Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 316

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 316 (NJ DDR 1957, S. 316); enthält die prozessuale Widerspiegelung des für das materielle Scheidungsrecht der EheVO geltenden Grundsatzes, daß das für das frühere Recht maßgebliche Verschuldensprinzip durch § 8 EheVO endgültig beseitigt worden ist. Es wäre daher unzulässig, dieses falsche Prinzip etwa auf dem Umwege über die Kostenentscheidung wieder im Eheverfahren zur Geltung zu bringen. Fehlerhaft wäre es mithin, die Kostenentscheidung ausgesprochen oder nicht davon abhängig zu machen, ob der eine oder andere Ehepartner an dem Zerfall der Ehe die alleinige oder überwiegende „Schuld“ trägt. Maßgeblich können für die Kostenentscheidung nur solche Feststellungen des Urteils sein, die mögen sie die objektive Entwicklung der Ehe oder das subjektive Verhalten der Ehepartner betreffen für den Scheidungsausspruch oder dessen Ablehnung erheblich sind. Mit der Beseitigung des Verschuldensprinzips ist für das Eheverfahren auch die dem materiellen Kostenrecht der Zivilprozeßordnung §§ 91 ff. zugrunde liegende Auffassung, daß grundsätzlich der „unterliegende“ Teil die Kosten des Rechtsstreits zu tragen bzw. daß die anteilige Verteilung der Kosten davon abhängig zu machen ist, in welchem Umfange die eine oder andere Partei „obsiegt“, hinfällig und eine Neuregelung des Kostenrechts, eben im § 19 EheVO, notwendig geworden. Bei ihrer Anwendung aber müssen sich die Gerichte vor allem davor hüten, aus der Wortfassung des Satzes 2 des § 19 Abs. 1 EheVO, der sich äußerlich betrachtet als eine „Kannvorschrift“ darstellt, falsche Schlüsse zu ziehen. Die Auffassung, daß es danach im freien Belieben des Gerichts stünde, eine andere Kostenentscheidung, d. h. eine Entscheidung mit anderen Verteilungsmaßstäben zu treffen, kann keinesfalls gebilligt werden. Die Eheverordnung enthält allerdings abgesehen von den in den Satz 2 des § 19 Abs. 1 aufgenommenen allgemeinen Hinweisen keine weitere Erklärung oder gar Anleitung über die zu treffende Kostenentscheidung. Auch das ist nicht zufällig, sondern entspricht der Regelung des materiellen Scheidungsrechts im § 8 EheVO, der weder feststehende absolute Ehescheidungsgründe noch, wie bereits erwähnt, das Verschuldensprinzip mehr als gültig anerkennt. Aus alledem ergibt sich, daß zwischen dem Scheidungsausspruch und seiner Begründung im Urteil einerseits und der Kostenentscheidung andererseits kein Widerspruch bestehen darf, weder in logischer noch in gesellschaftlicher Beziehung. Besteht er dennoch und wird dadurch das Urteil für die Parteien im engeren und die werktätigen Menschen im weiteren Sinne unverständlich, so ist das ein sicherer Beweis dafür, daß das Gericht seiner ihm durch § 2 GVG, insbesondere dessen Abs. 1 Buchst, d gestellten Aufgabe des Schutzes der gesetzlichen Rechte und Interessen der Bürger nicht gerecht geworden ist, d. h. gegen das Gesetz, und zwar gegen § 19 EheVO, verstoßen hat. Daraus folgt aber weiter, daß das Gericht nicht nur aus Gründen der Selbstkontrolle, sondern auch um seinem Urteil die erforderliche Überzeugungskraft zu sichern, auch die Kostenentscheidung zu begründen hat, und zwar gleichgültig, ob sie auf § 19 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 EheVO gestützt wird. Diese Pflicht besteht in erhöhtem Maße, wenn die Scheidungsklage abgewiesen wird. Sie besteht aber auch, wenn die Ehe geschieden wird. In beiden Fällen kann sich die richtige Entscheidung sowohl aus Satz 1 wie aus Satz 2 ergeben, aus Satz 1 z. B., wenn die Würdigung der Urteilsfeststellungen ergibt, daß der mit der Klage abgewiesene Kläger die Scheidungsklage nicht etwa aus Mutwillen oder Leichtfertigkeit erhoben hat und auch die beiderseitigen Lebens- und insbesondere Einkommensverhältnisse die Anwendung des Satzes 1 geboten erscheinen lassen. Aus Satz 2 wird die Kostenentscheidung zu entnehmen sein, wenn die nach § 8 EheVO durchgeführte Untersuchung ergibt, daß eine unbegründete oder nicht ausreichend begründete Klage erhoben worden ist und dem verklagten Ehepartner unter Berücksichtigung seiner Lebens- und Einkommensverhältnisse nicht zugemutet werden kann, die durch die Klageerhebung entstandenen Kosten auch nur teilweise zu tragen. Eine solche, die Lage des Einzelfalles verständnisvoll berücksichtigende Würdigung unterscheidet sich durchaus von der allerdings unzulässigen Aufrollung der „Schuldfrage“ in der Untersuchung der Voraussetzungen des § 8 EheVO. Aber auch wenn die Ehe geschieden wird, hängt die Frage, ob Satz 1 oder Satz 2 zur Anwendung zu bringen ist, nicht davon ab, daß diese Entscheidung „für“ oder „gegen“ den einen oder anderen Teil ausgefallen ist, sondern allein von- der richtigen, mit unseren gesellschaftlichen Auffassungen übereinstimmenden Würdigung der gesamten Umstände des Falles und der Interessenlage beider Parteien, insbesondere auch ihrer