Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 451

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 451 (NJ DDR 1957, S. 451); zur Vorbereitung und Durchführv/ng der Hauptverhandlung erforderlichen Maßnahmen zu, treffen und gemäß § 200 StPO selbst die allseitige und vollständige Sachaufklärung vorzunehmen. Oie Vorschrift des § 174 StPO spricht ausdrücklich von „weiteren Ermittlungen“; sie ist deshalb nicht etwa dazu bestimmt, die Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt aus anderen Gründen als zur weiteren Sachaufklärung zu ermöglichen. Was zu den Ermittlungen gehört, bestimmt §108 StPO. Keinesfalls hat §174 StPO etwa den Sinn, den Staatsanwalt sozusagen zum „Hilfsorgan“ des Gerichts für prozeßleitende und prozeßvorbereitende Handlungen zu machen, die das Gericht selbst vorzunehmen hat. Für den Fall des Nichterscheinens des Angeklagten in der Hauptverhandlung ist nicht §174 StPO anzuwenden, vielmehr bestimmt die Strafprozeßordnung in ihrem § 194, wie sich das Gericht zu verhalten hat. Dies hat das Kreisgericht nicht beachtet. ■ Ist der Angeklagte ordnungsgemäß geladen und unentschuldigt ausgeblieben, so ist das Gericht berechtigt, seine Vorführung anzuordnen oder unter den Voraussetzungen des § 141 StPO einen Haftbefehl zu erlassen. Das Kreisgericht hätte prüfen müssen, ob nach diesen Vorschriften zu verfahren war, nicht aber zum Zweck der Aufenthaltsermittlung die Sache nach § 174 StPO an den Staatsanwalt zurückgeben dürfen. Hätten die vom Kreisgericht angeordnete Vorführung oder der von ihm erlassene Haftbefehl nicht zum Erfolg geführt, weil die zur Vollstreckung dieser Entscheidungen berufenen Organe den Aufenthalt des Angeklagten nicht ermitteln konnten, so hätte nunmehr das Kreisgericht nach § 173 StPO die vorläufige Einstellung des Verfahrens aussprechen können. Die Anberaumung eines neuen Hauptverhandlungstermins wäre unter diesen Umständen weder notwendig noch sinnvoll gewesen. Selbstverständlich hätten Gericht und Staatsanwalt auch zu prüfen gehabt, ob die Voraussetzungen für ein Verfahren gegen Flüchtige nach § 236 StPO vorliegen. Audi § 195 StPO würde in einem solchen Fall zu beachten sein. Hätte das Kreisgericht in der Hauptverhandlung bereits die sichere Feststellung getroffen, daß trotz Erlaß eines Vorfühnungs- oder Haftbefehls mit einer alsbaldigen Aufenthaltsermittlung nicht gerechnet werden könne und eine alsbaldige Vollstreckung des Vorführungs- oder Haftbefehls nicht zu erwarten sei, so hätte es auch unmittelbar in der Hauptverhandlwng, ohne das weitere Ergebnis des Vorführungsbefehls abzuwarten, die vorläufige Einstellung gemäß § 226 Ziff. 4 StPO aussprechen können. Allerdings wird das Gericht in der Hauptverhandlung nur dann so verfahren, wenn weitere Aufenthaltsermittlungen und die Vollstreckung des Vorführungsbefehls schon in der Hauptverhamdlung erkennbar aussichtslos erscheinen. Es könnte eingewandt werden, ob § 226 Ziff. 4 StPO eine vorläufige Einstellung des Gerichts in der Hautpverhandlung gestattet. Die Fassung der Vorschrift des § 226 StPO, die in Satz 1 allerdings nur von „Einstellung“ und nicht von „vorläufiger Einstellung“ spricht, steht m. E. der Möglichkeit einer vorläufigen Einstellung auch in der Hauptverhandlung nicht entgegen. Wenn ein möglicherweise nur vorübergehend bestehendes Hindernis eben nur die vorläufige Einstellung rechtfertigt, ist diese nach § 226 Ziff. 4 zulässig. In dieser Ziffer wird ausdrücklich auf die Bedingungen der vorläufigen Einstellung nach §§ 165, 173 StPO verwiesen und ausgesprochen, daß unter den Voraussetzungen der vorläufigen Einstellung gemäß §§ 165, 173, 241 StPO auch in der Hauptverhandlung eingestellt werden kann. Damit ist m. E. nur die vorläufige Einstellung gemeint, so daß der sofortige Fortgang des Verfahrens möglich ist, wenn das zur vorläufigen Einstellung Anlaß gebende Hindernis beseitigt ist. Wenn auch der Wortlaut des Gesetzes nicht genügend klwr gefaßt ist, so kann doch m. E. diese Vorschrift nicht anders ausgelegt werden. Man muß beachten, daß innerhalb des § 226 zwei Gruppen von Fällen zu unterscheiden sind. Die Fälle der Ziff. 1 bits 3 betreffen inhaltlich andere Fälle der Einstellung, gewissermaßen Fälle der „endgültigen“, Ziff. 4 aber betrifft durch die Verweisung auf die §§ 165, 173 StPO gerade typische Fälle nur vorübergehender Hindernisse. Es sind daher keine Gründe ersichtlich, dem Gericht die Möglichkeit der vorläufigen Einstellung in der Hauptverhandlung bei solchen nur vorübergehenden Hindernissen zu versagen. Es kamn nicht der Sinn des Gesetzes sein, dem Gericht in der Hauptverhandlung prozessual weniger und ungünstigere Möglichkeiten einzuräumen, als es außerhalb der Hauptverhandlung gemäß §173 StPO hat. Das Kreisgericht hätte