Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 40

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 40 (NJ DDR 1957, S. 40); teilung mit der Sache befaßt werden und darüber entscheiden. Im Vorstehenden wurde schon von „Sanktionen“ gesprochen. Kann man dem Kollektiv nur überlassen, die öffentliche Mißbilligung auszusprechen und evtl, die Wiedergutmachung zu verlangen, oder sollte ihm auch das Recht eingeräumt werden, eine Art „Strafe“ zu verhängen? Man könnte hier z. B. denken an die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz mit geringer bezahlter Beschäftigung, an einen prozentualen Abzug vom Lohn für einen beschränkte Zeit oder auch an die Zahlung einer Buße, die einer sozialen Einrichtung des Betriebes zugute kommen könnte. Dabei taucht sofort der Gedanke auf, wie die Durchsetzung einer solchen Sanktion gewährleistet werden könnte. Was kann man z. B. tun, wenn der Täter, der zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens verpflichtet wurde, den Betrieb verläßt imd andere Arbeit aufnimmt oder eine Zeitlang überhaupt nicht arbeitet? Welche Zwangsmaßnahmen gibt es gegen ihn? Eine weitere Frage wäre, was der Täter machen kann, wenn er die vom Kollektiv ausgesprochene Entscheidung nicht als richtig anerkennt. Man müßte ihm doch wohl wie bei jedem Gerichtsverfahren die Möglichkeit geben, die Entscheidung von einer anderen Stelle überprüfen zu lassen. Die Grundsätze unserer Gesetzlichkeit, das Recht auf Verteidigung, das Recht, ein Rechtsmittel einzulegen, dürfen auch bei der Betriebsjustiz nicht außer acht gelassen werden. Damit sind sicher nicht alle Fragen erschöpft. Es wäre aber verfehlt, aus den zweifellos vorhandenen Schwierigkeiten den Schluß zu ziehen, die Betriebsjustiz müsse schlechthin abgelehnt werden. Bevor diese Schlußfolgerung gezogen wird, muß man sich auch die Vorteile einer solchen Betriebsjustiz vor Augen halten. Sicher ist, daß eine offizielle, sanktionierte Betriebsjustiz die von uns als schädlich erkannte illegale Be-triebsgerichtsbarkeit weitgehend zum Erliegen bringen würde. Allerdings wird es, solange Kritik und Selbstkritik nicht von allen Werktätigen als wichtigstes Entwicklungsgesetz anerkannt werden, auch dann noch Fälle geben, in denen aus falsch verstandener Solidarität oder aus Versöhnlertum strafbare Handlungen verschwiegen werden. Das werden dann aber seltene Einzelfälle sein. Bei entsprechender Zusammenarbeit mit den für die Verbrechensbekämpfung zuständigen Organen wird auch mit der offiziellen Betriebsjustiz die latente Kriminalität zurückgedrängt. Ein weiteres Argument und sicher das wichtigste ist aber, daß es den Justizorganen trotz des Volks-eisentumsschutzgesetzes und dessen weitgehender Popularisierung bislang nicht gelungen ist, gegen das Volkseigentum gerichtete strafbare Handlungen entscheidend zurückzudrängen. Wenn auch heute das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums nur noch bei rund 12 Prozent aller Delikte gegen das Volkseigentum angewandt wird, so gibt es doch noch eine große Zahl von strafbaren Handlungen, wenn auch geringeren gesellschaftsgefährlichen Charakters, die sich gegen das Volkseigentum richten. Nach den Verbrechen gegen das persönliche und private Eigentum bilden sie immer noch den prozentual stärksten Anteil aller im Republikmaßstab begangenen Verbrechen. Unsere ganze Aufklärungspolitik und auch unsere Strafpolitik hat uns also noch nicht zu dem erhofften Erfolg geführt. Es ist uns nicht gelungen, so entscheidend auf die Bewußtseinsbildung der Werktätigen einzuwirken, daß Delikte gegen das Volkseigentum zur Seltenheit werden. Ist es also nicht an der Zeit, nach neuen Wegen zu suchen? Über Maßnahmen, die es den Werktätigen ermöglichen, sich gegenseitig zu größerer Achtung unserer Gesetze und damit auch der Unverletzlichkeit des Volkseigentums zu erziehen, muß ernsthaft diskutiert werden. In der Sowjetunion wird diese gegenseitige Erziehung bei Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin schon lange geübt, und es wurden damit gute Erfolge erzielt. Eine öffentliche Diskussion im Betrieb wirkt häufig nachhaltiger auf den Täter ein als ein mehr oder weniger anonymes, vor einem kleinen Zuhörerkreis durchgeführtes Gerichtsverfahren. Es hat Fälle gegeben, in denen der Täter darum bat, ihn lieber vor Gericht zu stellen, als seine Sache vor dem Kreis aller Kollegen zu behandeln. Andererseits entspricht es unserer Anklagepolitik, den Werktätigen so lange wie möglich vor einem gerichtlichen Verfahren zu bewahren. Das sind gewichtige Gründe, die für die Einführung der Betriebsjustiz sprechen. * Zweck und Aufgabe dieses Artikels sollte sein, einige Probleme der Betriebsjustiz darzulegen und damit eine Grundlage für die Diskussion zu schaffen. Ich will abschließend die wichtigsten Punkte zusammenfassen, wobei ich betone, daß es sich dabei um meine persönliche, nicht aber um die offizielle Meinung der Obersten Staatsanwaltschaft handelt. Grundsätzlich ist der Betriebsjustiz zuzustimmen, jedoch mit der Einschränkung, daß es sich nicht um eine Duldung oder gar „Förderung“ wie Klitzsch schreibt der bisherigen illegalen Betriebsgerichtsbarkeit handeln darf. Die Betriebsjustiz darf nicht etwa auf Vereinbarungen der Strafverfolgungsbehörden untereinander oder auf Vereinbarungen mit dem FDGB beruhen. Soll eine offizielle Betriebsjustiz bei uns eingeführt werden, so darf das nur auf gesetzlicher Grundlage geschehen. Wenn Schulze schreibt: „Sind denn nur Volkspolizisten und Staatsanwälte ,befähigt“, darüber zu urteilen, ob eine Strafverfolgung notwendig ist oder nicht?