Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 375

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 375 (NJ DDR 1957, S. 375); Aus der Praxis für die Praxis Sind Zechschulden jetzt einklagbar? I Die im Gastwirtsgewerbe tätigen Menschen wissen, daß sie Forderungen aus dem Ausschank von Branntwein nicht einklagen können, wenn diese solchen Personen gestundet worden sind, die eine frühere Schuld gleicher Art noch nicht bezahlt haben. Nicht wenige versuchen, die Bestimmung des § 31 Gaststättengesetz vom 28. April 1930 dadurch zu durchbrechen, daß sie im Gesuch auf Erlaß eines Zahlungsbefehls beim Kreisgericht als Grund des Anspruchs „Warenlieferung“ oder „Schuldanerkenntnis“ usw. angeben. Die Sekretäre der Kreisgerichte achten deshalb darauf, daß die Anspruchsbegründungen so gehalten werden, daß derartige Versuche, die Gerichte zu ungesetzlichen Handlungen zu mißbrauchen, keinen Erfolg haben. Wird einem Gastwirt das Gesuch auf Erlaß eines Zahlungsbefehls zurückgewiesen, weil die Form der „Warenlieferung“ trotz Rückfrage etwas unklar blieb, kommt es selten einmal zu einer Klage. Im Zivilprozeß würde nämlich der Grund des Anspruchs ans Tageslicht kommen, und eine solche Klage hätte keinen Erfolg. Auch viele Richter sprachen über Inhalt und Bedeutung des § 31 Gaststättengesetz in Versammlungen der Gastwirte. Bis in die letzte Zeit mußte derartige Erzie-hungs- und Aufklärungsarbeit geleistet werden. Es ist richtig, daß es leider noch Gastwirte gibt, die versuchen, die Willensschwäche bestimmter Menschen durch „großzügigen“ Alkoholausschank auszunutzen und dadurch die eigenen Einnahmen zu erhöhen. Ist nun § 31 Gaststättengesetz noch geltendes Recht? Die Verordnung über die Regelung der Gewerbetätigkeit in der privaten Wirtschaft vom 28. Juni 1956 (GBl. I S. 558) besagt im § 11, daß die „Gewerbeordnung für das Deutsche Reich“ und „alle bis zum 8. Mai 1945 zur Gewerbeordnung erlassenen Spezialgesetze und Verordnungen“ außer Kraft treten. In der Präambel dieser Verordnung ist gesagt, daß „eine einheitliche Lenkung der Gewerbetätigkeit“ erforderlich ist und die bisherige Regelung den Erfordernissen nicht mehr entspricht. Dieser Feststellung wird zugestimmt. Die neue Verordnung regelt deshalb auch das Verfahren der Erlaubniserteilung für den Betrieb einer Gaststätte, und es gibt keine besondere Regelung für Gaststätten mehr. Das Gaststättengesetz war ein Spezialgesetz zur Gewerbeordnung, wie aus seinem § 35 hervorgeht. Dort wird gesagt, daß die Vorschriften der Gewerbeordnung insoweit Anwendung finden, als nicht das Gaststättengesetz besondere Bestimmungen trifft. Deshalb kann wohl kein Zweifel daran bestehen, daß das Gaststättengesetz außer Kraft getreten ist. Für eine Auslegung in dem Sinne, daß nur bestimmte Teile des Gaststättengesetzes z. B. das Genehmigungsverfahren außer Kraft getreten sind, ist kein Raum. Demnach sind Zechschulden einklagbar, und die bisherige Haltung der Gerichte in dieser Frage müßte wegen Ungesetzlichkeit aufgegeben werden. Hat das Staatssekretariat für örtliche Wirtschaft der DDR, welches bei der Vorbereitung der neuen Verordnung des Ministerrats federführend war, an diese Fragen und Folgen gedacht? Oder bereitet es Gesetze vor, die in die Tätigkeit anderer Organe des Staates eingreifen, ohne mit diesen Verbindung aufzunehmen? Ich bin jedenfalls der Auffassung, daß Zechschulden weiterhin nicht einklagbar sein sollten. In den staatlichen und genossenschaftlichen Gastwirtschafts betrieben, in denen der Gast ohnehin keinen Kredit für Zechen erhalten darf, wurde bisher (trotz einzelner Ausnahmen) ohne finanzielle Nachteile für den Betrieb gute Erziehungsarbeit an solchen Bürgern geleistet, die dazu neigen, durch häufigen übermäßigen Alkoholgenuß in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten. Warum soll dieser Weg der Erziehung durch private Gastwirte, die sich an noch vorhandenen menschlichen Schwächen bereichern wollen, gefährdet werden? Eine künftige gesetzliche Regelung sollte nicht nur Forde- rungen aus dem Ausschank von „Branntwein“, sondern generell Forderungen aus dem Ausschank, „alkoholischer Getränke“ für nicht einklagbar erklären, sofern eine frühere Schuld dieser Art noch nicht bezahlt ist. RUDOLF WINZER, Leiter der Jwstizverwaltungsstelle des Bezirks Schwerin II Winzer stellt mit Recht fest, daß durch § 11 Abs. 2 b der VO vom 28. Juni 1956 das Gaststättengesetz vom 28. April 1930 als Spezialgesetz zur GewO aufgehoben wurde. § 31 Gaststättengesetz griff in das Zivilrecht ein und schloß, im wesentlichen ähnlich §§ 762 ff. BGB, die Klagbarkeit von Forderungen aus dem Ausschank oder Kleinhandel von Trinkbranntwein aus, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner bereits eine frühere, auch nur teilweise noch offenstehende Schuld gleicher Art bestand. Die Nichtklagbarkeit