also nach § 226 Ziff. 4 StPO verfahren können, wenn in der Hauptverhandlung am 13. Mai 1957 eindeutig feststand, daß ein Verfahren zur Zeit wegen unbekannten Aufenthalts des Angeklagten nicht durchgeführt werden könnte. Mir scheint allerdings der im Beschluß dargestellte Sachverhalt Zweifel darüber offen zu lassen, ob diese Frage schon eindeutig beantwortet werden konnte. Die angegebenen Umstände scheinen es doch zu rechtfertigen, daß das Gericht zunächst noch durch Ersuchen an die für den letzten Wohnsitz des Angeklagten zuständige Meldestelle der Volkspolizei festzustellen versucht hätte, ob ein neuer Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Angeklagten ermittelt ist. Erst wenn dem Gericht von der Meldestelle der Deutschen Volkspolizei eine Bestätigung vorgelegt worden wäre, daß der Angeklagte zur Zeit unbekannten Aufenthalts sei, wäre wohl der Zeitpunkt für eine vorläufige Einstellung gegeben gewesen. Man sollte mit solchen vorläufigen Einstellungen nicht voreilig verfahren. 2. Das Bezirksgericht hat sich bei seinem Beschluß von dem an sich verständlichen Gedanken leiten lassen, den durchaus verfehlten Beschluß des Kreisgerichts nach § 174 StPO Zu beseitigen und nach dem grundsätzlich richtig anzuwendenden §226Ziff.4 StPO zu entscheiden. Dem Bezirksgericht war jedoch diese Möglichkeit einer sachlichen Entscheidung über die Beschwerde versagt, weil sie unzulässig war und als unzulässig hätte verworfen werden müssen. Das Bezirksgericht hat offenbar die zu dieser Frage bereits veröffentlichten Entscheidungen nicht gekannt und sich mit dem darin vertretenen Standpunkt nicht beschäftigt. Das Oberste Gericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 7. November 1955 NJ 1956 S. 24 ausgesprochen, daß dem Staatsanwalt kein Recht der Beschwerde zusteht, wenn das Gericht die Sache an ihn zurückgibt. Es hat ausgeführt, daß es sich hier lediglich um eine prozeßleitende Maßnahme des Gerichts handelt und das Verfahren bei dem Gericht anhängig bleibt. Auch das Bezirksgericht Dresden hat in seinem Beschluß vom 25. Januar 1955 NJ 1955 S. 418 dargelegt, daß eine Beschwerde gegen Beschlüsse nach §174 StPO nicht zulässig sei, weil § 296 Abs. 3 StPO solchen Beschlüssen die Beschwerdefähigkeit versagt. Wenn das Bezirksgericht eine andere Rechtsauffassung vertreten und von dem in den veröffentlichten Entscheidungen dargelegten Rechtsstandpunkt abweichen wollte, wäre es angezeigt gewesen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und seine abweichende Auffassung überzeugend zu begründen. Die Rechtsprechung der Gerichte, insbesondere aber die Rechtsmittelentscheidungen der oberen Gerichte sollten es als eine wichtige Aufgabe ansehen, sich mit der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage eingehend zu beschäftigen und sich mit unterschiedlichen Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung auseinanderzusetzen, da nur eine solche gründliche Erörterung von rechtlichen Zweifelsfragen zu einer wissenschaftlichen Klärung führen und der anleitenden Funktion der Rechtsprechung der Rechtsmittelinstanz gerecht wird. Aus den im den zitierten Entscheidungen dargelegten zutreffenden Gründen war auch im vorliegenden Fall eine Beschwerde gegen den Beschluß des Kreisgerichts nicht zulässig. Die zur Begründung der Zulässigkeit seiner Beschwerde vorgetragene Meinung des Staatsanwalts, es handele sich überhaupt nicht um einen in der Hauptverhandlung ergangenen Beschluß, weil diese noch gar nicht begonnen habe, ist schon deswegen verfehlt, weil ihr §198 Abs. 1 StPO entgegensteht. Die Hauptverhandlung hatte bereits begonnen, weil der Aufruf der Sache erfolgt war und bekanntlich mit dem Aufruf der Sache, des Angeklagten, der Zeugen und Sachverständigen die Hauptverhandlung beginnt. 451;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 451 (NJ DDR 1957, S. 451) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 451 (NJ DDR 1957, S. 451)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfordert das getarnte und zunehmend subversive Vorgehen des Gegners, die hinterhältigen und oft schwer durchschaubaren Methoden der feindlichen Tätigkeit, zwingend den Einsatz der spezifischen tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden, die Einleitung vorbeugender, schadensverhütender und gefährenabwendender Maßnahmen und die zweckmäßige Leitung und Organisierung des politisch-operativen Zusammenwirkens mit den anderen staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen und Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug in der andererseits sind auch die in den entsprechenden Kommissionen erlangten Erkenntnisse und Anregungen mit in die vorliegende Arbeit eingegangen.

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