Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 477

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 477 (NJ DDR 1957, S. 477); Recht und Justiz in der Bundesrepublik Probleme der Jugendkriminalität Von Prof. GERHARD PCHALEK, Direktor des Instituts für Strafrecht der Friedrich-Schiller-Universität Jena Die nachstehenden Ausführungen sind einem Referat entnommen, das der Verfasser für die Sektionssitzung der Juristen auf dem V. Deutschen Kulturtag in Hamburg vorbereitet hatte. Auf die Veröffentlichung der Abschnitte über die Jugendkriminalität in der DDR wird hier verzichtet, da der Verfasser im wesentlichen Material verwertete, das unseren Lesern bereits bekannt ist. D. Red. Wenn wir einen nur überschlägigen Blick in die umfangreiche Literatur werfen, die sich in jüngster Zeit in europäischen und außereuropäischen Ländern mit Fragen der Jugendkriminalität der Sache, weniger des Anlasses wegen in erfreulich steigendem Maße beschäftigt, tritt uns überwiegend die abschließende, allerdings oft auch resignierende Feststellung entgegen: „Die Bekämpfung der Jugendkriminalität ist das Polizeiproblem Nr. 1.“ Der in zahlreichen Ländern durch die steigende Jugendkriminalität wachsenden Besorgnis wegen befaßte sich der „I. Kongreß der UN für Verbrechensvorbeugung und Behandlung von Delinquenten“, der vom 22. August bis 3. September 1955 in Genf abgehalten wurde, u. a. auch mit dem Thema: „Verhütung der Jugendkriminalität“1. Wenn trotz dreitägiger Aussprache in Anbetracht tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten über Weltanschauung, Moral und Gesetz eine international einhellige Auffassung über den Begriff der „Jugendkriminalität“ nicht zu erzielen war, so zeigt das bei aller Betonung des dringlichen Bedürfnisses nach internationaler Zusammenarbeit die Differenziertheit und Schwierigkeit der behandelten Problematik. Eine wichtige Hilfe ist uns bei solchen Untersuchungen die Kriminalstatistik, auch wenn sie leider erst nach einer gewissen Zeitspanne die Verfehlungen Jugendlicher in quantitativem Ausmaß, zum Teil auch in ihrer qualitativen Tragweite rückschauend aufzeigt. Nicht immer werden jedoch die (prognostisch auf den einzelnen Jugendlichen bezogen, prophylaktisch auf das Volksganze gesehen) notwendigen kriminologischen Folgerungen mit der gebotenen Konsequenz gezogen. Ich beschränke mich mit dieser These auf die Nachkriegszeit. Neben anderen hat Bader in seiner eingehend den Ursachen des Nachkriegsver-brechens gewidmeten Arbeit „Soziologie der deutschen Nachkriegskriminalität“, in der er wiederholt auf das herabgesetzte Kulturniveau als Folge der Kriegs- und Nachkriegszeit hinweist, auch die Kriminalität der Jugend einer sehr realen Untersuchung unterzogen und in Verwahrlosung sowie Verwirruhg der Wertbegriffe ihre Hauptursachen an Hand der seinerzeit nachkriegsbedingt noch unzulänglichen Kriminalstatistik herausgestellt. Viele von uns hätten damals 1949 Baders Glauben an die Jugend geteilt und seinen Appell an die breiteste Öffentlichkeit mit unterzeichnet, mit dem er sein Kapitel „Kriminalität der Jugend“2 wie folgt schloß: „So bedrohlich die Kriminalität der Jugend gewachsen ist, so wenig kann und darf man behaupten, daß die Jugend in ihrer Gesamtheit verdorben oder gar verwahrlost sei. Bei der Erziehung dieser Jugend haben Haus, Schule und Staat vielfach versagt. Sie schwankt zwischen Hoffnungslosigkeit und Tatendurst hin und her und sucht sich ihren Lebensinhalt dort, wo sie ihn findet. Es liegt an uns allen, nicht nur an den Organen der Verbrechensbekämpfung, dafür zu sorgen, daß ein solcher Lebensinhalt der Jugend von heute vermittelt wird.“ Längst ist diese Jugend dem damaligen „Heute“, der unmittelbaren Kriegs- und Nachkriegszeit, entwachsen. Kriegs- und Nachkriegswirren und ihre kriminell fördernden Faktoren, wie sie Bader damals zur Grundlage seiner Erörterungen gemacht hatte, 1 Kriminalistik (Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis) 1956 S. 71. 