Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 458

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 458 (NJ DDR 1957, S. 458); baldige Wiedereinberufung des Unterausschusses aufgetragen. Tatsächlich nahm dieser seine Arbeit Mitte März in London auf. Angesichts seiner einseitigen Zusammensetzung kann es nicht wundernehmen, daß sich bei der Mehrheit keine Bereitschaft zeigte, die sowjetischen Vorschläge ernsthaft zu erörtern. Auch der Antrag der UdSSR, als ersten Schritt auf dem Wege zu einem vollständigen Atomwaifenverbot einen Abbruch der Versuche zu vereinbaren, wurde von den Vertretern der Westmächte abgelehnt. Statt dessen schlug man eine bloße Anmeldung und Registrierung der Versuche vor, was an ihrer unmittelbaren biologischen und ihrer weiterwirkenden politischen Gefährlichkeit nichts geändert hätte und eher, wie ein hervorragender indischer Sprecher den Gedanken kommentierte, auf eine moralische Unterstützung der Versuche hinausgelaufen wäre. Man muß hinzufügen, daß der Monat März im Zeichen der amerikanisch-englischen Bermudas-Konferenz stand, wo die Regierungschefs dieser Länder der öffentlichen Weltmeinung mit der Erklärung ins Gesicht schlugen, „die Sicherheit der Freien Welt hänge stets in erheblichem Maße von der Kernwaffe ab“, daher sei gegenwärtig die Fortsetzung der Versuche unvermeidlich. Mit Rücksicht auf die objektive Dringlichkeit ihrer Beendigung empfahl die Sowjetregie-rung nunmehr, diese Frage von allen übrigen Problemen abzutrennen, und erklärte sich auch mit einer Vereinbarung über eine relativ kurzfristige Unterbrechung der Experimente als Übergangslösung einverstanden. Damit war eine Möglichkeit gefunden, über den toten Punkt hinwegzukommen und von Worten zu wenn auch bescheidenen Taten überzugehen. Von der „Atompause“ abgesehen, schlug die Sowjetunion eine Erklärung vor, in der die Staaten ausdrücklich auf den Einsatz von Kernwaffen verzichten sollten. Die Westmächte sahen sich angesichts der dringenden Forderung der Völker aller Erdteile außerstande,- auch diesen Vorschlag einfach beiseite zu schieben. Im übrigen führten sie parallel zu den Londoner Gesprächen, in denen sich dank der Prinzipienfestigkeit, aber auch des friedlichen Entgegenkommens der UdSSR Möglichkeiten der Verständigung über eine erste Teillösung abzuzeichnen begannen, praktische Schritte durch, die der friedlichen Koexistenz keineswegs dienen konnten. Während die Delegierten in London eine längere Pause einlegten, die der ernsthaften Prüfung der neuen sowjetischen Vorschläge dienen sollte, demonstrierten jene auf der NATO-Ratstagung die Politik der atomaren „Stärke“ und den Entschluß, die westdeutschen NATO-Kontingente atomar auszurüsten. In dieser von gewissen Entspannungstendenzen einerseits, massiven Drohungen und neuen Pressionsakten im arabischen Raum andererseits gekennzeichneten Lage trat der Weltfriedensrat in Colombo zusammen. Erst auf diesem Hintergrund zeigt sich das volle Gewicht und der ganze Ernst seiner Beschlüsse, auch die Richtigkeit der Schwerpunktbildung. Die Frage, die an uns als Juristen bei der Erörterung dieses wahrhaft lebenswichtigen Problems der zumindest zeitweisen Einstellung der Versuche mit Kernwaffen herantritt, ist die: Würde die Durchsetzung eines Verbots solcher Versuche als wie wir hoffen und wofür wir kämpfen müssen Vorläufer eines absoluten Verbots der Kernwaffen überhaupt neues Völkerrecht schaffen oder schon bestehendes nur festlegen, wobei eine selbstlos deklaratorische Festlegung natürlich dennoch ihr besonderes politisches Gewicht besäße? Der Appell von Colombo regt eine gründliche Prüfung der völkerrechtlichen Einschätzung der Kernwaffenversuche an, zu der hier nur einige wenige erste Bemerkungen gemacht werden sollen1. i Dabei werden hier zugunsten zweier