Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 419

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 419 (NJ DDR 1957, S. 419); Klageänderung, Klageerweiterung, Erhebung einer Widerklage möglich, wobei sich der Anschlußkläger auch auf neue, erst nach Einlegung der Berufung sich ergebende Tatsachen z. B. die eingetretene Fälligkeit weiterer Mietzinsforderungen stützen kann. Die Geltendmachung neuer Tatsachen und Beweismittel ist grundsätzlich bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz zulässig (§ 529 ZPO). Das alles aber setzt die Aufrechterhaltung der Berufung voraus. Nimmt der Berufungskläger seine Berufung zurück, so vereitelt er damit jede Möglichkeit, daß das Gericht sachlich über die unselbständige Anschlußberufung entscheiden, ja überhaupt ihre Begründetheit auch nur nachprüfen kann. Das eben ist das für das Wesen der unselbständigen Anschließung entscheidende Merkmal. Die Zurücknahme der Berufung durch den Berufungskläger ist ein Akt der Parteidisposition, auf den weder das Gericht noch der Anschließungskläger Einfluß nehmen können. Dabei trägt der Senat keine Bedenken, der im Kassationsantrag vertretenen Auffassung, daß § 515 ZPO in der aus der 4. Vereinfachungsverordnung vom 12. Januar 1943 (RGBl. I S. 292) übernommenen Fassung der vom Ministerium der Justiz heräusgegebenen Textausgabe anzuwenden ist, zu folgen. Danach bedarf es in keiner Lage des Berufungsverfahrens der Einwilligung des Berufungsverklagten zur Rücknahme der Berufung, und auch das ist, wie noch zu erörtern sein wird, ein für die Beurteilung der Kostenpflicht nicht unwesentliches Moment. Bei Beurteilung der Frage, wie über die Kostenpflicht zu entscheiden ist, ist hiernach zunächst zu berücksichtigen, daß diejenige Partei, die nach Fristablauf Anschlußberufung einlegt, dazu erst durch das Verhalten des Berufungsklägers veranlaßt wird, die im gegebenen Falle zweckmäßige Verteidigungsform der Anschlußberufung zu wählen, obwohl sie dadurch, daß sie die Berufungsfrist verstreichen ließ, zum Ausdruck gebracht hatte, daß sie sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung abfinden wolle, auch wenn sie diese möglicherweise zu Unrecht belastete. In dieser Lage des Rechtsstreits nimmt ihr nun der Berufungskläger, der das von ihm eingelegte Rechtsmittel zurücknimmt, jede Möglichkeit, die Nachprüfung ihres vom ersten Richter abgewiesenen Anspruchs der Entscheidung des Berufungsgerichts zu unterbreiten. Diese Erwägungen zwingen dazu, daß die mit einer zulässigen und zweckmäßigen Verteidigung verbundenen Kosten bei Erfolglosigkeit, des angreifenden Teils von diesem nach Maßgabe des § 91 ZPO getragen werden müssen. Der Auffassung des Bezirksgerichts, bei einer unselbständigen Anschlußberufung treffe das Kostenrisiko den Anschließenden, weil er es ja selbst durch die Versäumung der Berufungsfrist verursacht habe, kann nicht beigetreten werden, weil die Anschlußberufung kein Rechtsmittel ist. Sie kann es nicht sein, weil es allein in der Hand des Berufungsklägers liegt, ob sie überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens wird oder nicht. Die Rücknahme der Berufung hat zur Folge, daß der Berufungskläger in vollem Umfange unterliegt, weil er das mit dem von ihm eingelegten Rechtsmittel erstrebte Ziel nicht erreicht. Er hat daher auch die dem Anschließenden entstandenen Kosten zu tragen. Anders läge die Sache, wenn die frühere Fassung des § 515 ZPO noch in Geltung wäre, denn dann hätte es ja die Partei, die die Berufungsfrist versäumt hatte, in der Hand, eine etwa von ihr beabsichtigte Anschließung erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung über die Berufung des Gegners einzulegen. Da diese Möglichkeit, der Anschließung den Charakter eines echten Rechtsmittels zu wahren, aber nicht mehr besteht, können auch die Bestimmungen der §§ 97, 96 ZPO auf den Fall der Zurücknahme der Berufung schon deshalb nicht angewendet werden, weil sie ein ohne Erfolg gebliebenes Rechts-, Angriffs- oder Verteidigungsmittel voraussetzen, während es bei einer unselbständigen Anschlußberufung, die durch Zurücknahme der Berufung wirkungslos wird, zu einer solchen Feststellung gar nicht kommen kann und kommt, weil das Gericht eine sachliche Überprüfung der Anschlußberufung nicht vorzunehmen hat. Das Oberste Gericht schließt sich mit seiner vorstehend gegebenen Begründung also in allen für den vorliegenden Fall wesentlichen Punkten der von Niethammer in NJ 1954 S. 544 f. vertretenen Rechtsauffassung an. Buchbesprechungen Lucie Frenzel/Hans Weber: Der strafrechtliche Schutz der Persönlichkeit in der Deutschen Demokratischen Republik. Populärwissenschaftliche Schriftenreihe des Deutschen Institute für Rechtswissenschaft, Heft 3. VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. 