Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 317

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 317 (NJ DDR 1957, S. 317); Dem steht auch nicht entgegen, daß nach § 19 EheVO in Ehesachen grundsätzlich den Parteien die Gerichtskosten je zur Hälfte aufzuerlegen sind und außergerichtliche Kosten die Parteien selbst zu tragen haben. Diese Bestimmung erfaßt nicht den Sonderfall der Klagerücknahme, sondern bringt lediglich zum Ausdruck, daß die Auffassung, die den allgemeinen Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO zugrunde liegt, wonach nämlich grundsätzlich „die unterliegende Partei“ ohne Rücksicht auf Verschulden, Geschäfts- oder Prozeßfähigkeit die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, für Ehesachen nicht gelten kann und. soll. Diese Neuregelung beruht darauf, daß das dem früheren Ehescheidungsrecht innewohnende Verschuldensprinzip bei Ehescheidungen durch § 8 EheVO in Wegfall gekommen ist und es daher im Eheprozeß eine „unterliegende“ Partei im Sinne der die Zivilprozeßordnung beherrschenden gesellschaftlichen Auffassung nicht mehr gibt. § 19 Abs. 1 EheVO kann aber nur angewendet werden, wenn über den Scheidungsstreit durch Urteil oder was ja immerhin denkbar wäre gemäß § 41 AnglVO durch Verwerfungsbeschluß entschieden wird. Das erhellt mit voller Klarheit aus dem zweiten Satz des Abs. 1 der genannten Vorschrift, der aus der Verbindung mit dem ersten Satz nicht gelöst werden darf und für den Ausnahmefall ausdrücklich die Würdigung der im Urteil geschaffenen Feststellungen verlangt. Da also der Gesetzgeber weder im § 19 EheVO den Fall der Klagerücknahme in Ehesachen mit erfaßt, noch die Bestimmung des § 271 Abs. 3 ZPO hierfür außer Kraft gesetzt hat, ist die letztgenannte Bestimmung nach wie vor, wie im allgemeinen Prozeßverfahren, so auch in Ehesachen weiterhin anzuwenden. Der Beschluß des Kreisgerichts verletzt daher die gesetzlichen Bestimmungen des § 19 EheVO, § 1 Ehe-VerfO in Verbindung mit § 271 Abs. 3 ZPO und war aufzuheben. Da die Verletzung des Gesetzes nur bei Anwendung auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und danach die Sache zur Endentscheidung reif war, hatte das Oberste Gericht über den Antrag der Verklagten in Selbstentscheidung, wie geschehen, zu erkennen. Entscheidungen anderer Gerichte Strafrecht §§ 135, 303 StGB. Die rote Fahne ist das Zeichen der internationalen Arbeiterbewegung und daher zugleich Ausdruck des Inhalts und der Autorität unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates. KrG Cottbus (Land), Urt. vom 6. Mai 1957 2 Ds 142/57. Die 3 Angeklagten, die im Alter von 19 bis 22 Jahren stehen, besuchten am Nachmittag des 1. Mai mehrere Gaststätten und nahmen dort jeder etwa zehn Glas Bier zu sich. Nachdem sie bereits in einer Gaststätte randaliert und Türen eingeschlagen hatten, machten sie sich gegen 1 Uhr morgens auf den Nachhauseweg. Dabei kamen sie überein, auf diesem Wege noch „allerhand Unfug zu stiften“. Sie wollten sich hervortun und erreichen, daß man in F. über sie spricht. In der Ackerstraße sammelten sie Steine und warfen damit Fensterscheiben in Wohnhäusern ein, ebenso in der Siedlungsstraße. Der Angeklagte B. riß am Marktplatz eine rote Fahne ab, die der Geschädigte A. zu Ehren des 1. Mai an seinem Fenster befestigt hatte. Gemeinsam mit dem Angeklagten P. steckte er die Fahne am Festungsgraben in Brand. Nachdem M. noch weitere Fensterscheiben eingeworfen hatte, wurden die Angeklagten von der Volkspolizei gestellt. Auf Antrag des Staatsanwalts wurde gegen sie im beschleunigten Verfahren verhandelt. Aus den Gründen: Der Staatsanwalt hat beantragt, die Angeklagten B. und P. wegen Sachbeschädigung und wegen Verletzung eines inländischen Hoheitszeichens zu einer Gesamtstrafe von je sieben Monaten, den Angeklagten M. wegen Sachbeschädigung zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten zu verurteilen. Diesem Antrag hat sich die Strafkammer nach eingehender Beratung in vollem Umfang angeschlossen. Der Angeklagte B. erklärte zwar in der Hauptverhandlung, sich auf den Vorfall mit der Fahne nicht mehr entsinnen zu können, kann aber anhand der Aussagen der Mitangeklagten M. und P. nicht umhin anzuerkennen, daß nur er für die Wegnahme der Fahne in Betracht kommt. Mit Rücksicht darauf, daß sich dieser Angeklagte sonst auf alle Einzelheiten der von ihm begangenen strafbaren Handlungen entsinnen kann, muß davon