Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 344

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 344 (NJ DDR 1957, S. 344); wird er der Hauptverhaindlung fernbleiben. Auch von diesem Ausnahmefall, der übrigens mit der Verstärkung unserer Staatsanwaltschaft durch neue Kader und mit dem Absinken der Kriminalität immer seltener werden wird, darf man nicht auf das Fehlen des Prinzips selbst schließen9). Ist dagegen der Angeklagte in der Hauptverhandlung nicht anwesend, so steht dies mit dem Parteiprinzip dann nicht in Widerspruch, wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat; denn dieser nimmt seine Rechte als Prozeßpartei wahr. Andernfalls besteht eine schwerwiegende Einschränkung des Parteiprinzips. (Ebenso ist es im Verfahren erster Instanz, wenn dort gemäß § 195 StPO gegen den abwesenden Angeklagten verhandelt wird.) Aber auch durch diese Einschränkung, so schwerwiegend sie im Einzelfall sein mag, wird das Prinzip selbst nicht beseitigt. Die gleichberechtigte und aktive Mitwirkung von Staatsanwalt und Angeklagtem ist nach dem Gesetz auch der Grundgedanke des zweitinstanzlichen Verfahrens (vgl. z. B. §§ 288 Abs. 2, 295 StPO). Wegen der großen Bedeutung dieses Prinzips sollte allerdings von der im § 287 Abs. 3 StPO gegebenen Möglichkeit, das persönliche Erscheinen des Angeklagten in der Hauptverhandlung zweiter Instanz anzuordnen, zumindest immer dann Gebrauch gemacht 9) vgl. auch Sawitzki, a. a. O. Sp. 400. werden, wenn der Angeklagte keinen Verteidiger hat. Für die Zukunft wäre auch eine Gesetzesänderung dahingehend zu erwägen, daß die Anwesenheit des nicht durch einen Verteidiger vertretenen Angeklagten für obligatorisch erklärt wird. Der dementsprechende Vorschlag der Kommission zur Überprüfung der Anwendung der StPO10 11) ist also auch unter dem Gesichtspunkt der Beachtung des Parteiprinzips zu begrüßen, zumal m. E. heute keine zwingenden Gründe mehr dafür sprechen, in diesem Falle eine vom Parteiprinzip abweichende Regelung aufrechtzuerhalten. (Das gleiche gilt übrigens für den Vorschlag der Kommission, die §§ 195 und 196 StPO ersatzlos zu streichen11). Eine bessere Vorbereitung der Prozeßparteien auf das Rechtsmittelverfahren würde schließlich auch dadurch ermöglicht werden, daß der Rechtsmittelgegner jeweils sofort eine Abschrift des eingelegten Rechtsmittels erhält. Der Vorschlag der Kommission, § 281 Abs. 5 StPO entsprechend zu ändern12 1), sollte berücksichtigt werden. Auch diese Änderung würde dazu beitragen, das bestehende Parteiprinzip im einzelnen besser wirksam werden zu lassen. 10) vgl. Bericht über die Arbeitsergebnisse der Kommission zur Überprüfung der Anwendung der StPO, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, S. 17 18. 11) ebenda S. 13. 12) ebenda S. 16. Gibt es gegen Einstellungen nach § 153 StPO (alt) durch das Gericht ein Rechtsmittel? Von FRITZ WILKE, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin Die prinzipielle Bedeutung des § 153 StPO (alt) für die Strafpolitik in der Deutschen Demokratischen Republik ist in der Vergangenheit bereits mehrmals erörtert und von der Praxis im allgemeinen auch richtig erkannt worden. Nach wie vor findet § 153 StPO (alt) sowohl in der Rechtsprechung der Gerichte als auch in der Tätigkeit der Staatsanwaltschaft Anwendung. In strafprozessualer Hinsicht ist jedoch eine wichtige Frage offengeblieben, die in der Praxis von erheblicher Bedeutung ist und die in den vergangenen Jahren manche Schwierigkeiten bereitet hat: die Frage, ob es gegen den Einstellungsbeschluß des Gerichts nach § 153 StPO (alt) ein Rechtsmittel gibt1). § 153 Abs. 3 StPO (alt) besagt, daß das Gericht mit Zustimmung des Staatsanwalts das Verfahren einstellen kann und daß dieser Beschluß dann nicht mehr anfechtbar ist. Hieraus hat die Praxis gefolgert, daß gegen einen Beschluß des Gerichts nach § 153 Abs. 3 StPO (alt) keine Beschwerde zulässig ist, sondern nur noch die Möglichkeit der Kassation bleibt. Diese Auffassung wird zunächst noch unterstützt durch § 296 Abs. 1 StPO, der besagt, daß die Beschwerde nur insofern zulässig ist, als der Beschluß durch Gesetz nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzogen wird. So müßte also nach dem Wortlaut des § 153 StPO (alt) eine durch Gesetz bestimmte Nichtanfechtbarkeit der Einstellungsbeschlüsse vorliegen. Eine derartige Auffassung ist jedoch unrichtig und ungesetzlich, weil sie den Prinzipien unseres Strafprozeßrechts zuwiderläuft. Dies zeigen folgende Überlegungen: 1. § 153 StPO (alt) hat nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EGStPO weiterhin Gültigkeit; sein Inhalt aber hat sich verändert2). Nach § 153 Abs. 3 StPO (alt) war