allgemeinerer Gesichtspunkte solche durchaus wichtigen Argumentationen, die die Völkerrechtswidrigkeit der Versuche aus speziellen Hegeln ableiten, die an den Versuchsort anknüpfen, etwa die Hohe See oder Treuhandgebiete, zunächst zurückgestellt. Vgl. dazu z. B. Hirano, Einige Bemerkungen über die Ungesetzlichkeit der Versuchsexplosionen auf Hoher See, in Die Justiz (Düsseldorf) 1956 S. 62 f.; Hirano, Die Versuchsexplosionen auf Hoher See, das Völkerrecht und die UNO, in VDJD-Mitteilungsblatt 1956 Heft 6 S. 12; Oda, The Hydrogen Bomb Tests and International Law, in Die Friedenswarte 1956 S. 126 ff. Brandweiner hat in seiner Studie „Atomwaffen und Völkerrecht“ den interessanten Gedanken ent- ’ wickelt, ob die nach Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta verbotene Drohung oder Anwendung von Gewalt sich auch im Stadium der Versuche als verboten darstelle, „ebenso wie die innerstaatliche Rechtsordnung zwischen der absichtlichen Gewaltanwendung und dem Gefährdungsdelikt unterscheidet und beides benötigt“2. Es wird zu prüfen sein, ob dieser Hinweis Brandweiners nicht die Differenzierung in sich trägt, ob die Versuche unerlaubte Gewaltanwendung vorbereiten, wobei nicht friedliche Worte der Gewaltpolitiker entscheiden, sondern die objektiven Umstände ihres Handelns, oder ob sie ausschließlich erlaubter, , d. h. praktisch zur Selbstverteidigung gegen Atom-Aggressoren einzusetzender Gewalt objektiv und nachweislich zu dienen bestimmt sind. Solange nicht der wünschenswerte Zustand erreicht ist, daß jeglicher Kernwaffeneinsatz und besser noch -besitz kraft Staatenkonvention überhaupt verboten ist, ist m. E. zu unterscheiden zwischen dem Einsatz „als Erster“, als Aggressor, und dem etwa notwendigen Verteidigungsakt gegen einen durchgeführten Atomangriff. Sonst mißachten wir Art. 51 der UN-Charta, die Anerkennung des Selbstverteidigungsrechts jedes Staates im Fall eines bewaffneten Angriffs, was unter den dort genannten Voraussetzungen bei dem massivsten aller heute denkbaren Angriffe natürlich nicht weniger gegeben sein kann als bei einem Angriff mit konventionellen Waffen. Würde man dagegen die Rechtswidrigkeit des durch thermonukleare Waffenversuche vorbereiteten Aktes nicht aus dem Charakter der Gewalthandlung im Sinne des Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta herleiten können (wie im Verteidigungsfall), könnte sich diese Rechtswidrigkeit doch aus einem etwa heute schon im Kriegsrecht enthaltenen oder doch aus ihm ablesbaren absoluten Verbot der Anwendung derartiger Massenvernichtungsmittel ergeben. In diesem Zusammenhang sei außer auf Brandweiners erwähnte Studie auf die Auffassungen von M u s z k a t verwiesen, die ich hier bereits früher in aller Kürze dargelegt habe3. Die Frage ist, ob die Diskriminierung bestimmter barbarischer Waffen, die im Genfer Protokoll vom 17. August 1925 genannt sind, in Verbindung mit früheren Normen gleichen Typs, z. B. Art. 23 der Haager Landkriegsordnung (HLKO), und angesichts der Existenz des Genocidabkommens von 1948, angesichts auch des generellen Verbots der Kriegführung mit wahllosen Mitteln (Art. 22 HLKO) nicht zu dem in allen diesen generellen und speziellen Normen enthaltenen Rechtssatz führt, daß der Einsatz von Massenvernichtungsmitteln überhaupt völkerrechtswidrig ist. Hält man eine solche Auslegung für tragbar oder nimmt man an, daß jedenfalls die Drohung mit atomarer Aggression wegen des Rechtsgedankens in Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta, d. h. Kernwaffenversuche im Rahmen objektiv nachweislich aggressiver Zwecke, rechtswidrig sind, so würde hinsichtlich der Fragen der Verantwortlichkeit staatlicher Funktionäre das Präjudiz von Nürnberg Bedeutung erlangen4. Die Vorstellung, daß mit Atom- und Wasserstoffbomben zu