beschränkte sich also nur auf Forderungen aus wiederholtem Verkauf, und die erste Forderung war immer einklagbar, die zweite aber auch bei nachträglicher Bezahlung der ersten nicht mehr. Der § 31 fand keine Anwendung beim Bierverkauf (Likör fällt unter den Begriff Trinkbranntwein) und bei Forderungen gegen Zechpreller; bei letzteren lag keine Stundung vor. Kröning stellte in NJ 1954 S. 702 fest, daß die gesellschaftliche Bedeutung dieser Bestimmung darin liege, Willensschwäche Menschen, die sich durch übermäßigen Alkoholgenuß gesellschaftlich ruinieren könnten, zu schützen, und den Gastwirt zwinge, wenn er finanzielle Einbußen vermeiden will, nur gegen Bezahlung auszuschenken. Das z. Z. einer schweren ökonomischen Erschütterung des kapitalistischen Deutschland geschaffene Gaststättengesetz konnte mit seinem § 31, dessen Grundgedanke übrigens auf eine Anregung der SPD zurückgeht, weder die soziale Lage der werktätigen Massen verbessern noch die Trunksucht bekämpfen und wollte dies auch gar nicht.1) Diese Bestimmung zeigte aber sehr drastisch den Gastwirten und kleinen Händlern die Gefahren, die im wiederholten Kreditieren lagen; sie erfolgte im Hinblick auf den aus seiner Armut und seinem Elend keinen Ausweg findenden, vielfach arbeitslosen Proletarier, der sich dem Trünke hingibt, und setzt ihn geradezu voraus. Von diesem war erfahrungsgemäß aber ohnehin keine Bezahlung zu erlangen. Deshalb war die strenge Befolgung des Grundsatzes „Keine Ware ohne Geld“ für den Gastwirt also schon vor einer gesetzlichen Regelung und im Interesse seiner ökonomischen Stellung auch völlig unabhängig von dieser letzten Endes eine Frage seiner eigenen Existenz1 2). Wenn schon vom Gastwirt Kredit gegeben wurde, dann nur dem bekannten Gast, und dieser konnte gar nicht mit dem Gedanken spielen, sich später auf § 31 zu berufen abgesehen davon, daß das Gaststättengesetz den Gastwirten viel eher geläufig war als einem Arbeiter , weil er damit niemals wieder von einem Gastwirt der Umgebung auch nur den kleinsten Kredit erhalten hätte. So betrachtet, entbehrt der § 31 jedes sozialen Fortschritts, wenn er auch immer als 1) Der Abgeordnete Schumann (KPD) charakterisierte bei der zweiten Beratung im Reichstag am 4. April 1930 das Gast-Stättengesetz wie folgt: „Wir sind der Meinung, daß der Alkoholismus und der Alkoholmißbrauch Begleiterscheinungen des Kapitalismus sind und daß keine Bestimmung, auch kein Gesetz und keine Polizeimaßnahmen diese Erscheinungen einschränken oder verhindern können.“ (Verhandlungen des Reichstags, Bd. 427, S. 4796 D, 4797 A.) 2) Der Abgeordnete Diez (Zentrum) brachte dies im Reichs-* tag folgendermaßen zum Ausdruck: „Wir sind der Überzeugung, daß er (der § 31 GaststG * d. Red.) die von einigen Gewerben befürchteten Nachteile nicht im Gefolge haben wird; denn ein anständiger Kunde wird die Bezahlung auch dann nicht verweigern, wenn er gesetzlich nicht mehr zur Bezahlung gezwungen werden kann, und ein unanständiger Kunde verdient es, daß man ihm keinen Kredit einräumt; dadurch wird der Kolonialwarenhändler oder der Wirt vor Verlusten geschützt, die ihm sonst eines Tages ganz sicher zuteil werden würden (Ver*-handlungen des Reichstags, Bd. 427, S. 4782 C.) 375;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 375 (NJ DDR 1957, S. 375) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 375 (NJ DDR 1957, S. 375)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt sowie ins- besondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbunden. Durch eine konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Gastssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten aber auch der staatlichen Ordnung ist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen Verhafteter immer erst- rangige Sedeutunq bei der Gestaltung der Führunqs- und Leitungstätigkeit zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit Sicherungsmaßnahmen. Die Ordnung und Sicherheit in der Diensteinheit ist jederzeit zu gewährleisten. Die Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte sind durchzusetzen. Erfordert die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit einzuschätzen. Ordnung und Sicherheit haben stets Vorrang. Dennoch ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf das Leben oder die Gesundheit ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität an andere Schutz- und Sicherheitsorgane, öffentliche Auswertung Übergabe von Material an leitende Parteiund Staatsfunktionäre, verbunden mit Vorschlägen für vorbeugende Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung einzuleiten diese zu erhöhen, die innere Sicherheit im Verantwortungsbereich maximal zu gewährleisten und damit die Politik von Partei und Regierung insgesamt durchsetzen zu helfen.

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