Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 339

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 339 (NJ DDR 1957, S. 339); Das aber bedeutet, daß die vom BGH vorgenommene und empfohlene Auslegung des § 90 a StGB der westdeutschen Rechtsordnung und Gesetzlichkeit zuwiderläuft und somit rechtlich unzulässig ist. Im übrigen zeigt diese Entscheidung, daß die Kautschukbestimmung des § 90 a StGB der Bundesrepublik, aus der der BGH wenn auch nur in gesetzwidriger Weise solche Auslegungsregeln ableiten konnte, selbst eine Bestimmung ist, die beseitigt werden muß. Der BGH, der sich gern rühmt, an die Rechtsprechung des RG anzuknüpfen und sie fortzuführen, hat auch in dieser Entscheidung seine Seelenverwandtschaft nicht verheimlicht. Der Grundgedanke des hier mitgeteilten Rechtssatzes ein unverkennbarer Schritt zum Gesinnungsstrafrecht findet sich fast gleichlautend schon im Leipziger Kommentar von 1944 als Rechtssatz des faschistischen RG abgedruckt. Es heißt dort auf S. 576: „Wer seine kommunistische Gesinnung und damit seine Feindschaft gegen den Nationalsozialismus in Aufzeichnungen niederlegt und sich auf diese Weise in seiner kommunistischen Einstellung bestärkt, kann, auch wenn er diese Aufzeichnungen nicht weitergibt, wegen Vorbereitung zum Hochverrat bestraft werden“ (Hervorhebung von mir, E. B.). Gerade diese Parallele dürfte die letzten Zweifel darüber beseitigen, daß diese Entscheidung unbeschadet ihres Rubrums und Tenors politisch gegen die fortschrittlichen, dem Adenauer-Regime opponierenden Kräfte in der Bundesrepublik gerichtet ist. Zur Diskussion Ist theoretische Arbeit allein Sache der Rechtswissenschaft? Von Dr. KURT CÖRNER, Hauptreferent im Ministerium der Justiz Der Diskussionsbeitrag von Berger „Für eine lebensnahe Wissenschaft, für eine lebensnahe Sprache“ (NJ 1957 S. 245) wirft eine Reihe wichtiger Fragen auf. Berger kritisiert die Rechtswissenschaft im Hinblick auf ihre mangelnde Verbindung zur Praxis und eine Reihe von Fehlern in einigen rechtswissenschaftlichen Arbeiten. Man kann m. E. der Kritik von Berger nicht in allen Punkten folgen. Sicher bestehen nach wie vor Mängel in der Zusammenarbeit zwischen den Rechtswissenschaftlern und den auf den verschiedensten Gebieten der Praxis tätigen Juristen. Doch ist wohl unverkennbar, daß während des letzten Jahres die Rechtswissenschaftler nicht ohne Erfolg sich bemüht haben, in ihren Arbeiten die Interessen der Praxis stärker zu berücksichtigen. Hierzu eine Wertung im einzelnen zu geben, ist innerhalb eines kurzen Diskussionsbeitrages unmöglich und auch unangebracht. Berger greift aus einer Reihe wissenschaftlicher Arbeiten einige Mängel und Schwächen heraus. Die Schlußfolgerungen daraus gehen aber m. E. zu weit. Der Beitrag von Renneberg, Weber und Hübner (NJ 1957 S. 33) zu den Fragen des materiellen Verbrechensbegriffs hat doch nicht nur Probleme aufgeworfen, sondern sie zumindest einer Lösung nähergebracht. Und das gilt ebenso für die Monographie Orschekowskis*) über die Rechtfertigungsgründe. Soweit zu bestimmten Thesen bei den in der Praxis tätigen Juristen abweichende Meinungen bestehen, ist niemand gehindert, sie in Beiträgen in der Fachpresse und gegebenenfalls auch In Auseinandersetzungen in Urteilsgründen zum Ausdruck zu bringen. M. E. wird die Verbesserung der Beziehungen zwischen Rechtswissenschaft und Praxis nicht allein durch die Hinwendung der Theorie zur Justizpraxis erreicht, so notwendig sie natürlich ist, sondern auch durch die stärkere Mitarbeit aller Juristen an der Lösung theoretischer Fragen. Zuzustimmen ist Berger, wenn er fordert, daß die Rechtswissenschaftler solche Auslegungen wie in den von ihm genannten Beispielen („Gebrauchsanmaßung“ bei Geldentnahme aus der Kasse für Gelegenheitseinkäufe usw.) bei richtigem Verständnis für die Bedürfnisse der Praxis nicht vornehmen dürften. Doch ist es nicht richtig, deshalb von einem „Versagen“ der Rechtswissenschaft zu sprechen. Berger erwähnt am Anfang seines Beitrags, daß eine Fülle rechtswissenschaftlicher Arbeiten vorliegt. Sie richtig auszuwerten und gleichzeitig die Klärung weiterer Fragen in Angriff zu nehmen, fordert die Mitarbeit der in der Praxis tätigen Juristen. Der Grundsatz des Marxismus-Leninismus von der Einheit von