Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 311

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 311 (NJ DDR 1957, S. 311); dazu auch schriftlich nieder und unterbreiten sie dann allen Schöffen ihres Gerichts. Weshalb aber will man jetzt an diesem Gericht nur noch die drei Mitglieder der Gruppe „Rechtsprechung“ im Schöffenaktiv mit der Auswahl der Urteile betrauen, die dann dem ganzen Aktiv zur gemeinsamen Durchsprache mit den Berufsrichtern vorgelegt werden? Und wenn auch noch diese drei Schöffen das gesamte Material von vornherein nach Rechtsgebieten unter sich aufteilen, wie dies auf der Besprechung erläutert wurde, dann sichtet jeweils nur einer von ihnen die Urteile auf dem Gebiet des Straf- bzw. Familien- bzw. Zivilrechts. Heißt das nicht, die Möglichkeiten zur Kontrolle von vornherein in ganz unzulässiger Weise einschränken? Auch in diesem „gut organisierten“ Vorgehen kommt schließlich der gleiche Gedanke zum Ausdruck wie in dem Zurückschrecken beim Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte, nämlich die abwegige Vorstellung, als ob es sich um rechtliche Überprüfung handele,' die besondere fachliche Qualifikationen erfordere. Soweit eine Überprüfung bei einzelnen Gerichten oder hinsichtlich der Rechtsprechung zu bestimmten Fragen unter juristischen Gesichtspunkten erforderlich erscheint, wird man damit natürlich nicht die Schöffen, sondern die Instrukteure der Justizverwaltungsstelle oder die Richter der übergeordneten Instanz betrauen. Worin die Aufgabe der Schöffen wirklich besteht, zeigen am deutlichsten die Ergebnisse der Urteilsüberprüfung, wie sie der Direktor des Stadtbezirks-igerichts Berlin-Lichtenberg in Auswertung einer einzigen Schöffenperiode an diesem Gericht vortrug: In der Scheidungssache 550 Ra 25/57, in der das Gericht zu der Feststellung gelangte, daß die Eheleute sich auseinandergelebt hätten und die Ehe ihren Sinn verloren habe, werden hierfür eine Reihe von Tatsachen aufgeführt, dabei aber unlogisch und sinnwidrig auch eine einzelne Tatsache erwähnt, die eher das Gegenteil beweisen könnte die finanzielle Unterstützung des vorübergehend stellungslosen Ehemannes durch seine berufstätige Frau , ohne daß diese allem übrigen widersprechende Tatsache als solche gewürdigt wird. Die Schöffen beanstandeten die insoweit flüchtige Formulierung des Urteils, welche gegen die allgemeinen Denkgesetze verstößt. Ihre berechtigte-Kritik wird sicherlich dazu führen, daß der Richter künftig auch in einfach gelagerten Fällen sorgfältiger formuliert. In der Unterhaltssache 541 C 765/56 hatte das Gericht bei der Feststellung des Arbeitseinkommens des Verklagten die diesem gezahlten Prämien ohne weiteres dem Lohnbetrag zugezählt, ohne sich darüber Gedanken zu machen, welche Ziele mit der Prämienzahlung verfolgt werden. Die Schöffen vertraten die zutreffende Ansicht, daß Prämienbeträge demjenigen zugute kommen und auch verbleiben müssen, dem sie für besonders gute Arbeitsleistungen gezahlt wurden. Da das Urteil bereits rechtskräftig ist, hat der Direktor des Stadtbezirksgerichts seine Kassation angeregt. Bei mehreren Strafurteilen beanstandeten die Schöffen, größtenteüs mit zutreffender Begründung, die Höhe oder Art der erkannten Strafe. In einem dieser Fälle wiesen sie berechtigt daraufhin, daß von drei Angeklagten derjenige, der die anderen beiden zum Diebstahl von Kohlen angestiftet hatte, die er für sich haben wollte und die ihm die beiden anderen Angeklagten nach Durchführung des Diebstahls gegen Entgelt übergeben hatten, nicht als Hehler, sondern als Anstifter zum Diebstahl hätte bestraft werden müssen und daß er deshalb eine höhere Strafe als seine Mitangeklagten verdient hätte. Wenn auch das letzte Beispiel schon in differenzierte Rechtsfragen hineinführt, so ist doch den Ausführungen zuzustimmen, die der Direktor des Stadtgerichts von Groß-Berlin über Ziel und Inhalt der Kontrolle der Rechtsprechung durch die Schöffen machte: Sie bestehen darin, daß die Schöffen ihre Meinung darüber sagen, ob ein Urteil für die Werktätigen überzeugend ist und insbesondere ob bei Strafurteilen die ausgesprochene Strafe nach Art und Höhe von den Ausführungen des Urteils getragen, also überzeugend begründet ist. Mit einer solchen Zielrichtung werden die Schöffen ungehemmt an die Urteilsüberprüfung heran-gehen, und die Hinweise, die sie unter diesen Gesichtspunkten erteilen, werden von großem Nutzen für die Rechtsprechung sein. HILDE NEUMANN, Berlin Einige Fragen des Ermittlungsverfahrens Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens hat (Ausnahmen sind nach einer neuerdings ergangenen Anweisung der VP-Führung möglich) in der Regel innerhalb von fünf Tagen zu erfolgen1). Neben diesem dem Beschleunigungsprinzip in der kriminalistischen Praxis dienenden Grundsatz wurde im Jahre 1956 mit Zustimmung der Obersten Staatsanwaltschaft die