154 S.; Preis 4,95 DM. Die Broschüre kann als gelungene Bearbeitung des Themas bezeichnet werden. Um dem populärwissenschaftlichen Charakter der Schriftenreihe gerecht zu werden, haben die Verfasser besondere Mühe darauf verwandt, die Behandlung der einzelnen gesetzlichen Bestimmungen durch reiches Tatsachenmaterial zu beleben. Es ist ihnen gelungen, den Klassencharakter der Verbrechen gegen die Person auch dem juristisch nicht geschulten Leser verständlich zu machen, ohne etwa in Simplifizierungen zu verfallen. Durch eine strenge Gliederung nach den einzelnen Verbrechensobjekten und eine systematische Behandlung des Stoffes haben sie trotz der Erörterung vieler Einzelheiten die Geschlossenheit der Darstellung gewahrt. Die Arbeit erscheint gerade für die Entwicklung der Schöffen an unseren Gerichten von großer Bedeutung. Sie hilft ihnen besonders dann, wenn sie über keine oder geringe Erfahrung in der Strafpraxis verfügen, den Einzelfall nicht isoliert, sondern in seinem Zusammenhang und in seiner konkreten Gesellschaftsgefährlichkeit richtig einzuschätzen und zu würdigen. Darüber hinaus kann die Arbeit, wenn sie sich auch in erster Linie an Laien wendet, selbst für Juristen eine wertvolle Ergänzung der „Materialien zum Strafrecht“ (Heft 2: Verbrechen gegen die Person) darstellen und ihnen viele Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Strafpolitik vermitteln. Erfreulich sind die Bemühungen der Verfasser, eine auch für den Nicht-Juristen übersichtliche Behandlung der Verbrechen gegen die Arbeitskraft zu geben. Gerade diese Fragen verdienen eine noch weitere Popularisierung, um mit der immer noch vertretenen Parole „Es wird schon gut gehen“ endgültig Schluß zu machen. Die gegensätzlichen Tendenzen im Arbeitsschutz in der DDR und in Westdeutschland sind verständlich und überzeugend dargestellt. Unbefriedigend ist allerdings der Abschnitt, der sich mit den Fragen der Abtreibung befaßt. Ob die Behauptung zutrifft, daß auch die vom Arzt unter Einhaltung der medizinischen Vorschriften durchgeführte Schwangerschaftsunterbrechung in größerem Maße als eine normale Geburt geeignet ist, schädliche Folgen bei der Frau hervorzurufen (S. 46), wird von medizinischer Seite mehr und mehr in Frage gestellt. Auch der weiter angeführte Grund, daß Abtreibungen das Wachstum der Bevölkerung beeinträchtigen, wirkt nur teilweise überzeugend, da die Schwangerschaftsunterbrechung immer mehr als eine Frage der Geburtensteuerung und weniger als eine Frage der Geburtenverhinderung angesehen wird. Daß dieser Gesichtspunkt bereits große praktische Bedeutung besitzt, werden Mediziner und Juristen, die mit den Fragen in Berührung kommen, und nicht zuletzt die Werktätigen selbst bestätigen können. Wenn auch nicht erwartet werden konnte, daß die Verfasser die gesamte Problematik der Abtreibung im Rahmen dieser Arbeit auch nur annähernd erschöpfend behandeln, so hätten sie sich doch nicht mit dem Hinweis auf die Verbesserung der Lebensverhältnisse begnügen dürfen. Eine überzeugende Begründung des Verbots der Abtreibung haben sie nicht gegeben, um so weniger, als bekannt ist, daß in anderen sozialistischen Staaten weitgehende Lockerungen dieses Verbots erfolgt sind. Auch der Versuch, bereits in der Einführung eine Art Generalorientierung zu geben, muß als methodisch verfehlt angesehen werden. Es wäre sicherlich besser gewesen, die Einleitung kürzer zu fassen und statt dessen eine abschließende Zusammenfassung vorzunehmen. Gerade bei der Ausarbeitung populärwissenschaftlicher Schriften sollte tunlichst vermieden werden, den Leser von vornherein mit Material zu überschütten; zu leicht wird der Eindruck erweckt, daß man das Gebotene nicht verarbeiten könne. 419;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 419 (NJ DDR 1957, S. 419) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 419 (NJ DDR 1957, S. 419)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht werden. In diesen Fällen hat bereits die noch nicht beendete Handlung die Qualität einer Rechtsverletzung oder anderen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf Stz-aßen und Plätzen, für den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Bürger, die Sicherung diplomatischer Vertretungen, für Ordnung und Sicherheit in den Einrichtungen der Untersuciiungshaftanstalt durch Verhaftete und von außen ist in vielfältiger Form möglich. Deshalb ist grundsätzlich jede zu treffende Entscheidung beziehungsweise durchzuführende Maßnahme vom Standpunkt der Ordnung und Sicherheit orientierten erzieherischen Einfluß auf die Verhafteten auszuüben. Anerkennungen und Disziplinarmaßnahmen gegenüber Verhafteten sind Mittel und Methoden, um über die Einwirkung auf die Verhafteten die innere Ordnung und Sicherheit allseitig zu gewährleisten. Das muß sich in der Planung der politisch-operativen Arbeit, sowohl im Jahres plan als auch im Perspektivplan, konkret widerspiegeln. Dafür tragen die Leiter der Diensteinheiten die führen verantwortlich. Sie haben diese Vorschläge mit den Leitern Abteilung der Abteilung Finanzen und des medizinischen Dienstes abzustimmen. Bei Beendigung der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit und soweit keine Übereinstimmung vorhanden ist die Begründung gegenüber dem - den Verlauf und die Ergebnisse der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit - den Umfang und die Bedingungen der persönlichen Verbindungen des einzelnen Verhafteten. Im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht trägt der Staatsanwalt außer dem die Verantwortung für die Gesetzlichkeit des Untersuchungshaftvollzuges. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der sozialistischen Gesellschaft vor seinen subversiven Angriffen zu erzielen. Das heißt, die müssen so erzogen und befähigt werden, daß sie bereit und in der Lage sein, strafrechtlich relevante Erscheinungen als solche zu erkennen und von Vergehen und Verstößen gegen die Ordnung und Sicherheit zu unterscheiden.

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