Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 513

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 513 (NJ DDR 1957, S. 513); Ansicht anzutreten. Obwohl also das Gericht die Beweisaufnahme leitet, besteht doch die Vertretung der Anklage durch den Staatsanwalt vor Gericht in einer Beweisführung durch ihn. Wer sonst, wenn nicht der Staatsanwalt, unter dessen Leitung im Ermittlungsverfahren die Beweise gesammelt wurden und der den ersten Anstoß und die erste Voraussetzung dazu gab, das gerichtliche Verfahren zu eröffnen, sollte auch verpflichtet sein, angesichts der Prüfung der Berechtigung der Anklage durch das Gericht während der Hauptverhandlung für die erhobene Anklage dadurch einzutreten, daß er Beweis für ihre Richtigkeit führt? Da die Anklagevertretung vor Gericht die Beweisführung durch den Staatsanwalt umfaßt, ergibt sich aus seiner gesetzlichen Pflicht zur Anklagevertretung auch seine Pflicht zur Beweisführung. Führt auch der Angeklagte bzw. sein Verteidiger in der Hauptverhandlung Beweis? Das Recht auf Verteidigung gewährleistet dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger unter anderem auch die Möglichkeit, sich an der Erforschung der objektiven Wahrheit zu beteiligen. Zum Zwecke der Verteidigung steht es der Prozeßpartei des Angeklagten frei, in der unter der Leitung des Gerichts ablaufenden Hauptverhandlung im Rahmen der Erforschung der objektiven Wahrheit alle gesetzlich zulässigen Prozeßhandlungen vorzunehmen, die auf den Nachweis der Unschuld oder im Vergleich mit der Anklage auf den Nachweis der geringeren Schuld des Angeklagten hinzielen. Durch Stellung von Fragen an Mitangeklagte, Zeugen und Sachverständige7, durch die Abgabe von Erklärungen nach jeder Vernehmung eines Mitangeklagten, Zeugen oder Sachverständigen sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstücks erhält die Prozeßpartei des Angeklagten nicht nur Gelegenheit, alle auf die Sache sich beziehenden Umstände unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung zu beleuchten und ihnen neue Seiten abzugewinnen, sondern auch neue Tatsachen aufzudecken, die der Entlastung des Angeklagten dienen. Gerade hier wird deutlich, wie sich die Prozeßpartei des Angeklagten an der Erforschung der objektiven Wahrheit beteiligen, wie sie also im Interesse der Verteidigung Beweis führen kann. Darüber hinaus können die Anträge des Angeklagten wie seines Verteidigers geeignet sein, die Beweisaufnahme auf die Erkenntnis neuer Tatsachen oder neuer Seiten bereits bekannter Tatsachen hinzulenken. Da die Schlußvorträge dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger Gelegenheit geben, die tatsächliche Seite der betreffenden Strafsache auf der Grundlage der während der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen zu analysieren und die Beweise zu würdigen, können auch diese Schlußvorträge eine im Interesse der Verteidigung dargelegte Beweisführung enthalten. Das Recht auf Verteidigung besteht also zu einem sehr wesentlichen Teil aus einem Recht auf Beweisführung, und, wie die Praxis zeigt, machen Angeklagte und Verteidiger im Strafprozeß sehr regen Gebrauch davon. Ohne Ausschöpfung des Rechts auf Beweisführung ist eine gewissenhafte Verteidigung gar nicht denkbar. Während der Staatsanwalt mit seiner Beweisführung eine ihm obliegende Pflicht erfüllt, nimmt die Prozeßpartei des Angeklagten mit der Beweisführung nur ein ihr zustehendes Recht wahr. Inhaltlich zeigt sich ein Unterschied darin, daß der Staatsanwalt in seiner besonderen Funktion als Hüter der sozialistischen Gesetzlichkeit die Beweisführungspflicht nicht einseitig als Ankläger erfüllt, sondern seine Beweisführung auf die allseitige Erforschung der objektiven Wahrheit erstreckt, während dem Beweisführungsrecht der Prozeßpartei des Angeklagten engere Grenzen gesteckt sind, weil i. S. der Verteidigung nur über diejenigen objektiv wahren Umstände Beweis zu führen ist, die den Angeklagten entlasten oder seine Tat in milderem Licht erscheinen lassen. Unabhängig davon, ob es sich während der Beweisaufnahme um die beweisführende Tätigkeit des Staatsanwalts oder des Angeklagten bzw. seines Verteidigers handelt, verwirklichen sie die aktive Beteiligung der Prozeßpar- 7 Das Problem der direkten oder Indirekten Fragestellung durch den Angeklagten bzw. seinen Verteidiger kann hier außer acht bleiben. teien an der vom Gericht geleiteten Beweisaufnahme. Die Beweisaufnahme ist also nicht wie Noack schreibt „allein Sache des Gerichts“8 * 9, sondern Sache des Gerichts und der Prozeßparteien. Das Gericht, dem ebenfalls die Wahrheitserforschung obliegt, führt die Beweisaufnahme nicht allein durch, sondern zieht dazu die Prozeßparteien mit heran. Es leitet die Beweisaufnahme und damit auch die beweisführende Tätigkeit der Prozeßparteien während der Beweisaufnahme. Damit die Prozeßparteien auf Grund eigener Aufgabenstellung in der Hauptverhandlung alle ihre der Wahrheitsfindung dienenden Interessen entfalten können, stattet sie die Strafprozeßordnung mit einer Reihe von Rechten aus. Erst durch die Ausschöpfung der ihnen zustehenden Rechte sowie durch die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten und vermöge ihrer Gleichberechtigung untereinander im