“, so hat er dabei folgendes außer acht gelassen: Erstens sollten doch wohl Volkspolizisten und Staatsanwälte auf Grund ihrer Ausbildung zu einem solchen Urteil „befähigt“ sein, und zweitens sind sie gesetzlich und von Amts wegen zu dieser Entscheidung verpflichtet. Bekanntlich entscheiden nicht U-Organe und Staatsanwälte nach Gutdünken, ob sie eine strafbare Handlung verfolgen wollen oder nicht, sondern es wird durch das Gesetz bestimmt, was eine strafbare Handlung ist und somit verfolgt werden muß. Ebenso kann von der Verfolgung nur abgesehen werden, wenn.das Gesetz die Möglichkeit dazu gibt. Erst wenn die Betriebsjustiz gesetzlich geregelt ist, kann bei den von ihr erfaßten strafbaren Handlungen von der Anklageerhebung abgesehen werden. Zur Feststellung der Schwerpunkte und zur Aufdeckung der latenten Kriminalität ist es notwendig, daß jede im Betrieb vorkommende strafbare Handlung zur Kenntnis der U-Organe kommt. Die Betriebsfunktionäre und die Werktätigen im Betrieb werden diese Notwendigkeit leichter verstehen und sich dazu entschließen, entsprechend zu handeln, wenn sie wissen, daß nicht jeder Fall unbedingt zur gerichtlichen Bestrafung führen muß. Die U-Organe entscheiden wie bisher, ob die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens notwendig ist. Aber auch bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens muß nach Abgabe der Sache an den Staatsanwalt dieser durch gesetzliche Regelung das Recht erhalten, von der Anklage abzusehen und den Betrieb zu beauftragen, über den Täter in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. Hier sollte jedes Schema vermieden werden. Aus seiner Kenntnis des Betriebes und der Persönlichkeit des Beschuldigten muß der Staatsanwalt frei entscheiden können, ob sich der konkrete Fall für die Betriebsjustiz eignet. Im Betrieb selbst sollte der Fall in einer Versammlung aller Angehörigen des Betriebes oder der Abteilung des Betriebes durch den Betriebsleiter oder einen von ihm Beauftragten vorgetragen und ein entsprechender Vorschlag zur Ahndung der strafbaren Handlung gemacht werden. Über diesen Vorschlag entscheidet das gesamte Kollektiv durch Abstimmung. Unterwirft sich der Beschuldigte der Entscheidung und erfüllt er die übernommene Verpflichtung, so ist damit der Strafanspruch des Staatsanwalts verbraucht. Anderenfalls geht die Sache an den Staatsanwalt zurück, der nun eine gerichtliche Entscheidung herbeiführt. Das wäre m. E. ein Weg, eine Reihe bisher ungelöster Probleme zu klären, wie das Problem der Bekämpfung kleinerer Straftaten ohne Ausweitung des materiellen Verbrechensbegriffs und das Problem des verstärkten Schutzes des Volkseigentums, ohne gegen jeden Täter unbedingt Anklage zu erheben. Es ist notwendig, eine Betriebsjustiz neuer, höherer Qualität zu schaffen, die von der bisherigen illegalen „Betriebsgerichtsbarkeit“ entscheidend abweicht. 40;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 40 (NJ DDR 1957, S. 40) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 40 (NJ DDR 1957, S. 40)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Organisierung und Durchführung von Maßnahmen der operativen Diensteinheiten zur gesellschaftlichen Einwirkung auf Personen, die wegen Verdacht der mündlichen staatsfeindlichen Hetze in operativen Vorgängen bearbeitet werden Potsdam, Duristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die Auswahl,den Einsatz und die Zusammenarbeit Won und mit Sachverständigen zur von mit hohem Beweiswert bei defWcparbeitüng von Verbrechen gegen die Volkswirtschaft der und die auftretenden spezifischen Probleme ihrer strafrechtlichen Bekämpfung Diskussionsbeitrag der НА Zu den Angriffen auf die: sozialistische Volkswirtschaft und zur weiteren Qualifizierung der Beweisführung sind die notwendigen theoretischen Grundlagen im Selbststudium zu erarbeiten. Zu studieren sind insbesondere die Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der Lage sein, den Verstand zu gebrauchen. Ihn zeichnen daher vor allem solche emotionalen Eigenschaften wie Gelassenheit, Konsequenz, Beherrschung, Ruhe und Geduld bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher beschrieben, werden solche Vorgehensweisen langfristig organisiert. Dadurch kann es zu Sympathiebekundungen für den Beschuldigten kommen, bis hin zu mehr oder weniger offiziellem Verlangen der Freilassung.

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