Möglichkeit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens „zur Klärung eines Sachverhalts“ geschaffen. Die Grundkonzeption dieser beiden Regelungen isl die Sorge um eine gewissenhafte Einhaltung der Gesetzlichkeit. Doch stellen viele Praktiker und Theoretiker die Frage, ob die 5-Tage-Frist einer wirkungsvollen kriminalistischen Tätigkeit wirklich dient und ob die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens „zur Klärung eines Sachverhalts“ überhaupt mit dem Gesetz zu vereinbaren ist. Wir halten es deshalb für erforderlich, eine kritische Auseinandersetzung mit der derzeitigen Handhabung der Einleitung von Ermittlungsverfahren zu beginnen. Das Ermittlungsverfahren und die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung dienen beide dem Ziel der Erforschung der objektiven Wahrheit. Jedoch hat die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung einen bereits während des Ermittlungsverfahrens untersuchten Sachverhalt zum Gegenstand und bewertet demzufolge in erster Linie die lückenlose und irrtumsfreie Führung des Schuldbeweises. Eine gute Qualität der Untersuchung während des Ermittlungsverfahrens trägt also auch dazu bei, daß die Hauptverhandlung erfolgreich durchgeführt werden kann. So besitzt die verantwortungsvolle Arbeit unserer Kriminalisten große Bedeutung für die Tätigkeit der Gerichte. Wenn in der Praxis bei Einleitung und Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Bestimmungen der StPO nicht selten verletzt werden, so geschieht dies weniger aus Unkenntnis der prozessualen Vorschriften als vielmehr in der falschen Annahme, daß eine strenge Einhaltung der für das Ermittlungsverfahren vorgeschriebenen Form den Schutz gesellschaftlicher Interessen und die Verbrechensbekämpfung einenge. Dieser weitverbreiteten Annahme muß entschieden entgegengetreten werden, da eine wirkungsvolle kriminalistische Tätigkeit überhaupt nur bei Einhaltung der entsprechenden Vorschriften möglich ist. Die zur Überwindung solcher Gesetzesverletzungen eingeleiteten Maßnahmen haben nicht immer den entsprechenden Erfolg. Das gleiche gilt für die Auf-sichts- und Leitungstätigkeit de'r Staatsanwälte. Vielmehr kam es in der Praxis zu einer weitgehenden Anwendung dogmatischer Leitsätze. So entwickelte sich z. B. seit dem Jahre 1953 ein der wirkungsvollen Tätigkeit des U-Organs abträglicher Brauch, jede Einstellung des Verfahrens als Beweis für „Ausschußarbeit“ anzusehen1 2). Wenn auch die Zielsetzung, kein Ermittlungsverfahren gegen unschuldige Bürger einzuleiten, richtig war und ist, so dürfen doch die Proportionen nicht verschoben werden; denn trotz aller Sorgfalt bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann infolge der verschiedensten Umstände eine Einstellung erfolgen, ohne daß mangelhafte Arbeit des U-Organs vorzuliegen braucht. Diese fehlerhafte Einschätzung der eigenen Arbeit führte aber dazu, daß viele Angehörige der U-Organe bereits bei Einleitung von Ermittlungsverfahren Gewißheit über deren Ausgang haben wollten. Aus diesem Grunde dehnten sie häufig die Prüfung der Anzeige bzw. des zur Kenntnis gelangten Sachverhalts (§ 106 StPO) so weit aus, daß bereits in diesem Stadium des Verfahrens dort unzulässige strafprozessuale Möglichkeiten in Anspruch genommen wurden. So erfolgten unter Verletzung der Vorschriften des § 112 StPO Zeugen- und zum Teil Beschuldigtenvernehmungen. Diese Handhabung führte letztlich zu einer für die Beobachtung der Kriminalität abträglichen Verzerrung der Statistik. Zu ähnlich fehlerhaften Ergebnissen führte auch die Zulassung einer 5-Tage-Frist bei Einleitung eines 1) Die Einleltungsverfügung geschieht durch den Staatsanwalt oder den Leiter des U-Organs. Für das U-Organ gibt Befehl 41/55 und die entsprechende Instruktion bindende Anweisung. 2) vgl. Rose in NJ 1956 S. 499. 311;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 311 (NJ DDR 1957, S. 311) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 311 (NJ DDR 1957, S. 311)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und unmittelbare Angriffe feindlich-negativer Kräfte direkt abzuwehren,stehen den Untersuchungsorganen neben der Strafprozeßordnung auch die Befugnisse des Gesetzes zu Verfügung. Bei der Bestimmung der Potenzen des Gesetzes für die Gestaltung der politisch-operativen Arbeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Grundsätze und allgemeine Voraussetzungen der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß in Vorbereitung gerichtlicher Hauptverhandlungen seitens der Linie alles getan wird, um auf der Grundlage der Einhaltung gesetzlicher und sicherheitsmäßiger Erfordernisse die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte Inhaftierter im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit . baut auf den darin vermittelten Kenntnissen auf und führt diese unter speziellem Gesichtspunkt weiter.

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