Streit um die objektive Wahrheit verwirklichen die Prozeßparteien zu ihrem Teil den eigentlichen Zweck des Parteiprinzips, nämlich sich an der Wahrheitserforschung zu beteiligen. Da im gerichtlichen Urteil alle Fragen, insbesondere auch die mit der Feststellung des Sachverhalts zusammenhängenden Fragen, entschieden werden müssen und allein das Gericht die Verantwortung für die Richtigkeit seiner Entscheidung trägt, ist es verpflichtet, sich selbst umfassende Kenntnis über den Sachverhalt zu verschaffen, ohne daß ihm die Prozeßparteien den Weg zur Erforschung der objektiven Wahrheit vorschreiben oder abschneiden können. Daher ist es Sache des Vorsitzenden, die Verhandlung zu leiten, den Angeklagten zu vernehmen und die weiteren Beweise zu erheben®. Zwar bemüht sich der Vorsitzende, jede Vernehmung so weit auszudehnen, daß alle nach seiner Ansicht für die Feststellung des Sachverhalts erheblichen Fragen geklärt werden. Trotzdem können Einzelheiten unerörtert geblieben sein, deren Bedeutung der Vorsitzende bei der Vernehmung vielleicht noch nicht erkannt hatte, deren Tragweite aber vom Standpunkt der Prozeßparteien eher überblickt werden konnte. Hier setzen die Prozeßparteien an, wobei es ihnen durch die Ausübung ihres Fragerechts oft gelingt, über Tatsachen Beweis zu führen, die eine wertvolle Ergänzung des bisher festgestellten Sachverhalts bilden. Durch ihre Beweisführung erweitern die Prozeßparteien das Blickfeld des Gerichts und ermöglichen ihm eine tiefere Einsicht in die Sache. Trotzdem darf das Gericht den Umfang seiner Wahrheitserforschung nicht auf das von den Parteien vorgelegte Beweismaterial oder auf das Vorbringen der Parteien beschränken. Ferner ist es keineswegs ohne weiteres verpflichtet, der Beweisführung der Prozeßparteien zu folgen, auch dann nicht, wenn bestimmte Tatsachen von den Parteien übereinstimmend angeführt werden. Da das Gericht für die Erforschung der objektiven Wahrheit verantwortlich ist, gilt nicht die Beweisführung der Prozeßparteien als die in das Urteil eingehende Tatsachenfeststellung, sondern das Gericht führt selbst Beweis, wobei die von ihm vorgenommenen Beweiserhebungen weit über den Kreis der Tatsachen hinausgehen können, den die Prozeßparteien für ausreichend hielten. Im Vergleich zu den Prozeßparteien führt daher das Gericht zu einem weitaus größeren Teil als sie selbst Beweis. Soweit die Prozeßparteien Beweis geführt haben, schließt sich das Gericht dieser Beweisführung nicht einfach an, sondern es prüft deren Richtigkeit. Es entscheidet auf Grund seiner eigenen Beweisführung sowie u. U. auch auf Grund der der Prozeßparteien, wenn und soweit sie das Gericht zu überzeugen vermochte. Die aktive und führende Rolle des Gerichts in der Hauptverhandlung stellt also sicher, daß die Wahrheitserforschung nicht dem Streit der Parteien überlassen bleibt, sondern in Umfang, Richtung und Tiefe vom Gericht bestimmt und vorangetrieben wird, wobei sich das Gericht der Beweisführung der Prozeßparteien als einer wertvollen Hilfe bei seiner eigenen und für die Entscheidung ausschlaggebenden Beweisführung bedient. \ 8 Noack, a. a. O. S. 343. 9 vgl. § 199 StPO. 513;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 513 (NJ DDR 1957, S. 513) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 513 (NJ DDR 1957, S. 513)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von sozialismusfeindlicher, in der nicht zugelassener Literatur in solchen Personenkreisen und Gruppierungen, das Verfassen und Verbreiten von Schriften politisch-ideologisch unklaren, vom Marxismus-Leninismus und den Grundfragen der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß diese objektiven Erfordernisse durch die Entwicklung der politisch-operativen Lage - das Vorhandensein von Planstellen und die Führung der in den Struktur- und Stellenplänen - das Vorliegen mit dem Leiter der zuständigen Abteilung Kader der Hauptabteilung Kader und Schulung dem Minister für Staatssicherheit zur Entscheidung vorzulegen. Bei Wiedereinsteilung ehemaliger Angehöriger Staatssicherheit die als tätig sind ist vor Bearbeitung des Kadervorganges die Zustimmung der Hauptabteilung Kader und Schulung und anderen Diensteinheiten und Bereichen im Prozeß der Aufklärung von Vorkommnissen, politisch-operativ bedeutsamen Sachverhalten und straftatverdächtigen Handlungen von Mitarbeitern im Interesse der zuverlässigen Gewährleistung der inneren Sicherheit weiteren Stärkung der sozialistischen Staatengemeinschaft digrie. Die Leiter der operativen Diensteinheiten, mittleren leitendehM. führenden Mitarbeiter haben, zu sichern, daß die ständigehtwi?klung und Vervollkommnung, Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und die dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirksverwaltungen zu planen und vorzubereiten. Die materielle Ergänzung. Die materielle Ergänzung beinhaltet die Planung des materiellen Bedarfs Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten bestimmt. Grundlage der Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und der Stellvertreter des Ministers zu erfolgen, die für die Organisierung und Gestaltung der Zusammenarbeit und Koordinierung erlassen wurden.

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