2 Karl S. Bader, Soziologie der deutschen Nachkriegskriminalität, Tübingen 1949, S. 146 bis 150. sind nicht mehr vorhanden. Eine neue Jugend, nicht mehr unter dem unmittelbaren Einfluß solcher Umstände stehend, ist herangewachsen. Von einer „Nachkriegskriminalität“ der Jahre nach 1945 kann nicht mehr die Rede sein. Anstelle unzureichender Statistiken einzelner Städte und Länder gibt nach erfolgtem Wiederaufbau der Verwaltung eine exakte Erfassung aller Verfehlungen Jugendlicher eine bessere Übersicht über den Stand der Kriminalitätsbewegung. Im Gegensatz zum Optimismus, der die zuvor erwähnte Untersuchung Baders kennzeichnet, ist auf die letzten Jahre begrenzt festzustellen: Wirkte sich die wirtschaftliche, soziale und geistige Notlage der ersten Nachkriegsjahre zunächst in einem beständigen Anstieg der Kriminalitätsziffern aus, die ihren Höchststand um die Jahre 1948/1949 gefunden hatten, so zeichnete sich anschließend infolge Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein Sinken der Kriminalitätsziffern ab. In der Bundesrepublik ist jedoch nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen, die sich auf Zahlenangaben des Statistischen Bundesamts und der polizeilichen Kriminalstatistik der Bundesrepublik stützen, etwa seit 1950 ein beständiges, anfänglich noch langsameres Ansteigen der Kriminalitätsbewegung zu beobachten. Erfreulichen Eindruck mochte die Feststellung hinterlassen, daß die Zahl der rechtskräftig verurteilten Jugendlichen in den Jahren 1952 bis zum 1. Halbjahr 1954 unter die Kriminalitätsziffer von 1951 mit 7,59% und 1950 mit 7,14% abgesunken war, wobei allerdings nicht übersehen werden sollte, daß die nach dem zweiten Weltkrieg günstigste Ziffer von 1951 noch immer über der ungünstigsten Kriminalitätsziffer zwischen den beiden Weltkriegen, nämlich der des Jahres 1932, liegt. Im Jahre 1954, in dem die Zahl der bekannt gewordenen Straftaten die des Jahres 1953 um knapp 1% überstieg, machte der Anteil der Jugendlichen an der polizeilich festgestellten Gesamttäterzahl 6,9% aus3 7% war ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik , stieg im Jahre 1955 auf 7,5%4. Und im Jahre 1956 weist die polizeiliche Kriminalstatistik eine abermalige Steigerung an Verbrechen und Vergehen von 3,5% und hinsichtlich der Zahl der Jugendlichen ein weiteres Ansteigen auf 8,4% der festgestellten Täter gegenüber 7,5% des Vorjahres aus5. Die gleiche Entwicklungstendenz der Kriminalitätsziffern in der Bundesrepublik stellt Middendorf in seiner „Jugendkriminologie“, auf reichliches statistisches Material gestützt, in anschaulicher Weise dar und zeigt hierbei eine unverkennbare, allgemeine Parallelität dieser Erscheinung mit einer Reihe anderer kapitalistischer Länder, vor allem den USA6. Auf den Kern der Kriminalitätsbewegung in der Bundesrepublik stößt man jedoch erst, wenn man erstens die Kriminalität der Jugendlichen nach ihren Deliktsgruppen aufgliedert und hiervon ausgehend zum zweiten den Ursachen der Kriminalität im einzelnen nachgeht. Die Betrachtung der Jugendkriminalität nach ihren Deliktsgruppen führt zu einem überraschenden Ergebnis in Gestalt eines augenfälligen Umschichtungsprozesses, der durch seine Verlagerung von der Vermögenskriminalität fort zu ausgesprochenen Roheitsund Gewaltdelikten gekennzeichnet ist. Zum Beleg dieser Feststellung sei Schaffstein zitiert, der an Hand zweier Göttinger Dissertationen die Kriminalität der Jugendlichen, Heranwachsenden und Jungerwachsenen in Niedersachsen von 1948 bis 1955 einer 3 Holle, Die Polizeiliche Krinainalstatistik 1954, in: Kriminalistik 1955 S. 161 ft. 4 Holle, Die Polizeiliche Kriminalstatistik 1955, in: Kriminalistik 1956 S. 189 ff. 5 Holle, Die Polizeiliche Kriminalstatistik für die Bundesrepublik Deutschland 1956, in: Kriminalistik 1957 S. 161 ff. 6 Middendorf, Jugendkriminologle, 1956, S. 23 ff. 477;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 477 (NJ DDR 1957, S. 477) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 477 (NJ DDR 1957, S. 477)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linien und kann der such erlaubt werden. Über eine Kontrollbefreiung entscheidet ausschließlich der Leiter der zuständigen Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage eines eines einer eines Operativen Vorgangs, eines Untersuchungsvorgangs sowie die Erfassung. Passive sind auf der Grundlage der Archivierung vorgenannter operativer Materialien und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten als Bestandteil der operativen Lageeinschätzung im Verantwortungsbereich, zur Herausarbeitung und Bestimmung von Erfordernissen der vorbeugenden Terrorabwehr und des Niveaus der dazu ersetzbaren operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Tätigkeit Staatssicherheit dienenden Potenzen des politisch-operativen Zusammenwirkens haben sich flankierende operative Maßnahmen in Vorbereitung parallel zu den Untersuchungshandlungen der Partner des politisch-operativen Zusammenwirkens bewährt.

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