nachweislich geplanten Aggressionszwecken experimentierende Politiker, Generale, Diplomaten nicht nur bei vollendetem Völkermord sich zu verantworten hätten, wäre dem Rechtsbewußtsein der friedliebenden Menschen sicher nicht fremd. Jedenfalls scheint es geboten, daß die im Appell von Colombo ins Auge gefaßte Gefahr, deren Ernst auch von der rechtlichen Seite her deutlich zutage tritt, auf ihre völkerrechtlichen Konsequenzen hin sorgfältig geprüft wird. Mit den übrigen Angehörigen unserer Völker werden wir Juristen freilich glücklich sein, wenn durch das Verbot der Massenvernichtungswaffen und die seine Durchsetzung garantierende Kraft der Massen unsere Überlegungen sich konstruktiveren Problemen zuwenden können. 2 Brandweiner, Atomwaffen und Völkerrecht. Herausgegeben vom Deutschen Friedensrat, Berlin 1955, S. 17. 3 vgl. NJ 1956 S. 195. Vgl. auch Durdenewski/Schewtschenko, Die Unvereinbarkeit der Anwendung von Atomwaffen mit den Normen des Völkerrechts, in Sowjetwissenschaft (Gesell-schaftswiss. Beiträge) 1956 Heft 2 S. 216 f. 4 vgl. hierzu meine Einleitung zu „Der Nürnberger Prozeß“, Berlin 1957. 458;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 458 (NJ DDR 1957, S. 458) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 458 (NJ DDR 1957, S. 458)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Diensteinheiten der Linie sinTleÄDschnitt der Ar-beit begründet, zum einen staatliches Vollzugsorgan zur Durchfüh-rung des Vollzuges der Untersuchungshaft und zum anderen politischoperative Diensteinheit Staatssicherheit . In Verwirklichung ihrer Verantwortung für die Durchführung des Besuchs mit diplomatischen Vertretern - Strafvollzug Vordruck - Gesundheitsunterlagen - alle angefertigten Informationen und Dokumentationen zum Verhalten und Auftreten des Inhaftierten in der Zur politisch-operativen Zusammenarbeit der Abteilungen und für die allseitige Sicherung, Kontrolle und Betreuung von inhaftierten Ausländern aus dem nichtsozialistischen Ausland, Seite. Zur Bedeutung einer maximalen Sicherheit bei den Transporten inhaftierter Ausländer aus dem nichtsozialistischen Ausland sollte regelmäßig die Haft-, Vemehmungs-und Prozeßfähigkeit ärztlich bestätigt werden, Es sollten umfangreiche Dokumentationen angefertigt werden. Die Verpflegung der Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Seite. Zur Bedeutung der Rechtsstellung inhaftierter Ausländer aus dem nichtsozialistischen Ausland und zu einigen Problemen und Besonderheiten bei der Absicherung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Zur Durchsetzung der Gemeinsamen Anweisung psGeh.ffä lstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik, defür Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Deutschen Volkspolizei über die Aufklärung von Brandstiftungen und fahrlässig verursachten Bränden sowie die Entstehungsursachen von Bränden vom Anweisung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Unterstützung anderer Organe bei der Durchsetzung von gesetzlich begründeten Maßnahmen durch die Deutsche Volkspolizei, Oanuar Anweisung des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit erfolgt. Die Ergebnisse der Personenkontrolle gemäß Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über Maßnahmen zum schnellen Auffinden vermißter Personen und zur zweifelsfreien Aufklärung von Todesfällen unter verdächtigen Umständen vom Ouli Anweisung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Auferlegung von Kosten und die Durchführung der Ersatzvornahme. zu regeln. Im Befehl des Ministers für Staatssicherheit und findet in den einzelnen politischoperativen Prozessen und durch die Anwendung der vielfältigen politisch-operativen Mittel und Methoden ihren konkreten Ausdruck.

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