der Einstellungsbeschluß des Gerichts an die Zustimmung des Staatsanwalts gebunden und dann nicht mehr anfechtbar. Unsere neue StPO ist jedoch von dem Grundsatz beherrscht, daß das Gericht für alle Entscheidungen, die es trifft, auch die Verantwortung allein zu tragen hat. Aus dem Prinzip der Unabhängigkeit des Richters rund seiner eigenen vollen Verantwortlichkeit ergibt sich also, daß die Entscheidung des Gerichts nicht mehr von der Zustimmung des Staatsanwalts abhängig gemacht werden kann. Folglich hat § 153 Abs. 3 StPO (alt) auch in strafprozessualer Hinsicht eine inhaltliche Wandlung erfahren, da das Gericht nun entgegen dem Antrag des Staatsanwalts das Ver- 1) Im Zusammenhang mit der Frage der Einstellung von Privatklageverfahren nach § 153 StPO (alt) hat hierzu bereits Most in NJ 1957 S. 248 kurz Stellung genommen. 2) vgl. Benjamin in NJ 1954 S. 453 ff. fahren einstellen kann, obwohl dies dem formalen Wortlaut des Gesetzes widerspricht3). Von hier aus ist es aber nur noch ein kleiner Schritt zu der Feststellung, daß auch die Frage der Anfechtbarkeit oder Nichtainfechtbarkeit des Einstellungsbeschlusses nur auf Grund einer genauen Überprüfung nach den Prinzipien unseres Strafprozeßrechts zu lösen ist. § 153 Abs. 3 StPO (alt) stellt eine Einheit dar; denn die Bestimmung, daß der Beschluß nicht anfechtbar ist, ist ja nur die Schlußfolgerung aus der vorangestellten Bestimmung, daß zur Beschlußfassung die Zustimmung des Staatsanwalts vorliegen muß. 2. Das Rechtsmittel im Strafprozeß soll eine kritische Überprüfung aller gerichtlichen Entscheidungen erster Instanz hinsichtlich der genauen Erforschung des Tatgeschehens, der Persönlichkeit, der Beweggründe des Täters usw., hinsichtlich der richtigen Anwendung der Gesetze sowie der richtigen und einheitlichen Strafzumessung ermöglichen. Es dient also in hervorragender Weise der Einhaltung unserer demokratischen Gesetzlichkeit und der Gewährleistung des Prinzips der Erforschung der objektiven Wahrheit im Strafprozeß. Dem Staatsanwalt fällt dabei eine besondere Aufgabe zu. Er hat wie § 19 StAG vorschreibt über die richtige und einheitliche Anwendung der Gesetze durch die Gerichte zu wachen. Dies ist ihm u. a. möglich durch die Einlegung von Rechtsmitteln. Bei der Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO (alt) handelt es sich um eine gerichtliche Entscheidung, die ein Verfahren in erster Instanz zum Abschluß bringt. Gerade aber bei solchen endgültigen Entscheidungen in der Kompetenz eines Gerichts muß der Staatsanwalt die ihm übertragenen Aufgaben zur Überwachung der einheitlichen und richtigen Anwendung der Gesetze durch die Gerichte und zur Durchsetzung des Prinzips der Erforschung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren stets durch Einlegung eines Rechtsmittels durchführen können. Dies gilt für jede abschließende Entscheidung eines Gerichts, auch für eine Entscheidung nach § 153 StPO (alt). Der Hinweis auf die Möglichkeit der Kassation ist unzutreffend; denn das würde bedeuten, daß bei Entscheidungen nach § 153 StPO (alt) das Kassationsverfahren das Rechtsmittelverfahren ersetzen müßte, was 3) Diese Feststellung wurde bereits auf einer Arbeitstagung des Ministeriums der Justiz im Oktober 1952 getroffen und daraus auch die Schlußfolgerung gezogen, daß der Einstellungsbeschluß des Gerichts gern. § 153 Abs. 3 vom Staatsanwalt mit der Beschwerde angefochten werden kann (vgl. NJ 1952 S. 504). 344;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 344 (NJ DDR 1957, S. 344) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 344 (NJ DDR 1957, S. 344)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung Staatssicherheit zur Sicherung Inhaftierter bol den Verführungen zu gerieht liehen Haupt Verhandlungen durch Angehörige der Abteilungen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung der Staatssicherheit , der Orientierungen und Hinreise der Abteilung des. Staatssicherheit Berlin, der- Beschlüsse und Orientierungen der Partei -Kreis - leitung im Ministerium für Staatssicherheit Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Petrick, Die Rolle ethischer Aspekte im Prozeß der Gewinnung und der Zusammenarbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern aus wissenschaftlich-technischen Bereichen Diplomarbeit Politisch-operatives Wörterbuch Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - üO Gräßler, Zemann, Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu gewährleisten. Damit werden wesentliche Voraussetzungen geschaffen, eine tiefgründige und allseitige Untersuchung und die Feststellung der Wahrheit zu sichern.

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