Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 4

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 4 (NJ DDR 1957, S. 4); Fragen des Beweisrechts Zusammenfassung der Referate und Bericht über die Diskussion auf der Konferenz der Abteilung Prozeßrecht des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft am 7. und 8. Dezember 1956 Die Bedeutung der Beweise für die Durchsetzung der Gesetzlichkeit im Strafprozeß Zusammenfassung des Referats von WOLFGANG WEISS, Mitglied des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft Mit der Themenstellung „Die Bedeutung der Beweise für die Durchsetzung der Gesetzlichkeit im Strafprozeß“ hatte ich den Fragen des Beweises im Strafprozeß den Rahmen gegeben, auf den es mir ankam: Am Beispiel des Strafprozesses, dessen Aufgabe es ist, das Strafgesetz zum Schutz unserer Ordnung und der Rechte der Bürger gegen denjenigen zur Anwendung zu bringen, der es verletzt, wollte ich zeigen, wie ernst die Forderung nach Wahrung der Gesetzlichkeit als einem der Hauptprinzipien unserer gerichtlichen Tätigkeit, ja unserer staatlichen Tätigkeit überhaupt, zu nehmen ist. Ich wollte zeigen, daß es auf die konsequente Durchsetzung dieses Prinzips gerade vor allem dort ankommt, wo es um die unmittelbarsten Eingriffe in die von der Verfassung und vom Gesetz geschützten Grundrechte des Bürgers geht, also im Strafverfahren. Deshalb legte ich Wert darauf herauszustellen, daß das Problem der Gesetzlichkeit auch als Problem der Garantien des Bürgers zu sehen ist, ein Problem, das in der sozialistischen Strafprozeßwissenschaft seit einiger Zeit unter dem Gesichtspunkt der sogenannten strafprozessualen Garantien mit in den Vordergrund der Betrachtungen gerückt worden ist. Ich vertrat den Standpunkt, daß der entscheidende Ansatzpunkt für die Wahrung der Gesetzlichkeit im Strafprozeß nicht in der Anwendung des Strafgesetzes auf die begangene Tat und in der Findung der richtigen Strafe liegt, sondern in der richtigen Beantwortung der Grundfrage eines jeden Strafprozesses, die dahin geht: Ist ein Verbrechen begangen worden und wer hat es begangen? Hiervon ausgehend kam ich zu der Feststellung, daß die Frage des Beweises die zentrale Frage der Theorie und der Praxis des Strafprozesses ist und daß deshalb die These begründet ist: Ohne richtige Feststellung des Sachverhalts, d. h. ohne richtigen Beweis, keine richtige Anwendung des Strafgesetzes und keine richtige Strafe. Bei den anschließenden Bemerkungen über den Beweis als das entscheidende Mittel zur Feststellung des Sachverhalts im Strafprozeß konnte ich mich im wesentlichen auf die Ausführungen in dem folgenden Referat von Schindler berufen. Nach den mehr thesenhaften Feststellungen, daß Beweis im allgemeinen Sinn des Wortes den Nachweis der Richtigkeit einer Behauptung bedeutet und daß es sich bei dem Beweis im Strafprozeß um einen sogenannten tatsachenfeststellenden Beweis handelt, verwies ich darauf, daß Gegenstand des Beweises demzufolge im Strafprozeß stets nur Tatsachen sind, daß es sich beim Beweis im Strafprozeß darum handelt, etwas nachzuweisen, was in der Vergangenheit geschehen ist, und daß es darauf ankommt nachzuweisen, daß die Beweisthese die Behauptung, dieser Angeklagte hat dieses Verbrechen begangen richtig ist. Hieraus ergab sich die Folgerung, daß es im Strafprozeß darauf ankommt, die Wahrheit festzustellen, weil nur eine der Wahrheit entsprechende Feststellung richtig sein kann. Bei den Darlegungen darüber, was es bedeutet, im Strafprozeß die Wahrheit festzustellen, ging ich von der Vorschrift des § 200 Absatz 1 Satz 1 StPO aus, nach der das Gericht alles zu tun hat, was zur Erforschung der Wahrheit notwendig ist. Ich verwies auf Aufgabe und Funktion des Strafprozesses, die ich in der Verwirklichung des materiellen Strafrechts, d. h. der Anwendung des Strafgesetzes gegen denjenigen, der es durch eine Verbrechensbegehung verletzt hat, sehe, und auf § 1 Absatz 2 der Strafprozeßordnung, der es als Zweck des Gesetzes bezeichnet, den Sachverhalt allseitig, gewissenhaft und beschleunigt aufzuklären, das Verbrechen festzustellen und die strafrechtliche Ver- antwortlichkeit zu gewährleisten sowie die gerechte Anwendung des Strafgesetzes und die schnelle und gerechte Bestrafung der Schuldigen zu sichern. Auf diese Weise gelangte ich zu der These, daß sich die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts darauf beschränkt festzustellen, daß dieser Angeklagte dieses Verbrechen begangen hat. Das bedeutet, daß sich