ausgegangen werden, daß er sein Unwissen in diesem Punkt nur vortäuscht. Der Angeklagte P. hat seine Teilnahme am Verbrechen offen eingestanden. Beide Angeklagten haben sich durch das Verbrennen der Fahne als Mittäter gern. § 47 StGB einer Verletzung inländischer Hoheitszeichen schuldig gemacht. § 135 StGB setzt voraus, daß ein öffentliches Zeichen der Autorität unseres Staats zerstört wird. Als ein solches Zeichen der Autorität ist die rote Fahne der Werktätigen in Stadt und Land zu werten. Unser Staat ist ein Staat der Arbeiter und Bauern. Die rote Fahne, das Zeichen der internationalen Arbeiterbewegung, ist daher zugleich Ausdruck der Autorität unserer Staatsmacht. (Es folgt die strafrechtliche Beurteilung der Sachbeschädigung.) Die Angeklagten sind zwar noch nicht vorbestraft, stehen aber, wie aus ihren Beurteilungen ersichtlich, trotz ihrer Jugend bereits in einem schlechten Ruf. Alle Angeklagten unterliegen in hohem Maße negativen westlichen Einflüssen, was sich in ihrem rowdyhaften Verhalten in Gaststätten äußert. Die Angeklagten haben den 1. Mai, den Feiertag der Werktätigen in der ganzen Welt, dazu benutzt, um durch ihre strafbaren Handlungen Unruhe und Verärgerung in der Bevölkerung von F. hervorzurufen. Der angerichtete Sachschaden beläuft sich auf etwa 200 DM. Das Einwerfen der Fenster gefährdete auch die dort wohnenden Bürger. Durch das Herabreißen und Verbrennen der roten Fahne zeigten die Angeklagten, daß sie keine Achtung vor den jahrzehntelangen Kämpfen der Arbeiterbewegung für eine bessere Zukunft und vor den in der DDR erreichten Erfolgen haben. Als Milderungsgrund kann man lediglich gelten lassen, daß sich die Angeklagten ibei Begehung ihrer strafbaren Handlungen in angetrunkenem Zustand befanden, wodurch sie die Übersicht über das, was sie taten, verloren haben. Die yerneh-mung der zahlreichen Zeugen in der Hauptverhandlung zeigte deutlich die Empörung der Bevölkerung von F. über das Rowdytum der Angeklagten. Die gegen die Angeklagten B. und P. erkannte Gefängnisstrafe von je sieben Monaten setzt sich zusammen aus zwei Einsatzstrafen von je vier Monaten Gefängnis. Diese Einzelstrafen und die daraus gebildete Gesamtstrafe hält die Strafkammer für unbedingt erforderlich, um den Angeklagten auf den rechten Weg zurückzuhelfen. Den Angeklagten soll damit klargemacht werden, daß in der Deutschen Demokratischen Republik kein Platz' für das im Westen unserer Heimat stark verbreitete Rowdytum nach dem Vorbild der amerikanischen Besatzer ist. § 131 StGB. Die Kampfgruppen sind als Bestandteil der Arbelter-und-Bauern-Macht Staatseinrichtungen im Sinne des § 131 StGB. KrG Karl-Marx-Stadt (Stadtbez. VI), Urt. vom 2. Mai 1957 - fl Ds 68/57, Der Angeklagte geriet am 1. Mai 1957 mit einem Angehörigen der Kampfgruppen, der in seiner Kampfgruppenkleidung an der Maidemonstration teilgenommen hatte, in eine tätliche Auseinandersetzung. Er faßte ihn an der Jacke, schüttelte und beschimpfte ihn sowie den Zeugen z., der als Einsatzleiter der Kampfgruppe seinem Kameraden zu Hilfe kam. Der Angeklagte diffamierte die Angehörigen der Kampfgruppe und rief u. a„ daß sie zu faul zum Arbeiten seien und daß man ihnen das Gehirn einschlagen müsse. Aus den Gründen: Mit diesen Handlungen hat sich der Angeklagte einer Staatsverleumdung gern. § 131 StGB schuldig gemacht. Die Kampfgruppen sind bewaffnete, militärisch ausgebildete Organe der Arbeiterklasse zum Schutze der Errungenschaften unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht gegen alle konterrevolutionären Provokationen. Ihre 317;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 317 (NJ DDR 1957, S. 317) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 317 (NJ DDR 1957, S. 317)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung durchzuführende Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit durch vorbeugende politisch-operative Maßnahmen sowie Sicherungs-, Kon-troll- und Betreuungsaufgaben zu gewährleisten, daß Verhaftete sicher verwahrt, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben nicht gefährdet wird, eine andere Möglichkeit nicht gegeben ist, die Zusammenarbeit darunter nicht leidet und für die die notwendige Sicherheit gewährleistet ist. Die ist gründlich vorzubereiten, hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher. Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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