Theorie und Praxis kann sich nicht darin erschöpfen, daß die Theorie an der Praxis zu messen ist und ihr zu helfen hat, sondern verlangt andererseits die ständige Auswertung der Praxis zur theoretischen Verallgemeinerung. Ist letzteres nun eine alleinige Aufgabe der Wissenschaft, hier speziell der Rechtswissenschaft? Ist *) Orsehekowski, Die Rechtfertigungsgründe im Strafrecht der DDR, Berlin 1956. wissenschaftliche Arbeit allein eine Angelegenheit der in den Universitäten oder beim Deutschen Institut für Rechtswissenschaft tätigen Kader? Über diese Frage nachzudenken, erscheint mir notwendig. Die Partei der Arbeiterklasse weist immer erneut darauf hin, daß die Tätigkeit aller Mitarbeiter in Staat und Wirtschaft von einem wissenschaftlichen Arbeitsstil gekennzeichnet sein müsse. Das kann aber niemals eine schematische Übernahme fertig vorgezeichneter Lösungen bis in alle Einzelheiten sein. Für die Zusammenarbeit von Rechtswissenschaft und -praxis bedeutet dies, daß die Anwendung der Rechtsgrundsätze z. B. in der gerichtlichen Praxis bereits die Theorie weiterführt. Dies trifft auf zahlreiche in der „Neuen Justiz“ veröffentlichte Urteile des Obersten Gerichts zu. Doch werden theoretische Fragen auch in der Gerichtspraxis der Kreis- und Bezirksgerichte erörtert, wie z. B. in der in NJ 1957 S. 252 abgedruckten Entscheidung des Stadtbezirksgerichts Berlin-Prenzlauer Berg zur Frage der Vertretungsbefugnis der Mutter im Ehelichkeitsanfechtungsprozeß oder des Kreisgerichts Erfurt-Mitte zur Frage des gutgläubigen Erwerbs von Volkseigentum (NJ 1957 S. 254). Obwohl in beiden Entscheidungen m. E. der Begründung nicht zugestimmt werden kann, sind sie dennoch Beiträge zur theoretischen Diskussion. Nicht selten begegnet man der Meinung, die theoretische Arbeit beginne erst mit der Abfassung einer wissenschaftlichen Monographie oder eines Grundrisses. Die Verallgemeinerung der Rechtsprechungspraxis zu bestimmten Rechtsgrundsätzen ist aber doch nur eine Seite der theoretischen Arbeit auf dem Gebiet des Rechts. Die Klärung einer bestimmten Rechtsfrage in einer richterlichen Entscheidung und auch Fragen der besten Arbeitsmethoden haben zugleich theoretischen Charakter, und zwar auch dann, wenn sie kleinen und bescheidenen Umfang haben. Viele in der Praxis tätige Juristen sind sich ungenügend oder nicht darüber im klaren, daß sie in ihrer Arbeit zur Klärung theoretischer Probleme mit beitragen können, sei es in Urteilen, sei es durch Anwendung neuer Arbeitsmethoden, wobei es selbstverständlich ist, daß sich nicht jedes Urteil für theoretische Erörterungen eignet. So ist die Frage unbedingt zu bejahen, daß theoretische und wissenschaftliche Arbeit in bestimmtem Umfang auch von den in der Rechtsprechungspraxis tätigen Juristen (gilt entsprechend für Juristen in der Verwaltung, bei der Staatsanwaltschaft, in Industrie und Handel) geleistet werden kann. Die von Berger in seinem Artikel genannten Fragen: Verhandlungsführung, Beweiswürdigung, Urteilstenorierung, Urteilsbegründung, Strafzumessung usw. sind m. E. hervorragend geeignet, von Richtern bearbeitet zu werden, eventuell in Zusammenarbeit mit einem Wissenschaftler. Es wäre sicher bedeutsam, wenn z. B. der Vorsitzende einer Kammer für Verkehrssachen an Hand der Rechtsprechung seiner Kammer untersuchen würde, welche Umstände der Tat oder welche in der Person des Täters liegenden Gesichtspunkte für die Strafzumessung Bedeutung erlangen. Bei solchen Untersuchungen 339;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung im Verantwortungsbereich sowie der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung verfolgen in ihrer Einheit das Ziel der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit der Linie Staatssicherheit , insbesondere in Durchsetzung des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges, von denen bei der Erarbeitung eines Entwurfs einer Dienstanweisung der Linie auszugehen ist Geheime Verschlußsache. Die strikte Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der Sicherung des persönlichen Eigentums Beschuldigter trägt das Untersuchungsorgan in diesem Sinne, hohe Verantwortung bei der Garantie und dem Schutz der verfassungsmäßigen Rechte Beschuldigter.

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