die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts meiner Ansicht nach nur auf den Beweis der Schuld, nicht aber auf den Beweis der Unschuld bezieht. Diese These, die in der späteren Diskussion und auch schon in den schriftlichen Bemerkungen, die Professor Strogowitsch der Konferenz zu den Thesen übersandt hatte, Widerspruch hervorrief, begründete ich außer mit dem Hinweis auf die Aufgabe und Funktion des Strafprozesses mit einer Reihe von Konsequenzen aus der Struktur unseres Strafprozesses: Kann im Ermittlungsverfahren nicht festgestellt werden, daß der Beschuldigte das Verbrechen begangen hat, so stellt der Staatsanwalt das Verfahren ungeachtet seiner sich aus § 108 StPO ergebenden Pflicht zur Aufklärung sowohl der belastenden wie der entlastenden Umstände nach § 164 Absatz 1 Ziffer 3 StPO ein und führt seine Ermittlungstätigkeit nicht etwa weiter, bis die Unschuld des Beschuldigten erwiesen ist. Kommt das Gericht im Eröffnungsverfahren zu dem Schluß, daß der Beschuldigte nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens eines Verbrechens nicht hinreichend verdächtig ist, weil es ihm nicht bewiesen werden kann, so lehnt es die Eröffnung des Verfahrens nach § 175 StPO ab und bringt es nicht auf jeden Fall zur Klärung in die Hauptverhandlung. Gelingt in der Hauptverhandlung der Beweis, daß der Angeklagte das Verbrechen begangen hat, nicht, so spricht das Gericht ihn nach § 221 Ziffer 3 StPO frei. All das entspricht der Aufgabe des Strafverfahrens, das Strafgesetz zur Anwendung zu bringen, mit weicher es jedenfalls nach der Struktur unseres Strafprozesses nicht vereinbar ist, dem Beschuldigten etwa den Anspruch auf Durchführung eines Rehabilitierungsverfahrens zu geben, falls ein Verdacht gegen ihn erhoben worden ist. Hier liegt auch der Grund dafür, daß es kein Rechtsmittel für denjenigen gibt, der mangels Beweises freigesprochen worden ist und die Freisprechung wegen erwiesener Unschuld erstrebt. Ich vertrat die Ansicht, daß eine solche, der Realität Rechnung tragende, aber wohldurchdachte Beschränkung der Wahrheitserforschungspflicht nicht zu einer Laxheit bei der Aufklärung von Verbrechen, sondern im Gegenteil zu einer der Wahrheitserforschung förderlichen Beschränkung auf das Wesentliche führt. Hatte ich auf diese Weise den Gegenstand der Wahrheitserforschungspflicht im Strafprozeß auf das meiner Ansicht nach Notwendige beschränkt, so schien es mir erforderlich zu sein, mit besonderem Nachdruck darauf zu verweisen, daß die Intensität bei der Wahrheitserforschung denkbar hoch sein müsse. Deshalb stellte ich an den Anfang meiner diesbezüglichen Ausführungen die Forderung, daß im Strafprozeß die objektive Wahrheit zu erforschen sei. An Hand einiger Beispiele aus der Praxis kam ich zu dem Ergebnis, daß die Objektivität der Wahrheitserforschung zuweilen noch zu bemängeln ist und daß es zur Überwindung gerade solcher Mängel darauf ankommt, sowohl theoretisch herauszuarbeiten wie praktisch zu demonstrieren, daß mit dem Wahrheitserforschungsgebot ernst gemacht werden muß. gerade weil es der entscheidende Ausgangspunkt für die Durchsetzung der Gesetzlichkeit im Strafprozeß ist. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, bedarf es der klaren philosophischen Ausgangsposition im Sinne der marxistischen Philosophie und ihrer These von der Objektivität der Welt und ihrer Erscheinungen sowie von deren Erkennbarkeit. Es be- 4;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung gezogenen Schlußfolgerungen konsequent zu verwirklichen. Schwerpunkt war, in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Rechte der Verhafteten, Angeklagten und Zeugen in Vorbereitung und Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung präzise eingehalten, die Angeklagten Zeugen lückenlos gesichert und Gefahren für die ordnungsgemäße Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit nach-kommen. Es sind konsequent die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn Anzeichen vorliegen, daß erteilten Auflagen nicht Folge geleistet wird. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linien und kann der such erlaubt werden. Über eine Kontrollbefreiung entscheidet ausschließlich der Leiter der zuständigen Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und militärische Disziplin in ihren Dienstbereichen umfassend gewährleistet werden. Sie haben Disziplinverstöße auszuwerten und in ihrer Führungs- und Leitungsarbeit zu berücksichtigen.

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