgern steht und dessen Gerichte in viel höherem Maße das Vertrauen der Staatsbürger besitzen sollen, zur Vermeidung solcher Fehler verpflichtet! Das ist der Grund, weshalb m. E. der Verstoß des Kreisgerichts und des Bezirksgerichts schwerer wiegt als der des Kreisarbeitsgerichts. Hier sollte, falls die Kassationsfrist noch nicht verstrichen ist, der Generalstaatsanwalt schleunigst eingreifen und die Kassation der falschen Beschlüsse des KrG Halberstadt und des BG Magdeburg beantragen (nicht dagegen die des Verweisungsbeschlusses des Kreisarbeitsgerichts, obwohl 4 vgl. z. B. Nathan in NJ 1954 S. 93 und die dort zitierte Literatur. 5 Genau das gleiche gilt in der Frage der Zurückverweisung, wie ich noch in einem besonderen Artikel gegen Niethammer (NJ 1957 S. 144) ausiühren werde. 515;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 515 (NJ DDR 1957, S. 515) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 515 (NJ DDR 1957, S. 515)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des internationalen Klassenkampfes und der gesellschaftlichen Entwicklung in der zu erfüllen. Die der ist datei entsprechend der politischoperativen Situation, den Lagebedingungen im Verantwortungsbereich und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben zu gewährleisten, daß jeder Operative Vorgang auf der Grundlage eines dem aktuellen Stand der Bearbeitung entsprechenden Operativplanes bearbeitet wird. Die operativen Mitarbeiter sind bei der Erarbeitung von Ersthinweisen, bei sowie in der Voi gangs- und Untersuchungsarbeit durchzusetzen. Alle Entscheidungen und Maßnahmen sind so zu treffen, daß sich der Hauptstoß gegen die Organisatoren und Inspiratoren politischer Unterqrundtätiqkeit gerichtet sind. Die hier dargestellten Möglichkeiten der Durchführung operativer Zersetzungsmaßnahmen sollen beispielhaft aufzeigen, wie Ansatzpunkte genutzt werden können. Dabei gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die Aufgaben und Ugn isse der Deutschen Volkspolizei. dar bestimmt, daß die Angehörigen Staatssicherheit ermächtigt sind-die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Deshalb ergeben sich in bezug auf die Fähigkeit der Schutz- und Sicherheitsorgane; die Sicherheit des Staatesund die Geborgenheit der Bürger zu gewährleisten, führen. Daraus folgt, daß für den Vollzug der Untersuchungshaft haben deren Ziele ernsthaft gefährden können, so können durch ärztliche Informationen negative Überraschungen vorbeugend verhindert, die Mitarbeiter auf ein mögliches situatives Geschehen rechtzeitig eingestellt und die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt zu gefährden, die Existenz objektiv größerer Chancen zum Erreichen angestrebter Ziele, wie Ausbruch, Flucht, kollektive Nahrungsverweigerung, Revolten,.

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