Vermögenslage, ab. Die geschiedene Ehefrau, selbst wenn sie der vielleicht sogar berechtigten Überzeugung ist, nichts Wesentliches zur Zerstörung der ehelichen Lebensgemeinschaft beigetragen zu haben, muß es unter Umständen hinnehmen, daß die gerichtliche Untersuchung dennoch das Vorliegen ernstlicher, die Scheidung rechtfertigender Gründe, die der Ehe jeden ferneren Sinn nehmen, ergibt, so daß es, zumal auch bei Würdigung der nicht selten unterschiedlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten durchaus im Sinne unserer das Eherecht beherrschenden Gesellschaftsordnung liegen kann, auch ihr die Hälfte oder einen anderen Anteil der durch das Eheverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Mit den vorstehenden Darlegungen tritt der Senat nicht etwa für das Erfordernis einer übermäßig ausgedehnten Begründung der Kostenentscheidung ein, sondern nur dafür, daß in jedem Falle den Parteien, sei es auch nur in knapper Wortfassung, die Gründe verständlich gemacht werden, die zur Entscheidung über die Kosten, sei es nach Satz 1, sei es nach Satz 2, führen mußten. Daß im vorliegenden Falle das Kreisgericht den zu stellenden Anforderungen nicht im mindesten gerecht geworden ist, bedarf kaum der näheren Ausführung. Die von ihm festgestellten Gründe, aus denen die Notwendigkeit der Klageabweisung gefolgert wird und von denen, da sie mit dem Kassationsantrage nicht angegriffen werden, auszugehen ist, lassen ln keiner Weise erkennen, welche Erwägungen für das Gericht zugunsten einer Anwendung des Satzes 1 des § 19 Abs. 1 EheVO maßgeblich gewesen sind. § 271 Abs. 3 ZPO; § 19 EheVO. Zur Frage der Kostenentscheidung bei Klagerücknahme im Eheverfahren. OG, Urt. vom 12. Februar 1957 1 Zz 7/57. Der Kläger hatte beim Kreisgericht am 16. Oktober 1956 Klage auf Scheidung seiner Ehe erhoben. Nachdem am 30. Oktober 1956 die vorbereitende und am 22. November 1956 die streitige Verhandlung der Sache mit anschließender Beweisaufnahme stattgefunden hatte, hat der Kläger in dem am 4. Dezember 1956 zur fortgesetzten Verhandlung bestimmten Termin erklärt, er sehe ein, daß die von ihm vorgebrachten Gründe zur Zeit nicht ausreichten, um die Klage zu recht-fertigen. Er hat deshalb seine Klage im Einverständnis mit der Verklagten zurückgenommen. Entgegen dem Anträge des Prozeßbevollmächtigten der Verklagten, dem Kläger die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, hat das Kreisgericht mit Beschluß vom 4. Dezember 1956 die gerichtlichen Kosten den Parteien je zur Hälfte auferlegt und angeordnet, daß die Parteien die außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Gegen diesen Beschluß richtet sich der vom Präsidenten des Obersten Gerichts gesteUte Kassationsantrag. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat die Kostenentscheidung zu Unrecht auf § 19 EheVO gestützt. Die Bestimmung kann im Falle der Klagerücknahme nicht angewendet werden. Nach § 1 der EheVerfO sind im Eheverfahren die Vorschriften der Zivilprozeßordnung einschließlich der Nebengesetze anzuwenden, soweit sie nicht durch die genannte Verordnung geändert oder aufgehoben worden sind. Für den Fall der Klagerücknahme enthält die Zivilprozeßordnung im § 271 Abs. 3 Satz 2 eine die Kostenpflicht regelnde Sonderbestimmung, wonach der Kläger, der die Klage zurücknimmt, verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Eheverfahrensordnung hat diese Bestimmung nicht abgeändert oder außer Kraft gesetzt. Sie hat also für Ehesachen weitere Gültigkeit. 316;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 316 (NJ DDR 1957, S. 316) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 316 (NJ DDR 1957, S. 316)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und im Bereich der Untersuchungsabteilung. Zu einigen Fragen der Zusnroenarbeit bei der Gewährleistung der Rechtg der Verhafteten auf Besuche oder postalische Verbindungen. Die Zusammenare? zwischen den Abteilungen und abgestimmt werden und es nicht zugelassen werden darf, daß der Beschuldigte die Mitarbeiter gegeneinander ausspielt. Die organisatorischen Voraussetzungen für Sicherheit unckOrdnung in der Untersuchungshaftanstalt und im Bereich der Untersuchungsabteilung. Zu einigen Fragen der Zusnroenarbeit bei der Gewährleistung der Rechtg der Verhafteten auf Besuche oder postalische Verbindungen. Die Zusammenare? zwischen den Abteilungen und abgestimmt werden und es nicht zugelassen werden darf, daß der Beschuldigte die Mitarbeiter gegeneinander ausspielt. Die organisatorischen Voraussetzungen für Sicherheit unckOrdnung in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der können in der akkreditierte Vertreter anderer Staaten beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der aktiv mit dem Verhafteten in Verbindung treten und dessen Betreuung übernehmen kann. Die Verbindung ist persönlich und postalisch. möglich.

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