Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 44

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 44 (NJ DDR 1957, S. 44); anderen Fall noch nicht. Da jedoch die lebendige Wirklichkeit des prozessualen Geschehens bei Rücknahme des Güteantrags im Grunde genommen die gleiche ist wie bei Rücknahme der Klage im Streitverfahren, muß man bei der Prüfung einer analogen Anwendung von § 271 Abs. 3 Satz 2 ZPO in erster Linie von dieser Realität ausgehen. Daß das OG hier den tatsächlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung trägt, geht auch aus einer Bemerkung des BG Karl-Marx-Stadt in seinem erwähnten Beschluß hervor. Das Gericht meint, daß man nicht mehr von einer gütlichen Einigung im Sinne eines Vergleichs sprechen könne, wenn der vermeintliche Anspruch nicht oder nicht mehr bestehe und der Antragsgegner auf Grund der richterlichen Aufklärung seinen Antrag zurücknehme, denn hierbei sei lediglich die Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung, nicht aber die friedliche Einigung der Parteien für die Rücknahme des Güteantrags bestimmend gewesen. Daraus ergebe sich, daß sich das Wesen des Güteverfahrens nicht allein in der friedlichen Einigung der Parteien erschöpfe. Gerade aber der Fall, daß der Antragsteller wegen der Aussichtslosigkeit seines Anspruchs den Güteantrag zurücknehme, bedürfe hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers einer Regelung. Ähnlich argumentiert das Stadtgericht von Groß-Berlin in seinem Beschluß vom 26. Juli 1956 3 T 126/56. Dieses Gericht erwähnt zunächst den Fall, daß der Antragsgegner im Laufe der Güteverhandlung die Überzeugung von der Unrichtigkeit seines bisher eingenommenen Standpunktes und von der Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs gewonnen hat. Wenn der Antragsgegner dieser Überzeugung Rechnung trage, sei es nun durch Abschluß eines Vergleichs im Güteverfahren oder durch Abgabe eines Anerkenntnisses nach § 307 ZPO im streitigen Verfahren, so löse das für ihn regelmäßig die Verpflichtung zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsstellers aus. Es sei jedoch nicht einzusehen, weshalb es nur für den Antragsgegner, nicht aber für den Antragsteller mit zusätzlichen Kosten verbunden sein solle, wenn die jeweilige Partei nach Besprechung der Sachlage sich von der Unbegründetheit ihres Standpunktes überzeugen lasse. Diesen Ausführungen der beiden Gerichte ist nur noch hinzuzufügen, daß das Prozeßergebnis, unter dessen Eindruck die Rücknahme des Güteantrags erfolgt, im Regelfälle unter aktiver Mitwirkung des Antragsgegners erzielt wird, der in der Güteverhandlung oft auf Umstände hinweist, die der Antragsteller übersehen hat oder diesem überhaupt unbekannt gewesen sind. Es wäre unverständlich, wenn man diesen Menschen, die es mit der Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht im Zivilverfahren, insbesondere bei längeren Reisen zum Prozeßgericht, sehr ernst genommen haben, nach Rücknahme des Güteantrags die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten versagen würde, denn nicht sie haben das Gericht in Anspruch genommen und diese Reise veranlaßt, sondern der meist noch dazu am Sitz des Prozeßgerichts wohnende Antragsteller. Aus alledem ergibt sich, daß die analoge Anwendung des § 271 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf die Prozeßlage bei Rücknahme des Güteantrags von der Sache her in hohem Maße gerechtfertigt ist. Die gegen ein solches Ergebnis von Heinrich und dem OG vorgebrachten Bedenken überzeugen nicht; vor allem widerlegen sie nicht die Ausführungen Nathans10) über die Anwendbarkeit der §§ 91 ff. ZPO auch außerhalb des Erkenntnisverfahrens. Auf diese Ausführungen kann hier zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden. Der Auffassung des OG, daß im Mahnverfahren die §§ 91 ff. ZPO unanwendbar und durch § 692 ZPO ersetzt seien, kann nicht beigepflichtet werden. Der Bestimmung des § 692 ZPO liegt das allgemeine Prinzip des § 91 ZPO zugrunde, wonach der Unterliegende die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Im Gegensatz etwa zu einem Urteil im Streitverfahren, welches nur über die Verteilung der Kosten zwischen den Parteien entscheidet, enthält der Zahlungsbefehl zugleich eine Festsetzung der Kosten nach ihrem genauen Betrag. Nur insoweit ist § 692 ZPO eine Sondervorschrift über die Kosten. Zu § 788 16) NJ 1956 s. 81 ff. ZPO bemerkt das Stadtgericht von Groß-Berlin (s. 'o.), diese Vorschrift betreffe nur den Fall, daß der im Prozeß Obsiegende auch in der Zwangsvollstreckung „obsiegt“, daß nämlich seinen Anträgen stattgegeben wird und die durch sie ausgelösten Kosten dem Schuldner zur Last fallen. Bei Zurückweisung eines Antrags auf Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder bei Unzulässigerklärung der Zwangsvollstrekkung könne die Kostenfolge in der Tat nur aus § 91 ZPO analog hergeleitet werden, d. h. aus dem allgemeinen Grundsatz, daß derjenige zur Kostentragung verpflichtet ist, der unbegründet Kostenfolgen ausgelöst hat. Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, daß das BG Leipzig (s. o.) den Versuch unternommen hat, dem in dem ersten Urteil des OG aufgestellten Rechtssatz gerecht zu werden, wonach eine Kostenentscheidung entsprechend § 271 Abs. 3 Satz 2 ZPO bei Rücknahme des Güteantrags nur als statthaft angesehen werden? könne, wenn sie in der ZPO vorgesehen sei, also auf eine Vorschrift der ZPO gestützt werden könne. Als eine solche Vorschrift komme § 495 ZPO in Frage, wonach auf das Verfahren vor den Kreisgerichten die Vorschriften des ersten Abschnittes des zweiten Buches der ZPO, also die §§ 253 bis 494, anwendbar seien. Es sei kein Grund ersichtlich, der es ausschließe, auf Grund dieser Vorschrift § 271 Abs. 3 ZPO auch auf das in den §§ 495a bis 500 ZPO geregelte Güteverfahren anzuwenden, denn auch das Güteverfahren sei ein Verfahren vor den Kreisgerichten. Wenn man demgemäß die Möglichkeit einer Kostenentscheidung und die Erstattung von Parteikosten nach Rücknahme des Güteantrags auf Grund analoger oder unmittelbarer Anwendung des 271 Abs. 3 ZPO grundsätzlich bejaht, dann ist auch nichts gegen die Erstattung von Anwaltskosten einzuwenden, die dem Antragsgegner im Güteverfahren entstanden sind. Ob die Forderung Heinrichs17), das obligatorische Güteverfahren von der Belastung mit Anwaltskosten möglichst freizuhalten, rechtspolitisch überhaupt erstrebenswert ist, erscheint sehr fraglich. Wenn man bedenkt, daß die Verhandlungen des ersten Termins vor dem Kreisgericht, möge der Güteversuch Erfolg haben oder nicht, ihrem wesentlichen Inhalt nach bereits im Stadium des Güteverfahrens durchgeführt werden und daß bei der Erörterung des gesamten Streitverhältnisses unter Umständen auch schwierigere Tat- und Rechtsfragen geklärt werden müssen, erweist sich die Mitarbeit des Rechtsanwalts bereits im Stadium des Güteverfahrens zuweilen als sehr wünschenswert. Auf keinen Fall aber kann die Forderung Heinrichs, die eine Tendenz der Zurückdrän-gung der Anwälte aus dem Güteverfahren verfolgt, mit den Mitteln des geltenden Zivilverfahrensrechts durchgesetzt werden. Wie unpraktisch diese Tendenz ist, kann man dem zweiten Urteil des OG selbst entnehmen. Hiernach hat das Gericht, wenn der ohne Anwalt erschienene Antragsgegner nach Scheitern des Güteversuchs geltend macht, daß er in dieser besonderen Lage gemeint ist ein Prozeß mit einem Streitwert von annähernd 40 000 DM eines Anwalts bedürfe, von dem sofortigen Eintritt in das Streitverfahren abzusehen und einen neuen Verhandlungstermin anzuberaumen. Warum eigentlich soll dem Antragsgegner in dieser Prozeßlage, in der er nicht länger ohne Anwalt verhandeln möchte, der sofortige Eintritt in das Streitverfahren nur bei einem so hohen Streitwert unzumutbar sein? Was in dem einen Fall recht ist, ist in jedem anderen Fall bei einem Wunsch des Antragsgegners nach anwaltlicher Vertretung billig. Die Auffassung des OG führt daher, konsequent angewandt, zu einer Verzögerung des Zivilverfahrens und widerspricht damit dem gesetzlichen Vorrang, den der sofortige Eintritt in das Streitverfahren bei Scheitern der Güteverhandlung vor einer Vertagung genießt. Die Forderung Heinrichs, die in einigen Rechtsanwaltskollegien, wie z. B. auf einer Mitgliederversammlung des Kollegiums der Rechtsanwälte im Bezirk Erfurt, heftigen Widerspruch ausgelöst hat, läßt sich jedenfalls mit dem geltenden Verfahrensrecht nicht in Einklang bringen. Daß eine Erstattung von Parteikosten im Güteverfahren nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein kann, ergibt sich ferner bei der Betrachtung des vom OG er- 44 17) NJ 1956 S. 336.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 44 (NJ DDR 1957, S. 44) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 44 (NJ DDR 1957, S. 44)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der Propagierung des Hilferufs aus Cottbus mit der üblen Verleumdung auf, die Politik der Regierung sei eine Infamie, der noch durch Verträge Vorschub geleistet werde. Insgesamt wurde im Zeitraum von bis auf die Alterskategorie bis Jahre zwischen, und, des Gesamtanteils der in Bearbeitung genommenen Beschuldigten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere hinsichtlich der möglichen Ausnutzung solcher Erscheinungsformen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den humanistischen Werten der sozialistischen Gesellschaft und den gesetzlichen Bestimmungen zu verwirklichen. Aber nicht nur der Inhalt der Argumentation, sondern auch die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere der Schuld, sein Verhalten vor und nach der Asylgewährung Prüfungs-handlungen durchzuführen, diesen Mißbrauch weitgehend auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Liegt ein Mißbrauch vor, kann das Asyl aufgehoben werden.

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