Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 450

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 450 (NJ DDR 1957, S. 450); einem Gebet zu Gott bitte ich als Familienvater und Christ um Ihre Hilfe, bevor wir diesem Leben durch den Strick oder den Gashahn ein Ende bereiten. Gott helfe uns!“ In einem anderen Brief, der in spanischer Sprache1 im Juni 1953 ins .Ausland geschrieben wurde, heißt es: „Hinsichtlich Wirtschaft und Kirche entwik-keln sich die Dinge immer mehr zum Schlechten. Nervenstärkende Mittel fehlen gänzlich. Wir hoffen auf Gottes Hilfe. Der letzte Ausweg für uns ist der Tod der Strick oder der Gashahn.“ In einem Brief nach Schweden schreibt der Angeklagte: „Die Verhältnisse sind immer noch sehr schlecht, ja, haben sich fortlaufend verschlechtert. Das Schlimmste ist, es besteht gar keine Aussicht, daß der Hunger aufhört.“ Um für seine Frau einen Übergangsmantel zu erhalten, schrieb er in einem Brief vom 31. August 1956 unter anderem: „Nun vegetiere ich mit meiner lieben Frau bis zum Siechtum und Tod, denn für alte Menschen hat man hier nichts mehr.“ In diesem Brief schrieb er der Wahrheit zuwider, daß er einer von ihm in die Familie aufge-nommenen jungen Waise einen Wettermantel bzw. Übergangsmantel schenken möchte, und ob er einen solchen von den angeschriebenen Personen erhalten könnte1. Um bei den betreffenden Personen die Bereitwilligkeit zu seiner Unterstützung zu erreichen, stellte er sich in seinen Bettelbriefen als ehemaligen Angestellten der Maschinenfabrik L. in gehobener Stellung bzw. als Abteilungs- oder Hauptabteilungsleiter hin. Nach diesen tatsächlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte in objektiver und subjektiver Hinsicht eines Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der DDR schuldig gemacht. Der Inhalt seiner Bettelbriefe, in denen er die Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik wahrheitswidrig schilderte, war geeignet, das Ansehen unseres Staates zu diskriminieren. Welche Wirkung diese Bettelbriefe in bezug auf das Ansehen und die Schädigung der Deutschen Demokratischen Republik hatten, zeigen Antworten, die der Angeklagte aus Mexiko bzw. Westdeutschland erhalten hat. In einem Brief aus Mexiko heißt es: „Obwohl wir bereits Trauriges von Ihnen gehört hatten, durch Ihren Brief sehen wir erst das Schreckliche in Ihrem Leben.“ In einem Brief aus München heißt es: „ und noch mehr hoffe ich, daß für Sie alle bald sich auch alles bessern und ändern wird.“ Der Angeklagte hat durch seine Briefe, in denen er das Leben der alten Menschen in der DDR als „ausweglos“ hinstellt und von „Not und Hunger“ spricht, die im kapitalistischen Ausland, aber auch besonders in Westdeutschland, gegen die DDR betriebene Hetze praktisch unterstützt. Durch die Auswertung derartiger Hetzbriefe können die Gegner unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht ihre aggressiven Pläne gegen die Deutsche Demokratische Republik rechtfertigen. Durch solche Briefe an Personen in Westdeutschland oder im kapitalistischen Ausland wird nicht nur in verleumderischer Weise über die DDR informiert, sondern auch ideologisch der Boden vorbereitet für die in Westdeutschland propagierte „Befreiung“ des Ostens. Die Abfassung der Briefe, ihre einzelnen Formulierungen beweisen eindeutig, daß dem Angeklagten auch bewußt war, auf diese Weise Hetze gegen die DDR zu betreiben. Er nahm aber diesen Erfolg seines Handelns aus persönlicher Habgier und Raffsucht in Kauf. Der Angeklagte hat daher den Tatbestand des Artikels 6 der Verfassung der DDR in der Begehungsform der Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen verwirklicht. Der Angeklagte hat ohne Hemmungen skrupellos zehn Jahre lang seine verbrecherischen Handlungen zum Schaden unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht durchgeführt. Wenn das Motiv seines Handelns auch in Habgier begründet liegt, so darf keinesfalls übersehen werden, welchen ideellen Schaden er durch sein Verbrechen hervorgerufen hat, und daß er dadurch zum Gegner unseres Staates geworden ist. Der Angeklagte lebte in wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen. Zeitweilig hat auch noch die Ehefrau des Angeklagten durch Arbeit zur Verbesserung des Lebensunterhalts beigetragen. Es kann keinesfalls die Rede davon sein, daß er aus einer Notlage heraus seine Verbrechen beging. Das Verhalten des Angeklagten ist in moralischpolitischer Hinsicht äußerst verwerflich. Entsprechend dem sehr erheblichen Schaden, den er durch seine verbrecherischen Handlungen unserem Staat zugefügt, und der Intensität, mit der er das Verbrechen betrieben hat, hielt der Senat die beantragte Zuchthausstrafe von sechs Jahren für notwendig, um dem Angeklagten mit aller Deutlichkeit die Gesellschaftsgefährlichkeit seines Handelns vor Augen zu führen und ihn davon abzuhalten, in Zukunft die Interessen unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht zu gefährden. §§ 174, 296 Abs. 3, 226 Ziff. 4 StPO. Ist ein Beschluß nach § 174 StPO zulässig, wenn in ihm das Gericht die Sache an den Staatsanwalt zurückgibt zur Ermittlung des Aufenthalts des in der Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienenen Angeklagten? Ist Beschwerde gegen einen solchen Beschluß zulässig? BG Cottbus, Besclil. vom 22. Mai 1957 2 Qs 42/57. In dem vor dem Kreisgericht G. anhängigen Strafverfahren wegen Körperverletzung war der zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladene Angeklagte nach Aufruf der Sache nicht erschienen. Das Kreisgericht hat gemäß § 174 StPO den Beschluß erlassen, die Sache an den Staatsanwalt zurückzugeben, um den Aufenthalt des Nichterschienenen zu ermitteln. Gegen diesen Beschluß hat der Staatsanwalt Beschwerde eingelegt. Er hat die Zulässigkeit der Beschwerde damit begründet, daß die Voraussetzungen des § 296 Abs. 3 nicht Platz greifen könnten, weil noch nicht in die Hauptverhandlung eingetreten worden sei. Aus den Gründen: Entgegen der Meinung des Staatsanwalts hatte die Hauptverhändlung bereits begonnen. Dies ergibt sich aus § 198 Abs. 1 StPO. Die Zulässigkeit der Beschwerde begründet sich aber im vorliegenden Fall darauf, daß der Beschluß des Kreisgerichts nicht 2m den unter § 296 Abs. 3 fallenden, in der Hauptverhandlung der Urteilsfällung vorausgehenden Beschlüssen gehört und daher die Beschwerde durch diese Vorschrift nicht ausgeschlossen war. Gern. § 300 StPO hatte1 das Beschwerdegericht zugleich den in der Sache erforderlichen Beschluß zu erlassen. Da sich aus den Akten ergibt, daß der Angeklagte unbekannt verzogen ist, war die vorläufige Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 226 Ziff. 4, 165 Ziff. 2 StPO unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auszusprechen. Anmerkung: Der Entscheidung des Bezirksgerichts kann ebensowenig zugestimmt werden wie der des Kreisgerichts. Beide Entscheidungen geben Anlaß zu folgenden prozessualen Bemerkungen: 1. Der Beschluß des Kr ei s g e r i cht s verkennt den Inhalt und die Bedeutung der Vorschrift des § 174 StPO. Diese Vorschrift, die im Zusammenhang mit § 200 StPO zu betrachten ist, hat zum Inhalt und dient dem Zweck, im Interesse der vollständigen und richtigen Aufklärung des Sachverhalts die Sache aus dem gerichtlichen Verfahren noch einmal in das Ermittlungsverfahren zurückzugeben, wenn das Ermittlungsverfahren noch keine solche Sachaufklärung .herbeigeführt hat, daß das Gericht in der Lage ist, über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden, oder wenn sich in der Hauptverhandlung herausstellt, daß die bisherigen Ermittlungen nicht genügen, um eine erschöpfende Erforschung der objektiven Wahrheit in der Hauptverhandlung zu erreichen. §174 StPO dient also der konkreten Aufgabe der bestmöglichen Erforschung der objektiven Wahrheit, ist aber kein allgemeiner prozessualer Rechtsbehelf für eine beliebige Rückgabe der Sache durch das Gericht an den Staatsanwalt zu irgendwelchen Maßnahmen, die das Gericht vom Staatsanwalt oder Untersuchungsorgan veranlaßt sehen möchte1. Grundsätzlich geht die Sache mit der Einreichung der Anklage bei dem Gericht in die Verantwortung des Gerichts über. Dieses hat nach den ihm von der Prozeßordnung übertragenen Aufgaben alle 1 Beachte hierzu aber Ziegler in NJ 1955 S. 445. Diesen Ausführungen stimme ich in vollem Umfang zu, sie stehen der hier zu § 174 StPO geäußerten Ansicht nicht entgegen; vgl. auch die Entscheidung des OG in NJ 1956 S. 24; vgl. ferner die Ausführungen von Weiß in NJ 1956 S. 777 fl. 450;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 450 (NJ DDR 1957, S. 450) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 450 (NJ DDR 1957, S. 450)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

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